NS-Judendeportationen aus München ab 1938

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Von den ca 12.000 jüdischgläubigen Deutschen in München um 1932 waren bis zum Beginn der massenhaften Judenmorde rund 7.500 aus ihrer Heimat geflüchtet. Im November 1941 führte die Gestapo und die SS mit der Reichsbahn die erste Massendeportation aus dem Stadtgebiet durch. Der Zug ging vom Güterbahnhof Milbertshofen ab.

Dies war in München der Start zum gerade angefangenen Massenmord an Deutschen im "Osten" durch die Nazis (Teil der von ihnen angestrebten "Judenvernichtung", der Shoah, des Holokausts fast überall im besetzten Europa).

Es folgten 42 weitere Deportationszüge, bzw. -transporte der Nazis, so genannte Judentransporte, mit insgesamt rund 3.000 Münchnerinnen und Münchnern bis ins Frühjahr 1945. Zuvor wurden sie gezwungen, in überbelegte Gemeinschaftswohnungen, "Judenhäusern," wie z.B. in das Barackenlager München-Milbertshofen oder das Sammellager Berg am Laim in der Clemens-August-Straße 9 "umzuziehen", wo sie für die Behörden leichter aufzufinden, zu schikanieren und zu kontrollieren waren.

Ab 1938: In dieser Aufzählung sind nicht die von SS und Gestapo vor 1941 unter fadenscheinigen Begründungen Inhaftierten enthalten, die aus anderen Gründen meist ins Konzentrationslager nach Dachau transportiert wurden. Insbesondere beim Novemberpogrom 1938 traf dies auch viele Münchner. Die vollkommen offene Zeitdauer der rechtlosen Deportation wurde als Druckmittel zur Erpressung von Vermögensvorteilen der Nazis genutzt.

Es soll an dieser Stelle auch gesagt werden, dass viele Menschen Haft und Haftfolgen erlitten haben, die nicht wegen ihrer vermuteten Religionsangehörigkeit als "Jude" oder "Zigeuner", sondern als Gegner der NSDAP-Herrschaft oder als so genannte "Volksschädlinge" oder mit anderen Begründungen als "minderwertig" geltend abgestempelt und verfolgt wurden. Auch ihr Schicksal war Folge des nach innen gerichteten Terrors der Nazi-Politik (Regime der NSDAP).

Damit ist von etwa 3.000 Münchnerinnen und Münchnern bekannt, dass sie zwischen Juni 1942 und 23. Februar 1945 als "Juden" deportiert (siehe unten) und von ihnen sehr viele sofort oder in der folgenden Zeit von den Nazi-Verbrechern ermordet wurden. Im August 1941 lebten 3.249 als Juden verfolgte Personen in München. Von den etwa 1.550 Münchner Personen, die 1945 von sowjetischen Truppen aus dem KZ Theresienstadt in Terezin befreit werden konnten, kehrten 160 in ihre Heimatstadt zurück. Dort hatten die amerikanischen Truppen am 30. April 1945 nur noch 84 überlebende Juden gefunden. Die Münchner jüdische Glaubensgemeinde war in wenigen Monaten also fast "verschwunden". Das bedeutete das von den Nazis verwendete Wort "Endlösung der Judenfrage".


Die größte Zahl fiel den Nazis bereits mit den ersten beiden Transporten am 20. November 1941 zu Opfer (999 Personen) und am 3. April 1942 (989 Personen).

Die meisten der folgenden "kleineren" Transporte, die insgesamt 1.472 Personen aus der Stadt heraus deportierten, fuhren die Opfer ins Konzentrationslager Theresienstadt. Dort trafen sie auch mit Personen aus Gefangenentransporten aus anderen Regionen Europas zusammen, aus denen ehemalige geflüchtete Münchnerinnen und Münchner ebenfalls nach Terezin verschleppt worden waren (insbesondere aus den besetzten Niederlanden).


Unterscheide davon: die später von den Nazis so genannte Polenaktion im Jahr 1938: die Ostjuden-Deportation aus München 26.-29. Oktober 1938.

Die Transporte

(Reihenfolge der Einträge:
Datum ___: Anzahl d. Personen ___ Ankunft am ___ in… )

November 1941

April 1942

Juni 1942

Juli 1942

  • 1. Juli 1942: ___50 ___ am ___2. Juli 1942 im KZ Theresienstadt
  • 2. Juli 1942: 50 Personen, am 3. Juli 1942 im KZ Theresienstadt (darunter: Laura Dobriner, aus München ins KZ Theresienstadt
  • 3. Juli 1942: ___50 ___ am ___4. Juli 1942 in Theresienstadt
  • 10. Juli 1942: ___50 ___ am ___11. Juli 1942 im KZ Theresienstadt
  • 13. Juli 1942 aus Stuttgart und München ___ 99 ___ vermutl. nach Auschwitz (Bemerkung: Der Zielort läßt sich noch nicht konkret festlegen; als Bestimmungsort ist auch Warschau möglich. U. a. mit Dr. Julius Hechinger)
  • 15. Juli 1942: ___50 ___ am ___16. Juli 1942 im KZ Theresienstadt
  • 16. Juli 1942: ___50 ___ am ___17. Juli 1942 im KZ Theresienstadt
  • 22. Juli 1942: ___50 ___ am ___23. Juli 1942 im KZ Theresienstadt
  • 29. Juli 1942: ___50 ___ am ___30. Juli 1942 im KZ Theresienstadt
  • 31. Juli 1942: ___50 ___ am ___1. August 1942 im KZ Theresienstadt

August 1942

Also wurden nach dieser Aufstellung im ganzen Jahr 1942 2.079 Gefangene aus München durch die NS-ler in den Tod geschickt.

März 1943

April 1943

1944

1944 erfolgten Transporte (zum Teil von Einzelpersonen) ins Konzentrationslager Theresienstadt (Terezin)
am:

  • 12. Januar: ___ , ___ im KZ Theresienstadt
  • 17. Januar: ___ , ___ im KZ Theresienstadt
  • 12. Februar: ___ , ___ im KZ Theresienstadt
  • 20. Februar: ___ , ___ im KZ Theresienstadt
  • 22. Februar: ___ , ___ im KZ Theresienstadt
  • 23. März: ___ , ___ im KZ Theresienstadt
  • 19. Mai: ___ , ___ im KZ Theresienstadt
  • 2. Juni: ___ , ___ im KZ Theresienstadt
  • 8. Dezember: ___ , ___ im KZ Theresienstadt

mit insgesamt 44 Gefangenen

bis Feb. 1945

1945 folgten 3 Transporte am

  • 2. Februar,
  • 20. Februar,

bis schließlich der letzte Transport aus München am

  • 22. Februar 1945 mit 31 Häftlingen von der Gestapo München ins KZ Theresienstadt geschickt wurde.

Das heißt, dass in diesem Jahr insgesamt weitere 97 Menschen aus München deportiert worden sind.

Kinder

Methoden, Durchführung

Dazu empfiehlt sich die Dokumenten-Sammlung von ‪H. G. Adler (auch online) zu lesen‬: ‬

Sie enthält auch das Schreiben von Himmler, 1.5.42, zur "Räumung" d h dem Abtransport des jüd. Krankenheims zur Ermordung der PatientInnen und des medizinischen Personals für das Lebensborn-Heim.

Es geht um Inventarlisten, Bargeld, Schlüsselübergabe, Gepäckvorschriften, Bewachung, Zuständigkeiten im SS-Apparat ....

Zitate

Die Münchner Stadtchronik hat unter dem 19. Juli 1945 notiert:

Gründung der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern
„Im Jüdischen Altersheim an der Kaulbachstraße fand die verfassungsgebende Versammlung der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern statt. Hatte die Kultusgemeinde vor dem Krieg rund 12.000 Mitglieder gezählt, so fanden sich zur Neugründung nur noch etwa 100 Personen ein. Zu Beginn der Veranstaltung gedachten die Anwesenden ihrer verschleppten und ermordeten Glaubensgenossen."

Die Münchner Stadtchronik hat unter dem 5. August: 1945 notiert:

Trauerfeier für Opfer des KZ Dachaus
„Vor dem Krematorium des Ostfriedhofs fand eine Trauerfeier für alle im Konzentrationslager Dachau gestorbenen Häftlinge statt. Die Urnen von 4.111 Opfern wurden später im Friedhof am Perlacher Forst beigesetzt.

Siehe auch

Artikel bei Wikipedia

Die erzwungene Zusammenarbeit

Finanzämter und Gerichtsvollzieher organisierten in München die dem Mord vorhergehende tausendfache Beraubung
Julia Lenders beschreibt wie der Fiskus von "Staatsfeinden" profitierte. (In: Stern vom 12. November 2004). Lenders berichtet darin von einem Forschungsprojekt an bayerischen Finanzamtsakten von Hans Günter Hockerts, Axel Drecoll, Christiane Kuller und Tobias Winstel. "Von November 1941 an wurde jeder Jude, der die deutsche Grenze überschritt, ob als Emigrant oder Deportierter, enteignet. Am meisten profitierte davon der Fiskus.“ Diese Form der Arisierung jüdischen Besitzes unterschied sich durch ihr formaljuristisches Gewand noch sehr stark von der Beraubung direkt nach Ankunft in den Konzentrationslagern.

Formen des Gedenkens

  • Jerzy Sobotta: Damit so was nicht wieder passiert. SZ-Artikel vom 22. November 2019 (2019 gedenken 250 Menschen am Güterbahnhof Milbertshofen an die Deportierten)

Literatur

  • Gudrun Azar: Ins Licht gerückt: jüdische Lebenswege im Münchner Westen : eine Spurensuche ... 2008. 272 Seiten (Inhalt)
  • Richard Bauer, Michael Brenner (Hrsg.): Jüdisches München. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C.H. Beck Verlag, München, 2006. 288 Seiten. ISBN 978-3-406-54979-3
  • Burmeister, Hoh-Slodczyk: Das Hildebrandhaus
  • Fotogruppe des Schwabinger Gisela-Gymnasiums, Dokumentation "Hier gingen wir ein und aus. Jüdische Bürger und Bürgerinnen vor ihrer Vertreibung."
  • Alfred Gottwaldt, Diana Schulle: Die "Judendeportationen" aus dem Deutschen Reich, 1941-1945: eine kommentierte Chronologie. Wiesbaden, Marix, 2005. ISBN 3-86539-059-5 u. ISBN 978-3-86539-059-2 (Daten der meisten "Judentransporte" aus dem "Großdeutschen Reich" werden zusammengestellt und kommentiert.)
  • Birthe Kundrus, Beate Meyer (Hrsg.): Die Deportation der Juden aus Deutschland: Pläne - Praxis - Reaktionen 1938 – 1945. Göttingen, 2004, ISBN 3-89244-792-6
  • Hans Lamm (Hrsg.): Von Juden in München. Ein Gedenkbuch. Ner Tamid Verlag, München 1958. Erweiterte Ausgabe: Vergangene Tage. Jüdische Kultur in München. Langen Müller, München + Wien 1982. ISBN 3-7844-1867-8
  • Heiner Lichtenstein: Mit der Reichsbahn in den Tod: Massentransporte in den Holocaust 1941–1945. Köln. 1985. ISBN 3-7663-0809-2 (nur teilweise von der Forschung überholt, damals wegweisend zu dem Thema)
  • Albrecht Liess: Wege in die Vernichtung : Die Deportation der Juden aus Mainfranken 1941–1943; Begleitband zur Ausstellung des Staatsarchivs Würzburg und des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin. München, 2003, ISBN 3-921635-77-2 (genaue lokalhistorische Darstellung von drei Deportationen mit Fotos)
  • Ilse Macek (Hrsg.): ausgegrenzt - entrechtet - deportiert. Schwabing und Schwabinger Schicksale 1933 bis 1945. Volk Verlag, München, 2008. ISBN 9783937200439
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  • Kurt Pätzold, Erika Schwarz: »Auschwitz war für mich nur ein Bahnhof«. Franz Novak - der Transportoffizier Adolf Eichmanns. Metropol Verlag, Berlin, 1994. ISBN 3-926893-22-2 (über Franz NovakW)
  • Susanna Schrafstetter: Flucht und Versteck: Untergetauchte Juden in München - Verfolgungserfahrung und Nachkriegsalltag. Wallstein Verlag, 2015, 336 Seiten.(Inh.verz. bei books.google) (über die Gefangenenzüge, S. 45-48, auch online)
  • Gedenkbuch, vom Stadtarchiv München (als Herausgeber): Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945. Band 1 und 2; ISBN 978-3-8306-7290-6 bzw. ISBN 9783830672807
  • Stadtarchiv München (Hrsg.): >...verzogen, unbekannt wohin< Die erste Deportation von Münchner Juden im November 1941. Zürich, Pendo Verlag, 2000 (zur damaligen Ausstellung)
  • Maximilian Strnad: Zwischenstation "Judensiedlung". Verfolgung und Deportation der jüdischen Münchner 1941-1945. München, Oldenbourg Verlag, 2012, 199 Seiten. In der Reihe: Studien zur Jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern. ISBN 978-3-486-71978-9 (über das NS-Lager in Milbertshofen)
  • Gerd Thumser: Heimweh nach München. Das Schicksal der emigrierten jüdischen Bürger Münchens. Wurm, München, 2. Aufl. 1967. 23 S.
  • tz-Artikel: 70 Jahre danach — München gedenkt der Pogromnacht. Erschienen am 7. November 2008
  • Juliane Wetzel: Jüdisches Leben in München 1945-1951. Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs. München, 1987. ISBN 3-87821-218-6

Weblinks

Film

  • Georg Friedel: Münchner Juden - Kindheit, Verfolgung, Rückkehr. - Dokumentation, BRD, BR, 1972, 60 Min. Ausstrahlung bei Alpha-tv am 8. Mai 20 und Wh. am 9.5.20. (Von den 50 nach 1945 nach Mü zurückgekehrten Münchner Juden waren 9 bereit, zu diesem Film beizutragen. Die Nachnamen werden in der Regel im Film mit einem Buchstaben abgekürzt. Der Film beginnt mit Ereignissen zwi. 1923 und 1933. Das Verhalten der Nachbarschaft wird mit deren Verhalten und der von Behörden nach 1933 verglichen. Die Zeit der so genannten "Reichskristallnacht" 1938 und der Deportationen. Ein damals Jugendlicher lebt von 1944 an in einem Versteck beim christl. Verwalter des jüd. Friedhofs und geschützt durch franz. Zwangsarbeiter im benachbarten Lager.)

Siehe auch, noch offen

  • Annemarie und Rudolf Cohen als Helfer und Retter vieler verfolgter jüdischen MünchnerInnen
  • Wo erinnern Stolpersteine?
  • Vernichtungslager Treblinka: Im Frühjahr/Sommer 1942 fuhren, z. T. regelmäßig alle zwei Wochen, Gefangenenzüge aus Warschau und KZ Theresienstadt dorthin.
  • Gedenkorte wie der Name des Anne-Frank-Angers
  • Es gab 1938 aber auch Züge in der Gegenrichtung: Die Dachau-Transporte der Gestapo aus Wien, mehr als 7.800 Österreicher (überwiegend Männer) wurden hierher ins Konzentrationslager verschleppt. Das Hauptziel war damals vermutlich, Druck auf die Bereitschaft ins Exil zu gehen auszuüben. Dabei kam es neben den körperlichen Brutalitäten und dem seelischen Terror zu vielfachem Raub an den Opfern, ihren Angehörigen und zu Arisierungen an ihren Heimatorten.