Alte Hauptsynagoge

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Die ehemalige Hauptsynagoge Münchens
(fertiggestellt 1887, Aufn. Jos. Albert von 04/1893)

Die ehemalige Hauptsynagoge Münchens - ein Foto, die Geschichte dieses Fotos und was darauf zu sehen ist.

Es handelt sich um eine Fotoansicht des Foto-Verlags Joseph Albert in schwarz-weiß von der originalen Lichtdrucktafel, die im Jahre 1893 entstanden ist.

Der im Vordergrund sichtbare Bauzaun weist auf den Neubau des künftigen Nachbargebäudes "Künstlerhaus" zum Ende der 1890er-Jahre hin (entstanden 1893/1900). Dieser nächste Neubau in diesem Viertel diente dann Hitler 1938 als Vorwand für seine persönliche Entscheidung gegen das jüdische Gotteshaus. 1937 konnte die jüdische Gemeinde noch das 50-jährige Jubiläum der Synagoge feiern.

Die Synagoge der religiösen Münchner Gemeinde wurde 1887 im Stil des Historismus (neuromanischer Langhausbau) fertig gestellt. Ihr Architekt war der, auch über München hinaus, besonders im Kirchenbau tätige Albert Schmidt (1841 — 1913).

Die Hauptfassade wurde durch 5 Portale und zwei Treppentürme an den Seiten gegliedert. Die Mauern bestanden aus dunkelrotem Backsteinmauerwerk auf einem Granitsockel. Motive vom Dom in Trient sollen für den Oron Kodesch maßgebend gewesen sein. 1906 folgt diesem ein Bau in Hamburg, sozusagen eine Schwester, die Synagoge dort in der Bornestraße.

Standort war an der Herzog-Max-Straße das Grundstück Nr. 7, an der Ecke mit der Maxburgstraße und der Kapellenstraße im Kreuzviertel. Benachbart steht das Gemeindezentrum (im Bild rechts angeschnitten).

Im Juni 1938 wurde die Synagoge auf den direkten Befehl Hitlers hin innerhalb weniger Tage abgebrochen. Die Israelitische Kultusgemeinde wurde zur Übernahme der Abbruchkosten der eigenen Synagoge gezwungen. Der Abriss war Ausdruck seiner rassistischen Politik (und der gesamten NSDAP) gegen eine Bevölkerungsminderheit. Und es war ein Vorzeichen der immer weiter getriebenen Verfolgungen. Vergleiche dazu die Artikel über die Judendeportationen der Nazis ab November 1941 in der 1933 begonnenen Shoah, die viele MünchnerInnen direkt zur Ermordung nach Auschwitz brachte.

Im Sommer 2023 wurden bei Baggerarbeiten Steine der Synagoge in der Isar gefunden. Offenbar wurden die Steine 1938 in Höhe der Großhesseloher Brücke in die Isar geschüttet[1].

Ein zeitgenössicher Bericht über den Neubau

Bericht im Münchener Boten von 1887:

Die neue Synagoge, nach dem Urteil Sachverständiger in baulicher Hinsicht eine Zierde der Stadt, wurde am Freitag Abends mit einer Feier eingeweiht, welche in Münchens Geschichte als ein Akt von kultureller Bedeutung zu verzeichnen ist. Die israelitische Gemeinde füllte den schönen Tempelbau, dessen weite Emporen die Frauen einnahmen. Von außen wehten Flaggen in den bayerischen und Münchener Farben, an den drei Portalen und an der Balustrade vor der heiligen Lade grünten Zierpflanzengruppen. Auf den prächtigen ehernen Armleuchtern brannten Kerzen. Im Mittelgang bildeten Knaben und Mädchen mit blau-weißen Schärpen Spalier. Allmählich fanden sich die Ehrengäste ein, von welchen wir nennen: die königlichen Staatsminister Dr. Freiherr von Lutz und Freiherr von Feilitzsch, Regierungspräsident Freiherr von Pfeufer, Hofmarschall Freiherr von Hutten, General von Sprunner, mehrere Landtags-Abgeordnete, darunter Maison und Frankenburger, Hofkapellmeister Levi, der Polizei- und Regierungsdirektor Dr. von Müller und Rat Meixner, die Bürgermeister Dr. von Erhardt und Dr. von Widenmayer mit den Räten Sickenberger, Schrott, Hergl, Hemmeter, Schreibmayer, Oberbaurat Zenetti, die Gemeindebevollmächtigten Ritter von Schultes, Neuner, Böhm, Buchner und Heldenberg, Stadtarchivar Ernst von Destouches, der Baumeister der Synagoge Albert Schmidt, Landgerichtsrat Epstein, mehrere Vertreter der Presse, welchen der vierte Stuhl reserviert war.
Ein solenner Marsch mit Posaunen und Pauken leitete die Festlichkeit ein, worauf der Einzug der zwölf in prachtvollen Geräten aus Gold und Silber aufbewahrten Torarollen erfolgte. Kantor Kirchner, Rabbiner Dr. Perles und zehn Angehörige der israelitischen Kultusverwaltung trugen im linken Arm diese oben mit Klingeln versehenen Geräte um die Synagoge herum, deren Portale hierbei geöffnet wurden, während vom Chore der 26. Vers des Psalmes 118: ‚Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn’ erklang. Beim Anzünden der ewigen Lampe, welche bedeutet den göttlichen Funken in der Menschenbrust, sprach Dr. Perles den Weihetext hebräisch. Herrlicher Gesang begleitete die Eröffnung der heiligen Lade, welche sich vorne im Mittelpunkt unter romanischen Rundbogenverzierungen befindet. Abermals erfolgte ein Umzug mit den Torarollen unter erhebenden Gesängen, wobei namentlich Kantor Kirchners Soloweisen allgemein bewundert wurden. Als die Torarollen in der heiligen Lade verschlossen und deren Türe mit einer reich in Gold gestickten Samtverkleidung verhüllt wurde, ertönte der Psalm: ‚Wie lieblich sind deine Wohnungen, ewiger Zebaoth!’
Anknüpfend an diesen Psalmvers hielt Rabbiner Dr. Perles seine gehaltvolle Festpredigt; die Schönheit des Tempels und die feierliche Gestaltung des Gottesdienstes sei in Israelit uralt und schon im grauen Altertum, in den Zeiten des ersten und zweiten Tempels baute Israel seine Gottesdiensträume im Bunde mit der Kunst. Es kam eine Zeit, dass Israel seinen Gottesdienst dem Tageslichte entziehen musste, aber jetzt danke er Gott, dass in geordneten gesicherten Zuständen die gottesdienstlichen Räume wieder mit Pracht und Kunst ausgestattet werden können.
Die Geschichte der Münchener Synagoge ist alt und reicht bis 1285 zurück, allwo das erste israelitische Bethaus entstand, um den finsteren Anschauungen einer nun Gottlob überwundenen Zeit samt der gesamten Gemeinde zum Opfer zu fallen. Mit besseren Zeiten kamen bessere Elemente und unter Bayerns Königen ward die alte Synagoge erbaut, aber schon nach etlichen Jahrzehnten drängte das immerwährende Wachsen der Gemeinde zu einem Neubau, zu welchem vor 4 ½ Jahren der Grundstein gelegt wurde. Sie ist das Werk eines hochbegabten Meisters und alles kündet in diesem Haus die Ehre des Herrn. Die Synagoge reiht sich Münchens Kunststätten würdigst an. Jede Parteiung, jeder Fanatismus möge weichen und beim Umzug von der alten Synagoge in die neue möge ein Jeder als die schönste Weihe des Hauses den Frieden mit hinübernehmen!
An die Predigt reihte sich das Weihegebet mit Segen, wobei der Rabbiner in erhebenden Worten für Bayerns König, für das teure Haupt des Prinz-Regenten, für die Minister, für die Verhandlungen der Kammern, für das gesamte Bayernland und besonders für die Stadt München, für seine Behörden und Bürger, für die israelitische Gemeinde und deren Verwaltung um den Schutz und Segen des Himmels bat. – Nun erklang mit Orgel, Posaunen und Pauken der Psalm 150 ‚Halleluja! Lobet Gott in seinem Heiligtum’ und diese großartige Komposition war der Schluss der für alle Teilnehmer denkwürdigen Feier der Einweihung der neuen Synagoge in München."

Der Kantor

Auf dem Bild nicht zu sehen: der Kantor Emmanuel Kirschner. Er war viele Jahre der bedeutendste Kantor Münchens und hat sowohl bei der Einweihung der Synagoge 1887 wie beim 50jährigen Jubiläum vorgesungen. Schließlich hat er am Vorabend der Zerstörung 1938 beim Abschiedsgottesdienst noch als Kantor mitgewirkt.

Die neue Orgel

Noch vor der Sprengung am 9. Juni 1938 war die Orgel der Synagoge herausgenommen und zur Kirche St. Korbinian verbracht worden. Alfred Neumeyer (der damalige Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde München) schrieb in seinen unveröffentlichten Memoiren im Juni 1938: "Die kostbare Orgel, die erst mehrere Jahre vorher beschafft wurde, übernahm das erzbischöfliche Ordinariat für eine neuerbaute Kirche zu dem von der Orgelbaufirma bezeichneten Preise. Die Herren waren dankbar für die Überlassung des Werkes, weil sie eine so vollendete Orgel bei dem Mangel an gutem Material nicht mehr hätten beschaffen können." Bei einem Luftangriff am 12. Juli 1944 wurde schließlich auch diese Orgel mit der gesamten Inneneinrichtung der Kirche zerstört.

Gedenkstein am Standort der zerstörten Hauptsynagoge

Gedenkstein an die ehemalige Hauptsynagoge München

Seit dem 9. November 1969 erinnert ein von Herbert Peters geschaffener Gedenkstein in der Herzog-Max-Straße / Ecke Maxburgstraße an die Synagoge.

Das Grundstück der alten Hauptsynagoge wurde 1999 an den Arcandor-Konzern verkauft, der so sein benachbartes Warenhaus Oberpollinger erweitern konnte. Der Verkaufserlös von 20,5 Millionen Euro wurde in den Bau des Neuen Jüdischen Zentrums auf dem Jakobsplatz investiert, das am 9. November 2006 eröffnet wurde. .

Die deutsche Inschrift lautet:

Hier stand die 1883 - 1887 erbaute Hauptsynagoge der Israelitischen Kultusgemeinde. Sie wurde in der Zeit der Judenverfolgung im Juni 1938 abgerissen. Am 10.November 1938 wurden in Deutschland die Synagogen niedergebrannt.


Gedenke dies
Der Feind höhnte Dich
Psalm 74, Vers 18

Sie enthält auch verschiedene jüdische Symbole:

  • den Davidsstern (auf hebräisch Magen Davids, deutsch ‚Schild Davids‘; Link zur WP)
  • die Menora (Link zur WP)
  • und die beiden Gesetztafeln vom Berg Sinai mit den Anfangsworten der zehn Gebote (Link zur WP)

Der ganze hier angesprochen Satz im Psalm 74

Zum Text im Gedenkstein an die zerstörte Hauptsynagoge und ihre ermordeten Münchner Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens (Psalm 74) gehören im Zusammenhang des Psalters die Verse 17-19.

Hier davon der Vers 18:


"So gedenke doch des, daß der Feind den Herrn schmäht und ein töricht Volk lästert deinen Namen."


Im Stein steht davon nur knapp diese Zusammenfassung: Gedenke dies, der Feind höhnte dich

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