NSDAP-Gebäude in München und ihre Reste
Als NSDAP-Gebäude im Stadtgebiet von München sollen hier vor allem die Gebäude genannt werden, die von der Nazi-Partei gekauft und umgebaut oder errichtet wurden. Es soll nach deren Verbleib gefragt werden. Zum ersten handelt es sich um den neu errichteten Führerbau und den dazugehörigen Verwaltungsbau als Nachfolgegebäude für das Braune Haus. Dessen Vorgänger als Sitz der Geschäftsstellen der NSDAP waren angemietete Räume, die äußerlich keine Merkmale der so genannten Nazi-Architektur trugen.
Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass eine ganze Reihe der typischen "Nazi-Bauwerke" nicht durch die Partei sondern durch den Staat oder andere Organisationen errichtet wurden, die formal und finanziell von der NSDAP unabhängig waren, auch wenn sie in ihren Leitungsgremien zu dieser Zeit eindeutig von der NSDAP beherrscht waren.
All dies darf nicht vergessen machen, dass die neuen Machthaber in den wenigen Monaten ihrer neuen Machtfülle bereits riesige Ausbaupläne für ihre Hauptstadt der Bewegung schmiedeten. Sie ergänzten einerseits die Pläne für Berlin sollten aber den Preußen andererseits immer vorführen, dass das Heil der NS-Bewegung aus dem Süden des Reichs gekommen war und dort seine feste Stütze hatte.
Frühere Geschäftsstellen
Ulrike Grammbitter nennt als Sitz der Geschäftsstellen der NSDAP in München bis zum Erwerb des "Braunen Hauses" 1930
1. 1920 war das ein Nebenzimmer des Münchner Sterneckerbräus am Isartor
2. 1921 Umzug in die Räume eines ehemaligen Wirtshauses in der Corneliusstraße 12.
1923 - Verbot der NSDAP im November 1923 nach dem Ludendorff-Hitler-Putsch
3. Ab Februar 1925 überließ Max Amann (1891–1957), Leiter des Parteiverlages der neu wieder gegründeten NSDAP ein Zimmer in der Thierschstraße 15.
4. 1925 Umzug in das Rückgebäude Schellingstraße 50 (Räume von Heinrich Hoffmann (1885–1957). Bis 1930 wurden dort immer mehr Räume, schließlich das ganze Gebäude genutzt.
Braunes Haus 1930 - 1937
Das ehemalige Palais Barlow (früher Lotzbeck-Palais) wurde 1828 von dem königlichen Hofbaurat Jean-Baptiste Métivier (1781-1853) als Spekulationsobjekt erbaut und wurde hundert Jahre lang verschieden als repräsentatives Wohn- und Geschäftshaus genutzt. Das Palais wurde 1876 von dem englischen Großkaufmann Richard Barlow (1826-1882) erworben. Sein Sohn Willy Barlow (1869-1928) vererbte es seiner Witwe Elisabeth Barlow. Diese veräußerte es am 26. Mai 1930 an den Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterverein (NSDAV), der für die damals nicht rechtsfähige, weil verbotene, NSDAP handelte. Nicht nur das Gebäude kann als repräsentativ gelten sondern auch seine Lage an der vornehmen Brienner Straße, die die Hauptachse des Stadtteils Maxvorstadt bildete.
- das leer geräumte Grundstück soll als Standort einem NS-Dokumentationszentrum (s.u.) dienen.
Führerbau
Der Führerbau, in der Arcisstraße 12, Nähe Königsplatz - heute: Hochschule für Musik und Theater
- 1937 nach Plänen von Paul Ludwig Troost fertiggestellt, Planung ab 1930
- keine Kriegsschäden
- Nach Kriegsende von der amerikanischen Militärregierung genutzt. Später vorübergehend als Amerikahaus (vor dessen Neubau).
Die beiden Ehrentempel
Zwei Ehrentempel für die erschossenen Rechtsputschisten — am 9. November 1935 wurden die Ehrentempel beidseits der Achse der Brienner Straße und des für die Marschtritte frisch gepflasterten Königsplatzes durch die Überführung der von der NS-Anhängerschaft so genannten 16 Gefallenen/Blutzeugen des Putschversuchs von 1923 eingeweiht — und 1947 gesprengt.
Parteistellen
- Verwaltungsbau seit 1947 Zentralinstitut für Kunstgeschichte, äußerlich baugleich zum Führerbau (s.o.)
- Reichsjugendführung der NSDAP
- Reichskassenverwaltung der NS-Frauenschaft
- Reichsführung des NS-Deutschen Studentenbundes
- Reichsführung SS
- Oberste SA-Führung
- Reichspropagandaleitung
- Reichspressestelle
Die Machtzentrale um die Briennner Straße und den Königsplatz
Die Machtzentrale um die Briennner Straße bildet um den Königsplatz auch in Nord-Südrichtung mit der Arcis- und Barer Straße eine Achse der Parteibauten aus Parteikanzlei (von der Arcisstr. nach Osten weglaufend), dem Führerbau entlang der Arcisstraße, den beiden Ehrentempeln um die Briennner am Platz im Zentrum, den neu errichteten Verwaltungsbau (jetzt Institut für Ägyptologie, Institut für Klassische Archäologie und Zentralinstitut für Kunstgeschichte) und die Zentrale, gefolgt von einem Bürogebäude mit einem Sitzungssaal - der Sophiensaal, der heutigen Oberfinanzdirektion. Für das entgegengesetzte Ende der Arcisstraße gab es Pläne zur Erweiterung der Alten Pinakothek. Friedrich Gablonsky sah an ihren beiden Enden Flügelbauten entlang der Arcis- und Barer Straße vor. Dieser letzte Bauteil würde einst einer Parteihalle mit dem Grabmal Hitlers gegenüberstehen (etwa am heuigen Platz der Pinakothek der Moderne). Der weitere Ausbau der parallelen Barer Straße auf diesen Schlusspunkt hin wäre nach dem Endsieg unvermeidlich gewesen.
In der Nähe befinden sich die bereits genannten Parteistellen, die später an die noch zu bauende Prachtstraße umziehen würden.
Haus der deutschen Kunst
Vom Nachfolgebau des Glaspalasts zur Weihestätte so genannter " deutscher Kunst": das Haus der Kunst fügte sich in die Vorstellungen Hitlers ein und wurde entsprechend der NS-Auffassung von Kunst genutzt.
Ab 1937 bis 1944 werden jährlich Austellungen unter dem Motto "große deutsche Kunstaustellung" gezeigt.
SS - Kaserne
Die Kaserne der SS-Standarte 1 „Deutschland“ in München-Freimann (erbaut 1936-1939, heute Ernst-von-Bergmann-Kaserne
Haus des Deutschen Rechts
Haus des Deutschen Rechts (erbaut 1936 bis 1939), später in Akademie für Deutsches Recht umbenannt
Planung der künftigen Repräsentationsbauten
Ab 1934 planten Troost und andere bis in die frühen 40 Jahre hinein eine große Zahl riesig dimensionierter Prachtsbauten, die an einer West-Ost-Achse errichtet, die Bedeutung der NS-Partei regelrecht auf Jahrhunderte zementieren sollten.
Die breite Prachtstraße
Die etwa 6000 Meter lange Straße von West nach Ost bis zum Stachus sollte 120 Meter breit werden. In Norden und Süden sollte je eine doppelte Reihe Bäume den 20 m breiten Fußgängerweg von der Strasse abgrenzen. Diese neue Ost-West-Achse sollte kreuzungsfrei bleiben und die Berliner Straße Unter den Linden oder die Champs dÈlysee in Paris noch in den Schatten stellen.
An der Strasse sollten u.a. Bauten der Deutsche Arbeitsfront, der SS, der NS-Frauenschaft, das „Forum der SA“, je ein 93 Meter hohes Hochhaus für den Eher-Verlag und ein KdF-Hotel, ein Armeemuseum, Varietetheatergebäude, zwei Großkinos, ein Kaufhaus, eine Therme und ein Bierpalast errichtet werden. Das bedeutendste Bauwerk dieser Strasse sollte die Neue Oper bilden, die 1938 von Waldemar Brinkmann entworfen worden war. Von dem auf der Nordseite der Achse errichteten Opernhaus sollte eine Achse in Nord-Süd-Richtung zur Theresienwiese führen.
Ein Stockwerk unter der Prachtstraße war eine U-Bahnlinie vom dann neu platzierten Bahnhof her vorgesehen.
Das Denkmal der Bewegung
Im Denkmal der Bewegung, einem 175 Meter hohen Turm, sollte die so genannte Blutfahne von 1923 ausgestellt werden. Obenauf käme nicht ein Reichs- sondern ein Weltadler mit dem Globus in den Klauen.
Etwa auf Höhe des Alten Botanischen Gartens sollten die Neubauten vor diesem Denkmal mit der Nord-Südachse der Parteibauten aus der Vorkriegszeit zusammen treffen.
Der neue Hauptbahnhof
Der neue Hauptbahnhof sollte um etwa 2.500 Meter nach Westen versetzt und zu einer Kuppel von 265 Metern Durchmesser und 136 Metern Höhe aufgeblasen werden. Die eigentlich funktionslose Kuppel sollte am westlichen Abschluss der Prachtstraße die Lage der Bahnsteige signalisieren, die einige Stockwerke unter der Erde verschwinden sollten. Das unter den Erdboden verlegte Gleisfeld würde der neuen Prachtstraße hin zur Autobahn Platz machen. (Vergl. Simulationen bei Patrick Brose)
Als Antipode: ein Dokumentationszentrum
- NS-Dokumentationszentrum (Grundstein 2012) auf dem Grundstück der NSDAP-Parteizentrale: Braunes Haus
Literatur
- Matthias Donath: Architektur in München 1933-1945: ein Stadtführer. Lukas Verlag, 2007. 87 Seiten. ISBN 978-3867320115 (dreißig für die damalige Architektur repräsentative Beispiele. Historische Fotos des ursprünglichen Zustand. Stadtplan dazu)
- Winfried Nerdinger: Bauen im Nationalsozialismus. Bayern 1933-1945. München, Architekturmuseum der TU, Klinkhardt und Biermann, 1993. ISBN 3-7814-0360-2 (recht umfassend)
- Andreas Heusler: Das Braune Haus. Wie München zur "Hauptstadt der Bewegung" wurde. München, 2008.
- Iris Lauterbach (Hrsg.): Bürokratie und Kult. Das Parteizentrum der NSDAP am Königsplatz in München. Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, München 1995.
- Münchner Stadtmuseum, Kulturreferat, Landeszentrale für polit. Bildungsarbeit: Nationalsozialismus in München. Stadtplan zur NS-Topografie in München 1918-1945. München, 2003 (siehe unten den Link zum Stadtplan zur NS-Topografie)
Weblinks
- Topographie des Nationalsozialismus in München 1918 bis 1945 - Interaktiver Stadtplan zur NS-Zeit (vgl. zur gedruckten Ausgabe oben)
- Patrick Brose: Münchens Denkmäler (2006, Plan, Fotos und Kurzdarstellungen)
- Ulrike Grammbitter: Braunes Haus, München in Historisches Lexikon Bayerns
Das Thema "NSDAP-Gebäude in München und ihre Reste" ist aufgrund seiner überregionalen Bedeutung auch bei der deutschsprachigen Wikipedia vertreten.
Die Seite ist über diesen Link aufrufbar: Braunes Haus. |