Ohel Jakob: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Haus Jakobs '''(auf hebräisch '''Ohel Jakob''') in [[München]], die '''Hauptsynagoge Münchens''', ist Teil des [[Jüdisches Zentrum|Jüdischen Zentrums]] am [[St.-Jakobs-Platz]] in der Stadtmitte und wurde nach dem jüdischen Kalender im Jahre 5767 ([[2006]] des [[Gregorianischer Kalender|Gregorianischen Kalenders]]) eröffnet.
[[Datei:Ohel_Jakov_commons03.jpeg|thumb|Ohel Jakob in München  •  אהל יעקב ]]
[[Datei:Festakt 10 Jahre Ohel Jakob Synagoge.jpg|thumb|Festakt zur 10-Jahres-Feier der Errichtung der Ohel Jakob Synagoge]]
[[Datei:Gang der Erinnerung.jpg|thumb|Gang der Erinnerung]]
'''Ohel Jakob''' (hebräisch: אהל יעקב '''Zelt Jakobs'''), die '''Hauptsynagoge Münchens''', ist Teil des [[Jüdisches Zentrum|Jüdischen Zentrums]] am [[St.-Jakobs-Platz]] in der Stadtmitte und wurde nach dem jüdischen Kalender 5767 (entspricht [[2006]]) eröffnet.


Es hat also 68 Jahre seit 5698/99 (1938) gedauert, um dieses durch die [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] zerstörte Gebetshaus wieder neu zu errichten.
Es hat 68 Jahre seit 5698/99 (1938) gedauert, um dieses durch die [[Nationalsozialismus|Nazis]] zerstörte Gebetshaus wieder neu zu errichten. Der Sockel der 28 Meter hohen Synagoge, die 585 Sitzplätze aufweist, erinnert an die Klagemauer, den einzig erhaltenen Teil des Jerusalemer Tempels und ist aus hellem Jerusalem-Stein gefertigt. Darüber befinden sich – in einem quaderförmigen Oberlicht – ineinander verschachtelte Davidsterne aus Stahl. Sie sind verglast und unter einem bronzefarbenen Metallnetz aufgehängt.  


Die helle Steinfassade wirkt interessant und zugleich doch auch abweisend. Wer wollte nach der Geschichte von 1933 bis 1945 auch einen zierlichen und offenen Bau erwarten. Das Bedrückende daran ist jedoch die heutige Notwendigkeit, an dieser Stelle auf die Sicherheitsaspekte für Gläubige und ihre Gäste zu achten.
In München existiert damit seit 5767/2006 wieder an einem zentralen Platz eine Synagoge für die jüdische Gemeinde der Stadt.
 
* ''Siehe auch:'' eine Auflistung der [[Synagoge|Münchner Synagogen]]


Das Positive ist, dass es in dieser Stadt nun wieder an einem zentralen Platz eine Synagoge für die jüdische Gemeinde in der Stadt gibt.


==Der heutige Standort==
==Der heutige Standort==
Der [[Sankt-Jakobs-Platz|Jakobs-Platz]] hat seinen Namen nur akustisch nach der gleichen biblischen Figur. Denn der Platzname stammt aus einer neueren christlichen Tradition heraus. Jakob wurde in München wie überhaupt im Christentum meist als ''St. Jakob,'' einem Jünger Jesu verstanden und erinnert so an eine [[St. Jakob am Anger|St. Jakobs-Kirche]] und eigentlich nicht an die ältere Schwester der Ecclesia, die Synagoge und ihren alttestamentarischen Stammvater, den anderen Jakob.  
Der [[Sankt-Jakobs-Platz|Jakobs-Platz]] hat seinen Namen nur akustisch nach der gleichen biblischen Figur. Denn der Platzname stammt aus einer neueren christlichen Tradition heraus. Jakob wurde in München wie überhaupt im Christentum meist als ''St. Jakob,'' einem Jünger Jesu verstanden und erinnert so an eine [[St. Jakob am Anger|St. Jakobs-Kirche]] und eigentlich nicht an die ältere Schwester der Ecclesia, die Synagoge, und ihren alttestamentarischen Stammvater, den anderen Jakob.  


''Ohel Jakob'' hat eine Doppelbedeutung, indem es das Haus für die Kinder Jakobs (die Israeliten) sein soll und diese Kinder an ihren Stammvater erinnert. In diesem Stammvater treffen sich, wenn man so will, Ausgangspunkte jüdischer und christlicher Botschaften für die Zukunft. Und insoweit war der christliche ''Heilige'', wie viele andere, eben nach dem Juden Jakob benannnt.  
''Ohel Jakob'' hat eine Doppelbedeutung, indem es das Haus für die Kinder Jakobs (die Israeliten) sein soll und diese Kinder an ihren Stammvater erinnert. In diesem Stammvater treffen sich, wenn man so will, Ausgangspunkte jüdischer und christlicher Botschaften für die Zukunft. Und insoweit war der christliche ''Heilige'', wie viele andere, eben nach dem Juden Jakob benannnt.  


Zur Erinnerung an die beiden [[1938]] zerstörten [[Ehemalige Hauptsynagoge Münchens - ein Foto|Vorgänger-Gebäude]] erhielt die neue Synagoge den Namen der zweiten 1938 zerstörten Synagoge in der [[Herzog-Rudolf-Straße]]. Das Bild dieser brennenden Synagoge wurde oft als Symbol für die [[9._November_in_München#1938:_Judenpogrom_der_NSDAP_und_SS|Zerstörungen am 9. November 1938]] verwendet (vgl. unten bei den Weblinks).
Zur Erinnerung an die beiden [[1938]] zerstörten [[Ehemalige Hauptsynagoge Münchens - ein Foto|Vorgänger-Gebäude (ein Foto)]] erhielt die neue Synagoge den Namen der zweiten 1938 zerstörten Synagoge in der [[Herzog-Rudolf-Straße]]. Das Bild dieser brennenden Synagoge wurde oft als Symbol für die [[9._November_in_München#1938:_Judenpogrom_der_NSDAP_und_SS|Zerstörungen am 9. November 1938]] verwendet (vgl. unten bei den Weblinks).
== ... und die Menschen vor 1941, die hier ein und aus gingen ?==
== ... und die Menschen vor 1941, die hier ein und aus gingen ==
Die neue Synagoge verbindet ein unterirdischer „Gang der Erinnerung“ mit dem Gemeindezentrum. Der 32 Meter lange „'''Gang der Erinnerung'''“ ist ein künstlerische Installation des Künstlers Georg Soanca-Pollak.
Die neue Synagoge verbindet ein unterirdischer „Gang der Erinnerung“ mit dem Gemeindezentrum. Der 32 Meter lange „'''Gang der Erinnerung'''“ ist ein künstlerische Installation des Künstlers Georg Soanca-Pollak.


Hinterleuchtete Glasplatten nennen die Namen von über 4.500 Münchnerinnen und -ern, die als Juden während der Zeit des Nationalsozialismus von ihren NS-Nachbarn deportiert und ermordet wurden.
Beleuchtete Glasplatten nennen die Namen von über 4.500 Münchnerinnen und -ern, die weil sie als Juden verfolgt wurden, während der Zeit des Nationalsozialismus von ihren NS-Nachbarn deportiert und ermordet wurden.


==Die neue Hauptsynagoge==
==Die neue Hauptsynagoge==
Zunächst sieht der Besucher einen monolithischen Baukörper über einander gestapelter Werksteine. Die Steine wurden aus Israel geliefert und sollen an die Klagemauer erinnern. Sie bestehen aus deutlich gemaserten Travertin-Platten. Der zugrunde liegende architektonische Gedanke ist die Kombination der Elemente „Tempel“ und „Zelt“. Denn ''Ohel'' ist natürlich nur heutzutage mit Haus zu übersetzen. Früher wurde in Kleinasien das Zelt damit bezeichnet.  
Zunächst sieht der Besucher einen monolithischen Baukörper massiver über einander gestapelter Werksteine. Die Steine wurden aus Israel geliefert und erinnern an die Klagemauer des alten Tempels. Sie bestehen aus deutlich gemaserten Travertin-Platten. Der zugrunde liegende architektonische Gedanke ist die Kombination der Elemente „Tempel“ und „Zelt“. Denn ''Ohel'' ist natürlich nur heutzutage mit Haus zu übersetzen. Früher wurde in Kleinasien das Zelt damit bezeichnet.  


Im Inneren gibt es dem entsprechend ein zeltartiges Gebilde, das aus drei Schichten gebildet wird. Die Tragstruktur des Zeltes besteht aus Stahlblech, das wie Davidsterne geformt wurde. Darüber liegt eine Schichtverglasung. Die oberste Lage ist ein Metallgewebe, das lichtdurchlässig ist.
Im Inneren gibt es dem entsprechend ein zeltartiges Gebilde, das aus drei Schichten gebildet wird. Die Tragstruktur des Zeltes besteht aus Stahlblech, das wie Davidsterne geformt wurde. Darüber liegt eine Schicht Verglasung. Die oberste Lage ist ein Metallgewebe, das lichtdurchlässig ist.


An ihrem Westrand betritt man die Synagoge durch die Vorhalle. Das Zentrum jeder Synagoge enthält ein Vorlesepult und den Thora-Schrein. Die Frauenplätze dieser Synagoge liegen hinter einer Mechiza, einem Sichtschutz.  
An ihrem Westrand betritt man die Synagoge durch die Vorhalle. Das Zentrum jeder Synagoge enthält ein Vorlesepult und den Thora-Schrein. Die Frauenplätze dieser Synagoge liegen hinter einer Mechiza, einem Sichtschutz.  
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==Die Hauptsynagoge 1887-1938==
==Die Hauptsynagoge 1887-1938==
Die durch den Architekten [[Albert Schmidt]] entworfene und unter seiner Bauleitung enstandene Hauptsynagoge wurde an der [[Herzog-Max-Straße]] No. 7, an der Ecke mit der [[Maxburgstraße]], und der [[Kapellenstraße]] im [[Kreuzviertel]] errichtet. 188ß-1882 erwarb die Israelitsche Kultusgemeinde einen Teil des Bauplatzes von dem Bauuunternehmer Rasch, und einen Teil vom Bayerischen Staat. Die Planungen für eine Synagoge gehen auf das Jahr 1878 zurück. In den Jahren 1884 bis 1887 wurde das Bauwerk errichtet. Zur rechten Seite (vom Gebäude aus links), wie auf dem Foto zu sehen, waren die Gebäude für die Rabbinerwohnung und Gemeinderäume im gleichen Stil wie die Synagoge errichtet worden.
Die durch den Architekten [[Albert Schmidt]] entworfene und unter seiner Bauleitung enstandene Hauptsynagoge wurde an der [[Herzog-Max-Straße]] No. 7, an der Ecke mit der [[Maxburgstraße]], und der [[Kapellenstraße]] im [[Kreuzviertel]] errichtet. 1880-1882 erwarb die Israelitsche Kultusgemeinde einen Teil des Bauplatzes von dem Bauuunternehmer Rasch, und einen Teil vom bayerischen Staat. Die Planungen für eine Synagoge gehen auf das Jahr 1878 zurück. In den Jahren 1884 bis 1887 wurde das Bauwerk errichtet. Zur rechten Seite (vom Gebäude aus links), wie auf dem Foto zu sehen, waren die Gebäude für die Rabbinerwohnung und Gemeinderäume im gleichen Stil wie die Synagoge errichtet worden.


Am 8. Juni bis in den Juli [[1938]] wurden im Auftrag Hitlers die Abbrucharbeiten zwangsweise durchgeführt. Hitler soll den Anblick des Bauwerks angeblich nicht ertragen haben. Die Thorarollen konnten gerettet werden. Die jüdische Gemeinde wurde gezwungen, die Abrisskosten zu übernehmen. An ihrem ehemaligen Standort erinnert ein Gedenkstein an die Zerstörung.
Am 8. Juni bis in den Juli [[1938]] wurden im Auftrag Hitlers die Abbrucharbeiten zwangsweise durchgeführt. Hitler soll den Anblick des Bauwerks angeblich nicht ertragen haben. Die Thorarollen konnten gerettet werden. Die jüdische Gemeinde wurde gezwungen, die Abrisskosten zu übernehmen. An ihrem ehemaligen Standort erinnert ein [[Gedenkstein an die ehemalige Hauptsynagoge München]] an ihre Zerstörung.


Das nach dem [[Zweiter Weltkrieg|zweiten Weltkrieg]] "freie" Areal wurde zwischen 1953-1960 durch Erweiterungen des vorhandenen Komplexes, des Kaufhauses [[Karstadt]], [[Neuhauser Straße]] 20, überbaut. Im Jahre 2002/2003 wurden diese Gebäudeteile entfernt, um dann in den Jahren 2003-2004 einen ''modernen'' gigantischen, Einheitsgebäudekomplex aufstellen zu können. Auf unserer Ansicht aus dem Jahre 1893 ist der bereits eingezäunte Bauplatz des noch zu errichtenden Künstlerhauses zu sehen.
Das nach dem [[Zweiter Weltkrieg|zweiten Weltkrieg]] "freie" Areal wurde zwischen 1953-1960 durch Erweiterungen des vorhandenen Nachbarkomplexes, des Kaufhauses [[Karstadt]], [[Neuhauser Straße]] 20, überbaut. Im Jahre 2002/2003 wurden diese Gebäudeteile entfernt, um dann in den Jahren 2003-2004 einen ''modernen'' gigantischen, Einheitsgebäudekomplex aufstellen zu können. Auf unserer Ansicht aus dem Jahre 1893 ist der bereits eingezäunte Bauplatz des noch zu errichtenden Künstlerhauses zu sehen.
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Am 7. Juni 1938 besucht Adolf Hitler eine Veranstaltung im Künstlerhaus, das nahe der Synagoge steht. Unmittelbar danach ordnet er den Abriss des jüdischen Gotteshaus an. Alfred Neumeyer schreibt rückblickend: "Am 8. Juni 1938 wurde ich zum Ministerium des Inneren vorgeladen (…) Es wurde mir von den Ministerialreferenten eröffnet, dass die Synagoge als Verkehrshindernis am nächsten Tage abgetragen werden müsse." Die Kultusgemeinde wird gezwungen, das Grundstück für lächerliche 100.000 Mark an die Stadt München zu verkaufen, die sich sofort daran macht, den Führerbefehl umzusetzen.
Am 7. Juni 1938 besucht Adolf Hitler eine Veranstaltung im Künstlerhaus, das nahe der Synagoge steht. Unmittelbar danach ordnet er den Abriss des jüdischen Gotteshaus an. Alfred Neumeyer schreibt rückblickend: "Am 8. Juni 1938 wurde ich zum Ministerium des Inneren vorgeladen (…) Es wurde mir von den Ministerialreferenten eröffnet, dass die Synagoge als Verkehrshindernis am nächsten Tage abgetragen werden müsse." Die Kultusgemeinde wird gezwungen, das Grundstück für lächerliche 100.000 Mark an die Stadt München zu verkaufen, die sich sofort daran macht, den Führerbefehl umzusetzen.


Der Komponist und Sänger Emanuel Kirschner, geboren 1857, war Oberkantor der Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße, ehe er 1926 in den Ruhestand trat. Am 8. Juni 1938 aber bittet ihn Alfred Neumeyer, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München, noch einmal in der Synagoge zu singen. Es würde das letzte Mal sein, denn am Morgen war Neumeyer mitgeteilt worden, dass der Prachtbau nahe der [[Maxburg]] am folgenden Tag abgerissen werde.
Der Komponist und Sänger Emanuel Kirschner, geboren 1857, war Oberkantor der Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße, ehe er 1926 in den Ruhestand trat. Am 8. Juni 1938 aber bittet ihn Alfred Neumeyer, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München, noch einmal in der Synagoge zu singen. Es würde das letzte Mal sein, denn am Morgen war Neumeyer mitgeteilt worden, dass der Prachtbau nahe der [[Maxburg]] am folgenden Tag abgerissen werde.
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===Gedenken===
===Gedenken===
* [[Gedenkstein an die ehemalige Hauptsynagoge München]] in der [[Herzog-Max-Straße]] 4 (Das von Her­bert Peters gestaltete Denkmal befindet sich an der Einmündung dieser Straße in die [[Maxburgstraße]], auf der rechten Seite).
* Zum schlichten Gedenkstein an die zerstörte Hauptsynagoge und ihre ermordeten Münchner Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens (Eine private Internetseite: [http://www.verbalissimo.com/main/offers/texts/d_theol_hower_psalm_74_18.htm Psalm 74, 18, im Zusammenhang zu lesen die Verse 17-19: hier nur V. 18: "So gedenke doch des, daß der Feind den Herrn schmäht und ein töricht Volk lästert deinen Namen." ] Im Stein heißt es davon nur knapp dies: ''Gedenke dies, der Feind höhnte dich''  
* Zum schlichten Gedenkstein an die zerstörte Hauptsynagoge und ihre ermordeten Münchner Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens (Eine private Internetseite: [http://www.verbalissimo.com/main/offers/texts/d_theol_hower_psalm_74_18.htm Psalm 74, 18, im Zusammenhang zu lesen die Verse 17-19: hier nur V. 18: "So gedenke doch des, daß der Feind den Herrn schmäht und ein töricht Volk lästert deinen Namen." ] Im Stein heißt es davon nur knapp dies: ''Gedenke dies, der Feind höhnte dich''  
* vgl. [[Ohel_Jakob#Die_Hauptsynagoge_1887-1938|über die alte Hauptsynagoge (1887-1938)]]
* vgl. [[Ohel_Jakob#Die_Hauptsynagoge_1887-1938|über die alte Hauptsynagoge (1887-1938)]]
* [http://www.verbalissimo.com/main/offers/inscriptions/europe/germany/d_munich_former_synagogue.htm Fotos vom Gedenkstein] (Aufn. von 2002) in der [[Herzog-Max-Straße]] 4 (Das von Her­bert Peters gestaltete Denkmal befindet sich an der Einmündung dieser Straße in die Maxburgstraße, auf der rechten Seite).


Deutscher Text Hauptseite:
Deutscher Text an der Hauptseite des Gedenksteins:
:::Hier stand die 1883 - 87 erbaute Hauptsynagoge der israelitischen Kultusgemeinde.  
:::Hier stand die 1883 - 87 erbaute Hauptsynagoge der israelitischen Kultusgemeinde.  
:::Sie wurde in der Zeit der Judenverfolgung im Juni 1938 abgerissen.  
:::Sie wurde in der Zeit der Judenverfolgung im Juni 1938 abgerissen.  
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und der zweite Teil von Psalm 74, Vers 8:
und der zweite Teil von Psalm 74, Vers 8:
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Sicherungskopie der Quelle, falls die Seite nicht online ist:  
Sicherungskopie der Quelle, falls die Seite nicht online ist:  


Nur ein paar hundert Meter vom Karlstor entfernt, gibt es folgendes Denkmal. Viel zu lange habe ich mich mit einem allgemeinen Eindruck von den darauf zu sehenden Inschriften zufrieden gegeben. Aber dann wollte ich es endlich genauer wissen. Und das ist dabei heraus gekommen:
Nur ein paar hundert Meter vom Karlstor entfernt, gibt es folgendes Denkmal. Viel zu lange habe ich mich mit einem allgemeinen Eindruck von den darauf zu sehenden Inschriften zufrieden gegeben. Aber dann wollte ich es endlich genauer wissen. Und das ist dabei heraus gekommen:
   
   
Hauptinschrift
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Alle Fotos dieser Seite:  
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Hans-Rudolf Hower 2002
Hans-Rudolf Hower 2002
   
   
Seitliche Inschrift
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Schreiben Sie uns Ihre Meinung zu unseren Übersetzungen und Deutungen. Qualifizierte Meinungen veröffentlichen wir gern, auch wenn wir sie nicht teilen sollten; hetzende, beleidigende, rechtsextreme, fremdenfeindliche und rassistische Äußerungen landen dagegen im Papierkorb.
Schreiben Sie uns Ihre Meinung zu unseren Übersetzungen und Deutungen. Qualifizierte Meinungen veröffentlichen wir gern, auch wenn wir sie nicht teilen sollten; hetzende, beleidigende, rechtsextreme, fremdenfeindliche und rassistische Äußerungen landen dagegen im Papierkorb.


Hauptinschrift
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Gedenke dies  
Gedenke dies  
der Feind höhnte dich
der Feind höhnte dich


74. Psalm  
74. Psalm  
Vers 18
Vers 18


Althebräischer Text
Althebräischer Text


Der Text im Davidstern entspricht dem ersten Teil von Psalm 74, 18.
Der Text im Davidstern entspricht dem ersten Teil von Psalm 74, 18.


Übersetzung im Textzusammenhang (in Anlehnung an die „Züricher Bibel“ von 1942)
Übersetzung im Textzusammenhang (in Anlehnung an die „Züricher Bibel“ von 1942)
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und vergiss nicht ewig des Lebens deiner Elenden!
und vergiss nicht ewig des Lebens deiner Elenden!
Die Übersetzung von Vers 18 wurde von mir in Anlehnung an die „Züricher Bibel“ und unter Berücksichtigung des hebräischen Originals neu gestaltet, um den Satzzusammenhang besser sichtbar zu machen.
Die Übersetzung von Vers 18 wurde von mir in Anlehnung an die „Züricher Bibel“ und unter Berücksichtigung des hebräischen Originals neu gestaltet, um den Satzzusammenhang besser sichtbar zu machen.


Kommentar
Kommentar
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Die Schmähungen des Feindes werden hier in die Vergangenheit gelegt. Auch dadurch wird für den Pas­san­ten der Bezug zum vergangenen Holocaust nahe gelegt.
Die Schmähungen des Feindes werden hier in die Vergangenheit gelegt. Auch dadurch wird für den Pas­san­ten der Bezug zum vergangenen Holocaust nahe gelegt.
Die Schmähungen des Feindes geschehen jetzt, in der Gegenwart, und der nächste Vers bittet um Er­rettung vor dem immer noch das Land besetzenden Feind.
Die Schmähungen des Feindes geschehen jetzt, in der Gegenwart, und der nächste Vers bittet um Er­rettung vor dem immer noch das Land besetzenden Feind.
 


Durch die oben aufgezeigten Abweichungen vom hebräischen Original könnte die deutsche Übersetzung (und fälschlich rückschließend auch das hebräische Original) von weniger bibelkundigen Passanten als eine Aufforderung an das Volk Israel verstanden werden, nie die Schmähungen seiner Feinde zu vergessen. Das wäre eine aus der leidvollen Geschichte der europäischen Juden verständliche und gerechtfertigte, aber in diesem Psalm nicht gemeinte und für unsere gemeinsame Zukunft eher unproduktive Interpretation.
Durch die oben aufgezeigten Abweichungen vom hebräischen Original könnte die deutsche Übersetzung (und fälschlich rückschließend auch das hebräische Original) von weniger bibelkundigen Passanten als eine Aufforderung an das Volk Israel verstanden werden, nie die Schmähungen seiner Feinde zu vergessen. Das wäre eine aus der leidvollen Geschichte der europäischen Juden verständliche und gerechtfertigte, aber in diesem Psalm nicht gemeinte und für unsere gemeinsame Zukunft eher unproduktive Interpretation.
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Wenn Sie Näheres zu den Argumenten erfahren wollen, die mich in Anlehnung an die „Züricher Bibel“ zu dieser Übersetzung und Interpretation geführt haben, klicken Sie bitte hier.
Wenn Sie Näheres zu den Argumenten erfahren wollen, die mich in Anlehnung an die „Züricher Bibel“ zu dieser Übersetzung und Interpretation geführt haben, klicken Sie bitte hier.


Seitliche Inschrift
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Originaltext (in althebräischer Sprache)
Originaltext (in althebräischer Sprache)


Klicken Sie bei Bedarf auf das Foto, um es größer zu sehen.
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Kommentar  
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Diese Inschrift enthält den vollständigen Wortlaut von Psalm 74, 7.
Diese Inschrift enthält den vollständigen Wortlaut von Psalm 74, 7.
Sie nimmt den Inhalt einer anderen Inschrift des Gedenksteins wieder auf.
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Kommentar  
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Die Inschrift wurde hier auf das verkürzt, worum es bei diesem Denkmal vorrangig geht: das Gedenken an die Zerstörung des Got­teshauses. Damit nimmt sie den Inhalt einer anderen Inschrift dieses Gedenksteins wieder auf.
Die Inschrift wurde hier auf das verkürzt, worum es bei diesem Denkmal vorrangig geht: das Gedenken an die Zerstörung des Got­teshauses. Damit nimmt sie den Inhalt einer anderen Inschrift dieses Gedenksteins wieder auf.
Dass diese Zerstörung nur der Anfang einer wüsten Barbarei war, zeigt der nicht eingemeißelte erste Teil des Verses: Wenn der Versteil auch wissenschaftlich nicht völlig geklärt ist, scheint hier die Absicht des Feindes aufzuscheinen, das Volk Israel auszurotten. Dies erklärt, warum die bloße Andeutung von Versen des Psalms 74 für einen Juden die Erinnerung an den Holocaust herauf beschwören muss.
Dass diese Zerstörung nur der Anfang einer wüsten Barbarei war, zeigt der nicht eingemeißelte erste Teil des Verses: Wenn der Versteil auch wissenschaftlich nicht völlig geklärt ist, scheint hier die Absicht des Feindes aufzuscheinen, das Volk Israel auszurotten. Dies erklärt, warum die bloße Andeutung von Versen des Psalms 74 für einen Juden die Erinnerung an den Holocaust herauf beschwören muss.


Literatur
Literatur


Mit Hilfe der folgenden Links …
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===Literatur===
===Literatur===
* Germania Judaica II,2 S. 556-559; III,2 S. 900-906;  
* Germania Judaica II,2 S. 556-559; III,2 S. 900-906;  
* [[Ludwig Feuchtwanger]]: ''Festgabe. 50 Jahre Alte Hauptsynagoge München. 1887-1937''. Gemeinsam herausgegeben mit [[Leo Baerwald]] im Auftrag der Israelitischen Kultusgemeinde München. Eigenverlag, München 1937
* Wolfram Selig: Synagogen und Jüdische Friedhöfe in München. München, 1988.
* Wolfram Selig: Synagogen und Jüdische Friedhöfe in München. München, 1988.
* Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. 1988 S. 307-316.  
* Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. 1988 S. 307-316.  
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* Harold Hammer-Schenk: Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert. 1981 (in 2 Bänden).
* Harold Hammer-Schenk: Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert. 1981 (in 2 Bänden).
* Hans-Peter Schwarz (Hrsg.): Die Architektur der Synagoge. Frankfurt/Stuttgart, 1988.
* Hans-Peter Schwarz (Hrsg.): Die Architektur der Synagoge. Frankfurt/Stuttgart, 1988.
* Hrgg. vom Germanischen Nationalmuseum und vom [[Haus der Bayerischen Geschichte]]: Siehe, der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. 1989.  
* Hrgg. vom Germanischen Nationalmuseum und vom [[Haus der Bayerischen Geschichte]]: ''Siehe, der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern.'' 1989.  
* Andreas Heusler, Tobias Weger: Kristallnacht. Gewalt gegen die Münchner Juden im November 1938. 1998.  
* [[Andreas Heusler]], Tobias Weger: Kristallnacht. Gewalt gegen die Münchner Juden im November 1938. 1998.  
* Barbara Eberhardt, Angela Hager: "Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hrsg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu. ISBN 978-3-98870-411-3 (Abschnitt zu München S. 360-386)
* Barbara Eberhardt, Angela Hager: "Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hrsg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu. ISBN 978-3-98870-411-3 (Abschnitt zu München S. 360-386)
=== Nach 1938 - [[Lindwurmstraße]] 127, Gemeinderäume und Betsaal===
Ab November 1938 bis zu ihrem völligen Erlöschen war die Verwaltung der jüdischen Kultusgemeinde in einer stillgelegten Fabrik im Rückgebäude der Lindwurmstraße 127 untergebracht. Das Gebäude war ursprünglich von [[Albert Einstein]]s Onkel errichtet und von wechselnden Eigentümern weiterbetrieben und erweitert worden.
In dem ehemaligen Maschinensaal wurde ein Betsaal für die im Juni 1938 auf Hitlers Befehl hin abgegbrochene Hauptsynagoge eingerichtet. »Dieser Betraum blieb der Kern der Gemeinde bis zu ihrem Untergang« in der [[Deportation]] (so der Gemeindevorsitzende Neumeyer).
Daran erinnert eine [[Gedenkstele Lindwurmstraße 127 - Jüdische Gemeinde nach 1938|Gedenkstele]] am Straßenrand/vor der heutigen Hauswand.


===Weblinks===
===Weblinks===
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[[Kategorie:St.-Jakobs-Platz]]
[[Kategorie:St.-Jakobs-Platz]]
[[Kategorie:Sozialleben]]
[[Kategorie:Sozialleben]]
[[Kategorie:Synagoge]]

Aktuelle Version vom 21. Oktober 2023, 12:26 Uhr

Ohel Jakob in München • אהל יעקב
Festakt zur 10-Jahres-Feier der Errichtung der Ohel Jakob Synagoge
Gang der Erinnerung

Ohel Jakob (hebräisch: אהל יעקב Zelt Jakobs), die Hauptsynagoge Münchens, ist Teil des Jüdischen Zentrums am St.-Jakobs-Platz in der Stadtmitte und wurde nach dem jüdischen Kalender 5767 (entspricht 2006) eröffnet.

Es hat 68 Jahre seit 5698/99 (1938) gedauert, um dieses durch die Nazis zerstörte Gebetshaus wieder neu zu errichten. Der Sockel der 28 Meter hohen Synagoge, die 585 Sitzplätze aufweist, erinnert an die Klagemauer, den einzig erhaltenen Teil des Jerusalemer Tempels und ist aus hellem Jerusalem-Stein gefertigt. Darüber befinden sich – in einem quaderförmigen Oberlicht – ineinander verschachtelte Davidsterne aus Stahl. Sie sind verglast und unter einem bronzefarbenen Metallnetz aufgehängt.

In München existiert damit seit 5767/2006 wieder an einem zentralen Platz eine Synagoge für die jüdische Gemeinde der Stadt.


Der heutige Standort

Der Jakobs-Platz hat seinen Namen nur akustisch nach der gleichen biblischen Figur. Denn der Platzname stammt aus einer neueren christlichen Tradition heraus. Jakob wurde in München wie überhaupt im Christentum meist als St. Jakob, einem Jünger Jesu verstanden und erinnert so an eine St. Jakobs-Kirche und eigentlich nicht an die ältere Schwester der Ecclesia, die Synagoge, und ihren alttestamentarischen Stammvater, den anderen Jakob.

Ohel Jakob hat eine Doppelbedeutung, indem es das Haus für die Kinder Jakobs (die Israeliten) sein soll und diese Kinder an ihren Stammvater erinnert. In diesem Stammvater treffen sich, wenn man so will, Ausgangspunkte jüdischer und christlicher Botschaften für die Zukunft. Und insoweit war der christliche Heilige, wie viele andere, eben nach dem Juden Jakob benannnt.

Zur Erinnerung an die beiden 1938 zerstörten Vorgänger-Gebäude (ein Foto) erhielt die neue Synagoge den Namen der zweiten 1938 zerstörten Synagoge in der Herzog-Rudolf-Straße. Das Bild dieser brennenden Synagoge wurde oft als Symbol für die Zerstörungen am 9. November 1938 verwendet (vgl. unten bei den Weblinks).

... und die Menschen vor 1941, die hier ein und aus gingen

Die neue Synagoge verbindet ein unterirdischer „Gang der Erinnerung“ mit dem Gemeindezentrum. Der 32 Meter lange „Gang der Erinnerung“ ist ein künstlerische Installation des Künstlers Georg Soanca-Pollak.

Beleuchtete Glasplatten nennen die Namen von über 4.500 Münchnerinnen und -ern, die weil sie als Juden verfolgt wurden, während der Zeit des Nationalsozialismus von ihren NS-Nachbarn deportiert und ermordet wurden.

Die neue Hauptsynagoge

Zunächst sieht der Besucher einen monolithischen Baukörper massiver über einander gestapelter Werksteine. Die Steine wurden aus Israel geliefert und erinnern an die Klagemauer des alten Tempels. Sie bestehen aus deutlich gemaserten Travertin-Platten. Der zugrunde liegende architektonische Gedanke ist die Kombination der Elemente „Tempel“ und „Zelt“. Denn Ohel ist natürlich nur heutzutage mit Haus zu übersetzen. Früher wurde in Kleinasien das Zelt damit bezeichnet.

Im Inneren gibt es dem entsprechend ein zeltartiges Gebilde, das aus drei Schichten gebildet wird. Die Tragstruktur des Zeltes besteht aus Stahlblech, das wie Davidsterne geformt wurde. Darüber liegt eine Schicht Verglasung. Die oberste Lage ist ein Metallgewebe, das lichtdurchlässig ist.

An ihrem Westrand betritt man die Synagoge durch die Vorhalle. Das Zentrum jeder Synagoge enthält ein Vorlesepult und den Thora-Schrein. Die Frauenplätze dieser Synagoge liegen hinter einer Mechiza, einem Sichtschutz.

Im Untergeschoss gibt es eine Werktagssynagoge und eine Mikwa, ein rituelles Bad.

Die ehemalige Hauptsynagoge Münchens
(fertiggestellt 1887, Aufn. von 04/1894)

Die Hauptsynagoge 1887-1938

Die durch den Architekten Albert Schmidt entworfene und unter seiner Bauleitung enstandene Hauptsynagoge wurde an der Herzog-Max-Straße No. 7, an der Ecke mit der Maxburgstraße, und der Kapellenstraße im Kreuzviertel errichtet. 1880-1882 erwarb die Israelitsche Kultusgemeinde einen Teil des Bauplatzes von dem Bauuunternehmer Rasch, und einen Teil vom bayerischen Staat. Die Planungen für eine Synagoge gehen auf das Jahr 1878 zurück. In den Jahren 1884 bis 1887 wurde das Bauwerk errichtet. Zur rechten Seite (vom Gebäude aus links), wie auf dem Foto zu sehen, waren die Gebäude für die Rabbinerwohnung und Gemeinderäume im gleichen Stil wie die Synagoge errichtet worden.

Am 8. Juni bis in den Juli 1938 wurden im Auftrag Hitlers die Abbrucharbeiten zwangsweise durchgeführt. Hitler soll den Anblick des Bauwerks angeblich nicht ertragen haben. Die Thorarollen konnten gerettet werden. Die jüdische Gemeinde wurde gezwungen, die Abrisskosten zu übernehmen. An ihrem ehemaligen Standort erinnert ein Gedenkstein an die ehemalige Hauptsynagoge München an ihre Zerstörung.

Das nach dem zweiten Weltkrieg "freie" Areal wurde zwischen 1953-1960 durch Erweiterungen des vorhandenen Nachbarkomplexes, des Kaufhauses Karstadt, Neuhauser Straße 20, überbaut. Im Jahre 2002/2003 wurden diese Gebäudeteile entfernt, um dann in den Jahren 2003-2004 einen modernen gigantischen, Einheitsgebäudekomplex aufstellen zu können. Auf unserer Ansicht aus dem Jahre 1893 ist der bereits eingezäunte Bauplatz des noch zu errichtenden Künstlerhauses zu sehen.

Gedenken

Deutscher Text an der Hauptseite des Gedenksteins:

Hier stand die 1883 - 87 erbaute Hauptsynagoge der israelitischen Kultusgemeinde.
Sie wurde in der Zeit der Judenverfolgung im Juni 1938 abgerissen.
Am 10. November 1938 wurden in Deutschland die Synagogen niedergebrannt.
Gedenke dies
der Feind höhnte dich
74. Psalm
Vers 18

Die hebräische Inschrift auf der Seite enthält den vollständigen Wortlaut von Psalm 74, 7.

Übersetzt etwa:

Sie haben dein Heiligtum in Brand gesteckt,
bis auf den Grund entweiht die Wohnstatt deines Namens.
Im Inneren stehen, ebenfalls auf Hebräisch, das einst zum Grundwissen der Gebildeten in Deutschland zählte,
die "du sollst nicht" - Gebote des Dekalogs: 5. Buch Mose [Deuteronomium] 5, Verse 17-21
Du sollst nicht töten.
Du sollst nicht ehebrechen.
Du sollst nicht stehlen.
Du sollst nicht falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
Du sollst nicht verlangen nach dem Weibe deines Nächsten und nicht begehren nach dem Hause oder Acker deines Nächsten, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, nach seinem Rinde oder seinem Esel, nach irgendetwas, was dein Nächster hat.

und der zweite Teil von Psalm 74, Vers 8:

Übersetzt etwa:

Sie verbrannten alle Gottesstätten im Lande …

Medien

Literatur

  • Germania Judaica II,2 S. 556-559; III,2 S. 900-906;
  • Ludwig Feuchtwanger: Festgabe. 50 Jahre Alte Hauptsynagoge München. 1887-1937. Gemeinsam herausgegeben mit Leo Baerwald im Auftrag der Israelitischen Kultusgemeinde München. Eigenverlag, München 1937
  • Wolfram Selig: Synagogen und Jüdische Friedhöfe in München. München, 1988.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. 1988 S. 307-316.
  • P. Hanke: Zur Geschichte der Juden in München zwischen 1933 und 1945. München, 1967.
  • Hans Lamm (Hrsg.): Vergangene Tage. Jüdische Kultur in München. München, 1982.
  • Juliane Wetzel: Jüdisches Leben in München 1945-1951. Durchgangsstation oder Wiederaufbau? München, 1987.
  • Harold Hammer-Schenk: Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert. 1981 (in 2 Bänden).
  • Hans-Peter Schwarz (Hrsg.): Die Architektur der Synagoge. Frankfurt/Stuttgart, 1988.
  • Hrgg. vom Germanischen Nationalmuseum und vom Haus der Bayerischen Geschichte: Siehe, der Stein schreit aus der Mauer. Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. 1989.
  • Andreas Heusler, Tobias Weger: Kristallnacht. Gewalt gegen die Münchner Juden im November 1938. 1998.
  • Barbara Eberhardt, Angela Hager: "Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hrsg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu. ISBN 978-3-98870-411-3 (Abschnitt zu München S. 360-386)

Nach 1938 - Lindwurmstraße 127, Gemeinderäume und Betsaal

Ab November 1938 bis zu ihrem völligen Erlöschen war die Verwaltung der jüdischen Kultusgemeinde in einer stillgelegten Fabrik im Rückgebäude der Lindwurmstraße 127 untergebracht. Das Gebäude war ursprünglich von Albert Einsteins Onkel errichtet und von wechselnden Eigentümern weiterbetrieben und erweitert worden.

In dem ehemaligen Maschinensaal wurde ein Betsaal für die im Juni 1938 auf Hitlers Befehl hin abgegbrochene Hauptsynagoge eingerichtet. »Dieser Betraum blieb der Kern der Gemeinde bis zu ihrem Untergang« in der Deportation (so der Gemeindevorsitzende Neumeyer).

Daran erinnert eine Gedenkstele am Straßenrand/vor der heutigen Hauswand.

Weblinks

Geschichte: