Arisierung: Unterschied zwischen den Versionen
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Anfang des Jahres 1938 gehörten in München noch etwa 1.700 Geschäfte jüdischen Besitzern. Von Konkurrenten und Antisemiten wurden sie schon in den wirtschaftlich schwierigen 1920er Jahren angefeindet. Nun wurde systematisch gestohlen. | Anfang des Jahres 1938 gehörten in München noch etwa 1.700 Geschäfte jüdischen Besitzern. Von Konkurrenten und Antisemiten wurden sie schon in den wirtschaftlich schwierigen 1920er Jahren angefeindet. Nun wurde systematisch gestohlen. | ||
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* [http://www. | *[http://www.juden-in-sachsen.de/kaufhaus-bamberger-hertz.html Kaufhaus Bamberger & Hertz] | ||
==Siehe auch== | ==Siehe auch== |
Version vom 20. Juni 2016, 07:34 Uhr
Das Tarnwort Arisierung – hergeleitet vom Gegenwort Arier zum Begriff Jude – wurde benutzt, um die schrittweise Enteignung über Berufs- und Praxisverbote, die "Arisierung" (Übergabe) und "Liquidierung" (Auflösung) jüdischer Unternehmen und Geschäfte, insbesondere von Freiberuflern hinter einem Fremdwort zu verstecken. Oft ging es um alte Konkurrenz-Streitigkeiten, die nun mit einem Parteibuch der Nazis entschieden wurden. Allerdings war das Wort seinerzeit (1933 bis 1945) kein fremder Begriff, sondern jedem Erwachsenen war der Raubcharakter des Vorgehens klar. Einher ging es in vielen Beispielen, besonders nach 1938, mit der Inhaftierung und Folterung der Opfer im Konzentrationslager Dachau.
Anfang des Jahres 1938 gehörten in München noch etwa 1.700 Geschäfte jüdischen Besitzern. Von Konkurrenten und Antisemiten wurden sie schon in den wirtschaftlich schwierigen 1920er Jahren angefeindet. Nun wurde systematisch gestohlen.
In der Ausstellung des Stadtmuseums gibt es dazu auch den
- Audioguide "Arisierung in München"
ein Projekt von Schülerinnen und Schülern der Berufsschule für den Einzelhandel.
Ihre Beispiele:
- Ehemaliges Kaufhaus Bamberger und Hertz. Heute: Kaufhaus Hirmer, Kaufingerstraße 28
- Ehemaliges Kaufhaus Uhlfelder. Heute an dieser Stelle : Stadtmuseum.
- Ehemaliges Kaufhaus Hermann Tietz. Heute Karstadt.
- Ehemalige Holzhandlung der Gebrüder Freundlich
- Ehemaliges Geschäftshaus Bach (Isidor Bach). Heute: Kaufhaus Konen, Sendlinger Str. 3
- Ehemaliges Rosenthal (Buchhändlerdynastie). Heute: Geschäftshaus Brienner Str. 26
- Einheitspreisgeschäft Gottlieb, Feilitzschstraße 13, heute an dieser Stelle: Mc Donald's
- Ehemaliges Kaufhaus Heinrich Cohen, später Stiehler.
Literatur
- Angelika Baumann, Andreas Heusler (Hrsg.): München arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden in der NS-Zeit. C. H. Beck Verlag, München, 2004. ISBN 9783406517563
- Avraham Barkai: Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus. Ideologie, Theorie, Politik 1933–1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1988, ISBN 3-59624-401-3
- Avraham Barkai: Vom Boykott zur „Entjudung“: Der wirtschaftliche Existenzkampf der Juden im Dritten Reich 1933–1943. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1988 (englisch 1989).
- Hans Günter Hockerts, Axel Drecoll, Christiane Kuller, Tobias Winstel: Die Finanzverwaltung und die Verfolgung der Juden in Bayern. 2004, ISBN 3-921635-85-3
- Ulrike Haerendel: Kommunale Wohnungspolitik im Dritten Reich : Siedlungsideologie, Kleinhausbau und „Wohnraumarisierung“ am Beispiel Münchens. München, Oldenbourg, 1999. - 458 S. - (Zugl.: München, Univ., Diss., 1995/96). - ISBN 3-486-56389-0
- Julia Lenders: Wie der Fiskus von "Staatsfeinden" profitierte. In: Stern vom 12. November 2004
- Münchner Stadtmuseum, Kulturreferat, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: Nationalsozialismus in München. Stadtplan zur NS-Topografie in München 1918-1945. München, 2003 (Stadtplan zur NS-Topografie)
- Hildegard Vieregg: Wächst Gras darüber? : München: Hochburg des Nationalsozialismus und Zentrum des Widerstands. München, MPZ, 1993. 240 S. MPZ-Themenhefte zur Zeitgeschichte. ISBN 3-929862-25-5
Weblinks
- Geschichte der Juden in MünchenW
- Zacharias Zacharakis: Die braunen Plünderer jüdischer Vermögen. Die Zeit vom 3.6.13 (Jüdische Eigentümer versuchten vor ihrer Flucht noch ihre Häuser zu verkaufen, was die Preise fallen ließ. Aus der Steuerschätzung des Jahres 1933 gehe hervor, dass sich das "jüdische" Vermögen auf etwa 16 Milliarden Reichsmark belief. Etwa 4 Milliarden davon wurde während der NS-Zeit ins Ausland gebracht, der Rest der Summe floss in Hitlers Staatshaushalt bzw. in die Tasche seiner Anhänger.)
- Kaufhaus Bamberger & Hertz
Siehe auch
- Wittelsbacher Palais (ehemaliger Sitz der Gestapo-Zentrale)
- Arisierungsstelle
- Deportationslager Milbertshofen oder auch Barackenlager München-Milbertshofen im Stadtteil Am Hart
- Judendeportationen aus München
- Judenhaus
- KZ Dachau
- München in der Zeit des Nationalsozialismus