Altes Hackerhaus

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Alte Hackerhaus, 2018.

Das Alte Hackerhaus in der Sendlinger- und Ecke Hackenstraße gelegen. Eine Brauereigeschichte.

Vorgeschichte

Das Ende des 14. Jahrhunderts sah neben den klösterlichen Braustätten die Entstehung und rasche allgemeine Verbreitung von Fabrikations- und Schankgerechtsamen mit dem Recht, ihr Erzeugnis an dritte Personen zu "verleitgeben". Diese ersten bürgerlichen Brauer wurden "Prew-Maister" genannt, das Gewerbe hieß "Prew". Das damalige München war in vier etwa gleich große Stadtviertel mit Kreuzungspunkt, dem heutigen Marienplatz eingeteilt: das Kreuzviertel, das Graggenauer Viertel, das Angerviertel und das Haggenviertel. In letzterem Viertel, an der Ecke der heutigen Sendlinger und Hackenstraße, stand eine schon damals altbekannte Braustätte, das Bräu am Hag, an einem mit Hopfen bebauten, durch Baumpflanzungen und Hecken umzäunten Platz. So wie es vielleicht noch auf dem Land üblich ist, trugen die Gebäude keine Hausnummern, Hausnummern waren zu jener Zeit auch in Städten noch nicht üblich, dafür bestand der Brauch, den Anwesen einen Namen oder eine Bezeichnung zu vergeben, je nach dem Gewerbe des Eigentümers. Und so trug das "Prew am Haggenviertel" zwei gekreuzte "Hacken" als Wahrzeichen und Erkennungsmerkal. Wie es allerdings zu dem Begriff "Hag" kommt ist umstritten, es scheint daher eine eher freie Ableitung des Begriffs "Hag". Eine weitere vermutlich wahrscheinlichere Version besagt, dass die zahlreichen Zimmerleute, die vermehrt im Haggenviertel von großen Zimmereien für die herzogliche Hauptstadt beschäftigt wurden, zu den Hauptbesuchern der Bräuwirtschaft im Hag zählten und sich so aus der überwiegend aus Zimmerleuten bestehenden Kundschaft das Wahrzeichen der Brauerei, zwei Zimmermannshacken, entwickelte. Einer der ältesten überlieferten Zeichnungen der Schutzmarke von Hackerbräu zeigen zwei gekreuzte Äxte, dazwischen die Jahreszahl 1417. Die Jahreszahl mag allerdings ein Umwandlungsfehler der lateinischen Schreibweise in die dezimale gewesen sein, Helmut Stahleder unterrichtet uns über die richtige Jahreszahl, erst 1502 kann also von dem Gründungsjahr gesprochen werden.

Vom Hag zum Hacker

Der Haggerprew verstand sich auf sein Gewerbe, so passt hier ein Spruch, der in Jost Ammans Handwerksbuch über die Bierbreuwer zu finden ist.

Auss Gersten sied ich gutes Bier - Feisst und süss - auch bitter monier - In ein Breuwkessel weit und gross - Darin ich denn den Hopfen stoss - Lass den Brennten kühlen bass - Damit füllt ich danarch die Fass - Wol gebunden und wol gebicht - Denn giert er und ist zugericht.

Der Erfolg blieb dann auch nicht aus, zumal das "Prew", über dessen Bestand wir somit schon seit dem Jahr 1502 unterrichtet sind, einen für damalige Verhältnisse außergewöhnlichen süffigen "Stoff" lieferte. Aus den Matrikelbüchern der Pfarrei St.Peter, zu deren Gebiet das Haggenviertel und damit auch das "Prew" gehörte, lassen sich die einzelnen Besitzer des Hauses und Braurechtnamen weiter verfolgen. Desweiteren hilft uns hier das Häuserbuch Haggenviertel im einzelnen über die Hausbesitzer, so ist ein häufiger Wechsel der Eigentümer, deren Familien und Berufsstände bis ins Jahr 1573 abzulesen. Hier wird der Name Balthasar Westermayer und dessen Gattin Barbara genannt, der Besitz verblieb bei den Westermayers und Nachkommen bis ins Jahr 1629, dann wurde das Anwesen an der Hackenstraße durch Ankauf des Nachbargebäudes an der Sendlinger Straße, unter neuem Besitzer, ein Herr Johann Wolfgang Wittmann, erweitert.

In der Zwischenzeit hatte sich auch die Anzahl der Braustätten vermehrt: Zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs überliefert uns der gebürtige Kärntner Dichter und Schreiber Thomas Grill neben 42 Weinhäusern und 14 Metschenken noch 72 Bierbräuer, die sieden gut Bier. Was dem Bier damals noch fehlte, war die Haltbarkeit, es war nicht möglich, größere Mengen auf längere Zeit einzulagern, jeder Sud musste innerhalb einer gewissen Zeit getrunken sein. Und so war es oft auch ein Glücksfall für den Besucher einer Braustätte oder Bierhauses, zur richtigen Zeit beim neu angesetzen Sud einzukehren. Der Pechvogel im Heldenlied singt nicht ohne Grund Zu früh erschien ich an vielen Orten, an anderen oft zu spät, das Bier war schon getrunken, oder nicht gebraut. Aber auch in der Zeit, als es noch keine Maschinen gab, waren die tüchtigen Bräuer unermüdlich am Werk, um ihr Bier technisch immer einwandfreier herstellen zu können und ebenso, um dem immer höher steigenden Absatz gerecht zu werden; auch die Inhaber des "Haggenprew" gehörten zu jenen energischen Pionieren der Brauerzunft, die Münchens Bekanntheitsgrad gefördert haben. Dieser Aufschwung des Brauwesens der Stadt hinderte aber nicht, dass im Jahr 1738 von einem Johann Jakob Kratzer die Rede ist, der im Eckhaus an der Hackengasse seine Gerechtsame ausübte, infolge wirtschaftlichen Niedergangs und allzu hoher Preise der Rohstoffe, auf die Gant kam. Demhingegen sein Nachbar, der Bürger und Bierbrauer Simon Hacker steigerte den Besitz.

Aus Hacker wird Pschorr

Das ursprüngliche "Haggenprew" hatte sich in Hackerbrauerei umgewandelt und der Familienname Hackher wurde im Laufe der Jahre in Hacker geschliffen. Jahrzehntelang führte einer der Söhne Hackers, Peter Paul Hacker, das Geschäft, erweiterte es durch den Ankauf von benachbartem Grund und übergab seinen Gesamtbesitz mit Unterschrift am 23. September 1739 seinem Schwiegersohn Joseph Pschorr. Dieser unterzog seinen Besitz einem gründlichen Umbau und modernisierte seinen technischen Betrieb. Unter anderem richtete er das erste doppelte Sudwerk der Stadt ein, ferner vergrößerte er seinen Besitz durch Ankauf des ehemaligen Pollingeranwesens, der noch heute, nach Kriegszerstörung wieder errichtete Hackerkeller an der Theresienwiese.

Es war die Zeit, in der jene "neumodische" poesiebehaftete Namen aufkamen, wie Bock, Weizen und andere Spezialbiere, in deren Erzeugung und Herstellung die Brauereien der Stadt wetteiferten. Neue Impulse gewann diese volkstümliche Erscheinung durch das erste Oktoberfest, das zur Erinnerung an die Hochzeit des Kronprinzen Ludwig, des späteren König Ludwig I., und der Prinzessin Therese von Sachsen-Hilburghausen 1812 auf der später nach ihr benannten Theresienwiese stattfand. Seitdem hat dieses einmal jährlich stattfindende Volksfest als ständige Einrichtung der Stadt tiefe Wurzeln geschlagen.

Laut dem Kaufbrief vom 28. März 1835 übernahm Mathias Pschorr, der Sohn des Vorbesitzers, das Gesamtanwesen an der Sendlinger- und Hackenstraße mit Bräuer- und Tafernrecht nebst allen beweglichen und unbeweglichen Utensilien sowie den Sommerkeller auf der Theresienhöhe um 130.000 Gulden. Es ließ die Braugebäude abreißen und an gleicher Stelle das neue Hackerbräuhaus, mit doppeltem Sudwerk, verbesserter Mälzerei und allen für die damalige Zeit modernen maschinellen Einrichtungen. Das Zeitalter technischer und wissenschaftlicher Fortschritte hatte begonnen, die Stadt erhielt die ersten Gleisstränge, auch die Maschinenbranche nahm eine gewaltige Entwicklung, ebenso die Entdeckungen auf dem Gebiet der chemischen Zusammensetzung der Stoffe. In kluger Wahl wurden die brauchbarsten Errungenschaften für die Verbesserung des Hacker-Bräu-Betriebs nutzbar gemacht, so dass dieser als mustergültig bekannt wurde. Dank dem neuen Verkehrsmittel, der Eisenbahn, begann der Versand über die Grenzen der Stadt hinaus, so dass die Brauerei sich bald als zu klein erwies.

In den Jahren 1863 bis 1865 wurde die neue Hackerbrauerei auf der höhe der Bayerstraße, an der Ecke zur gleichnamigen Hackerbrücke erbaut und unter Berücksichtigung aller wichtigen technischen und brauwissenschaftlichen Fortschritte eingerichtet. In diesem Bau hat sich die Großbrauerei zum Hackerbräu unter wiederholter räumlicher Ausdehnung zu ihrem allgemein anerkannten Rang entwickelt. Heute steht dort der Alu-Betonbunker des Europäischen Patentamts.

Quellen und Nachweise

  • Häuserbruch, Hackenviertel. (Hackenstraße, Sendlinger Straße 75).
  • Helmuth Stahleder u.a.: (zum Hackerbräu S. 451)
  • E. Heckhorn, H. Wiehr: München und sein Bier (alles zu Hacker und Pschorr).
  • B. Rietzsch, W. Huller: Das Alte Hackerhaus. (1984)
  • H. Haberl, K. Merten, M. Petzet: Münchener Fassaden. (1974)