Polizeiaufgabengesetz: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Zitat|Das Gesetz, das dann bundesweit als Muster gelten soll, schadet der Sicherheit im Recht. Das Gesetz ist ein Verstoß gegen das Übermaßverbot. Es gibt der Polizei Befugnisse, wie sie bisher der Geheimdienst hat. Es gibt ihr Waffen, wie sie das Militär hat. Es gibt ihr Eingriffs-und Zugriffsrechte, wie sie in einem Rechtsstaat nur Staatsanwälte und Richter haben dürfen. Das neue Polizeigesetz macht aus der Polizei eine Darf-fast-alles-Behörde.<ref>sueddeutsche.de 14. Mai 2018: [http://www.sueddeutsche.de/1.3977434 ''Bayern macht aus der Polizei eine Darf-fast-alles-Behörde''] ([[Kommentar (Journalismus)|Kommentar]]</ref>}}
{{Zitat|Das Gesetz, das dann bundesweit als Muster gelten soll, schadet der Sicherheit im Recht. Das Gesetz ist ein Verstoß gegen das Übermaßverbot. Es gibt der Polizei Befugnisse, wie sie bisher der Geheimdienst hat. Es gibt ihr Waffen, wie sie das Militär hat. Es gibt ihr Eingriffs-und Zugriffsrechte, wie sie in einem Rechtsstaat nur Staatsanwälte und Richter haben dürfen. Das neue Polizeigesetz macht aus der Polizei eine Darf-fast-alles-Behörde.<ref>sueddeutsche.de 14. Mai 2018: [http://www.sueddeutsche.de/1.3977434 ''Bayern macht aus der Polizei eine Darf-fast-alles-Behörde''] ([[Kommentar (Journalismus)|Kommentar]]</ref>}}


Der bayerische [[Innenminister]] [[Joachim Herrmann (Politiker, 1956)|Joachim Herrmann]] verteidigt das Gesetz und hat die Proteste als eine [[Desinformation]]skampagne<ref>{{Internetquelle |url=https://www.n-tv.de/politik/30-000-protestieren-gegen-Polizeigesetz-article20428104.html |titel=30.000 protestieren gegen Polizeigesetz |werk=n-tv.de |datum=2018-05-10 |zugriff=2018-05-13}}</ref> und als „billige Stimmungsmache“ zum [[Landtagswahl in Bayern 2018|Wahljahr]] bezeichnet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bayern.de/innenminister-herrmann-zu-neuerungen-im-polizeiaufgabengesetz/ |titel=Innenminister Herrmann zu Neuerungen im Polizeiaufgabengesetz |werk=bayern.de |datum=2018-05-10 |zugriff=2018-05-13}}</ref> Er sieht in den Neuerungen des Polizeirechts mehr Sicherheit sowie eine Stärkung der Bürgerrechte und des Datenschutzes. Es habe noch nie ein entsprechendes Gesetz mit „so umfangreichen Datenschutzvorschriften und rechtsstaatlichen Garantien“ gegeben.<ref name=":2" />
Der bayerische [[Innenminister]] {{Joachim Herrmann (Politiker, 1956)|Joachim Herrmann}} verteidigt das Gesetz und hat die Proteste als eine [[Desinformation]]skampagne<ref>{{Internetquelle |url=https://www.n-tv.de/politik/30-000-protestieren-gegen-Polizeigesetz-article20428104.html |titel=30.000 protestieren gegen Polizeigesetz |werk=n-tv.de |datum=2018-05-10 |zugriff=2018-05-13}}</ref> und als „billige Stimmungsmache“ zum [[Landtagswahl in Bayern 2018|Wahljahr]] bezeichnet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bayern.de/innenminister-herrmann-zu-neuerungen-im-polizeiaufgabengesetz/ |titel=Innenminister Herrmann zu Neuerungen im Polizeiaufgabengesetz |werk=bayern.de |datum=2018-05-10 |zugriff=2018-05-13}}</ref> Er sieht in den Neuerungen des Polizeirechts mehr Sicherheit sowie eine Stärkung der Bürgerrechte und des Datenschutzes. Es habe noch nie ein entsprechendes Gesetz mit „so umfangreichen Datenschutzvorschriften und rechtsstaatlichen Garantien“ gegeben.<ref name=":2" />


Die [[Gewerkschaft der Polizei]] sprach sich gegen die Gesetzesnovelle aus.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bayern-polizeigewerkschaft-gegen-polizeiaufgabengesetz-a-1207818.html Bayern: Polizeigewerkschaft kritisiert Polizeiaufgabengesetz], [[Spiegel Online]] vom 15. Mai 2018; Zugriff am 16. Mai 2018</ref> Laut ihrem Vizevorsitzenden Jörg Radek sei das Gesetz „mit einer bürgernahen Polizei nicht mehr in Einklang zu bringen“. Es enthalte Regelungen, „die nicht dazu dienen, das Vertrauen zwischen der Bevölkerung und der Polizei zu stabilisieren“ und diese seien „eher darauf angelegt, Misstrauen in den Staat zu säen“.<ref name="BZ 14.05.2018" /> Hingegen stößt das Gesetz bei der Bezirksvertretung Niederbayern auf Zustimmung.<ref name="br 16.05.2018">[https://www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/polizeigewerkschaften-geht-neues-gesetz-noch-nicht-weit-genug-100.html Polizeigewerkschaften geht neues Gesetz noch nicht weit genug], br.de vom 16. Mai 2018; Zugriff am 20. Mai 2018</ref> Die [[Deutsche Polizeigewerkschaft]] stuft das Gesetz als nicht weitreichend genug ein. Sie kritisiert insbesondere die Rücknahme der DNA-Auswertung sowie die ebenfalls während des Gesetzgebungsprozesses geschehene Rücknahme der Gesichtserkennung.<ref name="br 16.05.2018" />
Die [[Gewerkschaft der Polizei]] sprach sich gegen die Gesetzesnovelle aus.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bayern-polizeigewerkschaft-gegen-polizeiaufgabengesetz-a-1207818.html Bayern: Polizeigewerkschaft kritisiert Polizeiaufgabengesetz], [[Spiegel Online]] vom 15. Mai 2018; Zugriff am 16. Mai 2018</ref> Laut ihrem Vizevorsitzenden Jörg Radek sei das Gesetz „mit einer bürgernahen Polizei nicht mehr in Einklang zu bringen“. Es enthalte Regelungen, „die nicht dazu dienen, das Vertrauen zwischen der Bevölkerung und der Polizei zu stabilisieren“ und diese seien „eher darauf angelegt, Misstrauen in den Staat zu säen“.<ref name="BZ 14.05.2018" /> Hingegen stößt das Gesetz bei der Bezirksvertretung Niederbayern auf Zustimmung.<ref name="br 16.05.2018">[https://www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/polizeigewerkschaften-geht-neues-gesetz-noch-nicht-weit-genug-100.html Polizeigewerkschaften geht neues Gesetz noch nicht weit genug], br.de vom 16. Mai 2018; Zugriff am 20. Mai 2018</ref> Die [[Deutsche Polizeigewerkschaft]] stuft das Gesetz als nicht weitreichend genug ein. Sie kritisiert insbesondere die Rücknahme der DNA-Auswertung sowie die ebenfalls während des Gesetzgebungsprozesses geschehene Rücknahme der Gesichtserkennung.<ref name="br 16.05.2018" />

Version vom 17. Februar 2023, 16:45 Uhr

Abkürzung: PAG. Das Gesetz wurde erstmals 1955 erlassen und seitdem wiederholt novelliert. Eine unter dem neuen MP Söder im Mai 2018 vom Landtag beschlossene Novelle dehnt den Anwendungsbereich polizeilicher Befugnisse über den bisherigen Standard hinaus aus:

Neuerungen ab 2018

In diesen Bereichen werden / sollen die polizeilichen Befugnisse zum Monatsende weiter ausgedehnt werden:

  • Bei Gefährdung besonders wichtiger Rechtsgüter soll die Polizei noch weiter im Gefahrvorfeld einschreiten können.[1] Das Gesetz führt hierzu die bisher über das Bundeskriminalamtgesetz ausschließlich für Terrorakte vorgesehene Kategorie der „drohenden Gefahr“ generell ein und ersetzt damit durchgehend die bisherige Kategorie der „konkreten Gefahr“.[2]
  • Gefundene DNA-Spuren an Tatorten sollen auf die geographische Herkunft des Trägers untersucht werden dürfen.[1] Es soll außerdem ermöglicht werden, die anhand der DNA erschlossenen physiognomischen Merkmale des Täters für polizeiliche Täterbeschreibungen zu verwenden.[3] Generell sollen DNA-Spuren wesentlich häufiger als zuvor für Ermittlungen verwendet werden dürfen.[2]
  • Beamte von Spezialeinheiten sollen zusätzlich zu den ihnen bereits zur Verfügung stehenden Handgranaten auch weitere Sprengmittel einsetzen dürfen. Deren Einsatz soll auf das Öffnen von Gebäuden beschränkt bleiben.[4]
  • Post von Verdächtigen soll beschlagnahmt werden dürfen[5], auch bei lediglich drohender Gefahr.[2]
  • Die Polizei soll eigene V-Leute einsetzen dürfen.[5]
  • Die Polizei soll Telefone abhören dürfen und Onlinedurchsuchungen durchführen dürfen.[2]
  • Körperkameras der Polizei sollen durchgehend aufzeichnen.[2]

Gestrichen wurde die ursprünglich vorgesehene automatische Gesichtserkennung bei Überwachungsvideos.[2]

Der bayerische Landtag stimmte am 15. Mai 2018 der Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes mit 89 zu 67 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) zu.[6]

Debatte und Kritikpunkte

Gegen die Novelle wurde vorgebracht, dass die Polizei mit Befugnissen eines Nachrichtendienstes ausgestattet werde. Maßnahmen, die bisher nur dem Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz erlaubt waren, könne künftig auch die Polizei ergreifen. Insoweit wird befürchtet, die Trennung zwischen Nachrichtendiensten und Polizei verschwimme zunehmend.[5] [3] Sachverständige kritisierten im Bayerischen Landtag ferner, dass das Gesetz unverständlich sei.[5] Heribert Prantl (SZ) schrieb kurz vor der geplanten Verabschiedung des Gesetzes:

„Das Gesetz, das dann bundesweit als Muster gelten soll, schadet der Sicherheit im Recht. Das Gesetz ist ein Verstoß gegen das Übermaßverbot. Es gibt der Polizei Befugnisse, wie sie bisher der Geheimdienst hat. Es gibt ihr Waffen, wie sie das Militär hat. Es gibt ihr Eingriffs-und Zugriffsrechte, wie sie in einem Rechtsstaat nur Staatsanwälte und Richter haben dürfen. Das neue Polizeigesetz macht aus der Polizei eine Darf-fast-alles-Behörde.[7]

Der bayerische Innenminister Vorlage:Joachim Herrmann (Politiker, 1956) verteidigt das Gesetz und hat die Proteste als eine Desinformationskampagne[8] und als „billige Stimmungsmache“ zum Wahljahr bezeichnet.[9] Er sieht in den Neuerungen des Polizeirechts mehr Sicherheit sowie eine Stärkung der Bürgerrechte und des Datenschutzes. Es habe noch nie ein entsprechendes Gesetz mit „so umfangreichen Datenschutzvorschriften und rechtsstaatlichen Garantien“ gegeben.[4]

Die Gewerkschaft der Polizei sprach sich gegen die Gesetzesnovelle aus.[10] Laut ihrem Vizevorsitzenden Jörg Radek sei das Gesetz „mit einer bürgernahen Polizei nicht mehr in Einklang zu bringen“. Es enthalte Regelungen, „die nicht dazu dienen, das Vertrauen zwischen der Bevölkerung und der Polizei zu stabilisieren“ und diese seien „eher darauf angelegt, Misstrauen in den Staat zu säen“.[2] Hingegen stößt das Gesetz bei der Bezirksvertretung Niederbayern auf Zustimmung.[11] Die Deutsche Polizeigewerkschaft stuft das Gesetz als nicht weitreichend genug ein. Sie kritisiert insbesondere die Rücknahme der DNA-Auswertung sowie die ebenfalls während des Gesetzgebungsprozesses geschehene Rücknahme der Gesichtserkennung.[11]

Kritisch äußerte sich auch der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar: „Das Polizeiaufgabengesetz senkt die Eingriffsschwelle für die Polizei unverhältnismäßig ab.“ [...] „Im Ergebnis werden eingriffsintensive Ermittlungsmaßnahmen – etwa das Durchsuchen von Smartphones und Tablet-Computern – auch ohne richterliche Anordnung ermöglicht. Dies halte ich für verfassungsrechtlich nicht tragbar.“[2]

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Bayern, die gegen die Gesetzesänderung votiert hatte, reichte gegen diese Novelle eine Klage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof ein.[12] Auch der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum kündigte eine Klage an.[13]

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sagte: „Das ganze Ziel ist, Opfer zu verhindern. Es ist eine reine Aufgabe für den Schutz des Lebens. Insofern ist das ein notwendiges Gesetz.“[14] Bei Fällen wie Amokläufen, Terrorangriffen oder Stalking habe die Polizei zu wenig Eingriffsmöglichkeiten. Er kündigte an, eine Kommission einzurichten, welche die Umsetzung des Gesetzes begleiten soll.[15]

Demonstration „NoPAG“ am 10. Mai 2018 u. andere

Ein NoPAG genanntes Bündnis, dem sich unter anderem SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke, die Gewerkschaft ver.di anschlossen,[16] rief am 10. Mai 2018 zu einer Demonstration gegen die Veränderungen des PAG auf.

An der Veranstaltung nahmen 30.000 bis 40.000 Menschen, drei- bis viermal so viele wie ursprünglich erwartet worden waren, teil.[1][17][18][17][18]


Auch in zahlreichen weiteren bayerischen Städten fanden Demonstrationen statt oder sind noch in Planung.

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