Räterepublik: Unterschied zwischen den Versionen
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In Folge der schlechten Kriegsaussichten und der mangelnden Versorgung besonders in den Städten kam es vermehrt zu Unruhen und es bildeten sich angeregt durch die Sowjetunion Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte. In Bayern versucht man die Monarchie durch eine Reform | In Folge der schlechten Kriegsaussichten und der mangelnden Versorgung, besonders in den Städten, kam es vermehrt zu Unruhen und es bildeten sich, angeregt durch die Sowjetunion, Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte. In Bayern versucht man die Monarchie durch eine Reform zu retten. Regierung und Parlament verabschiedeten am 2. November [[1918]] ein Abkommen zur Einführung des Verhältniswahlrechts, einer Reform der ersten Kammer des Landtags und der Überprüfung von Standesvorrechten; dieses wurde am 6. November gebilligt. Am 7. November wurde die Regierung umgebildet und erstmals wurden Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten daran beteiligt. | ||
Ebenfalls am 7. November rief jedoch [[Kurt Eisner]] auf der ersten Sitzung der Arbeiter- und Soldatenräte im [[Mathäser]] die Republik in Bayern aus. Am Tag danach bildeten die [[wikipedia:Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD{{WL}}]](Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) und [[SPD|MSPD]](Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands, wie sich die SPD zur Unterscheidung von der USDP ab 1917 bis 1919 nannte) eine Regierung mit Kurt Eisner (USDP) als Ministerpräsidenten und [[Erhard Auer]] (MSPD) als Innenminister. Am 5. Dezember wurden Landtagswahlen für den 12. Januar 1919 festgelegt. | |||
Bei der Landtagswahl am 12. Januar erhielt die MSPD 33 Prozent, die USDP 2,5 Prozent. | |||
Der Arbeiterrat | Der Arbeiterrat beschloss auf Initiative von [[Gustav Landauer]] eine Massendemonstration mit 15.000 Menschen für den 16. Februar, an der sich auch Kurt Eisner beteiligte. Am 21. Februar wurdr Kurt Eisner auf dem Weg zum Landtag von [[Graf Anton von Arco-Valley]] erschossen. Von einem Mitglied des Revolutionären Arbeiterrates wurde Erhard Auer schwer verletzt, und zwei Personen sterben. Die Beerdigung von Kurt Eisner wurde zu einer Demonstration der Anhänger der Räterepublik, dem Trauerzug folgten 100.000 Menschen, die Trauerrede sprach Gustav Landauer. Ein Zentralrat der bayrischen Räte unter Führung von [[Ernst Niekisch]] (damals noch MSPD, später USPD) konstituierte sich, dieser tagte am 25. Februar erneut und lehnte am 28. Februar den Antrag von [[Erich Mühsam]] der Ausrufung der Räterepublik ab. | ||
In Nürnberg | In Nürnberg einigten sich derweil MSPD, USPD und Bayrischer Bauernbund auf die Bildung einer Koalitionsregierung. Am 18. März billigte der Landtag diese Koalition unter der Führung von Johannes Hoffmann (MSPD). | ||
Am 4. April | Am 4. April wurden Erich Mühsam und Gustav Landauer vom revolutionären Zentralrat beauftragt, eine Proklamation der Räterepublik abzufassen. Am 6. April wählten die Mitglieder des Zentralrates und des Revolutionären Arbeiterrates die Volksbeauftragten (Minister). Am 7. April wurde die Räterepublik ausgerufen. Die Regierung unter Hoffmann zog sich nach Bamberg zurück. | ||
Am 9. April | Am 9. April wurden die Professoren der Akademie der bildenden Künste entlassen, die Künstler sollen die Kontrolle übernehmen. Die bürgerlichen Zeitungen wurden unter Zensur gestellt, um Artikel gegen die Räterepublik zu unterbinden. Nachdem die Redaktion der Neusten Münchner Nachrichten aus Protest zurücktrat, wurde die Zeitung zum Organ des Zentralrates ernannt. Artikel über neue Kunst, Proklamationen und Bekanntmachungen wurden neben Berichten über Russland, die Räterepublik in Ungarn und weiter existierenden Anzeigen der Geschäftsleute abgedruckt. | ||
Am 13. April | Am 13. April ka es zu einem Putsch durch republikanische Soldaten mit Billigung der Regierung in Bamberg, bei dem Mühsam und weitere 12 Mitglieder des Zentralrates verhaftet wurden. Der Putsch wurde durch kommunistische Arbeiter- und Soldatenräte niedergeschlagen. In der Folge wurde der Zentralrat für abgesetzt erklärt und durch den kommunistisch dominierten Vollzugsrat mit Max Levien (*1885; †1938) und [[wikipedia:Eugen Leviné|Eugen Leviné{{WL}}]] an der Spitze ersetzt. Die neue Räteregierung rief einen Generalstreik aus, Gustav Landauer und Toller erklärten ihre Bereitschaft zur Mitarbeit. | ||
Die Regierung unter Hoffmann | Die Regierung unter Hoffmann kündigte den Einsatz von Freikorpstruppen gegen die Räterepublik an, und ab 15. April wurde München eingekesselt. Unter der Führung von Toller konnten die Roten Armeen nach anfänglicher erfolgreicher Verteidigung sogar [[Dachau]] erobern. Der Reichswehrminister [[wikipedia:Gustav Noske|Gustav Noske{{WL}}]] beschloss am 17. April, Reichstruppen gegen die Räteregierung einzusetzen. | ||
Am 22. April | Am 22. April ging der Generalstreik mit Massendemonstrationen zu Ende. Nach einer Zuspitzung zwischen dem Kommunisten Leviné und den Revolutionären um Toller kam es zu einer Ablösung des Aktionsausschusses zu Gunsten eines gewählten provisorischen unter Toller. Toller nahm Verhandlungen mit der Regierung unter Hoffmann auf, um eine Straffreiheit zu erreichen. Am 28. April wurde ein Aktionsausschuss ohne Beteiligung von Kommunisten und Toller gewählt. | ||
Am 30 April | Am 30 April kam es zu heftigen Gefechten in und um München, am 2. Mai war die Stadt von Regierungs- und Freikorpstruppen besetzt. | ||
Etwa 1000 Menschen kamen bei den Kämpfen ums Leben, etwa 5000 wurden in der Folge wegen Beteiligung vor Gericht gestellt. | Etwa 1000 Menschen kamen bei den Kämpfen ums Leben, etwa 5000 wurden in der Folge wegen Beteiligung vor Gericht gestellt. |
Version vom 23. Mai 2007, 18:23 Uhr
Die Münchner Räterepublik - manchmal auch Bayrische Räterepublik - bezeichnet ein Phase von politischen Umwälzungen, die vom Ende des Ersten Weltkrieges bis Mai 1919 stattfanden.
Räterregierung | |
---|---|
7. April 1919 – 1. Mai 1919 | |
Volksbeauftragte (Minister) | |
Äußeres | Dr. Franz Lipp |
Finanzen: | Silivio Gesell |
Volksaufklärung: | Gustav Landauer |
? | Erich Mühsam |
? | Ernst Toller |
? | Max Levien |
? | Eugen Leviné-Nissen |
? | Sontheimer |
? | Tobias Axelrod |
Stadtkommandant und Führer der Roten Armee |
Rudolf Egelhofer |
In Folge der schlechten Kriegsaussichten und der mangelnden Versorgung, besonders in den Städten, kam es vermehrt zu Unruhen und es bildeten sich, angeregt durch die Sowjetunion, Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte. In Bayern versucht man die Monarchie durch eine Reform zu retten. Regierung und Parlament verabschiedeten am 2. November 1918 ein Abkommen zur Einführung des Verhältniswahlrechts, einer Reform der ersten Kammer des Landtags und der Überprüfung von Standesvorrechten; dieses wurde am 6. November gebilligt. Am 7. November wurde die Regierung umgebildet und erstmals wurden Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten daran beteiligt.
Ebenfalls am 7. November rief jedoch Kurt Eisner auf der ersten Sitzung der Arbeiter- und Soldatenräte im Mathäser die Republik in Bayern aus. Am Tag danach bildeten die USPDW(Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) und MSPD(Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands, wie sich die SPD zur Unterscheidung von der USDP ab 1917 bis 1919 nannte) eine Regierung mit Kurt Eisner (USDP) als Ministerpräsidenten und Erhard Auer (MSPD) als Innenminister. Am 5. Dezember wurden Landtagswahlen für den 12. Januar 1919 festgelegt.
Bei der Landtagswahl am 12. Januar erhielt die MSPD 33 Prozent, die USDP 2,5 Prozent.
Der Arbeiterrat beschloss auf Initiative von Gustav Landauer eine Massendemonstration mit 15.000 Menschen für den 16. Februar, an der sich auch Kurt Eisner beteiligte. Am 21. Februar wurdr Kurt Eisner auf dem Weg zum Landtag von Graf Anton von Arco-Valley erschossen. Von einem Mitglied des Revolutionären Arbeiterrates wurde Erhard Auer schwer verletzt, und zwei Personen sterben. Die Beerdigung von Kurt Eisner wurde zu einer Demonstration der Anhänger der Räterepublik, dem Trauerzug folgten 100.000 Menschen, die Trauerrede sprach Gustav Landauer. Ein Zentralrat der bayrischen Räte unter Führung von Ernst Niekisch (damals noch MSPD, später USPD) konstituierte sich, dieser tagte am 25. Februar erneut und lehnte am 28. Februar den Antrag von Erich Mühsam der Ausrufung der Räterepublik ab.
In Nürnberg einigten sich derweil MSPD, USPD und Bayrischer Bauernbund auf die Bildung einer Koalitionsregierung. Am 18. März billigte der Landtag diese Koalition unter der Führung von Johannes Hoffmann (MSPD).
Am 4. April wurden Erich Mühsam und Gustav Landauer vom revolutionären Zentralrat beauftragt, eine Proklamation der Räterepublik abzufassen. Am 6. April wählten die Mitglieder des Zentralrates und des Revolutionären Arbeiterrates die Volksbeauftragten (Minister). Am 7. April wurde die Räterepublik ausgerufen. Die Regierung unter Hoffmann zog sich nach Bamberg zurück.
Am 9. April wurden die Professoren der Akademie der bildenden Künste entlassen, die Künstler sollen die Kontrolle übernehmen. Die bürgerlichen Zeitungen wurden unter Zensur gestellt, um Artikel gegen die Räterepublik zu unterbinden. Nachdem die Redaktion der Neusten Münchner Nachrichten aus Protest zurücktrat, wurde die Zeitung zum Organ des Zentralrates ernannt. Artikel über neue Kunst, Proklamationen und Bekanntmachungen wurden neben Berichten über Russland, die Räterepublik in Ungarn und weiter existierenden Anzeigen der Geschäftsleute abgedruckt.
Am 13. April ka es zu einem Putsch durch republikanische Soldaten mit Billigung der Regierung in Bamberg, bei dem Mühsam und weitere 12 Mitglieder des Zentralrates verhaftet wurden. Der Putsch wurde durch kommunistische Arbeiter- und Soldatenräte niedergeschlagen. In der Folge wurde der Zentralrat für abgesetzt erklärt und durch den kommunistisch dominierten Vollzugsrat mit Max Levien (*1885; †1938) und Eugen LevinéW an der Spitze ersetzt. Die neue Räteregierung rief einen Generalstreik aus, Gustav Landauer und Toller erklärten ihre Bereitschaft zur Mitarbeit.
Die Regierung unter Hoffmann kündigte den Einsatz von Freikorpstruppen gegen die Räterepublik an, und ab 15. April wurde München eingekesselt. Unter der Führung von Toller konnten die Roten Armeen nach anfänglicher erfolgreicher Verteidigung sogar Dachau erobern. Der Reichswehrminister Gustav NoskeW beschloss am 17. April, Reichstruppen gegen die Räteregierung einzusetzen.
Am 22. April ging der Generalstreik mit Massendemonstrationen zu Ende. Nach einer Zuspitzung zwischen dem Kommunisten Leviné und den Revolutionären um Toller kam es zu einer Ablösung des Aktionsausschusses zu Gunsten eines gewählten provisorischen unter Toller. Toller nahm Verhandlungen mit der Regierung unter Hoffmann auf, um eine Straffreiheit zu erreichen. Am 28. April wurde ein Aktionsausschuss ohne Beteiligung von Kommunisten und Toller gewählt.
Am 30 April kam es zu heftigen Gefechten in und um München, am 2. Mai war die Stadt von Regierungs- und Freikorpstruppen besetzt.
Etwa 1000 Menschen kamen bei den Kämpfen ums Leben, etwa 5000 wurden in der Folge wegen Beteiligung vor Gericht gestellt.
Gustav Landauer wurde am 1. Mai verhaftet und am folgenden Tage ohne Gerichtsverhandlung ermordet. Leviné wurde am 3. Juni zum Tode verurteilt und zwei Tage später erschossen, Ernst Toller zu fünf und Erich Mühsam zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt.
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