9. November in München: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''9. November''' ist ein Datum, das in Deutschland durch den '''Judenpogrom 1938''', verharmlosend oft die Reichs-Kristallnacht genannt, zu trauriger Berühmtheit gekommen ist. Er war vor 1938 ein wichtiges Jubiläum der nationalsozialistischen Parteianhänger. Zu diesem Datum fanden jährlich, in ritueller Wiederholung des so genannten "[[Ludendorff-Hitler-Putsch]]es" von [[1923]], Feierlichkeiten für die so genannten "Gefallenen der Bewegung" statt, das waren die beim Putschversuch durch die Polizei Erschossenen. Die vorliegende Seite befasst sich deshalb auch mit der Inszenierung des Datums durch die Nationalsozialisten in [[München]] vor 1938 und mit der Verfolgung jüdischer [[München|Münchner]] im Jahr [[1938]].
==Einführung==
Der neunte November war wohl der „weihevollste Tag des nationalsozialistischen Feierjahres“ - der Anlass zu dem die religiös kultischen Züge der NS-Ideologie am  deutlichsten sichtbar wurden. Gefeiert wurden die Aufrührer von 1923 als „Märtyerer“ des dritten Reichs, die beim Putschversuch ums Leben gekommenen sechzehn „alten Kämpfer“. Die Geschehnisse vom 9. Nov. 1923 wurden im Zuge der über Jahre hinweg abgehaltenen Feierlichkeiten mythisiert, verfälscht , umgedeutet. Nicht zuletzt die Unwissenheit der Bevölkerung um die Ereignisse von 1923 ermöglichten die hochgradig propagandistische Auschlachtung des Datums – daher steht der folgende Artikel in der Pflicht, zumindest heute einen kleinen Teil des Wissens um die fatalen Ereignisse während der Nazizeit zu bewahren.
In seinem Aufsatz „Mythos Kult und Feste – München im Nationlasozialistischen Feierjahr“ spricht Hans Günter Hockerts von [[München]] als einer „Bühne eines permanenten politischen Schauspiels“. Im Hinblick auf diese (und viele ähnliche) Aussagen soll die Inszenierung des 9. November durch die Nationalsozialisten in [[München]] in seiner Funktion als „Gedenktag der Gefallenen der Bewegung“ sorgfältig untersucht werden, wobei zunächst die geschichtlichen Fakten zum 9.11. [[1918]] und [[1923]] sowie die Entwicklung der inszenatorischen Umdeutung dieser Ereignisse durch die Nationalsozialisten aufzuzeigen sind.
Bei der folgenden Beschreibung der Feierlichkeiten zum 9.11. [[1935]] wird deren Inszenierungcharakter und die durch ihre Theatralität gewährleistete propagandistische Wirksamkeit besonders deutlich werden – daher sollen die auf ästhetische Wirkung hin durchdachte und mit deutlicher Intention geplante Organisation aller Abläufe und Handlungen in Form einer ''Inszenierungsanalyse'' bearbeitet werden.
==Geschichtliche Fakten 1918, 1923==
'''Zum 9.11.1918 - Ende des Ersten Weltkriegs'''
Schon lange vor dem so genannten Hitlerputsch war der 9. November von geschichtlicher und politischer Bedeutung. Am 9.11.[[1918]] wurde die Abdankung des Kaisers Willhelm II. bekannt gegeben – der [[erster Weltkrieg|Erste Weltkrieg]] war hiermit endgültig beendet – das Amt des deutschen Reichskanzlers wurde an den gemäßigten Sozialdemokraten Friedrich Ebert übergeben. Phillip Scheidemann rief vor dem deutschen Reichstagsgebäude die Republik aus. Fast zeitgleich verkündigte Karl Liebknecht die freie sozialistische Republik. Die politisch ungefestigte,  von Aufständen erschütterte, von Nachkriegsarmut und Inflation gezeichnete Zeitspanne der [[Weimarer Republik]] war damit eingeläutet. In der frühen nationalsozialistischen Propaganda war das Datum daher Zeichen für die „schmachvollste“ Ära Deutschlands – später wurde der Wandel dieses „Tags der Schmach“ in den höchsten NS-Feiertag propagandistisch ausgeschlachtet.
'''Zum 9.11.1923 - der Putschversuch'''
Der „[[Ludendorff-Hitler-Putsch|Ludendorff-Hitler-Putsch]]“ war ein Aufstandsversuch neben anderen der Rechtsextremen, welche die Regierungen der ersten demokratischen deutschen (despektierlich so genannten Weimarer) Republik zu stürzen versuchten; er stellte weder eine Ausnahme im politischen Geschehen dieser Zeit dar, noch tat er sich durch die geringsten Erfolge hervor, die er hätte verzeichnen können. Soweit man vom „Ludendorff-Hitler-Putsch“ an sich spricht, könnte man sagen, dass dieser, kaum dass er begonnen hatte, auch schon wieder durch die Polizei beendet worden war:
1923 wurde [[Bayern]] von einem „Triumvirat“ dikatatorisch regiert, das sich aus dem Staatskommissar v. Kahr, Reichswehrkommandant General v. Lossow und Polizeioberst Seißer zusammensetzte. Diese Regierung war nicht von der Reichsregierung gebilligt, damit bestand schon in ihr ein (in diesem Fall: nationalisitsch-rechtsgerichteter) verfassungsgemäßes Gremium. Die (beteiligte) Reichswehr griff auch nicht ein, da Bayern für den Moment nicht als gefährlich erachtet wurde und an verschiedenen Stellen der jungen Republik kommunistische Aufstände bekämpft werden sollten. Im Oktober [[1923]] beginnt sich die politische Lage im gesamten Land zu entspannen. Hitler und Kumpanen beschließen, die bayerisch-separatistische Putschsituation, solange dies noch möglich ist, für ihre Zwecke zu nutzen und sich mit den Herren v. Kahr, Lossow und Seißer zu einem „Marsch auf Berlin“ - nach dem Vorbild von Moussolinis „Marsch auf Rom“ - also auf die gewählte Zentralregierung zu verbünden.
Zu diesem Zweck wurden militärische Vorbereitungen getroffen, die SA und befreundete "Kampfbünde" mobilisiert. Am Abend des 8. November umstellen Hitlers Kämpfer den [[Bürgerbräukeller]], wo eine "Vertrauenskundgebung" der Rechten stattfindet. Von Kahr spricht gerade, als Hitler den Saal durchquert und mit einem Schuss in die Decke die Aufmerksamkeit auf seine Person lenkt. Er proklamiert die „nationale Revolution“. Den drei vormaligen Putschisten (Kahr, Lossow, Seißer) wird unterdessen im Hinterzimmer unter Zwang eine Zustimmung zur Zusammenarbeit mit Hitlers Gruppe abgenötigt.
Noch in der gleichen Nacht widerrufen alle drei dieses Zugeständnis und informieren die Reichswehr. Schon zu diesem Zeitpunkt war der „Ludendorff-Hitler-Putsch“ gescheitert, da er keine wesentliche militärische oder polizeiliche Unterstützung erhielt. Weiteres siehe unter [[Ludendorff-Hitler-Putsch]]. Bei der Polizeiaktion gegen den Putschversuch sterben 4 Polizisten und 16 Ludendorff/NSDAP-Anhänger.
1925 begründet nach einer Neugründung seiner Partei Hitler den Kult um die beim Putschversuch getöteten 16 NS`ler durch eine Anordnung, nach der alle NS-Ortsgruppen jährlich am 9. November Gedenkfeiern abzuhalten haben, in die auch die Getöteten des Ersten Weltkrieges einbezogen werden mussten. Damit wurde suggeriert, dass die gescheiterten Putschisten im Grunde für dieselbe Sache gestorben wären, wie die im Weltkrieg Gefallenen: für das Vaterland.
1933 stiftet Hitler einen Orden für die Teilnehmer am gescheiterten Marsch auf Berlin von 1923, der sich zum 10. Mal jährte (Dieses runde sog. "Ehrenzeichen des 9. November 1923" wird auch Blutorden genannt und zeigt auf der einen Seite in der Mitte die [[Feldherrenhalle]], wo der Marsch ja gestoppt worden war).
- Lücke zu den Veranstaltungen vor 1937 -
== 1937, eine Hetzausstellung wird eröffnet ==
''Der ewige Jude''' war Titel einer von den Nationalsozialisten reichsweit ab November 1937 veranstalteten Wanderausstellung. Die Ausstellung fand vom 8. November 1937 bis 31. Januar 1938 erstmals in der Bibliothek des [[Deutsches Museum|Deutschen Museums]] in München statt. Am 8. November wurde sie von NS-Propagandeminister {{WL2|de:Joseph Goebbels|Goebbels}} und anderen Nazifunktionären als Teil ihrer Feiern eröffnet.
== 1938: Judenpogrom der NSDAP und SS ==
===Ablauf===
; 9. November: Im [[Altes Rathaus|Alten Rathaus]] hält der NS-Funktionär Goebbels seine Rede, nachdem Hitler die Versammmlung verlassen hat, die als Auftakt des reichsweiten Judenpogroms gilt. In diesem Jahr fühlten sich die Nazis mit ihrem Rückhalt in der Bevölkerung oder dem bereits bestens funktionierenden Unterdrückungsapparat der widerständigen Bevölkerungsteile anscheinend so sich, dass sie zur direkten und reichsweit inszenierten offen gewalttätigen Verfolgung der jüdischen Minderheit gehen wollen. Goebbels äußerte, dass die Partei nicht als Organisator antijüdischer Aktionen in Erscheinung treten wolle, aber diese dort, wo sie "entstünden", auch nicht behindern werde. Die Aufforderung Goebbels wird per Telefon in die NS-Gaue und an die Polizei weitergeleitet. Die angeblich spontane Volksempörung mündet in Brandstiftungen, dem Demolieren von Geschäften und Wohnungen und in der Verhaftung (Schutzhaft ! ) der geschädigten und meist verprügelten oder sonst angegriffenen Opfer. In den folgenden Wochen werden von ihnen in den [[Konzentrationslager]]n Geldzahlungen und Flucht ins Ausland erpresst.
===Ermordete und Tote ===
===Zerstörte oder stark beschädigte Gebäude===
* die orthodoxe (alte) [[Ohel Jakob|Ohel-Jakob-Synagoge]], [[Herzog-Rudolf-Straße]] 23 (früher Kanalstraße) durch SA-Männer demoliert und niedergebrannt; ihre gesamte Innenausstattung, einschließlich der Tora-Rollen verbrannte.
** Die Kosten für den Abbruch dieser Brandruine in Höhe von 15.000 RM hatte die jüdische Gemeinde zu tragen.
* Die Inneneinrichtung der ostjüdischen Synagoge in der [[Reichenbachstraße]] wurde demoliert und großenteils zerstört. Das Gebäude blieb jedoch erhalten und konnte nach 1945 wieder renoviert und neu als Synagoge eingerichtet werden.
*Warenhaus Uhlfelder, Bankhaus Aufhäuser, Modehaus Hinzelmann, Ausstattungshaus Bernheimer
=== Gedenken ===
* Zum Gedenkstein an die zerstörte Hauptsynagoge und ihre ermordeten Münchner Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens ([http://www.verbalissimo.com/main/offers/texts/d_theol_hower_psalm_74_18.htm Psalm 74, 18, im Zusammenhang zu lesen die Verse 17-19: hier nur V. 18: "So gedenke doch des, daß der Feind den Herrn schmäht und ein töricht Volk lästert deinen Namen." ] Im Stein heißt es davon nur knapp dies: ''Gedenke dies, der Feind höhnte dich''
* vgl. [[Ohel_Jakob#Die_Hauptsynagoge_1887-1938|über die alte Hauptsynagoge (1887-1938)]]
* [http://www.verbalissimo.com/main/offers/inscriptions/europe/germany/d_munich_former_synagogue.htm Fotos vom Gedenkstein] (Aufn. von 2002) in der [[Herzog-Max-Straße]] 4 (Das Denkmal befindet sich an der Einmündung dieser Straße in die Maxburgstraße, auf der rechten Seite).
Der '''9. November''' ist ein Datum, das in Deutschland durch den '''Judenpogrom 1938''', verharmlosend oft die Reichs-Kristallnacht genannt, zu trauriger Berühmtheit gekommen ist. Er war vor 1938 ein wichtiges Jubiläum der nationalsozialistischen Parteianhänger. Zu diesem Datum fanden jährlich, in ritueller Wiederholung des so genannten "[[Ludendorff-Hitler-Putsch]]es" von [[1923]], Feierlichkeiten für die so genannten "Gefallenen der Bewegung" statt, das waren die beim Putschversuch durch die Polizei Erschossenen. Die vorliegende Seite befasst sich deshalb auch mit der Inszenierung des Datums durch die Nationalsozialisten in [[München]] vor 1938 und mit der Verfolgung jüdischer [[München|Münchner]] im Jahr [[1938]].
Der '''9. November''' ist ein Datum, das in Deutschland durch den '''Judenpogrom 1938''', verharmlosend oft die Reichs-Kristallnacht genannt, zu trauriger Berühmtheit gekommen ist. Er war vor 1938 ein wichtiges Jubiläum der nationalsozialistischen Parteianhänger. Zu diesem Datum fanden jährlich, in ritueller Wiederholung des so genannten "[[Ludendorff-Hitler-Putsch]]es" von [[1923]], Feierlichkeiten für die so genannten "Gefallenen der Bewegung" statt, das waren die beim Putschversuch durch die Polizei Erschossenen. Die vorliegende Seite befasst sich deshalb auch mit der Inszenierung des Datums durch die Nationalsozialisten in [[München]] vor 1938 und mit der Verfolgung jüdischer [[München|Münchner]] im Jahr [[1938]].



Version vom 29. Oktober 2013, 17:59 Uhr

Der 9. November ist ein Datum, das in Deutschland durch den Judenpogrom 1938, verharmlosend oft die Reichs-Kristallnacht genannt, zu trauriger Berühmtheit gekommen ist. Er war vor 1938 ein wichtiges Jubiläum der nationalsozialistischen Parteianhänger. Zu diesem Datum fanden jährlich, in ritueller Wiederholung des so genannten "Ludendorff-Hitler-Putsches" von 1923, Feierlichkeiten für die so genannten "Gefallenen der Bewegung" statt, das waren die beim Putschversuch durch die Polizei Erschossenen. Die vorliegende Seite befasst sich deshalb auch mit der Inszenierung des Datums durch die Nationalsozialisten in München vor 1938 und mit der Verfolgung jüdischer Münchner im Jahr 1938.

Einführung

Der neunte November war wohl der „weihevollste Tag des nationalsozialistischen Feierjahres“ - der Anlass zu dem die religiös kultischen Züge der NS-Ideologie am deutlichsten sichtbar wurden. Gefeiert wurden die Aufrührer von 1923 als „Märtyerer“ des dritten Reichs, die beim Putschversuch ums Leben gekommenen sechzehn „alten Kämpfer“. Die Geschehnisse vom 9. Nov. 1923 wurden im Zuge der über Jahre hinweg abgehaltenen Feierlichkeiten mythisiert, verfälscht , umgedeutet. Nicht zuletzt die Unwissenheit der Bevölkerung um die Ereignisse von 1923 ermöglichten die hochgradig propagandistische Auschlachtung des Datums – daher steht der folgende Artikel in der Pflicht, zumindest heute einen kleinen Teil des Wissens um die fatalen Ereignisse während der Nazizeit zu bewahren.

In seinem Aufsatz „Mythos Kult und Feste – München im Nationlasozialistischen Feierjahr“ spricht Hans Günter Hockerts von München als einer „Bühne eines permanenten politischen Schauspiels“. Im Hinblick auf diese (und viele ähnliche) Aussagen soll die Inszenierung des 9. November durch die Nationalsozialisten in München in seiner Funktion als „Gedenktag der Gefallenen der Bewegung“ sorgfältig untersucht werden, wobei zunächst die geschichtlichen Fakten zum 9.11. 1918 und 1923 sowie die Entwicklung der inszenatorischen Umdeutung dieser Ereignisse durch die Nationalsozialisten aufzuzeigen sind.

Bei der folgenden Beschreibung der Feierlichkeiten zum 9.11. 1935 wird deren Inszenierungcharakter und die durch ihre Theatralität gewährleistete propagandistische Wirksamkeit besonders deutlich werden – daher sollen die auf ästhetische Wirkung hin durchdachte und mit deutlicher Intention geplante Organisation aller Abläufe und Handlungen in Form einer Inszenierungsanalyse bearbeitet werden.

Geschichtliche Fakten 1918, 1923

Zum 9.11.1918 - Ende des Ersten Weltkriegs

Schon lange vor dem so genannten Hitlerputsch war der 9. November von geschichtlicher und politischer Bedeutung. Am 9.11.1918 wurde die Abdankung des Kaisers Willhelm II. bekannt gegeben – der Erste Weltkrieg war hiermit endgültig beendet – das Amt des deutschen Reichskanzlers wurde an den gemäßigten Sozialdemokraten Friedrich Ebert übergeben. Phillip Scheidemann rief vor dem deutschen Reichstagsgebäude die Republik aus. Fast zeitgleich verkündigte Karl Liebknecht die freie sozialistische Republik. Die politisch ungefestigte, von Aufständen erschütterte, von Nachkriegsarmut und Inflation gezeichnete Zeitspanne der Weimarer Republik war damit eingeläutet. In der frühen nationalsozialistischen Propaganda war das Datum daher Zeichen für die „schmachvollste“ Ära Deutschlands – später wurde der Wandel dieses „Tags der Schmach“ in den höchsten NS-Feiertag propagandistisch ausgeschlachtet.


Zum 9.11.1923 - der Putschversuch

Der „Ludendorff-Hitler-Putsch“ war ein Aufstandsversuch neben anderen der Rechtsextremen, welche die Regierungen der ersten demokratischen deutschen (despektierlich so genannten Weimarer) Republik zu stürzen versuchten; er stellte weder eine Ausnahme im politischen Geschehen dieser Zeit dar, noch tat er sich durch die geringsten Erfolge hervor, die er hätte verzeichnen können. Soweit man vom „Ludendorff-Hitler-Putsch“ an sich spricht, könnte man sagen, dass dieser, kaum dass er begonnen hatte, auch schon wieder durch die Polizei beendet worden war:

1923 wurde Bayern von einem „Triumvirat“ dikatatorisch regiert, das sich aus dem Staatskommissar v. Kahr, Reichswehrkommandant General v. Lossow und Polizeioberst Seißer zusammensetzte. Diese Regierung war nicht von der Reichsregierung gebilligt, damit bestand schon in ihr ein (in diesem Fall: nationalisitsch-rechtsgerichteter) verfassungsgemäßes Gremium. Die (beteiligte) Reichswehr griff auch nicht ein, da Bayern für den Moment nicht als gefährlich erachtet wurde und an verschiedenen Stellen der jungen Republik kommunistische Aufstände bekämpft werden sollten. Im Oktober 1923 beginnt sich die politische Lage im gesamten Land zu entspannen. Hitler und Kumpanen beschließen, die bayerisch-separatistische Putschsituation, solange dies noch möglich ist, für ihre Zwecke zu nutzen und sich mit den Herren v. Kahr, Lossow und Seißer zu einem „Marsch auf Berlin“ - nach dem Vorbild von Moussolinis „Marsch auf Rom“ - also auf die gewählte Zentralregierung zu verbünden.

Zu diesem Zweck wurden militärische Vorbereitungen getroffen, die SA und befreundete "Kampfbünde" mobilisiert. Am Abend des 8. November umstellen Hitlers Kämpfer den Bürgerbräukeller, wo eine "Vertrauenskundgebung" der Rechten stattfindet. Von Kahr spricht gerade, als Hitler den Saal durchquert und mit einem Schuss in die Decke die Aufmerksamkeit auf seine Person lenkt. Er proklamiert die „nationale Revolution“. Den drei vormaligen Putschisten (Kahr, Lossow, Seißer) wird unterdessen im Hinterzimmer unter Zwang eine Zustimmung zur Zusammenarbeit mit Hitlers Gruppe abgenötigt.

Noch in der gleichen Nacht widerrufen alle drei dieses Zugeständnis und informieren die Reichswehr. Schon zu diesem Zeitpunkt war der „Ludendorff-Hitler-Putsch“ gescheitert, da er keine wesentliche militärische oder polizeiliche Unterstützung erhielt. Weiteres siehe unter Ludendorff-Hitler-Putsch. Bei der Polizeiaktion gegen den Putschversuch sterben 4 Polizisten und 16 Ludendorff/NSDAP-Anhänger.


1925 begründet nach einer Neugründung seiner Partei Hitler den Kult um die beim Putschversuch getöteten 16 NS`ler durch eine Anordnung, nach der alle NS-Ortsgruppen jährlich am 9. November Gedenkfeiern abzuhalten haben, in die auch die Getöteten des Ersten Weltkrieges einbezogen werden mussten. Damit wurde suggeriert, dass die gescheiterten Putschisten im Grunde für dieselbe Sache gestorben wären, wie die im Weltkrieg Gefallenen: für das Vaterland.

1933 stiftet Hitler einen Orden für die Teilnehmer am gescheiterten Marsch auf Berlin von 1923, der sich zum 10. Mal jährte (Dieses runde sog. "Ehrenzeichen des 9. November 1923" wird auch Blutorden genannt und zeigt auf der einen Seite in der Mitte die Feldherrenhalle, wo der Marsch ja gestoppt worden war).

- Lücke zu den Veranstaltungen vor 1937 -

1937, eine Hetzausstellung wird eröffnet

Der ewige Jude' war Titel einer von den Nationalsozialisten reichsweit ab November 1937 veranstalteten Wanderausstellung. Die Ausstellung fand vom 8. November 1937 bis 31. Januar 1938 erstmals in der Bibliothek des Deutschen Museums in München statt. Am 8. November wurde sie von NS-Propagandeminister GoebbelsW und anderen Nazifunktionären als Teil ihrer Feiern eröffnet.

1938: Judenpogrom der NSDAP und SS

Ablauf

9. November
Im Alten Rathaus hält der NS-Funktionär Goebbels seine Rede, nachdem Hitler die Versammmlung verlassen hat, die als Auftakt des reichsweiten Judenpogroms gilt. In diesem Jahr fühlten sich die Nazis mit ihrem Rückhalt in der Bevölkerung oder dem bereits bestens funktionierenden Unterdrückungsapparat der widerständigen Bevölkerungsteile anscheinend so sich, dass sie zur direkten und reichsweit inszenierten offen gewalttätigen Verfolgung der jüdischen Minderheit gehen wollen. Goebbels äußerte, dass die Partei nicht als Organisator antijüdischer Aktionen in Erscheinung treten wolle, aber diese dort, wo sie "entstünden", auch nicht behindern werde. Die Aufforderung Goebbels wird per Telefon in die NS-Gaue und an die Polizei weitergeleitet. Die angeblich spontane Volksempörung mündet in Brandstiftungen, dem Demolieren von Geschäften und Wohnungen und in der Verhaftung (Schutzhaft ! ) der geschädigten und meist verprügelten oder sonst angegriffenen Opfer. In den folgenden Wochen werden von ihnen in den Konzentrationslagern Geldzahlungen und Flucht ins Ausland erpresst.

Ermordete und Tote

Zerstörte oder stark beschädigte Gebäude

  • die orthodoxe (alte) Ohel-Jakob-Synagoge, Herzog-Rudolf-Straße 23 (früher Kanalstraße) durch SA-Männer demoliert und niedergebrannt; ihre gesamte Innenausstattung, einschließlich der Tora-Rollen verbrannte.
    • Die Kosten für den Abbruch dieser Brandruine in Höhe von 15.000 RM hatte die jüdische Gemeinde zu tragen.
  • Die Inneneinrichtung der ostjüdischen Synagoge in der Reichenbachstraße wurde demoliert und großenteils zerstört. Das Gebäude blieb jedoch erhalten und konnte nach 1945 wieder renoviert und neu als Synagoge eingerichtet werden.
  • Warenhaus Uhlfelder, Bankhaus Aufhäuser, Modehaus Hinzelmann, Ausstattungshaus Bernheimer

Gedenken

1938: Maurice Bavauds Attentatsversuch

Der Schweizer Maurice Bavaud wollte Hitler beim jährlichen NS-Gedenkmarsch am 9. November 1938 zur Münchner Feldherrnhalle erschiessen. Dazu gab er sich als begeisterter Nazi aus, um als Zuschauer einen Platz auf der Ehrentribüne zu bekommen. Das Attentat scheiterte, da Hitler von Bavaud zu weit entfernt war.

Auch in den nächsten Tagen konnte Bavaud nicht nahe genug an Hitler herantreten, so dass er aufgab und mit dem Zug nach Paris ausreisen wollte. Da er keine Fahrkarte hatte, wurde er festgenommen. Im geheimen Prozess vor dem Volksgerichtshof am 18. Dezember 1939 gab er als Motiv an, Hitler töten zu wollen, da jener eine Gefahr für die Menschheit, für die Unabhängigkeit der Schweiz und für den Katholizismus in Deutschland sei.

Bavaud wurde zum Tode verurteilt und im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee am 14. Mai 1941 um sechs Uhr früh mit einer Guillotine enthauptet.

Die Rehabilitation in der Schweiz zog sich bis 1989 hin. Ein Gedenkstele für Maurice Bavaud steht in seinem Heimatort Hauterive (bei Neuchatel). Die Bundesrepublik Deutschland sprach den Hinterbliebenen in den 1960er Jahren nach zwei Gerichtsverfahren eine Wiedergutmachung von 40.000 Schweizer Franken zu. Danach geriet er für Jahre in öffentliches Vergessen.

1939: Georg Elsers Attentatsversuch

Am 8. November 1939 scheiterte Georg Elsers Attentatsversuch auf Hitler bei dessen jährlichem Treffen mit alten Parteigenossen (PG) im Bürgerbräukeller. Die vorbereitete Bombe explodierte, nachdem Hitler den Raum vorzeitig verlassen hatte.

Siehe auch

Literatur

  • Andreas Heusler, Tobias Weger: Kristallnacht. Gewalt gegen die Münchner Juden im November 1938. Buchendorfer, 1998, ISBN 3927984868

Weblinks