Manifest der Münchner Studenten: Unterschied zwischen den Versionen

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Das sechste Flugblatt der [[Weiße Rose|Weißen Rose ]] ([http://www.bpb.de/themen/JOELCK,0,0,Flugblatt_VI.html Text] / [http://www.bpb.de/files/B2QRDK.pdf Original als PDF]); es konnte [[1943]] einige Zeit nach dem [[Weiße_Rose#Verhaftung_und_Verurteilung|Prozess am 22. Februar]] als '''"Ein deutsches Flugblatt - Manifest der Münchner Studenten"''' von den Alliierten im wahrsten Sinne als Flugblatt über deutschen Städten abgeworfen werden.)
 
Ob es konkret bei einzelnen dies lesenden Personen etwas bewirken konnte: ''unbekannt.''
 
 
Der Weg dieses Textes: Dieses sechste und letzte Flugblatt mit einer Auflage von 3.000 Exemplaren basiert weitgehend auf einem Entwurf von Dr. [[Kurt Huber]] (24.10.1893 in Chur — 13.7.1943 in [[München]]), Professor für Musikwissenschaften und Psychologie an der [[Ludwig-Maximilians-Universität]]. Huber wurde am 19.4.1943 beim zweiten Prozess gegen Weiße-Rose-Mitglieder: [[Willi Graf]], [[Alexander Schmorell]] und zwölf weitere Angeklagte durch das Nazi-Sondergericht "zum Tode verurteilt". Er wurde ebenfalls von den Nazis ermordet.
 
Hans und Sophie Scholl wurden am 18.2.1943 bei der Verteilung in der Münchener Universität entdeckt. Ihr Tod wurde auf roten Plakaten in der Stadt zur Abschreckung bekanntgegeben.
 
Es wurde im Herbst 1943 in England nachgedruckt und von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen und außerdem durch den Sender BBC verlesen.
 
 
== Kommilitoninnen! Kommilitonen! ==
 
Erschüttert steht unser Volk vor dem {{WL2|Schlacht_von_Stalingrad#Die_„Operation_Kolzo“_und_das_Ende_der_6._Armee|Untergang der Männer von Stalingrad.}} Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt. Führer, wir danken dir! Es gärt im deutschen Volk: Wollen wir weiter einem Dilettanten das Schicksal unserer Armeen anvertrauen? Wollen wir den niedrigsten Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest unserer deutschen Jugend opfern? Nimmermehr!
 
 
Der Tag der Abrechnung ist gekommen, der Abrechnung der deutschen Jugend mit der verabscheuungswürdigsten Tyrannis, die unser Volk je erduldet hat. Im Namen der ganzen deutschen Jugend fordern wir vom Staat Adolf Hitlers die persönliche Freiheit, das kostbarste Gut der Deutschen zurück, um das er uns in der erbärmlichsten Weise betrogen hat.
 
 
In einem Staat rücksichtsloser Knebelung jeder freien Meinungsäußerung sind wir aufgewachsen. HJ, SA und SS haben uns in den fruchtbarsten Bildungsjahren unseres Lebens zu uniformieren, zu revolutionieren, zu narkotisieren versucht. "Weltanschauliche Schulung" hieß die verächtliche Methode, das aufkeimende Selbstdenken und Selbstwerten in einem Nebel leerer Phrasen zu ersticken. Eine Führerauslese, wie sie teuflischer und zugleich bornierter nicht gedacht werden kann, zieht ihre künftigen Parteibonzen auf Ordensburgen zu gottlosen, schamlosen und gewissenlosen Ausbeutern und Mordbuben heran, zur blinden, stupiden Führergefolgschaft.
 
Wir "Arbeiter des Geistes" wären gerade recht, dieser neuen Herrenschicht den Knüppel zu machen. Frontkämpfer werden von Studentenführern und Gauleiteraspiranten wie Schulbuben gemaßregelt, Gauleiter greifen mit geilen Späßen den Studentinnen an die Ehre. Deutsche Studentinnen haben an der Münchner Hochschule auf die Besudelung ihrer Ehre eine würdige Antwort gegeben, deutsche Studenten haben sich für ihre Kameradinnen eingesetzt und standgehalten. Das ist ein Anfang zur Erkämpfung unserer freien Selbstbestimmung, ohne die geistige Werte nicht geschaffen werden können. Unser Dank gilt den tapferen Kameradinnen und Kameraden, die mit leuchtendem Beispiel vorangegangen sind!
 
Es gibt für uns nur eine Parole: Kampf gegen die {{WL2|NSDAP|Partei}}! Heraus aus den Parteigliederungen, in denen man uns politisch weiter mundtot halten will! Heraus aus den Hörsälen der SS-Unter- und -Oberführer und Parteikriecher! Es geht uns um wahre Wissenschaft und echte Geistesfreiheit! Kein Drohmittel kann uns schrecken, auch nicht die Schließung unserer Hochschulen. Es gilt den Kampf jedes einzelnen von uns um unsere Zukunft, unsere Freiheit und Ehre in einem seiner sittlichen Verantwortung bewußten Staatswesen.
 
===Freiheit und Ehre! ===
Zehn lange Jahre haben Hitler und seine Genossen die beiden herrlichen deutschen Worte bis zum Ekel ausgequetscht, abgedroschen, verdreht, wie es nur Dilettanten vermögen, die die höchsten Werte einer Nation vor die Säue werfen. Was ihnen Freiheit und Ehre gilt, das haben sie in zehn Jahren der Zerstörung aller materiellen und geistigen Freiheit, aller sittlichen Substanz im deutschen Volk genugsam gezeigt. Auch dem dümmsten Deutschen hat das furchtbare Blutbad die Augen geöffnet, das sie im Namen von Freiheit und Ehre der deutschen Nation in ganz Europa angerichtet haben und täglich neu anrichten. Der deutsche Name bleibt für immer geschändet, wenn nicht die deutsche Jugend endlich aufsteht, rächt und sühnt zugleich, ihre Peiniger zerschmettert und ein neues geistiges Europa aufrichtet.
 
===Studentinnen! Studenten! Auf uns sieht das deutsche Volk! ===
Von uns erwartet es, wie [[1813]] die Brechung des Napoleonischen, so [[1943]] die Brechung des [[München in der Zeit des Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Terrors aus der Macht des Geistes. {{WL2|Schlacht an der Beresina|Beresina}} und {{WL2|Schlacht von Stalingrad|Stalingrad}} flammen im Osten auf, die Toten von Stalingrad beschwören uns!
 
==="Frisch auf mein Volk, die Flammenzeichen rauchen!"===
 
Unser Volk steht im Aufbruch gegen die Verknechtung Europas durch den Nationalsozialismus, im neuen gläubigen Durchbruch von Freiheit und Ehre!
 
== Siehe auch ==
* [[Weiße Rose]]
 
[[Kategorie:Widerstand gegen den Nationalsozialismus]]

Aktuelle Version vom 15. November 2022, 12:17 Uhr

Das sechste Flugblatt der Weißen Rose (Text / Original als PDF); es konnte 1943 einige Zeit nach dem Prozess am 22. Februar als "Ein deutsches Flugblatt - Manifest der Münchner Studenten" von den Alliierten im wahrsten Sinne als Flugblatt über deutschen Städten abgeworfen werden.)

Ob es konkret bei einzelnen dies lesenden Personen etwas bewirken konnte: unbekannt.


Der Weg dieses Textes: Dieses sechste und letzte Flugblatt mit einer Auflage von 3.000 Exemplaren basiert weitgehend auf einem Entwurf von Dr. Kurt Huber (24.10.1893 in Chur — 13.7.1943 in München), Professor für Musikwissenschaften und Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität. Huber wurde am 19.4.1943 beim zweiten Prozess gegen Weiße-Rose-Mitglieder: Willi Graf, Alexander Schmorell und zwölf weitere Angeklagte durch das Nazi-Sondergericht "zum Tode verurteilt". Er wurde ebenfalls von den Nazis ermordet.

Hans und Sophie Scholl wurden am 18.2.1943 bei der Verteilung in der Münchener Universität entdeckt. Ihr Tod wurde auf roten Plakaten in der Stadt zur Abschreckung bekanntgegeben.

Es wurde im Herbst 1943 in England nachgedruckt und von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen und außerdem durch den Sender BBC verlesen.


Kommilitoninnen! Kommilitonen!

Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang der Männer von Stalingrad.W Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt. Führer, wir danken dir! Es gärt im deutschen Volk: Wollen wir weiter einem Dilettanten das Schicksal unserer Armeen anvertrauen? Wollen wir den niedrigsten Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest unserer deutschen Jugend opfern? Nimmermehr!


Der Tag der Abrechnung ist gekommen, der Abrechnung der deutschen Jugend mit der verabscheuungswürdigsten Tyrannis, die unser Volk je erduldet hat. Im Namen der ganzen deutschen Jugend fordern wir vom Staat Adolf Hitlers die persönliche Freiheit, das kostbarste Gut der Deutschen zurück, um das er uns in der erbärmlichsten Weise betrogen hat.


In einem Staat rücksichtsloser Knebelung jeder freien Meinungsäußerung sind wir aufgewachsen. HJ, SA und SS haben uns in den fruchtbarsten Bildungsjahren unseres Lebens zu uniformieren, zu revolutionieren, zu narkotisieren versucht. "Weltanschauliche Schulung" hieß die verächtliche Methode, das aufkeimende Selbstdenken und Selbstwerten in einem Nebel leerer Phrasen zu ersticken. Eine Führerauslese, wie sie teuflischer und zugleich bornierter nicht gedacht werden kann, zieht ihre künftigen Parteibonzen auf Ordensburgen zu gottlosen, schamlosen und gewissenlosen Ausbeutern und Mordbuben heran, zur blinden, stupiden Führergefolgschaft.

Wir "Arbeiter des Geistes" wären gerade recht, dieser neuen Herrenschicht den Knüppel zu machen. Frontkämpfer werden von Studentenführern und Gauleiteraspiranten wie Schulbuben gemaßregelt, Gauleiter greifen mit geilen Späßen den Studentinnen an die Ehre. Deutsche Studentinnen haben an der Münchner Hochschule auf die Besudelung ihrer Ehre eine würdige Antwort gegeben, deutsche Studenten haben sich für ihre Kameradinnen eingesetzt und standgehalten. Das ist ein Anfang zur Erkämpfung unserer freien Selbstbestimmung, ohne die geistige Werte nicht geschaffen werden können. Unser Dank gilt den tapferen Kameradinnen und Kameraden, die mit leuchtendem Beispiel vorangegangen sind!

Es gibt für uns nur eine Parole: Kampf gegen die ParteiW! Heraus aus den Parteigliederungen, in denen man uns politisch weiter mundtot halten will! Heraus aus den Hörsälen der SS-Unter- und -Oberführer und Parteikriecher! Es geht uns um wahre Wissenschaft und echte Geistesfreiheit! Kein Drohmittel kann uns schrecken, auch nicht die Schließung unserer Hochschulen. Es gilt den Kampf jedes einzelnen von uns um unsere Zukunft, unsere Freiheit und Ehre in einem seiner sittlichen Verantwortung bewußten Staatswesen.

Freiheit und Ehre!

Zehn lange Jahre haben Hitler und seine Genossen die beiden herrlichen deutschen Worte bis zum Ekel ausgequetscht, abgedroschen, verdreht, wie es nur Dilettanten vermögen, die die höchsten Werte einer Nation vor die Säue werfen. Was ihnen Freiheit und Ehre gilt, das haben sie in zehn Jahren der Zerstörung aller materiellen und geistigen Freiheit, aller sittlichen Substanz im deutschen Volk genugsam gezeigt. Auch dem dümmsten Deutschen hat das furchtbare Blutbad die Augen geöffnet, das sie im Namen von Freiheit und Ehre der deutschen Nation in ganz Europa angerichtet haben und täglich neu anrichten. Der deutsche Name bleibt für immer geschändet, wenn nicht die deutsche Jugend endlich aufsteht, rächt und sühnt zugleich, ihre Peiniger zerschmettert und ein neues geistiges Europa aufrichtet.

Studentinnen! Studenten! Auf uns sieht das deutsche Volk!

Von uns erwartet es, wie 1813 die Brechung des Napoleonischen, so 1943 die Brechung des nationalsozialistischen Terrors aus der Macht des Geistes. BeresinaW und StalingradW flammen im Osten auf, die Toten von Stalingrad beschwören uns!

"Frisch auf mein Volk, die Flammenzeichen rauchen!"

Unser Volk steht im Aufbruch gegen die Verknechtung Europas durch den Nationalsozialismus, im neuen gläubigen Durchbruch von Freiheit und Ehre!

Siehe auch