Neuperlach: Unterschied zwischen den Versionen

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==Leitbild und Bedeutung==
==Leitbild und Bedeutung==
[[Bild:neuperlach_strukturplan.jpg|thumb|Strukturplan (1965)]]
[[Bild:neuperlach_fnp.jpg|thumb|Flächennutzungsplan (1968)]]
Neuperlach ist das größte westdeutsche Siedlungsprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg. Interessant ist es als Beispiel für den [[Stadtbaugeschichte|Städtebau der 1960er- und 1970er-Jahre]], als Produkt einer Umbruchzeit, in der sich alte und neue urbanistische Leitbilder gegenüberstanden. Als „Stadt neben der Stadt“ sollte Neuperlach durch eine Integration von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kultur und Sport, durch eine hohe Bevölkerungsdichte sowie eine städtisch dimensionierte und gestaltete Ortsmitte ein relativ eigenständiges, lebendiges und anziehendes Gemeinwesen werden und auf ein Einzugsgebiet von etwa 400.000 Menschen im Münchner Südosten ausstrahlen; durch die Einbeziehung renommierter Städtebaukritiker ([[Hans Paul Bahrdt]], [[Alexander Mitscherlich]]) in die Zentrumsplanungen wollte man stadtplanerische Fehler der Vergangenheit möglichst vermeiden. Trotz der sich also bereits vollziehenden Renaissance des Urbanitätsgedankens sind in der tatsächlichen Umsetzung noch sehr deutlich die Prämissen älterer, tendentiell stadtfeindlicher Leitbilder wirksam: die strikt durchgehaltene Trennung des Verkehrs in reine Fußwege und oft überdimensionierte Straßenzüge nach dem Muster der „Autogerechten Stadt“ Hans Bernhard [[Reichow]]s, die kleinteilige Durchgrünung, wie sie das Konzept der „Gegliederten und aufgelockerten Stadt“ vorsah, schließlich die in der Praxis ungenügende Mischung städtischer Funktionen, die noch eher an die funktionalistischen Ideen der [[Charta von Athen]] als an die zuvor theoretisch formulierten urbanen Zielsetzungen erinnert. Zu diesen konzeptionellen Ungereimtheiten, die ganz wesentlich das Bild Neuperlachs prägen, kamen in der Folgezeit die mangelnde Finanzierbarkeit vor allem der projektierten kulturellen Einrichtungen sowie ein zunehmendes Desinteresse der Stadt München an dem Projekt, das schon seit dem Abschluss der Planungen Ende der 1960er-Jahre hinter den Maßnahmen für die Olympischen Spiele 1972 zurückstehen musste.
Neuperlach ist das größte westdeutsche Siedlungsprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg. Interessant ist es als Beispiel für den [[Stadtbaugeschichte|Städtebau der 1960er- und 1970er-Jahre]], als Produkt einer Umbruchzeit, in der sich alte und neue urbanistische Leitbilder gegenüberstanden. Als „Stadt neben der Stadt“ sollte Neuperlach durch eine Integration von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kultur und Sport, durch eine hohe Bevölkerungsdichte sowie eine städtisch dimensionierte und gestaltete Ortsmitte ein relativ eigenständiges, lebendiges und anziehendes Gemeinwesen werden und auf ein Einzugsgebiet von etwa 400.000 Menschen im Münchner Südosten ausstrahlen; durch die Einbeziehung renommierter Städtebaukritiker ([[Hans Paul Bahrdt]], [[Alexander Mitscherlich]]) in die Zentrumsplanungen wollte man stadtplanerische Fehler der Vergangenheit möglichst vermeiden. Trotz der sich also bereits vollziehenden Renaissance des Urbanitätsgedankens sind in der tatsächlichen Umsetzung noch sehr deutlich die Prämissen älterer, tendentiell stadtfeindlicher Leitbilder wirksam: die strikt durchgehaltene Trennung des Verkehrs in reine Fußwege und oft überdimensionierte Straßenzüge nach dem Muster der „Autogerechten Stadt“ Hans Bernhard [[Reichow]]s, die kleinteilige Durchgrünung, wie sie das Konzept der „Gegliederten und aufgelockerten Stadt“ vorsah, schließlich die in der Praxis ungenügende Mischung städtischer Funktionen, die noch eher an die funktionalistischen Ideen der [[Charta von Athen]] als an die zuvor theoretisch formulierten urbanen Zielsetzungen erinnert. Zu diesen konzeptionellen Ungereimtheiten, die ganz wesentlich das Bild Neuperlachs prägen, kamen in der Folgezeit die mangelnde Finanzierbarkeit vor allem der projektierten kulturellen Einrichtungen sowie ein zunehmendes Desinteresse der Stadt München an dem Projekt, das schon seit dem Abschluss der Planungen Ende der 1960er-Jahre hinter den Maßnahmen für die Olympischen Spiele 1972 zurückstehen musste.


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