Walter Kistler
Walter Kistler, (* 1943; † 2006). Der Mann mit Down-Syndrom lebte und arbeitete im Münchner Stadtteil Pasing. Der Fotograf Andreas Bohnenstengel hat ihn in den 1990er-Jahren fotografisch begleitet. 1996 erschien das Portrait im ZEITmagazin.[1]
Walter, 53 Jahre Down Syndrom
Walter Kistler wurde 1943 in München-Pasing geboren. Walter Kistler hat die Nazizeit überlebt, weil ihn seine Eltern daheim versteckt haben. Er blieb ihr einziges Kind. Die Mutter starb, als der Vater ins Rentenalter kam. Fortan lebte Walter in der kleinen Pasinger Wohnung ohne Bad mit seinem Vater in einer symbiotisch engen Beziehung. 1982 starb Walters Vater im Alter von über 80 Jahren. Nun blieb für Walter Kistler, damals 41 Jahre alt, nur das Heim.[2] (das Monsignore-Bleyer-Haus in München-Pasing, wo er 2006 gestorben ist). In dem Stadtteil war er vielen Menschen bekannt und ans Herz gewachsen.
Walter. Ein Zivildienstleistender über seine Erlebnisse:
- (Bericht von A. B.) Als mein Zivildienst mit dem normalen Gruppendienst begann, hatte ich mit Walter fast täglich direkten Umgang. Meine Vorurteile und Ängste begannen langsam zu bröckeln, dies lag aber nicht an mir, sondern einzig und allein an diesem nach außen hin unansehnlichen Gnom, der mir mit einer vorurteilsfreien Wärme und Herzlichkeit entgegenkam, die mich beschämte. Da Walter Hilfestellung bei der täglichen Körperpflege und beim regelmäßigen Duschen benötigte, nahm er mich auch mehr in Anspruch als die anderen aus der Gruppe und ich lernte ihn immer besser kennen.
Im Gegensatz dazu stand seine Selbständigkeit, die er sich allein aneignete und die für ihn einen unheimlich hohen Stellenwert besaß, denn dies bedeutete für ihn ein immenses Stück an Lebensqualität, z.B. allein Einkaufen, mit seiner Freundin allein zum Kaffeetrinken gehen oder allein in den nahen Stadtpark schlendern. Die Betonung liegt vor allem auf allein, denn er tat dies nur für sich, weil es ihm gefiel und er es in vollen Zügen genoss.[3]
Galerie
Film: Bohnenstengel, A. (2020): Walter Kistler auf Youtube
Arbeit
Arbeitskollegen
Der Fotograf Andreas mal vor der Kamera
Wohnen
Freundinnen
Soziale Teilhabe
Walter ist Stammgast auf dem Pasinger Volksfest
Spazieren gehen
Walter in den Medien
Süddeutsche Zeitung Nr. 256 7. November 1997, Seite 44
Spurensuche 2019
Film: Bohnenstengel, A. (2020): Walter Kistler in Pasing auf Youtube
Monsignore-Bleyer-Haus
Maria-Eich-Straße
Pasinger Stadtpark
Manzingerweg
Pasing Zentrum
Ausstellung

1997 fand in der Münchner Seidlvilla die vielbeachtete Fotoausstellung "Glückskinder" statt.[4] Die Dokumentation über Walter Kistler war neben der Arbeit "Kindheit im Asyl" einer von zwei Zyklen, die gezeigt wurden. Die Arbeiten thematisierten die beiden Grundgesetz-Änderungen von 1993 und 1994 anhand von realen Menschen in realen Situationen.
- 1993 wurde der Artikel 16 des Grundgesetzes abgeändert, der sogenannte „Asylkompromiss“.
- 1994 wurde der Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ in den Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes aufgenommen.
Sammlungen
Fotografien von Walter Kistler befinden sich in öffentlichen Sammlungen und Archiven:
- Münchner Stadtarchiv: 29 Fotografien, Silbergelatine, 21,5 x 16,5 cm
- Pasinger Archiv: 25 Fotografien, Silbergelatine, 21,5 x 16,5 cm
Buch
- Baumgartner, S.: Walter in Andreas Bohnenstengel (Hrsg, Fotos): Ich bin anders als du denkst: Menschen mit Down-Syndrom begegnen. Würzburg, Edition Bentheim, 1. A - 2003, 2. A - 2007. 208 Seiten. ISBN 978-3934471405
Einzelnachweise
- ↑ ZEITmagazin Nr. 37, 1996, Seite 3, 8–15: Walter, 53 (Down-Syndrom)
- ↑ Dilloo, R. (1996): Walter, 53 (Down-Syndrom) in ZEITmagazin Nr. 37, 1996, Seite 14
- ↑ Baumgartner, S. (2003): Walter in: Ich bin anders als du denkst: Menschen mit Down-Syndrom begegnen. (2007) 2. Aufl., Edition Bentheim, Seite 30
- ↑ Wikimedia Commons: Ausstellungsinformation