Oktoberfestattentat: Unterschied zwischen den Versionen

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Am 26. September [[1980]] explodierte direkt am Haupteingang des [[Oktoberfest|Oktoberfestgeländes]] gegen 22.20 Uhr eine Bombe.  
Am 26. September [[1980]] explodierte direkt am Haupteingang des [[Oktoberfest|Oktoberfestgeländes]] gegen 22.20 Uhr eine Bombe.  
* 13 Menschen fanden dabei den Tod,  
* 13 Menschen fanden dabei den Tod,  
* über 211 Personen wurden verletzt, 68 Personen davon schwer.  
* 221 Personen wurden verletzt, 68 Personen davon schwer.  


Das Attentat wird einer dabei getöteten Einzelperson zugerechnet, obwohl viele Details über den Ablauf und die Herkunft des Sprengstoffes nicht geklärt werden konnten.
Das Attentat wird einer dabei getöteten Einzelperson zugerechnet, obwohl viele Details über den Ablauf und die Herkunft des Sprengstoffes nicht geklärt werden konnten.


Es handelt sich dabei um das schwerste Bombenattentat in der  
Es handelte sich dabei um das schwerste Bombenattentat in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands.


Das '''Oktoberfestattentat''' war ein [[Rechtsterrorismus|rechtsextremer Terroranschlag]] am 26. September 1980 am Haupteingang des [[Oktoberfest]]s in München. Durch die Explosion einer selbstgebauten [[Bombe]] wurden 13 Personen getötet und 221 verletzt, 68 davon schwer. Der Anschlag gilt als schwerster Terrorakt in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Das '''Oktoberfestattentat''' war ein [[Rechtsterrorismus|rechtsextremer Terroranschlag]] am 26. September 1980 am Haupteingang des [[Oktoberfest]]s in München. Durch die Explosion einer selbstgebauten [[Bombe]] wurden 13 Personen getötet und 221 verletzt, 68 davon schwer. Der Anschlag gilt als schwerster Terrorakt in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
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1984 beantragte der Opferanwalt Werner Dietrich erstmals eine Wiederaufnahme der Ermittlungen, die Generalbundesanwalt Rebmann  nach mehrmonatiger Prüfung ablehnte: Die Zeugenaussagen, die Köhler mit Begleitern in der Woche vor der Tat in München gesehen hatten, seien falsch gewesen. Er glaubte eher Peter Wiegand, dessen Mutter und einem Nachbarn, die Köhler für diese Zeit ein Alibi gegeben hatten.<ref>Ulrich Chaussy: ''Das Oktoberfest-Attentat'', Berlin 2020, [https://books.google.de/books?id=5Qb8DwAAQBAJ&pg=PT201 S. 201f.]</ref>
1984 beantragte der Opferanwalt Werner Dietrich erstmals eine Wiederaufnahme der Ermittlungen, die Generalbundesanwalt Rebmann  nach mehrmonatiger Prüfung ablehnte: Die Zeugenaussagen, die Köhler mit Begleitern in der Woche vor der Tat in München gesehen hatten, seien falsch gewesen. Er glaubte eher Peter Wiegand, dessen Mutter und einem Nachbarn, die Köhler für diese Zeit ein Alibi gegeben hatten.<ref>Ulrich Chaussy: ''Das Oktoberfest-Attentat'', Berlin 2020, [https://books.google.de/books?id=5Qb8DwAAQBAJ&pg=PT201 S. 201f.]</ref>


Seit November 1982 untersuchte der Investigativjournalist [[Ulrich Chaussy]] Spuren zum Attentat, denen die Ermittler nicht nachgegangen waren. Bis 1985 fand er durch akribische Nachprüfung heraus, dass Wiegand die Ermittler getäuscht und sie seine Angaben nicht überprüft hatten. So hatte Köhler im Sommer 1980 einen Bausparvertrag abgeschlossen, seine Miete regelmäßig bezahlt und war nach Griechenland und Jugoslawien gereist. Er hatte kurz vor dem Oktoberfest 1980 eine Band gegründet und einen Tag vor dem Attentat einen Vortrag über „[[Konzentrationslager]] in Baden-Württemberg“ besucht. Er hatte also weder Geldsorgen noch war er apolitisch noch „lebensunlustig“. Ferner hatte Wiegand das falsche Alibi der Mutter Köhlers für den 19. September 1980 gestützt. Chaussy kritisierte vor allem Hans Langemanns Vorgehen: Dieser habe den einzigen erfolgverprechenden Ermittlungsansatz unter Köhlers Freunden durch die vorzeitige Bekanntgabe seines Namens zerstört. Langemann war 1982 wegen [[Geheimnisverrat]]s in diesem und anderen Fällen vom Dienst suspendiert und 1984 zu acht Monaten Haft verurteilt worden. Chaussy kritisierte ferner, im Abschlussbericht von 1982 habe die Bundesanwaltschaft Wiegands „dilettantischen Charakterentwurf“ zur „offiziell anerkannten Version“ erhoben, obwohl gerade Wiegands Zeugnis Anlass zur Skepsis geboten hätte. Spuren, die nicht zur Einzeltäterthese passten, seien „nur halbherzig“ verfolgt worden. So sei die Aussage von Walter Behle nur aufgrund seines eigenen späteren Dementis verworfen worden.<ref name="Spiegel16Sep1985" />
Seit November 1982 untersuchte der Investigativjournalist [[Ulrich Chaussy]] Spuren zum Attentat, denen die Ermittler nicht nachgegangen waren. 1938 wurden ihm Ermittlungsakten zugespielt. Bis 1985 fand er durch akribische Nachprüfung heraus, dass Wiegand die Ermittler getäuscht und sie seine Angaben nicht überprüft hatten. So hatte Köhler im Sommer 1980 einen Bausparvertrag abgeschlossen, seine Miete regelmäßig bezahlt und war nach Griechenland und Jugoslawien gereist. Er hatte kurz vor dem Oktoberfest 1980 eine Band gegründet und einen Tag vor dem Attentat einen Vortrag über „[[Konzentrationslager]] in Baden-Württemberg“ besucht. Er hatte also weder Geldsorgen noch war er apolitisch noch „lebensunlustig“. Ferner hatte Wiegand das falsche Alibi der Mutter Köhlers für den 19. September 1980 gestützt. Chaussy kritisierte vor allem Hans Langemanns Vorgehen: Dieser habe den einzigen erfolgverprechenden Ermittlungsansatz unter Köhlers Freunden durch die vorzeitige Bekanntgabe seines Namens zerstört. Langemann war 1982 wegen [[Geheimnisverrat]]s in diesem und anderen Fällen vom Dienst suspendiert und 1984 zu acht Monaten Haft verurteilt worden. Chaussy kritisierte ferner, im Abschlussbericht von 1982 habe die Bundesanwaltschaft Wiegands „dilettantischen Charakterentwurf“ zur „offiziell anerkannten Version“ erhoben, obwohl gerade Wiegands Zeugnis Anlass zur Skepsis geboten hätte. Spuren, die nicht zur Einzeltäterthese passten, seien „nur halbherzig“ verfolgt worden. So sei die Aussage von Walter Behle nur aufgrund seines eigenen späteren Dementis verworfen worden.<ref name="Spiegel16Sep1985" />


Im Jahr 2000 machte Chaussy weitere Ungereimtheiten publik, die er in Teilen der Ermittlungsakten gefunden hatte: Peter Wiegand, der einzige Zeuge für die Einzeltäterthese, habe die Ermittler wochenlang irregeführt und verheimlicht, dass er mit Köhler Waffenhändler in der Schweiz besucht hatte. Um nicht selbst in Verdacht zu geraten, habe er persönliche Motive Köhlers für die Tat genannt. Trotz widersprechender anderer Aussagen hätten die Ermittler ihn ab November 1980 zum vertrauenswürdigsten Zeugen erklärt. Dies lasse sich nicht auf eine politische Anweisung zurückführen, wohl aber auf eine Tendenz deutscher Strafverfolgungsbehörden, Rechtsterroristen keine rationale Planung von Anschlägen zuzutrauen, Bezüge zwischen Tätern und Anstiftern zu bestreiten und Tathintergründe nicht aufzuklären.<ref>[[Wolfgang Görl]]: ''Der dubiose Zeuge.'' SZ, 27. September 2000</ref>
Im Jahr 2000 machte Chaussy weitere Ungereimtheiten publik, die er in Teilen der Ermittlungsakten gefunden hatte: Peter Wiegand, der einzige Zeuge für die Einzeltäterthese, habe die Ermittler wochenlang irregeführt und verheimlicht, dass er mit Köhler Waffenhändler in der Schweiz besucht hatte. Um nicht selbst in Verdacht zu geraten, habe er persönliche Motive Köhlers für die Tat genannt. Trotz widersprechender anderer Aussagen hätten die Ermittler ihn ab November 1980 zum vertrauenswürdigsten Zeugen erklärt. Dies lasse sich nicht auf eine politische Anweisung zurückführen, wohl aber auf eine Tendenz deutscher Strafverfolgungsbehörden, Rechtsterroristen keine rationale Planung von Anschlägen zuzutrauen, Bezüge zwischen Tätern und Anstiftern zu bestreiten und Tathintergründe nicht aufzuklären.<ref>[[Wolfgang Görl]]: ''Der dubiose Zeuge.'' SZ, 27. September 2000</ref>
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