21.126
Bearbeitungen
Girus (Diskussion | Beiträge) K (→Weblinks) |
Blass (Diskussion | Beiträge) Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
| Zeile 5: | Zeile 5: | ||
[[Bild:Petersplatzsta188xa.jpg|thumb|Altes Rathaus, rückseitige Ansicht des Stadtarchivs, Standesamt (Aufn. nach 1894)]] | [[Bild:Petersplatzsta188xa.jpg|thumb|Altes Rathaus, rückseitige Ansicht des Stadtarchivs, Standesamt (Aufn. nach 1894)]] | ||
[[Bild:MarienplatzAltesRathaus.jpg|thumb|Altes Rathaus - vom [[Marienplatz]] gesehen (um 1920)]] | [[Bild:MarienplatzAltesRathaus.jpg|thumb|Altes Rathaus - vom [[Marienplatz]] gesehen (um 1920)]] | ||
[[Datei:Alter_Rathaussaal_mit_Altem_Rathausturm.jpeg|thumb|410px| Eine Aufnahme von [[1988]]<br/>rechts: [[St. Peter]] und Turm [[Alter Peter]] (Foto: [[Karl Schillinger|K. Schillinger]])]] | |||
Das '''Alte Rathaus''' der Stadt [[München]] mit seinem 56 Meter hohen Turm schließt den [[Marienplatz]] nach Osten ab und trennt ihn vom [[Tal]] am ehemaligen Graben der sogenannten "leonischen Stadtbefestigung" [[Heinrich der Löwe|Heinrichs des Löwen]]. | Das '''Alte Rathaus''' der Stadt [[München]] mit seinem 56 Meter hohen Turm schließt den [[Marienplatz]] nach Osten ab und trennt ihn vom [[Tal]] am ehemaligen Graben der sogenannten "leonischen Stadtbefestigung" [[Heinrich der Löwe|Heinrichs des Löwen]]. | ||
Es ist der Nachfolgebau des [[1310]] erstmals urkundlich erwähnten Münchner Rathauses, das damals wegen der Stadtbefestigung, welche am Marienplatz endete, weiter westlich stand, aber bereits den östlichen Abschluss des zentralen Münchner Platzes bildete. Dieser Bau erhielt | Es ist der Nachfolgebau des [[1310]] erstmals urkundlich erwähnten Münchner Rathauses, das damals wegen der Stadtbefestigung, welche am Marienplatz endete, weiter westlich stand, aber bereits den östlichen Abschluss des zentralen Münchner Platzes bildete. Dieser Bau erhielt [[1392]]/[[1393|93]] einen großen Saal, auch wurde das Talburgtor der leonischen Stadtbefestigung, damals noch ''Unteres Tor'' genannt, zum '''Rathausturm''' umgebaut. [[1460]] fiel dieser nur durch sehr gute Beschreibungen bekannte Komplex einem Blitzeinschlag zum Opfer. Ab 1470 bis [[1480]] erbaute Dombaumeister [[Jörg von Halsbach]], genannt "Ganghofer", es im Stil der [[Gotik|Spätgotik]] neu. Der zentrale Raum war der Saalbau, eine architektonische Meisterleistung | ||
Das alte Rathaus erfuhr im Laufe der Jahrhunderte mehrere Umgestaltungen, die dem jeweiligen Zeitgeschmack entsprachen: Im 17. Jahrhundert wurde die Fassade barockisiert, der Rathausturm erhielt eine Zwiebelkuppel, [[1778]]/[[1779|79]] veränderte A. Demmel die Westfassade im | Das alte Rathaus erfuhr im Laufe der Jahrhunderte mehrere Umgestaltungen, die dem jeweiligen Zeitgeschmack entsprachen: Im 17. Jahrhundert wurde die Fassade barockisiert, der Rathausturm erhielt eine Zwiebelkuppel, [[1778]]/[[1779|79]] veränderte [[A. Demmel]] die Westfassade im Stil der Spät[[renaissance]], [[Arnold Zenetti]] regotisierte das Rathaus [[1861]] bis [[1864]] im Sinne des [[Historismus]]. Unangetastet blieb dabei Ganghofers Saalbau. | ||
Auf der dem Petersplatz zugewandten Seite stand einst noch das "Kleine Rathaus", oder auch Standesamt genannt, als direkte Verbindung zum Alten Rathaus. | Auf der dem Petersplatz zugewandten Seite stand einst noch das "Kleine Rathaus", oder auch Standesamt genannt, als direkte Verbindung zum Alten Rathaus. | ||
Nachdem die Stadtverwaltung 1874 in den ersten Bauabschnitt des [[Neues Rathaus|Neuen Rathauses]] umgezogen war und das nunmehr ''Alte Rathaus'' genannte Gebäude vor allem zu repräsentativen Zwecken genutzt wurde, durchbrach man das Erdgeschoss für eine Durchfahrt zum Tal mit einer separaten Fußgängerpassage. Diese Durchfahrt in gotischen Formen wurde [[1934]]/[[1935|35]] über das ganze Erdgeschoss hin ausgedehnt. | Nachdem die Stadtverwaltung [[1874]] in den ersten Bauabschnitt des [[Neues Rathaus|Neuen Rathauses]] umgezogen war und das nunmehr ''Alte Rathaus'' genannte Gebäude vor allem zu repräsentativen Zwecken genutzt wurde, durchbrach man das Erdgeschoss für eine Durchfahrt zum Tal mit einer separaten Fußgängerpassage. Diese Durchfahrt in gotischen Formen wurde [[1934]]/[[1935|35]] über das ganze Erdgeschoss hin ausgedehnt. | ||
Das Alte Rathaus diente im Laufe seiner Geschichte vielen Funktionen. So wurde es 1677 für den alten bayerischen [[Landtag]] genutzt, sein Keller war lange Zeit Stadtgefängnis. [[1848]] wurden im Alten Rathaus die Münchner Abgeordneten für die Deutsche Nationalversammlung bestimmt. Zwischen 1867 und 1908 wurde das daneben liegende [[Neues Rathaus|Neue Rathaus]] erbaut, in dem ab dann der [[Magistrat]] untergebracht wurde. | Das Alte Rathaus diente im Laufe seiner Geschichte vielen Funktionen. So wurde es 1677 für den alten bayerischen [[Landtag]] genutzt, sein Keller war lange Zeit Stadtgefängnis. [[1848]] wurden im Alten Rathaus die Münchner Abgeordneten für die Deutsche Nationalversammlung bestimmt. Zwischen 1867 und 1908 wurde das daneben liegende [[Neues Rathaus|Neue Rathaus]] erbaut, in dem ab dann der [[Magistrat]] untergebracht wurde. | ||
==Geschichte in der NS-Herrschaft== | ==Geschichte in der NS-Herrschaft== | ||
Am Abend des [[9. November 1938]] hielt Joseph Goebbels im Rathaussaal eine Hetzrede, die als Auftakt der zweiten Phase der massiven Judenverfolgung, verharmlosend oft ''Reichskristallnacht'' genannt, gilt. Es wurden viele Menschen ermordet, gefoltert, misshandelt, beraubt, gefangen genommen und in die Konzentrationslager, in München und seiner Umgebung vor allen ins [[Konzentrationslager Dachau]] gebracht. | Am Abend des [[9. November 1938]] hielt Joseph Goebbels im Rathaussaal eine Hetzrede, die als Auftakt der zweiten Phase der massiven Judenverfolgung, verharmlosend oft ''Reichskristallnacht'' genannt, gilt. Es wurden viele Menschen ermordet, gefoltert, misshandelt, beraubt, gefangen genommen und in die Konzentrationslager, in München und seiner Umgebung vor allen ins [[Konzentrationslager Dachau]] gebracht. | ||
Die Inschrift dazu im Tanzsaal lautet: | Die Inschrift dazu im Tanzsaal lautet: | ||
:''Dieser Tanzsaal des Alten Rathauses war jahrhundertelang Schauplatz bürgerschaftlicher und stadtherrlicher Zusammenkünfte und Feste. Das nationalsozialistische Regime missbrauchte diesen Ort für die Planung antisemitischer Verbrechen. Im Verlauf einer Parteifeier am Abend des 9. November 1938 wurden die seit Tagen in vielen Städten des Reiches angezettelten antijüdischen Ausschreitungen hier zu einem deutschlandweiten Pogrom ausgeweitet. Als "Reichskristallnacht" war dieses Pogrom Vorstufe der Vernichtung des europäischen Judentums.'' | :''Dieser Tanzsaal des Alten Rathauses war jahrhundertelang Schauplatz bürgerschaftlicher und stadtherrlicher Zusammenkünfte und Feste. Das nationalsozialistische Regime missbrauchte diesen Ort für die Planung antisemitischer Verbrechen. Im Verlauf einer Parteifeier am Abend des 9. November 1938 wurden die seit Tagen in vielen Städten des Reiches angezettelten antijüdischen Ausschreitungen hier zu einem deutschlandweiten Pogrom ausgeweitet. Als "Reichskristallnacht" war dieses Pogrom Vorstufe der Vernichtung des europäischen Judentums.'' | ||
Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde das Alte Rathaus schwer beschädigt, der Turm wurde [[1940]] abgebrochen, um eine Durchfahrt für Panzer zu ermöglichen. | |||
Anmerkung: ''Pogrom'' ist ein Ausdruck in der Geschichtswissenschaft für bürgerliche Ausschreitungen und Ermordungen von Angehörigen der jüdischen Minderheiten einer Stadt, eines Landes. Der in der Wissenschaft und vielen Sonntagsreden geläufige Ausdruck wird allerdings der Verfolgung und Ermordung durch die Nazis damals in Deutschland und dem von ihm besetzten Teil Europas kaum gerecht. Das Wort steht in Gefahr mehr zu verkleistern als zu kennzeichnen, weil es mit der Alltagssprache nichts zu tun hat. Aber es wird dem zynischen oder auch hilflosen Ausdruck "Reichskristallnacht" entgegengestellt. | Anmerkung: ''Pogrom'' ist ein Ausdruck in der Geschichtswissenschaft für bürgerliche Ausschreitungen und Ermordungen von Angehörigen der jüdischen Minderheiten einer Stadt, eines Landes. Der in der Wissenschaft und vielen Sonntagsreden geläufige Ausdruck wird allerdings der Verfolgung und Ermordung durch die Nazis damals in Deutschland und dem von ihm besetzten Teil Europas kaum gerecht. Das Wort steht in Gefahr mehr zu verkleistern als zu kennzeichnen, weil es mit der Alltagssprache nichts zu tun hat. Aber es wird dem zynischen oder auch hilflosen Ausdruck "Reichskristallnacht" entgegengestellt. | ||
Bearbeitungen