Bettelverbot in München: Unterschied zwischen den Versionen

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Bettler und Bettelverbote in Bayern.
Bettler und '''Bettelverbote in München''' und anderswo.


Der deutsche "Demutsbettler" sei inzwischen ganz die Ausnahme, sagt etwa eine Sprecherin des Münchner [[Kreisverwaltungsreferat]]s. Es gäbe "osteuropäische Bettelbanden".  
 
Der deutsche "Demutsbettler" sei inzwischen ganz die Ausnahme, sagt etwa eine Sprecherin des Münchner Kreisverwaltungsreferats. Es gäbe "osteuropäische Bettelbanden".  


Die Grenzen nach Osten sind seit der EU-Osterweiterung zum Teil offen. Unter den verwahrlost aussehenden, teils versehrten Bettlern in deutschen Innenstädten befinden sich auch Ausländer. Und sie sind es nun, auf welche die Stadtpolitiker zuvorderst verweisen, wenn sie Verbote durchsetzen wollen. Zuvor war mit einem Gewerbe argumentiert worden.  
Die Grenzen nach Osten sind seit der EU-Osterweiterung zum Teil offen. Unter den verwahrlost aussehenden, teils versehrten Bettlern in deutschen Innenstädten befinden sich auch Ausländer. Und sie sind es nun, auf welche die Stadtpolitiker zuvorderst verweisen, wenn sie Verbote durchsetzen wollen. Zuvor war mit einem Gewerbe argumentiert worden.  


"Das ist nichts anderes als Vertreibung", kritisieren Aktivisten wie [[Johannes Denninger]] von der Münchner Obdachlosenstiftung [[Biss]].  
"Das ist nichts anderes als Vertreibung", kritisieren Aktivisten wie Johannes Denninger von der Münchner Obdachlosenstiftung [[Biss]].  
 


Doch mit dem Verweis auf ausländische Bettelgruppen hat das von Rot-Grün regierte München die einst von der CSU geschaffene Bettelverbots-Zone ausgeweitet: In der [[Fußgängerzone]] und am [[Viktualienmarkt]] ist längst jegliches Betteln verboten und seit 2007 erteilt die Polizei auch außerhalb dieser Zone Platzverweise. Dafür genügt der Verdacht, dass ein Bettler einer Gruppe angehöre.  
Doch mit dem Verweis auf ausländische Bettelgruppen hat das von Rot-Grün regierte München die einst von der CSU geschaffene Bettelverbots-Zone ausgeweitet: In der [[Fußgängerzone]] und am [[Viktualienmarkt]] ist längst jegliches Betteln verboten und seit 2007 erteilt die Polizei auch außerhalb dieser Zone Platzverweise. Dafür genügt der Verdacht, dass ein Bettler einer Gruppe angehöre.  
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In einem Text auf seiner Homepage appellierte Münchens Oberbürgermeister [[Christian Ude]] (SPD) angesichts des "angereisten Phänomens" an die Bürger: "Bitte seien Sie kaltherzig."
In einem Text auf seiner Homepage appellierte Münchens Oberbürgermeister [[Christian Ude]] (SPD) angesichts des "angereisten Phänomens" an die Bürger: "Bitte seien Sie kaltherzig."


===Die Rechtslage===
Demgegenüber schreibt Karin Waringo anhand einer Untersuchung: ''[http://test.frsh.de/schl_50/s50_60-63.pdf Die Polizei kann keine Zahlen vorweisen], die belegen könnten, dass die Bettelaktivitäten von Roma „bandenmäßig organisiert“, und die Bettler von „kriminellen Banden“ausgebeutet werden."''


==Die Rechtslage==
"Gewerbsmäßig" bedeutet in der Juristensprache am Ende bloß, dass jemand auf Dauer Einnahmen anstrebt. Aber was hat das für einen Unterschied bei jemandem der bettelt, weil er dauerhaft keine Einnahmen hat? Lebensunterhalt und rein gewerbsmäßig. "Das wird auf den ersten Blick niemand feststellen können", zitiert die Zeitung Helmut Bahr, den Landesvorsitzenden der bayerischen Gewerkschaft der Polizei. Und auch das [[Polizeipräsidium München]] kann auf Nachfrage keine Kriterien zur Unterscheidung dazwischen nennen.
"Gewerbsmäßig" bedeutet in der Juristensprache am Ende bloß, dass jemand auf Dauer Einnahmen anstrebt. Aber was hat das für einen Unterschied bei jemandem der bettelt, weil er dauerhaft keine Einnahmen hat? Lebensunterhalt und rein gewerbsmäßig. "Das wird auf den ersten Blick niemand feststellen können", zitiert die Zeitung Helmut Bahr, den Landesvorsitzenden der bayerischen Gewerkschaft der Polizei. Und auch das [[Polizeipräsidium München]] kann auf Nachfrage keine Kriterien zur Unterscheidung dazwischen nennen.


==Armut als Auslöser==
Das Beispiel in dem aktuellen Artikel: Von ihrer bulgarischen Mini-Rente kann das aus Bulgarien stammende Ehepaar H. in München nicht überleben. Deswegen gehen der 71-jährige und seine 62 Jahre alte Frau betteln. Doch die Ordnungsbehörden stufen sie als osteuropäische Bande ein und verpassen ihnen saftige Geldstrafen. Die [[Caritas]] schrieb im Juli an das KVR: "Wir können mit Sicherheit sagen, dass Herr H. kein Mitglied einer organisierten Bettelgruppe ist, sondern als ortsansässiger, von Armut betroffener Bürger Münchens, der von allen Sozialleistungen ausgeschlossen ist, lediglich für die Sicherung des Lebensunterhalts seiner Familie bettelt." Die Stadt solle ihre Bußgeldbescheide zurückziehen oder Beweise dafür vorlegen, dass sie eine "Bande" seien, fordert der Sozialarbeiter.


====Ist das Verbot verfassungswidrig? ====
==Ausländerfeindlichkeit oder Wohlstandsverteidiger==
Diese Frage lässt sich stellen, weil das Bundesverfassungsgericht vor 40 Jahren bereits klargestellt hat, dass das stille Handaufhalten, also die bloße Konfrontation mit dem Anblick von Armut, in der Bundesrepublik nicht kriminalisiert werden darf.
1980 begründete der damalige Münchner CSU-Oberbürgermeister [[Erich Kiesl]] seine Anweisung, Bettler von ihren Sitzplätzen zu vertreiben, mit der Sorge um das Erscheinungsbild der Innenstadt.
 
===Armut als Auslöser ===
 
===Ausländerfeindlichkeit oder Wohlstandsverteidiger ===
1980 begründete der damalige Münchner CSU-Oberbürgermeister [[Erich Kiesl]] seine Anweisung, Bettler von ihren Sitzplätzen zu vertreiben, mit der Sorge um das Erscheinungsbild der Innenstadt!
 
===Web===
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==Andere Artikel zum Thema ''Armut in München''==
==Andere Artikel zum Thema ''Armut in München''==
* [[Armut]]
* [[Armut]]
* [[Biss]]
* [[Biss]]
* [[Münchner Tafel]]
* [[Münchner Tafel]]
* Gemeinschaftsunterkünfte
* Hartz IV
* [[Obdachlosigkeit]]
* Sozialamt ([[Stadtverwaltung]] - Sozialreferat)
* Sozialamt ([[Stadtverwaltung]] - Sozialreferat)


==Weblinks==
==Weblinks==
* [http://www.muenchen.de/Rathaus/soz/37601/index.html Sozialreferat] (bei muenchen.de)
* [http://www.sueddeutsche.de/muenchen/kritik-an-muenchner-behoerden-im-zweifel-fuer-die-bettler-1.1198083 Kritik an Münchner Behörden — "Im Zweifel für die Bettler"] Interviewin der [[SZ]]: Ronen Steinke, Ausgabe vom 23.11.11 (''Nicht alle Bettler gehören zu organisierten Gruppen, sagt der Jurist Wolfgang Hecker. Er kritisiert die harte Haltung der Münchner Behörden im Umgang mit vermeintlichen Banden. Schließlich gebe es genug Menschen, die für den Eigenbedarf betteln.'')
*[http://www.muenchen.de/Rathaus/dir/presseservice/2010/pressemitteilungen/417490/Soziale_Stadt.html München mit dem Qualitätssiegel "Soziale Stadt" ausgezeichnet]
*[http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Sozialreferat.html Sozialreferat] (bei muenchen.de)
* [http://www.sueddeutsche.de/bayern/bettler-in-bayerns-staedten-bitte-seien-sie-kaltherzig-1.1183064-2 Bettler in Bayerns Städten] [[SZ]] vom 7.11.2011
* Christian Rost: [http://www.sueddeutsche.de/muenchen/landgericht-muenchen-i-zum-betteln-gezwungen-1.1038617 Landgericht München I - Prozessbericht: Zum Betteln gezwungen.] Sie zwangen 7 Rumänen mit Todesdrohungen und Gewalt zu betteln. Dafür mussten sich drei Hintermänner vor Gericht verantworten - und kamen mit milden Strafen davon. [[SZ]] vom 21.12.2010
* Frederik Obermaier und Ronen Steinke: ''[http://www.sueddeutsche.de/bayern/bettler-in-bayerns-staedten-bitte-seien-sie-kaltherzig-1.1183064-2 Bettler in Bayerns Städten.]'' [[SZ]] vom 7.11.2011
* [http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.zahn-operation:-endlich-wieder-biss.04b40243-3cc0-4436-b25b-e4078b5392d8.html Ex-Obdachloser hat endlich wieder Biss.] Die [[Abendzeitung-München]] vom 12.10.2011 und Leser-Kommentare


[[Kategorie:Sozialleben]]
[[Kategorie:Sozialleben]]
[[Kategorie:Beratung]]
[[Kategorie:Obdachlosigkeit]]
 
 
{{inuse}}

Aktuelle Version vom 24. Dezember 2022, 21:22 Uhr

Bettler und Bettelverbote in München und anderswo.

Der deutsche "Demutsbettler" sei inzwischen ganz die Ausnahme, sagt etwa eine Sprecherin des Münchner Kreisverwaltungsreferats. Es gäbe "osteuropäische Bettelbanden".

Die Grenzen nach Osten sind seit der EU-Osterweiterung zum Teil offen. Unter den verwahrlost aussehenden, teils versehrten Bettlern in deutschen Innenstädten befinden sich auch Ausländer. Und sie sind es nun, auf welche die Stadtpolitiker zuvorderst verweisen, wenn sie Verbote durchsetzen wollen. Zuvor war mit einem Gewerbe argumentiert worden.

"Das ist nichts anderes als Vertreibung", kritisieren Aktivisten wie Johannes Denninger von der Münchner Obdachlosenstiftung Biss.

Doch mit dem Verweis auf ausländische Bettelgruppen hat das von Rot-Grün regierte München die einst von der CSU geschaffene Bettelverbots-Zone ausgeweitet: In der Fußgängerzone und am Viktualienmarkt ist längst jegliches Betteln verboten und seit 2007 erteilt die Polizei auch außerhalb dieser Zone Platzverweise. Dafür genügt der Verdacht, dass ein Bettler einer Gruppe angehöre.

In einem Text auf seiner Homepage appellierte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) angesichts des "angereisten Phänomens" an die Bürger: "Bitte seien Sie kaltherzig."

Demgegenüber schreibt Karin Waringo anhand einer Untersuchung: Die Polizei kann keine Zahlen vorweisen, die belegen könnten, dass die Bettelaktivitäten von Roma „bandenmäßig organisiert“, und die Bettler von „kriminellen Banden“ausgebeutet werden."

Die Rechtslage

"Gewerbsmäßig" bedeutet in der Juristensprache am Ende bloß, dass jemand auf Dauer Einnahmen anstrebt. Aber was hat das für einen Unterschied bei jemandem der bettelt, weil er dauerhaft keine Einnahmen hat? Lebensunterhalt und rein gewerbsmäßig. "Das wird auf den ersten Blick niemand feststellen können", zitiert die Zeitung Helmut Bahr, den Landesvorsitzenden der bayerischen Gewerkschaft der Polizei. Und auch das Polizeipräsidium München kann auf Nachfrage keine Kriterien zur Unterscheidung dazwischen nennen.

Armut als Auslöser

Das Beispiel in dem aktuellen Artikel: Von ihrer bulgarischen Mini-Rente kann das aus Bulgarien stammende Ehepaar H. in München nicht überleben. Deswegen gehen der 71-jährige und seine 62 Jahre alte Frau betteln. Doch die Ordnungsbehörden stufen sie als osteuropäische Bande ein und verpassen ihnen saftige Geldstrafen. Die Caritas schrieb im Juli an das KVR: "Wir können mit Sicherheit sagen, dass Herr H. kein Mitglied einer organisierten Bettelgruppe ist, sondern als ortsansässiger, von Armut betroffener Bürger Münchens, der von allen Sozialleistungen ausgeschlossen ist, lediglich für die Sicherung des Lebensunterhalts seiner Familie bettelt." Die Stadt solle ihre Bußgeldbescheide zurückziehen oder Beweise dafür vorlegen, dass sie eine "Bande" seien, fordert der Sozialarbeiter.

Ausländerfeindlichkeit oder Wohlstandsverteidiger

1980 begründete der damalige Münchner CSU-Oberbürgermeister Erich Kiesl seine Anweisung, Bettler von ihren Sitzplätzen zu vertreiben, mit der Sorge um das Erscheinungsbild der Innenstadt.

Andere Artikel zum Thema Armut in München

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