Theodor Fischer: Unterschied zwischen den Versionen

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Die drei Grundelemente des Städtebaus waren für Fischer der Verkehr, das Wohnen und die Anpassung aller Planungen an die Geschichte und die Gegebenheiten des jeweiligen Orts.  
Die drei Grundelemente des Städtebaus waren für Fischer der Verkehr, das Wohnen und die Anpassung aller Planungen an die Geschichte und die Gegebenheiten des jeweiligen Orts.  
Den Verkehr bezeichnete Fischer auch als „Seele der Stadt“, da er das fließende, unruhige Element darstellt. Die Bedeutung der Straßen sortierte er hierarchisch beziehungsweise thematisch. Er orientierte sich dabei am traditionellen Muster von (vorgefundenen) Haupt- und Nebenstraßen, also dem Gegenteil gleichberechtigter Straßen eines Schachbrettplans. Fischer unterteilte das Straßennetz in Radialstraßen mit dem dichtesten Fahrzeugaufkommen und Ringstraßen, die die Verkehrsknoten- punkte miteinander verbinden. Er plä- dierte gegen kilometerlang geradeaus führende Strecken vom Stadtzentrum an die Peripherie; die Radialstraßen sollten dem Auge in gewissen Abstän
Den Verkehr bezeichnete Fischer auch als „Seele der Stadt“, da er das fließende, unruhige Element darstellt. Die Bedeutung der Straßen sortierte er hierarchisch beziehungsweise thematisch. Er orientierte sich dabei am traditionellen Muster von (vorgefundenen) Haupt- und Nebenstraßen, also dem Gegenteil gleichberechtigter Straßen eines Schachbrettplans. Fischer unterteilte das Straßennetz in Radialstraßen mit dem dichtesten Fahrzeugaufkommen und Ringstraßen, die die Verkehrsknoten- punkte miteinander verbinden. Er plä- dierte gegen kilometerlang geradeaus führende Strecken vom Stadtzentrum an die Peripherie; die Radialstraßen sollten dem Auge in gewissen Abständen ein Ziel bieten und Bögen vollzie- hen, anstatt ins Leere zu führen und die Topografie zu missachten. Mit den Tan- gentialstraßen folgte Fischer gerne be- reits vorhandenen Wegen. Willkürlich gesetzte diagonale Schneisen kritisierte er. Geschäfte sah er eher an den Radial- straßen, repräsentative Bauten an den Tagentialstraßen vor, wofür Wien Mo- dell stand.
Innerhalb der unterschiedlich großen Maschen des Straßennetzes blieb Raum für untergeordnete ruhigere Wohnstra- ßen. Auch Wohn- und alle anderen Bauten – als feststehende Elemente die „Körper der Stadt“ – wusste Fischer ger- ne aufgeräumt und sprach sich für klar definierte Viertel aus.
Das Wohnen bedeutet(e) für Planer wie für die Politik ein herausragendes The- ma; es war die Phase der katastrophalen Verhältnisse von überbelegten, zu dunk- len Hinterhöfen orientierten Woh- nungen (auch in München, obwohl Berlins traurige Berühmtheit hier häu- figer zitiert wird). Fischers Rezept laute- te, aus Häuserreihen Baublöcke herzu- stellen. Um die höchstmögliche Ausnutzung zu erhalten, sollten die Blö- cke möglichst rechtwinklig angelegt werden, ohne allzu spitze oder abge- flachte Gebäudeecken, die nur auf die Verkehrsführung, aber nicht auf ver- nünftige Grundrisse Rücksicht nahmen. Eine „Betonung der Ecke“ und „Belebung der Fläche“ lehnte Fischer ab; er fürchtete einen Rückfall in die histori- stische Formensprache mit überflüssigen Zierrat.
 
Die dichte und hohe innerstädtische und zur Peripherie hin eine niedrigere und aufgelockerte Bebauung gehörte zur Rezeptur des Stadtentwerfers. Die offene Bauweise gestand er nur den landschaftlich reizvoll gelegenen Landhaus-Vierteln der Reichen zu. Öffentlichen Gebäuden die angemessenen Plätze zuzuordnen, sah Fischer als eine der „vornehmsten Aufgaben“, und so sor- tierte er die unterschiedlichen Nut- zungen. Der Markt, die Börse und die Post sah er im lebendigsten Teil des Zentrums. Etwas ruhiger sollten das Rathaus und das Gericht stehen, Schu- len und Kirchen noch etwas abge- schirmter.
Genauso legte er auch die Lage von Industrievierteln fest: ver- kehrstechnisch günstig, dabei aber we- gen des Lärms und Rauchs mit Abstand zu den Wohngebieten und mit guten Verkehrsanbindungen für die Arbeiter.
 
All diese Regeln schrieb Theodor Fischer in dem berühmten Münchener Staffelbauplan mit vier, später neun Zonierungen für die bauliche Dichte fest. Der Gesamtplan erschien 1899, er war tatsächlich bis 1979 offiziell gültig und wirkt sich noch heute auf Münchens Planungen aus.
 
 





Version vom 1. September 2012, 17:03 Uhr

Theodor Fischer (28. Mai 1862 in Schweinfurt — 25. Dezember 1938 in München) war Architekt und Stadtplaner von der Jahrhundertwende bis in die 1920er Jahre.

1893 übernimmt er die Stelle des Vorstandes des Münchner Stadterweiterungsbüros (bis 1901). Der von ihm maßgeblich entworfene Generalbauplan der Stadt ist bis zum Zweiten Weltkrieg gültig.


Von 1901 bis 1908 lehrt er an der Universität Stuttgart und von 1909 bis zur Pensionierung 1928 an der TU München. Fischer stirbt 1938 in München. An der Universität Stuttgart folgt ihm sein Schüler Paul Bonatz nach.

Bauwerke

in München

außerhalb
Hauptgebäude der Universität Jena, Garnisonskirche in Ulm, Arbeiterkolonie in Gmindersdorf bei Reutlingen, Hessisches Landesmuseum in Kassel, Heusteigschule in Stuttgart, Haupthalle der Werkbundausstellung in Köln (1913-14) und die Pfullinger Hallen

Literatur

  • Theodor Fischer: Sechs Vorträge über Stadtbaukunst, Nachdruck der Erstausgabe von 1919, herausgegeben von Matthias Castorph, Franz Schiermeier Verlag, München. ISBN 978-3-9811425-7-0


  • Ulrich Hangleiter: Theodor Fischer als Kirchenbauer, Anton H. Konrad Verlag Weißenhorn 1999, ISBN 3-87437-424-6
  • Ulrich Kerkhoff: Eine Abkehr vom Historismus oder ein Weg zur Moderne, Theodor Fischer. Karl Krämer Verlag, Stuttgart, 1987. ISBN 3-7828-1493-2
  • Winfried Nerdinger: Theodor Fischer. Architekt und Städtebauer 1862-1938, Wilhelm Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften, Berlin, 1988. ISBN 3-433-02085-X (Zugleich damals Ausstellungskatalog der Architektursammlung der TU München und des Münchner Stadtmuseums)
  • Rudolf Pfister: Theodor Fischer, Leben und Wirken eines deutschen Baumeisters, Callwey, München, 1968
  • Suzane von Seckendorff: Theodor Fischer in Laim, Auf den Spuren des 'Zeus von Laim', Buch zur Ausstellung, München, INTERIM 2003/2004, Münchner Forum e.V.

Siehe auch


Lehrer


Schüler
  • Paul Bonatz

Andenken, Benennungen

Weblinks


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