1945 - Sie kamen aus …

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Die Gefangenen des Konzentrationslager Dachau kamen nicht nur aus München und der Region. Besonders Ende 1944 und im Jahr 1945, als sich das NS-System mehr und mehr auflöste, wurden KZ-Häftlinge quer durch Deutschland transportiert. Zum Teil überlebten sie hier, kamen in die Nebenlager von Dachau, um wieder als Sklaven zu arbeiten oder sie mussten an den Fußmärschen in die Alpen teilnehmen. Die Nazis nannten es Evakuation, was die Vorbereitung für einen letzten Massenmord war: die Todesmärsche. Einige der Häftlinge überlebten das Ende des Nazi-Reichs.

Sie kamen zum Beispiel aus

dem KZ Natzweiler-Struthof

März 1945: Das deutsche Konzentrationslager Natzweiler-Struthof in den besetzten Vogesen (Frankreich) war Stammlager der so genannten kleineren Nebenlager, den »Neckarlagern« zwischen Mannheim und Heilbronn. Die Vogesen und der Elsass wurden ab dem 5. September 1944 wegen der herannahenden Front von der deutschen Armee evakuiert. Es kam im Winter hier noch zu einem mörderischen Abwehrkampf der Wehrmacht und von SS-Truppen gegen Franzosen und Amerikaner. Aber es gab auch die Häftlingskolonnen.

Die im Hauptlager noch anwesenden 6.000 Häftlinge wurden fast alle ins KZ Dachau gebracht. Denn die linksrheinischen Außenkommandos, meist im Elsass, aber auch in Lothringen und im deutschen Moseltal gelegen, wurden aufgegeben. Es gab aber auch auf der rechten Rheinseite Nebenlager, in denen weiter die Rüstungsproduktion lief bzw. laufen sollte.

Die Verwaltung der noch bestehenden Außenlager war für eine Übergangszeit aufgespalten. Kommandant Fritz Hartjenstein blieb mit dem Hauptstab noch im Elsass, andere zentrale Verwaltungsstrukturen wurden nach Dachau verlegt. Möglicherweise wurde eine Zeit lang die völlige Eingliederung ins KZ Dachau erwogen. Allerdings hätte das sehr weite Entfernungen zu den Außenlagern am Neckar oder in Württemberg (etwa bei Tübingen) bedeutet. Diese Zeit dauerte etwa zwei Monate. Und die SS-ler hatten ein Eigeninteresse, ihre Selbständigkeit im KZ-System zu behalten.

Es folgte die Verlagerung zentraler Strukturen des KZ Natzweiler-Struthof nach Guttenbach und Binau am Neckar (wenige Kilometer von Heilbronn entfernt).

Am 22. November zog Lagerkommandant Fritz Hartjenstein mit dem SS-Hauptstab in das Dorf Guttenbach am Neckar, das nur 1 km vom schon seit Frühjahr bestehenden Außenlager Neckargerach entfernt lag, nahe auch bei Mosbach/Obrigheim mit den Bergwerksstollen.

Es folgte der Verwaltungsstab, der in einem kleinen Schloss Binau untergebracht wurde. Dort ist heute ein Altenpflegeheim. Es kann von außen besichtigt werden. Weitere wichtige Einheiten folgten, so dass von diesem Zeitpunkt an sämtliche Außenlager am Neckar von Guttenbach/Binau aus verwaltet wurden. Der Grund dafür war einfach: rund um die Lager bei Mosbach gab es noch eine gut funktionierende Infrastruktur (Telefon, Eisenbahn, Ernährung etc.).

Es gelang der Lagerführung, das KZ-System der Nebenlager von »Natzweiler« noch einmal zu reorganisieren. Fast zwanzig neue Lager wurden auf der rechten Rheinseite überwiegend im Neckartal eingerichtet, u.a. auch ein Sterbelager, in dem die Nazis fast nichts zum Essen verteilten. Über 20.000 Häftlinge lebten nun für einige Monate im neuen »KZ-Natzweiler«, das nur aus den Nebenlagern bestand und es das Hauptlager gar nicht mehr gab.

Sie trugen Natzweiler Häftlingsnummern; im Briefkopf wurde der Name »K. L. Natzweiler« beibehalten - doch die zentrale Schreibstube lag nun in einem kleinen Rathaus in Guttenbach in Nordbaden. Bis dann im März die letzten Transporte ins Konzentrationslager Dachau abgingen.

Der Betrieb der unterirdischen Produktion endete am 23. März 1945. Am 28. März wurden die 4.000 noch gehfähigen Häftlinge der Außenlager Heppenheim, Bensheim und Neckarelz über Neuenstadt und Kupferzell zum Bahnhof in Waldenburg (Württemberg) in Marsch gesetzt. Der Marsch sollte traurige Bekanntheit erlangen, da circa 600 Häftlinge die Strapazen nicht überlebten. Von Waldenburg aus erfolgte gruppenweise der Bahntransport nach Dachau. Eine Gruppe von 400 Häftlingen musste den gesamten Weg bis Dachau bei München zu Fuß bewältigen. Knapp 900 nicht mehr gehfähige Häftlinge aus Neckarelz sollten per Zug nach Dachau verbracht werden, blieben aber wegen zerstörter Bahngleise mit dem Zug bereits im 30 km entfernten Osterburken (Nordbaden) liegen, wo bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen über 40 weitere Tote zu beklagen waren. Über 800 Gefangene konnten am 3. April von amerikanischen Truppen dort aus dem Zug befreit werden. In München war der SS-Transportleiter einer der wenigen SS-Offiziere, die von den Amerikanern festgenommen werden konnten.