Walter Kistler: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 01.jpg|thumb|Walter Kistler, 1994]]
'''Walter Kistler''', (* 1943; † 2006). Der Mann mit Down-Syndrom lebte und arbeitete im [[Münchner]] Stadtteil [[Pasing]]. Der [[Fotograf]] [[Andreas Bohnenstengel]] hat ihn in den [[1990er]]-Jahren fotografisch begleitet. [[1996]] erschien das Portrait im ZEITmagazin.<ref>ZEITmagazin Nr. 37, 1996, Seite 3, 8–15: Walter, 53 (Down-Syndrom)</ref>
==Walter, 53 Jahre Down Syndrom==
==Walter, 53 Jahre Down Syndrom==
[[Bild:Andreas Bohnenstengel und Walter Kistler.jpg|thumb|[[Andreas Bohnenstengel]] und Walter Kistler in der Werkstatt des Monsignore-Bleyer-Haus in München, 1994]]
Walter Kistler wurde 1943 in München-[[Pasing]] geboren. Walter Kistler hat die Nazizeit überlebt, weil ihn seine Eltern daheim versteckt haben. Er blieb ihr einziges Kind. Die Mutter starb, als der Vater ins Rentenalter kam. Fortan lebte Walter in der kleinen Pasinger Wohnung ohne Bad mit seinem Vater in einer symbiotisch engen Beziehung. 1982 starb Walters Vater im Alter von über 80 Jahren. Nun blieb für Walter Kistler, damals 41 Jahre alt, nur das Heim.<ref>Dilloo, R. (1996): Walter, 53 (Down-Syndrom) in [http://www.zeit.de/1996/37/zm37.19960906.xml ZEITmagazin Nr. 37, 1996], Seite 14</ref> (das [[Monsignore-Bleyer-Haus]] in München-Pasing, wo er 2006 gestorben ist). In dem Stadtteil war er vielen Menschen bekannt und ans Herz gewachsen.
Walter Kistler wurde 1943 in München-[[Pasing]] geboren. Walter Kistler hat die Nazizeit überlebt, weil ihn seine Eltern daheim versteckt haben. Er blieb ihr einziges Kind. Die Mutter starb, als der Vater ins Rentenalter kam, und fortan hauste Walter in der kleinen Pasinger Wohnung ohne Bad mit seinem Vater in einer symbiotisch engen Beziehung. 1982 starb Walters Vater im Alter von über 80 Jahren. Nun blieb für Walter Kistler, damls 41 Jahre alt, nur das Heim.<ref>Dilloo, R. (1996): Walter, 53 (Down-Syndrom) in [http://www.zeit.de/1996/37/zm37.19960906.xml ZEITmagazin Nr. 37, 1996], Seite 14</ref> (Monsignore-Bleyer-Haus in München-Pasing, wo er 2006 gestorben ist). In dem Stadtteil war er vielen Menschen bekannt und ans Herz gewachsen


'''Walter. Ein Zivildienstleistender über seine Erlebnisse''':
'''Walter. Ein Zivildienstleistender über seine Erlebnisse''':
Als mein Zivildienst mit dem normalen Gruppendienst begann, hatte ich mit Walter fast täglich direkten Umgang. Meine Vorurteile und Ängste begannen langsam zu bröckeln, dies lag aber nicht an mir, sondern einzig und allein an diesem nach außen hin unansehnlichen Gnom, der mir mit einer vorurteilsfreien Wärme und Herzlichkeit entgegenkam, die mich beschämte. Da Walter Hilfestellung bei der täglichen Körperpflege und beim regel­mäßigen Duschen benötigte, nahm er mich auch mehr in Anspruch als die anderen aus der Gruppe und ich lernte ihn immer besser kennen. Im Gegensatz dazu stand seine Selb­ständigkeit, die er sich allein aneignete und die für ihn einen unheimlich hohen Stellenwert besaß, denn dies bedeutete für ihn ein immenses Stück an Lebensqualität, z.B. allein einkaufen, mit seiner Freundin allein zum Kaffeetrinken gehen oder allein in den nahen Stadtpark schlendern. Die Betonung liegt vor allem auf allein, denn er tat dies nur für sich, weil es ihm gefiel und er es in vollen Zügen genoss.<ref>Baumgartner, S. (2003): Water in: Ich bin anders als du denkst: Menschen mit Down-Syndrom begegnen (2007) 2. Aufl., Edition Bentheim, Seite 30</ref>
:(Bericht von A. B.) Als mein Zivildienst mit dem normalen Gruppendienst begann, hatte ich mit Walter fast täglich direkten Umgang. Meine Vorurteile und Ängste begannen langsam zu bröckeln, dies lag aber nicht an mir, sondern einzig und allein an diesem nach außen hin unansehnlichen Gnom, der mir mit einer vorurteilsfreien Wärme und Herzlichkeit entgegenkam, die mich beschämte. Da Walter Hilfestellung bei der täglichen Körperpflege und beim regel­mäßigen Duschen benötigte, nahm er mich auch mehr in Anspruch als die anderen aus der Gruppe und ich lernte ihn immer besser kennen.  


Im Gegensatz dazu stand seine Selb­ständigkeit, die er sich allein aneignete und die für ihn einen unheimlich hohen Stellenwert besaß, denn dies bedeutete für ihn ein immenses Stück an Lebensqualität, z.B. allein Einkaufen, mit seiner Freundin allein zum Kaffeetrinken gehen oder allein in den nahen Stadtpark schlendern. Die Betonung liegt vor allem auf allein, denn er tat dies nur für sich, weil es ihm gefiel und er es in vollen Zügen genoss.<ref>Baumgartner, S. (2003): ''Walter in: Ich bin anders als du denkst: Menschen mit Down-Syndrom begegnen.'' (2007) 2. Aufl., Edition Bentheim, Seite 30</ref>


==Galerie==
==Galerie==
'''Film:''' Bohnenstengel, A. (2020): ''Walter Kistler'' auf [https://youtu.be/oUZgAhYIYIs Youtube]


===Arbeit===
===Arbeit===
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Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 07.jpg|Der Besendienst ist nach dem Rotationsverfahren organisiert
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===Arbeitskollegen===
===Arbeitskollegen===
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Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre Arbeitskollegen 03.jpg|Nicht alle Mitarbeiter haben das Down-Syndrom
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Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre Arbeitskollegen 02.jpg|Der Fotograf Andreas mal vor der Kamera
Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre Arbeitskollegen 02.jpg|Der Fotograf [[Andreas Bohnenstengel|Andreas]] mal vor der Kamera
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Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 11.jpg|Jedesaml ein Drama: Der Abschied seiner Flamme
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Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 10.jpg|Walters zweite Freundin
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===Soziale Teilhabe===
===Soziale Teilhabe===
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Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 03.jpg|Walter ist Stammgast auf dem Pasinger Volksfest
Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 03.jpg|Walter ist Stammgast auf dem [[Pasinger Volksfest]]
Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 21.jpg|Er darf dort dirigieren
Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 21.jpg|Er darf dort dirigieren
Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 22.jpg|Weg zu seinem Stammcafe
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Bild:Down-Syndrom Walter 53 Jahre 20.jpg|Zebrastreifen in der Nähe des Wohnheims
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==Walter in den Medien==
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Bild:Sonntagsblatt Nr. 46 16. November 1997 Seite 24.jpg|Sonntagsblatt Nr. 46 16. November 1997, Seite 24
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==Spurensuche 2019==
'''Film:''' Bohnenstengel, A. (2020): ''Walter Kistler in Pasing'' auf [https://youtu.be/mQl0JIr3x94 Youtube]
===Monsignore-Bleyer-Haus===
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===[[Maria-Eich-Straße]]===
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===[[Pasinger Stadtpark]]===
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===[[Manzingerweg]]===
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===Pasing Zentrum===
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==Ausstellung==
[[Bild:Fotoausstellung Glueckskinder 1997.jpg|thumb|Glückskinderplakate vor der [[Seidlvilla]]]]
1997 fand in der Münchner [[Seidlvilla]] die vielbeachtete Fotoausstellung "Glückskinder" statt.<ref>Wikimedia Commons: [https://commons.wikimedia.org/wiki/Andreas_Bohnenstengel_Gl%C3%BCckskinder Ausstellungsinformation]</ref> Die Dokumentation über Walter Kistler war neben der Arbeit "Kindheit im Asyl" einer von zwei Zyklen, die gezeigt wurden. Die Arbeiten thematisierten die beiden Grundgesetz-Änderungen von 1993 und 1994 anhand von realen Menschen in realen Situationen.
* 1993 wurde der Artikel 16 des Grundgesetzes abgeändert, der sogenannte „Asylkompromiss“.
* 1994 wurde der Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ in den Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes aufgenommen.
==Sammlungen==
Fotografien von Walter Kistler befinden sich in öffentlichen Sammlungen und Archiven:
* [[Stadtarchiv|Münchner Stadtarchiv]]: 29 Fotografien, Silbergelatine, 21,5 x 16,5 cm
* [[Pasinger Archiv]]: 25 Fotografien, Silbergelatine, 21,5 x 16,5 cm
== Buch ==
* Baumgartner, S.: '''''Walter''''' in Andreas Bohnenstengel (Hrsg, Fotos): ''Ich bin anders als du denkst: Menschen mit Down-Syndrom begegnen''. Würzburg, Edition Bentheim, 1. A - 2003, 2. A - 2007. 208 Seiten. ISBN 978-3934471405
==Einzelnachweise==
<references/>
{{SORTIERUNG:Kistler, Walter}}
[[Kategorie:Pasing]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Person]]
[[Kategorie:Geboren 1943]]
[[Kategorie:Gestorben 2006]]

Aktuelle Version vom 11. Juli 2022, 14:53 Uhr

Walter Kistler, 1994

Walter Kistler, (* 1943; † 2006). Der Mann mit Down-Syndrom lebte und arbeitete im Münchner Stadtteil Pasing. Der Fotograf Andreas Bohnenstengel hat ihn in den 1990er-Jahren fotografisch begleitet. 1996 erschien das Portrait im ZEITmagazin.[1]

Walter, 53 Jahre Down Syndrom

Walter Kistler wurde 1943 in München-Pasing geboren. Walter Kistler hat die Nazizeit überlebt, weil ihn seine Eltern daheim versteckt haben. Er blieb ihr einziges Kind. Die Mutter starb, als der Vater ins Rentenalter kam. Fortan lebte Walter in der kleinen Pasinger Wohnung ohne Bad mit seinem Vater in einer symbiotisch engen Beziehung. 1982 starb Walters Vater im Alter von über 80 Jahren. Nun blieb für Walter Kistler, damals 41 Jahre alt, nur das Heim.[2] (das Monsignore-Bleyer-Haus in München-Pasing, wo er 2006 gestorben ist). In dem Stadtteil war er vielen Menschen bekannt und ans Herz gewachsen.

Walter. Ein Zivildienstleistender über seine Erlebnisse:

(Bericht von A. B.) Als mein Zivildienst mit dem normalen Gruppendienst begann, hatte ich mit Walter fast täglich direkten Umgang. Meine Vorurteile und Ängste begannen langsam zu bröckeln, dies lag aber nicht an mir, sondern einzig und allein an diesem nach außen hin unansehnlichen Gnom, der mir mit einer vorurteilsfreien Wärme und Herzlichkeit entgegenkam, die mich beschämte. Da Walter Hilfestellung bei der täglichen Körperpflege und beim regel­mäßigen Duschen benötigte, nahm er mich auch mehr in Anspruch als die anderen aus der Gruppe und ich lernte ihn immer besser kennen.

Im Gegensatz dazu stand seine Selb­ständigkeit, die er sich allein aneignete und die für ihn einen unheimlich hohen Stellenwert besaß, denn dies bedeutete für ihn ein immenses Stück an Lebensqualität, z.B. allein Einkaufen, mit seiner Freundin allein zum Kaffeetrinken gehen oder allein in den nahen Stadtpark schlendern. Die Betonung liegt vor allem auf allein, denn er tat dies nur für sich, weil es ihm gefiel und er es in vollen Zügen genoss.[3]

Galerie

Film: Bohnenstengel, A. (2020): Walter Kistler auf Youtube

Arbeit

Arbeitskollegen

Wohnen

Freundinnen

Soziale Teilhabe

Spazieren gehen

Walter in den Medien

Spurensuche 2019

Film: Bohnenstengel, A. (2020): Walter Kistler in Pasing auf Youtube

Monsignore-Bleyer-Haus

Maria-Eich-Straße

Pasinger Stadtpark

Manzingerweg

Pasing Zentrum

Ausstellung

Glückskinderplakate vor der Seidlvilla

1997 fand in der Münchner Seidlvilla die vielbeachtete Fotoausstellung "Glückskinder" statt.[4] Die Dokumentation über Walter Kistler war neben der Arbeit "Kindheit im Asyl" einer von zwei Zyklen, die gezeigt wurden. Die Arbeiten thematisierten die beiden Grundgesetz-Änderungen von 1993 und 1994 anhand von realen Menschen in realen Situationen.

  • 1993 wurde der Artikel 16 des Grundgesetzes abgeändert, der sogenannte „Asylkompromiss“.
  • 1994 wurde der Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ in den Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes aufgenommen.

Sammlungen

Fotografien von Walter Kistler befinden sich in öffentlichen Sammlungen und Archiven:

Buch

  • Baumgartner, S.: Walter in Andreas Bohnenstengel (Hrsg, Fotos): Ich bin anders als du denkst: Menschen mit Down-Syndrom begegnen. Würzburg, Edition Bentheim, 1. A - 2003, 2. A - 2007. 208 Seiten. ISBN 978-3934471405

Einzelnachweise

  1. ZEITmagazin Nr. 37, 1996, Seite 3, 8–15: Walter, 53 (Down-Syndrom)
  2. Dilloo, R. (1996): Walter, 53 (Down-Syndrom) in ZEITmagazin Nr. 37, 1996, Seite 14
  3. Baumgartner, S. (2003): Walter in: Ich bin anders als du denkst: Menschen mit Down-Syndrom begegnen. (2007) 2. Aufl., Edition Bentheim, Seite 30
  4. Wikimedia Commons: Ausstellungsinformation