31.683
Bearbeitungen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 30: | Zeile 30: | ||
Die Zeitschrift wurde immer wieder durch die staatliche Zensur beschnitten. Es gab auch ein Verfahren wegen "Majestätsbeleidigung". Einige Zeichner mussten sogar zeitweise ins Gefängnis. [[Frank Wedekind]] wurde zu sechs Monaten Festungshaft verurteilt, die er in der Festung Königstein vom 21. September 1899 bis zur Begnadigung im Februar 1900 verbüßte.<ref>Jürgen Seul, Zum Todestag von Frank Wedekind Dichter und Bürgerschreck, 09. März 2011, [https://www.lto.de/recht/feuilleton/f/zum-todestag-von-frank-wedekind-dichter-und-buergerschreck/]</ref> Das schwächte den Simplicissimus letztlich aber nicht. Ganz im Gegenteil — er wurde im Laufe der Jahre deswegen konsequent zu einem politischen Satireblatt weiter entwickelt. | Die Zeitschrift wurde immer wieder durch die staatliche Zensur beschnitten. Es gab auch ein Verfahren wegen "Majestätsbeleidigung". Einige Zeichner mussten sogar zeitweise ins Gefängnis. [[Frank Wedekind]] wurde zu sechs Monaten Festungshaft verurteilt, die er in der Festung Königstein vom 21. September 1899 bis zur Begnadigung im Februar 1900 verbüßte.<ref>Jürgen Seul, Zum Todestag von Frank Wedekind Dichter und Bürgerschreck, 09. März 2011, [https://www.lto.de/recht/feuilleton/f/zum-todestag-von-frank-wedekind-dichter-und-buergerschreck/]</ref> Das schwächte den Simplicissimus letztlich aber nicht. Ganz im Gegenteil — er wurde im Laufe der Jahre deswegen konsequent zu einem politischen Satireblatt weiter entwickelt. | ||
Ab 1906 | Ab 1906 verließen oder starben einige wichtige Zeichner die Redaktion. Zudem starb 1909 Albert Langen. Doch man konnte sich mit bezahlten mehrseitigen Anzeigen von Verlagsprogrammen und Künstlern über Wasser halten. | ||
===1914–1918=== | ===1914–1918=== | ||
Zeile 36: | Zeile 36: | ||
==1919–1933== | ==1919–1933== | ||
Mit dem Sturz der Monarchie hatte der Simplicissimus seine Zielscheibe, den Kaiser und dessen stark konservative Gesellschaft vor 1914, verloren. Doch die schweren Anfangsjahre der neuen Republik und deren machtgierige und wenig kompromissbereite Politiker bescherten dem Blatt wieder eine neue Angriffsfläche. Ebenso die für das Deutsche Reich äußerst harten Bedingungen im Versailler Friedensvertrag, die auch der Simplicissimus als Demütigung und Schmach ansah. Zunehmend wurde nun das großstädtische Leben karikiert. Auch die Art der Zeichnungen änderte sich, da neue Künstler angestellt wurden. Als die [[Nazis]] Ende der 1920er immer mehr Zulauf bekamen, sah die Zeitschrift in ihnen eine große Gefahr für die Demokratie. Ab 1930 gab es immer mehr kritische Karikaturen über [[Adolf Hitler|Hitler]] und seine Partei. | Mit dem Sturz der Monarchie hatte der Simplicissimus seine Zielscheibe, den Kaiser und dessen stark konservative Gesellschaft vor 1914, verloren. Doch die schweren Anfangsjahre der neuen Republik und deren machtgierige und wenig kompromissbereite Politiker bescherten dem Blatt wieder eine neue Angriffsfläche. Ebenso die für das Deutsche Reich äußerst harten Bedingungen im Versailler Friedensvertrag, die auch der Simplicissimus als Demütigung und Schmach ansah. Zunehmend wurde nun das großstädtische Leben karikiert. Auch die Art der Zeichnungen änderte sich, da neue Künstler angestellt wurden. Als die [[Nazis]] Ende der [[1920er]] immer mehr Zulauf bekamen, sah die Zeitschrift in ihnen eine große Gefahr für die Demokratie. Ab 1930 gab es immer mehr kritische Karikaturen über [[Adolf Hitler|Hitler]] und seine Partei. | ||
==1933–1944== | == 1933–1944 == | ||
Im Februar 1933 wurde die Redaktion von der SA verwüstet. Die Faschingsausgabe hatte neben anderen auch eine Karikatur gebracht, auf der alle Leute als Adolf Hitler verkleidet herumlaufen. Nach Hitlers Machtübernahme wurde die Redaktion „gleichgeschaltet“. Die weitgehend widerstandslose „Gleichschaltung“ löste unter Emigranten große Empörung aus. So hat [[Klaus Mann]] formuliert: ''„Von allen im [[Drittes Reich|Dritten Reich]] gedruckten Widrigkeiten ist mir die ‚satirische‘ Wochenschrift ‚Simplicissimus‘ der widrigsten eine."'' | Im Februar 1933 wurde die Redaktion von der SA verwüstet. Die Faschingsausgabe hatte neben anderen auch eine Karikatur gebracht, auf der alle Leute als Adolf Hitler verkleidet herumlaufen. Nach Hitlers Machtübernahme wurde die Redaktion „gleichgeschaltet“. Die weitgehend widerstandslose „Gleichschaltung“ löste unter Emigranten große Empörung aus. So hat [[Klaus Mann]] formuliert: ''„Von allen im [[Drittes Reich|Dritten Reich]] gedruckten Widrigkeiten ist mir die ‚satirische‘ Wochenschrift ‚Simplicissimus‘ der widrigsten eine."'' | ||
Weithin unbekannt blieben Versuche im Ausland eine Emigrationsausgabe des Simplicissimus zu verlegen. Die Auflage soll zwischen 10.000 und 20.000 Exemplaren betragen haben. Aber mit zunehmender faschistischer Ideologisierung auch in diesen Verbreitungsgebieten wurden immer öfter Ausgaben beschlagnahmt. Bald wagten viele Buchhändler nicht mehr, die Zeitung zum Verkauf anzubieten. Die letzte Ausgabe des Simplicissimus erschien am 13. September [[1944]]. | Weithin unbekannt blieben Versuche im Ausland eine Emigrationsausgabe des Simplicissimus zu verlegen. Die Auflage soll zwischen 10.000 und 20.000 Exemplaren betragen haben. Aber mit zunehmender faschistischer Ideologisierung auch in diesen Verbreitungsgebieten wurden immer öfter Ausgaben beschlagnahmt. Bald wagten viele Buchhändler nicht mehr, die Zeitung zum Verkauf anzubieten. Die letzte Ausgabe des Simplicissimus erschien am 13. September [[1944]]. | ||
==Nach 1945== | == Nach 1945 == | ||
Von 1946 bis 1950 erschien in München ''Der Simpl'', der aussah wie der Simplicissimus, wegen ungeklärter Urheberrecht-Probleme sich aber nicht so nennen durfte. Von 1954 bis 1967 erschien der Simplicissimus unter dem Verleger Olaf Iversen. 1981/82 wurde ein Neustart versucht und 1997 gab es einen erneuten Versuch einer Neuauflage als Koproduktion von Berlin und | Von 1946 bis 1950 erschien in München ''Der Simpl'', der aussah wie der Simplicissimus, wegen ungeklärter Urheberrecht-Probleme sich aber nicht so nennen durfte. Von 1954 bis 1967 erschien der Simplicissimus unter dem Verleger Olaf Iversen. 1981/82 wurde ein Neustart versucht und 1997 gab es einen erneuten Versuch einer Neuauflage als Koproduktion von Berlin und {{WL2|Wien}}, die aber auch wieder nach kurzer Zeit wegen finanzieller Probleme eingestellt wurde. | ||
==Autoren== | == Autoren == | ||
Zu den bekanntesten Textbeiträgen gehörten u.a. die von [[Hermann Hesse und München|Hermann Hesse]], Hugo von Hoffmannsthal, [[Erich Kästner]], [[Heinrich Mann]], [[Thomas Mann]], Franziska zu Reventlow, [[Edgar Steiger]] und [[Ludwig Thoma]]. | Zu den bekanntesten Textbeiträgen gehörten u.a. die von [[Hermann Hesse und München|Hermann Hesse]], Hugo von Hoffmannsthal, [[Erich Kästner]], [[Heinrich Mann]], [[Thomas Mann]], Franziska zu Reventlow, [[Edgar Steiger]] und [[Ludwig Thoma]]. | ||
==Illustratoren== | == Illustratoren == | ||
Unter den bedeutenden Zeichnern trugen neben Thomas Theodor Heine, [[Olaf Gulbransson]], F. v. Reznicek oder [[Eduard Thöny]] und Rudolf Wilke in großem Umfang mit ihren Karikaturen zum Erfolg der Zeitschrift bei. | Unter den bedeutenden Zeichnern trugen neben Thomas Theodor Heine, [[Olaf Gulbransson]], F. v. Reznicek oder [[Eduard Thöny]] und Rudolf Wilke in großem Umfang mit ihren Karikaturen zum Erfolg der Zeitschrift bei. | ||
Zeile 57: | Zeile 57: | ||
* ''Simplicissimus. Bilder aus dem „Simplicissimus“''. Herausgegeben von Herbert Reinoß unter Verwendung einer Auswahl von Rolf Hochhuth. Hannover 1970 | * ''Simplicissimus. Bilder aus dem „Simplicissimus“''. Herausgegeben von Herbert Reinoß unter Verwendung einer Auswahl von Rolf Hochhuth. Hannover 1970 | ||
* ''Simplicissimus. Eine satirische Zeitschrift München 1896–1944'', Katalog der Ausstellung im [[Haus der Kunst]] München 19. November 1977 bis 15. Januar 1978. Einleitung von [[Golo Mann]] | * ''Simplicissimus. Eine satirische Zeitschrift München 1896–1944'', Katalog der Ausstellung im [[Haus der Kunst]] München 19. November 1977 bis 15. Januar 1978. Einleitung von [[Golo Mann]] | ||
== | == Einzelnachweise == | ||
<references/> | <references/> | ||
{{SORTIERUNG:Simplicissimus}} | {{SORTIERUNG:Simplicissimus}} | ||
{{Wikipedia-Artikel}} | {{Wikipedia-Artikel}} |
Bearbeitungen