Rosenthal: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Miriam Rosenthal''' sagte:  "Ich brachte einen Sohn aus der Hölle zurück"
Die KZ-Überlebende '''Miriam Rosenthal''' sagte:  "Ich brachte einen Sohn aus der Hölle zurück".




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Leslie Rosenthal wurde er am 28. Februar 1945, einen Tag nach Purim, geboren. Als einen Monat später der amerikanische jüdische Offizier, First Lieutenant Ben J. Rosenthal, einen Tag nach der Befreiung des Konzentrationslagers am [[29. April 1945]] in einer KZ-Baracke die Babys entdeckt, bricht er in Tränen aus.
Leslie Rosenthal wurde er am 28. Februar 1945, einen Tag nach Purim, geboren. Als einen Monat später der amerikanische jüdische Offizier, First Lieutenant Ben J. Rosenthal, einen Tag nach der Befreiung des Konzentrationslagers am [[29. April 1945]] in einer KZ-Baracke die Babys entdeckt, bricht er in Tränen aus.
Die Deutschen haben nahezu die ganze Familie Miriam Rosenthals ermordet. Ihr Mann Béla jedoch hat überlebt. Mit ihm und Leslie wandert sie über Paris und Havanna nach Kanada aus. "Die Zeit heilt keine Wunden", sagte Miriam einmal. Noch viele Jahre werden sie Albträume plagen, in denen die SS ihr Leslie wegnimmt und sie wieder im Viehwaggon nach Auschwitz ist. Dennoch erkämpft sie sich ein neues Leben, gründet mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann "Miriams Bookshop" in Toronto, engagiert sich bis ins hohe Alter in der jüdischen Gemeinde für Arme und Kranke - und geht, nachdem sie zu erzählen begonnen hat, zu Zeitzeugengesprächen in Schulen.


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"Ich bin einer der jüngsten Überlebenden des Holocaust, und daraus entsteht eine besondere Verantwortung für die Erinnerung", sagt Leslie Rosenthal heute. Geboren wurde er am 28. Februar 1945, einen Tag nach Purim. "Das sind die Tage, an denen die Juden wieder Ruhe hatten vor ihren Feinden; es ist der Monat, in dem sich ihr Kummer in Freude verwandelte und ihre Trauer in Glück", heißt es in Kapitel 9 des Buches Esther. "Er war wunderschön, mit großen blauen Augen", sagte Miriam Rosenthal, die an einer Vergiftung infolge der Geburt eine Woche später fast gestorben wäre.
"Ich bin einer der jüngsten Überlebenden des Holocaust, und daraus entsteht eine besondere Verantwortung für die Erinnerung", sagt Leslie Rosenthal heute. Geboren wurde er am 28. Februar 1945, einen Tag nach Purim. "Das sind die Tage, an denen die Juden wieder Ruhe hatten vor ihren Feinden; es ist der Monat, in dem sich ihr Kummer in Freude verwandelte und ihre Trauer in Glück", heißt es in Kapitel 9 des Buches Esther. "Er war wunderschön, mit großen blauen Augen", sagte Miriam Rosenthal, die an einer Vergiftung infolge der Geburt eine Woche später fast gestorben wäre.
In den ersten Aprilwochen, der Geschützdonner der Alliierten rückte näher, hatte die 22-jährige Frau aus Komárno schon schreckliche Monate hinter sich gebracht. Kurz vor der Deportation nach Auschwitz im Juni 1944 hatte sie Béla geheiratet. Sie war die jüngste der 14 Kinder des Ehepaars Schwarcz, eine hübsche junge Frau, die viel auf Mode hielt, und sich zuweilen in die Synagoge der Reformgemeinde schlich, weil dort, anders als bei den Orthodoxen ein Organist im Gottesdienst spielte. Sie wollte in Budapest studieren, aber die antijüdischen Gesetze Ungarns ließen das nicht zu.
Von Auschwitz wurde sie in einem Transport in das KZ Płaszów bei Krakau verschleppt, dann wieder zurück nach Auschwitz - immer in Angst und Hunger und im zweiten Monat schwanger. Damals, erzählte Miriam Rosenthal, habe sie jeden Tag zu ihrem ungeborenen Kind gesagt: "Ich bringe dich nach Hause." Schließlich geht sie in einen Transport nach Augsburg, wo sie mit anderen Jüdinnen aus Auschwitz für die deutsche Rüstungsindustrie Zwangsarbeit leisten muss.
=== Geboren im KZ===
Das Bild zeigt vier von sieben ungarischen Jüdinnen, die in Kaufering I Kinder zur Welt brachten. Alle überlebten und wurden von US-Soldaten im Stammlager Dachau nach der Befreiung fotografiert. Die zweite von rechts ist Eva Fleischmannová aus der Slowakei, die 2012 gestorben ist. (Foto: USHM Washington)
Schließlich entdeckt die SS ihre Schwangerschaft. Sie wird nach Kaufering I gebracht und trifft dort in einem Erdbunker auf sechs weitere ungarische Jüdinnen, die auch schwanger sind. Die SS wollte die Frauen entbinden lassen und sie dann in den Tod schicken. Der Überstellungsbefehl in das Sterbelager Bergen-Belsen vom 13. März ist bereits vom ersten SS-Lagerarzt Fritz Hintermayer unterzeichnet, kann aber im Chaos der letzten Kriegswochen nicht mehr ausgeführt werden.
Am Abend des 26. April wird Kaufering I völlig geräumt - mit den etwa eintausend Kranken marschieren Miriam Rosenthal und die anderen Frauen, ihre Babys auf dem Arm, zu einem Zug nach Dachau. Am Morgen des 29. April, einem Sonntag, werden die Häftlinge im Stammlager Dachau ein letztes Mal gezählt. Der Lagerschreiber dokumentiert, dass sich unter den 32 335 Häftlingen 167 weibliche "Zugänge" aus Kaufering befinden, auch "7 Frauen mit Kindern".
Die Deutschen haben nahezu die ganze Familie Miriam Rosenthals ermordet. Ihr Mann Béla jedoch hat überlebt. Mit ihm und Leslie wandert sie über Paris und Havanna nach Kanada aus. "Die Zeit heilt keine Wunden", sagte Miriam einmal. Noch viele Jahre werden sie Albträume plagen, in denen die SS ihr Leslie wegnimmt und sie wieder im Viehwaggon nach Auschwitz ist. Dennoch erkämpft sie sich ein neues Leben, gründet mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann "Miriams Bookshop" in Toronto, engagiert sich bis ins hohe Alter in der jüdischen Gemeinde für Arme und Kranke - und geht, nachdem sie zu erzählen begonnen hat, zu Zeitzeugengesprächen in Schulen.
"Meine Mutter ist einzigartig", sagt Leslie; und das sagt er nicht allein aus Liebe. Neben ihm hinterlässt Miriam Rosenthal noch die Tochter Lilian, den Sohn Murray und eine großen Enkel- und Urenkelschar. In Dachau hatte sie einen Freund gefunden: Max Mannheimer, Auschwitz-Überlebender und Vizepräsident des Dachau-Komitees, der 2016 gestorben ist. Er hat Tränen geweint über ihr Schicksal und das der anderen Frauen. Er hat sie niemals getroffen und doch mit am besten gekannt. "Ich brachte einen Sohn aus der Hölle zurück, wie sollte ich da nicht an Gott glauben" - so war Miriam Rosenthal.




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== Literatur ==
== Literatur ==
* vollstä. Artikel in der Süddt Ztg vom 12. Februar 2018. ''KZ-Überlebende - "Ich brachte einen Sohn aus der Hölle zurück"'' ([[Miriam Rosenthal]] war die letzte der sieben ungarischen Jüdinnen, die im Winter 1944/45 im Dachauer Außenlager Kaufering I noch Kinder zur Welt brachten. Jetzt ist sie mit 95 Jahren in Toronto gestorben. ) Nachruf von Helmut Zeller, Dachau/Toronto
* [[Gedenkbuch]], vom Stadtarchiv München (als Herausgeber): ''[[Biographisches Gedenkbuch|Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945.]]'' Band 1 und 2; ISBN 978-3-8306-7290-6 bzw. ISBN 9783830672807  
* [[Gedenkbuch]], vom Stadtarchiv München (als Herausgeber): ''[[Biographisches Gedenkbuch|Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945.]]'' Band 1 und 2; ISBN 978-3-8306-7290-6 bzw. ISBN 9783830672807  
** ''[https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Direktorium/Stadtarchiv/Juedisches-Muenchen/Gedenkbuch.html Online-Version des Mü. '''Gedenkbuchs''']''
** ''[https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Direktorium/Stadtarchiv/Juedisches-Muenchen/Gedenkbuch.html Online-Version des Mü. '''Gedenkbuchs''']''

Version vom 13. Februar 2018, 19:46 Uhr

Die KZ-Überlebende Miriam Rosenthal sagte: "Ich brachte einen Sohn aus der Hölle zurück".





Zu Rosenthal aus München, dem Opfer der Judenverfolgungen durch die Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945, gibt es auf der Seite des Mü. biogr. Gedenkbuchs eine Kurz-Biographie.




Miriam Rosenthal war die letzte der sieben ungarischen Jüdinnen, die im Winter 1944/45 im Außenlager Kaufering I des KZ Dachau noch Kinder zur Welt brachten. Jetzt ist sie mit 95 Jahren in Toronto gestorben.

Nachruf von Helmut Zeller, Dachau/Toronto


Leslie Rosenthal wurde er am 28. Februar 1945, einen Tag nach Purim, geboren. Als einen Monat später der amerikanische jüdische Offizier, First Lieutenant Ben J. Rosenthal, einen Tag nach der Befreiung des Konzentrationslagers am 29. April 1945 in einer KZ-Baracke die Babys entdeckt, bricht er in Tränen aus.

Die Deutschen haben nahezu die ganze Familie Miriam Rosenthals ermordet. Ihr Mann Béla jedoch hat überlebt. Mit ihm und Leslie wandert sie über Paris und Havanna nach Kanada aus. "Die Zeit heilt keine Wunden", sagte Miriam einmal. Noch viele Jahre werden sie Albträume plagen, in denen die SS ihr Leslie wegnimmt und sie wieder im Viehwaggon nach Auschwitz ist. Dennoch erkämpft sie sich ein neues Leben, gründet mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann "Miriams Bookshop" in Toronto, engagiert sich bis ins hohe Alter in der jüdischen Gemeinde für Arme und Kranke - und geht, nachdem sie zu erzählen begonnen hat, zu Zeitzeugengesprächen in Schulen.


Literatur

  • Richard Bauer, Michael Brenner (Hrsg.): Jüdisches München. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C.H. Beck Verlag, München, 2006. 288 Seiten. ISBN 978-3-406-54979-3
  • Hans Lamm (Hrsg.): Von Juden in München. Ein Gedenkbuch. Ner Tamid Verlag, München 1958. Erweiterte Ausgabe: Vergangene Tage. Jüdische Kultur in München. Langen Müller, München + Wien 1982. ISBN 3-7844-1867-8
  • Ilse Macek (Hrsg.): ausgegrenzt - entrechtet - deportiert. Schwabing und Schwabinger Schicksale 1933 bis 1945. Volk Verlag, München, 2008. ISBN 9783937200439
  • Stadtarchiv München (Hrsg.): >...verzogen, unbekannt wohin< Die erste Deportation von Münchner Juden im November 1941. Zürich, Pendo Verlag, 2000


Siehe auch, WWW