Dachau-Prozesse: Unterschied zwischen den Versionen
Blass (Diskussion | Beiträge) (Übernahme von Textteilen aus WP) |
Blass (Diskussion | Beiträge) Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
Zum Zeitpunkt der Befreiung des [[Konzentrationslager Dachau|KZ Dachau]] durch ein Bataillon der [[Seventh United States Army|7. US-Armee]] am 29. April 1945 befanden sich noch etwa 32.000 Häftlinge im Lager. Darunter waren auch viele Häftlinge, die von der [[Schutzstaffel|SS]] aus aufgelösten Lagern nach Dachau „evakuiert“ worden waren, als sich Truppen der [[Alliierte]]n den Lagern näherten. Die von den Amerikanern angetroffenen Häftlinge befanden sich größtenteils in einem sehr schlechten Gesundheitszustand. Außerdem fanden die Befreier eine hohe Anzahl Leichen von verstorbenen oder ermordeten Häftlingen vor.<ref>Vgl. Stanislav Zámečník: ''Das war Dachau.'', Frankfurt am Main 2007, S. 390f.f.</ref> | Zum Zeitpunkt der Befreiung des [[Konzentrationslager Dachau|KZ Dachau]] durch ein Bataillon der [[Seventh United States Army|7. US-Armee]] am 29. April 1945 befanden sich noch etwa 32.000 Häftlinge im Lager. Darunter waren auch viele Häftlinge, die von der [[Schutzstaffel|SS]] aus aufgelösten Lagern nach Dachau „evakuiert“ worden waren, als sich Truppen der [[Alliierte]]n den Lagern näherten. Die von den Amerikanern angetroffenen Häftlinge befanden sich größtenteils in einem sehr schlechten Gesundheitszustand. Außerdem fanden die Befreier eine hohe Anzahl Leichen von verstorbenen oder ermordeten Häftlingen vor.<ref>Vgl. Stanislav Zámečník: ''Das war Dachau.'', Frankfurt am Main 2007, S. 390f.f.</ref> | ||
Noch 1945 begannen die Prozesse. Verhandelt wurde gegen die aufgegriffenen Angehörigen des Lagerpersonals von Konzentrationslagern, gegen Militärs und Zivilisten, denen die gezielte Ermordung abgeschossener oder notgelandeter alliierter Flieger vorgeworfen wurde, und gegen die Beschuldigten des Malmedy-Massakers. Die amerikanische Ermittler begannen im Rahmen des ''[[War Crimes Program]]'', einem US-amerikanischen Programm zur Schaffung von Rechtsnormen und eines Justizapparates zur Verfolgung deutscher [[Kriegsverbrechen]], zügig mit den Untersuchungen.<ref>Vgl. Robert Sigel: ''Im Interesse der Gerechtigkeit. Die Dachauer Kriegsverbrecherprozesse 1945–1948.'' Frankfurt am Main 1992, S. 16 ff.</ref> | |||
Der Dachau-Hauptprozess, (''United States of America v. Martin Gottfried Weiss et al.''), richtete sich gegen Teile der Mannschaft des KZ Dachau und wurde vom 15. November bis zum 13. Dezember 1945 durchgeführt. Die Liste der dort Angeklagten reichte vom zeitweiligen KZ-Kommandanten Martin Weiß, der Lagerführer des [[Außenlager Allach|Außenlagers Allach]] Josef Jarolin, die Kommandanten diverser Kauferinger Nebenlager, wie Johann Eichelsdörfer, Arno Lippmann, Otto Förschner und Alfred Kramer]], die [[Schutzhaftlagerführer]] [[Michael Redwitz]] und [[Friedrich Wilhelm Ruppert|Friedrich Ruppert]] bis zu drei [[Funktionshäftling]]en. Unter dem angeklagten medizinischen Personal befanden sich die KZ-Lagerärzte Hans Eisele]], [[Wilhelm Witteler]] und [[Fritz Hintermayer]]. Hinzuzuzählen ist noch der Tropenmediziner [[Claus Schilling]], der die Malariaversuchsstation in Dachau geleitet hatte. Ebenso stand [[Otto Schulz (SS-Mitglied)|Otto Schulz]] als Vertreter der [[Deutsche Ausrüstungswerke]] (DAW) unter Anklage. Auch [[Otto Moll]] befand sich für seine Tätigkeit in diversen [[Europäische Holocaustgedenkstätte in Landsberg|Kauferinger Außenlagern]] im Jahr 1945 unter den Angeklagten. Als einziger Vertreter der „Politischen Abteilung“ (Gestapo-Abteilung des KZs) war Kriminalkommissar Johann Kick angeklagt.<ref>Vgl. Dachau-Hauptprozess: Case No. 000-50-2 (US vs. Martin Gottfried Weiss et al) Tried 13 Dec. 45, S. 2ff.</ref> | |||
Der | Der Urteilsverkündung schickte das Gericht bereits damals einige grundsätzliche Überlegungen voraus. Tötungen und Misshandlungen seien im Rahmen eines gemeinsamen Vorgehens (''[[Common Design]]'') geschehen. Sie erforderten, gegen jeden Anklage zu erheben, der mit der Verwaltung oder Arbeit im Lager zu tun gehabt habe. Das Gericht sei zwar von Siegerseite eingesetzt worden, es wende jedoch ausschließlich Normen internationalen Rechts und solche Rechtsgrundsätze an, die von allen zivilisierten Menschen anerkannt seien.<ref>Holger Lessing: ''Der erste Dachauer Prozess.'' Baden-Baden 1993, S. 249</ref> Dies wurde danach jahrzehntelang von deutschen Gerichten übergangen. Die 40 Angeklagten wurden sämtlich schuldig befunden und 36 von ihnen zum Tode verurteilt. Von den zum Tode Verurteilten wurden 28 am 28. und 29. Mai 1946 im Landsberger Kriegsverbrechergefängnis (heute JVA) gehängt. | ||
Diesem Dachau-Hauptverfahren schlossen sich 121 Folgeprozesse mit etwa 500 Beschuldigten an. | |||
Vom 29. März bis zum 13. Mai 1946 wurde mit dem '''zweiten Dachauer Prozess''', dem Mauthausen-Hauptprozess (''United States of America v. [[Johann Altfuldisch|Hans Altfuldisch]] et al.''), das umfangreichste Konzentrationslagerverfahren durchgeführt. | Vom 29. März bis zum 13. Mai 1946 wurde mit dem '''zweiten Dachauer Prozess''', dem Mauthausen-Hauptprozess (''United States of America v. [[Johann Altfuldisch|Hans Altfuldisch]] et al.''), das umfangreichste Konzentrationslagerverfahren durchgeführt. | ||
==Weblinks == | |||
{{Wikipedia}} | {{Wikipedia}} | ||
Version vom 7. Oktober 2016, 10:42 Uhr
Zum Zeitpunkt der Befreiung des KZ Dachau durch ein Bataillon der 7. US-Armee am 29. April 1945 befanden sich noch etwa 32.000 Häftlinge im Lager. Darunter waren auch viele Häftlinge, die von der SS aus aufgelösten Lagern nach Dachau „evakuiert“ worden waren, als sich Truppen der Alliierten den Lagern näherten. Die von den Amerikanern angetroffenen Häftlinge befanden sich größtenteils in einem sehr schlechten Gesundheitszustand. Außerdem fanden die Befreier eine hohe Anzahl Leichen von verstorbenen oder ermordeten Häftlingen vor.[1]
Noch 1945 begannen die Prozesse. Verhandelt wurde gegen die aufgegriffenen Angehörigen des Lagerpersonals von Konzentrationslagern, gegen Militärs und Zivilisten, denen die gezielte Ermordung abgeschossener oder notgelandeter alliierter Flieger vorgeworfen wurde, und gegen die Beschuldigten des Malmedy-Massakers. Die amerikanische Ermittler begannen im Rahmen des War Crimes Program, einem US-amerikanischen Programm zur Schaffung von Rechtsnormen und eines Justizapparates zur Verfolgung deutscher Kriegsverbrechen, zügig mit den Untersuchungen.[2]
Der Dachau-Hauptprozess, (United States of America v. Martin Gottfried Weiss et al.), richtete sich gegen Teile der Mannschaft des KZ Dachau und wurde vom 15. November bis zum 13. Dezember 1945 durchgeführt. Die Liste der dort Angeklagten reichte vom zeitweiligen KZ-Kommandanten Martin Weiß, der Lagerführer des Außenlagers Allach Josef Jarolin, die Kommandanten diverser Kauferinger Nebenlager, wie Johann Eichelsdörfer, Arno Lippmann, Otto Förschner und Alfred Kramer]], die Schutzhaftlagerführer Michael Redwitz und Friedrich Ruppert bis zu drei Funktionshäftlingen. Unter dem angeklagten medizinischen Personal befanden sich die KZ-Lagerärzte Hans Eisele]], Wilhelm Witteler und Fritz Hintermayer. Hinzuzuzählen ist noch der Tropenmediziner Claus Schilling, der die Malariaversuchsstation in Dachau geleitet hatte. Ebenso stand Otto Schulz als Vertreter der Deutsche Ausrüstungswerke (DAW) unter Anklage. Auch Otto Moll befand sich für seine Tätigkeit in diversen Kauferinger Außenlagern im Jahr 1945 unter den Angeklagten. Als einziger Vertreter der „Politischen Abteilung“ (Gestapo-Abteilung des KZs) war Kriminalkommissar Johann Kick angeklagt.[3]
Der Urteilsverkündung schickte das Gericht bereits damals einige grundsätzliche Überlegungen voraus. Tötungen und Misshandlungen seien im Rahmen eines gemeinsamen Vorgehens (Common Design) geschehen. Sie erforderten, gegen jeden Anklage zu erheben, der mit der Verwaltung oder Arbeit im Lager zu tun gehabt habe. Das Gericht sei zwar von Siegerseite eingesetzt worden, es wende jedoch ausschließlich Normen internationalen Rechts und solche Rechtsgrundsätze an, die von allen zivilisierten Menschen anerkannt seien.[4] Dies wurde danach jahrzehntelang von deutschen Gerichten übergangen. Die 40 Angeklagten wurden sämtlich schuldig befunden und 36 von ihnen zum Tode verurteilt. Von den zum Tode Verurteilten wurden 28 am 28. und 29. Mai 1946 im Landsberger Kriegsverbrechergefängnis (heute JVA) gehängt.
Diesem Dachau-Hauptverfahren schlossen sich 121 Folgeprozesse mit etwa 500 Beschuldigten an.
Vom 29. März bis zum 13. Mai 1946 wurde mit dem zweiten Dachauer Prozess, dem Mauthausen-Hauptprozess (United States of America v. Hans Altfuldisch et al.), das umfangreichste Konzentrationslagerverfahren durchgeführt.
Weblinks
![]() |
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Dachau-Prozesse in der deutschsprachigen Wikipedia. Die Liste der AutorInnen befindet sich in der dortigen Versionsliste. Wie im MünchenWiki stehen alle Texte der Wikipedia unter einer Lizenz zur Freien Dokumentation. |
- ↑ Vgl. Stanislav Zámečník: Das war Dachau., Frankfurt am Main 2007, S. 390f.f.
- ↑ Vgl. Robert Sigel: Im Interesse der Gerechtigkeit. Die Dachauer Kriegsverbrecherprozesse 1945–1948. Frankfurt am Main 1992, S. 16 ff.
- ↑ Vgl. Dachau-Hauptprozess: Case No. 000-50-2 (US vs. Martin Gottfried Weiss et al) Tried 13 Dec. 45, S. 2ff.
- ↑ Holger Lessing: Der erste Dachauer Prozess. Baden-Baden 1993, S. 249