Pressereferat des Bayrischen Kriegsministeriums: Unterschied zwischen den Versionen

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(Julius Friedrich Lehmann)
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Das Verhalten der Justizbehörde im Fall des Flugblattes „Richtlinien für Wege zu einem dauernden Frieden“ sollte auf die Einstellung der militärischen Zensurbehörde in der Justiz eher eien Hemmschuh für ihr Wirken als eine Unterstützung.Zumindest in den Ministerialakten erhob der Referent gegenüber den Justizbehörden offen den Vorwurf der Parteilichkeit. Sonnenburgs personelle, politische Linie, die indem loyalen Verhalten der Zensur gegenüber dem Reichskanzler Bethmann hollweg ihren Ausdruck fand stieß offenbar bei einigen höheren Justizbeamten auf ein ernstes Hindernis, dessen sich der Pressereferent auch bei späteren Maßnahmen immer wieder bewußt war. Als überzeugten Föderalist suchte er mit allen ihm Gebote stehenden jenen Reichskanzler zu stützen, der die föderale Struktur des Reiches garantierte. Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass die nämliche Zensurbehörde sich auch für einen weniger föderalistisch eingestellten Kanzler mit der gleichen Intensität eingesetzt hätte. Hier spielte in Bayern das politische Eigeninteresse einen nicht zu unterschätzende Rolle.
Das Verhalten der Justizbehörde im Fall des Flugblattes „Richtlinien für Wege zu einem dauernden Frieden“ sollte auf die Einstellung der militärischen Zensurbehörde in der Justiz eher eien Hemmschuh für ihr Wirken als eine Unterstützung.Zumindest in den Ministerialakten erhob der Referent gegenüber den Justizbehörden offen den Vorwurf der Parteilichkeit. Sonnenburgs personelle, politische Linie, die indem loyalen Verhalten der Zensur gegenüber dem Reichskanzler Bethmann hollweg ihren Ausdruck fand stieß offenbar bei einigen höheren Justizbeamten auf ein ernstes Hindernis, dessen sich der Pressereferent auch bei späteren Maßnahmen immer wieder bewußt war. Als überzeugten Föderalist suchte er mit allen ihm Gebote stehenden jenen Reichskanzler zu stützen, der die föderale Struktur des Reiches garantierte. Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass die nämliche Zensurbehörde sich auch für einen weniger föderalistisch eingestellten Kanzler mit der gleichen Intensität eingesetzt hätte. Hier spielte in Bayern das politische Eigeninteresse einen nicht zu unterschätzende Rolle.
Auch die zweite Denkschrift mit 101 Unterzeichnern war weitgehend mit den ''Richtlinien für Wege zu einem dauernden Frieden'' identisch; dies galt auch für die Unterzeichner, wobei zu der zweiten zu bemerken ist, dass sie von Persönlichkeiten unterzeichnet wurde, die sonst nicht zur Kriegszielbewegung in München gezählt werden konnten, wie der Kammerpräsident Orterer ujnd der links-liberale Dr. Ernst Müller- Meininigen, sowie der Verkehrsminister a.D. Heinrich von Frauendorfer.<ref> KA. Mkr. 13871, Bl 197</ref> Zu den Unterzeichnern beider Denkschriften gehörte auch der in München für die alldeutsche Propaganda besonders aktive Verleger Julius Friedrich Lehmann.
Auch die zweite Denkschrift mit 101 Unterzeichnern war weitgehend mit den ''Richtlinien für Wege zu einem dauernden Frieden'' identisch; dies galt auch für die Unterzeichner, wobei zu der zweiten zu bemerken ist, dass sie von Persönlichkeiten unterzeichnet wurde, die sonst nicht zur Kriegszielbewegung in München gezählt werden konnten, wie der Präsident {{WL2|Kammer der Abgeordneten (Bayern)}}, {{WL2|Georg von Orterer}} und der links-liberale Dr. {{WL2|Ernst Müller-Meiningen}}, sowie der Verkehrsminister a.D. {{WL2|Heinrich von Frauendorfer}}.<ref> KA. Mkr. 13871, Bl 197</ref> Zu den Unterzeichnern beider Denkschriften gehörte auch der in München für die alldeutsche Propaganda besonders aktive Verleger Julius Friedrich Lehmann.
 
 
Die beiden Programme vom März 1916 deuten schon darauf hin, dass sich zu diesem Zeitpunkt eine eigenständige Kriegszielbewegung in München herausgebildet hatte. Der Kreis der Unterzeichner war im Hinblick auf die politischen Standorte äußerst heterogen; dennoch bleibt festzustellen, dass bestimmte politische Fragen, wie die Kriegszieldiskussion, keinesfalls auf die alldeutschen Kreise beschränkt blieben. Wenn auch für Bayern festzustellen ist, dass gerade unter dem Einfluss der alldeutschen Vertreter die alldeutsch-annexionistische und später auch als Wegbereiter des Kanzlersturzes agierende Richtung in München besonders stark wirksam war.
Die beiden Programme vom März 1916 deuten schon darauf hin, dass sich zu diesem Zeitpunkt eine eigenständige Kriegszielbewegung in München herausgebildet hatte. Der Kreis der Unterzeichner war im Hinblick auf die politischen Standorte äußerst heterogen; dennoch bleibt festzustellen, dass bestimmte politische Fragen, wie die Kriegszieldiskussion, keinesfalls auf die alldeutschen Kreise beschränkt blieben. Wenn auch für Bayern festzustellen ist, dass gerade unter dem Einfluss der alldeutschen Vertreter die alldeutsch-annexionistische und später auch als Wegbereiter des Kanzlersturzes agierende Richtung in München besonders stark wirksam war.
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Hinter diesem Erlass verbarg sich die Ohnmacht der militärischen Zensur gegenüber den politischen Gruppen verschiedenster Couleur. Vornehmlich suchte sie jedoch, auf diesem Wege de alldeutschen-annexionistisschen Publikationen Herr zu werden. Obwohl die Zensur unter Sonenburgs Leitung dieser Gruppe aus mannigfachen Gründen mit besonderer Strenge begegnete, hatte sie doch allzuoft das Nachsehen.
Hinter diesem Erlass verbarg sich die Ohnmacht der militärischen Zensur gegenüber den politischen Gruppen verschiedenster Couleur. Vornehmlich suchte sie jedoch, auf diesem Wege de alldeutschen-annexionistisschen Publikationen Herr zu werden. Obwohl die Zensur unter Sonenburgs Leitung dieser Gruppe aus mannigfachen Gründen mit besonderer Strenge begegnete, hatte sie doch allzuoft das Nachsehen.
 
 
 
Die zensurelle Behandlung der Claß'schen Denkschrift und des Verleger Julius Friedrich Lehmann
Die zensurelle Behandlung der Claß'schen Denkschrift und des Verleger Julius Friedrich Lehmann
Als ein charakteristischer Vertreter der alldeutschen Aktivitäten im Münchner Raum kann der Verleger angesehen werden. Noch im Dezember 1914 gab die Münchner Zensurbehörde entgengen den Bedenken des Preußischen Kriegsministeriums dem Julius Friedrich Lehmann Verlag „in Anbetracht der großen vaterländischen Verdienste, die sich die Firma Lehmann ohne Zweifel mit und durch Spendung von 10 000 Mk in bar … während des Krieges erworben hat“ die Druckerlaubnis für das geplante ''Taschenbuch der Luftflotten''. <ref>KA. Mkr. 13858, Bl. 86</ref> Bis zu diesem Zeitpunkt war die Zensurbehörde der politische Standpunkt des Verlegers offenbar nicht bekannt. Erst sein den spektakulären behördlichen Maßnahmen gegen die bekannte Denkschrift des Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandes Heinrich Claß wurdne die Zensoren des Kriegsministeriums auch auf die politische Aktivität Lehmanns aufmeksamt, der in seiner Eigenschaft als Verleger und Verbandsfreund von Claß keinen Schritt unterließ, um die Freigabe der Denkschrift zu erwirken <ref>{{WL2|Heinrich Claß}}, Denkschrift btr. Die national-wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele des deutschen Volkes im gegenwärtigen Kriege. Als Handschrift gedruckt. Claß schreibt in seinen Erinnerungen, dass sich Lehmann im Zusammenhang mit der Versendung seiner Denkschrift in „überflüssiger Gewissenhaftigkeit“ an die Pressestelle des bayerischen Kriegsministeriums gewandt und von ihr den Bescheid erhalten hatte, dass eine als Handschrift gedruckte Denkschrift als eine außerhalb der Öffentlichkeit vor sich gehende Meinungskundgebung aufzufassen sei und dass deshalb gegen ihren Druck und Versand keine Bedenken beständen“. Heinrich Claß: Wider den Strom. 1932, S. 350. Vgl. dazu auch Klaus Schwabe, »Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der deutschen Professorenschaft im Ersten Weltkrieg, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 14 (1966), S. 105–138, hier S. 107 und F. Fischer: Griff nach der Weltmacht, a.a.O., S. 198</ref>
Als ein charakteristischer Vertreter der alldeutschen Aktivitäten im Münchner Raum kann der Verleger angesehen werden. Noch im Dezember 1914 gab die Münchner Zensurbehörde entgengen den Bedenken des Preußischen Kriegsministeriums dem Julius Friedrich Lehmann Verlag „in Anbetracht der großen vaterländischen Verdienste, die sich die Firma Lehmann ohne Zweifel mit und durch Spendung von 10 000 Mk in bar … während des Krieges erworben hat“ die Druckerlaubnis für das geplante ''Taschenbuch der Luftflotten''. <ref>KA. Mkr. 13858, Bl. 86</ref> Bis zu diesem Zeitpunkt war die Zensurbehörde der politische Standpunkt des Verlegers offenbar nicht bekannt. Erst sein den spektakulären behördlichen Maßnahmen gegen die bekannte Denkschrift des Vorsitzenden des {{WL2|Alldeutscher Verband|Alldeutschen Verbandes}} {{WL2|Heinrich Claß}} wurdne die Zensoren des Kriegsministeriums auch auf die politische Aktivität Lehmanns aufmeksamt, der in seiner Eigenschaft als Verleger und Verbandsfreund von Claß keinen Schritt unterließ, um die Freigabe der Denkschrift zu erwirken <ref>{{WL2|Heinrich Claß}}, Denkschrift btr. Die national-wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele des deutschen Volkes im gegenwärtigen Kriege. Als Handschrift gedruckt. Claß schreibt in seinen Erinnerungen, dass sich Lehmann im Zusammenhang mit der Versendung seiner Denkschrift in „überflüssiger Gewissenhaftigkeit“ an die Pressestelle des bayerischen Kriegsministeriums gewandt und von ihr den Bescheid erhalten hatte, dass eine als Handschrift gedruckte Denkschrift als eine außerhalb der Öffentlichkeit vor sich gehende Meinungskundgebung aufzufassen sei und dass deshalb gegen ihren Druck und Versand keine Bedenken beständen“. Heinrich Claß: Wider den Strom. 1932, S. 350. Vgl. dazu auch Klaus Schwabe, »Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der deutschen Professorenschaft im Ersten Weltkrieg, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 14 (1966), S. 105–138, hier S. 107 und F. Fischer: Griff nach der Weltmacht, a.a.O., S. 198</ref>


== Literatur ==
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