36.022
Bearbeitungen
Blass (Diskussion | Beiträge) K (→Gedenken) |
Girus (Diskussion | Beiträge) KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
Das '''Haus Jakobs '''(auf hebräisch '''Ohel Jakob''') in [[München]], die '''Hauptsynagoge Münchens''', ist Teil des [[Jüdisches Zentrum|Jüdischen Zentrums]] am [[Jakobs-Platz]] in der Stadtmitte und wurde nach dem jüdischen Kalender im Jahre 5767 ([[2006]] | Das '''Haus Jakobs '''(auf hebräisch '''Ohel Jakob''') in [[München]], die '''Hauptsynagoge Münchens''', ist Teil des [[Jüdisches Zentrum|Jüdischen Zentrums]] am [[St.-Jakobs-Platz]] in der Stadtmitte und wurde nach dem jüdischen Kalender im Jahre 5767 ([[2006]] des [[Gregorianischer Kalender|Gregorianischen Kalenders]]) eröffnet. | ||
Es hat also 68 Jahre seit 5698/99 (1938) | Es hat also 68 Jahre seit 5698/99 (1938) gedauert, um dieses durch die [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] zerstörte Gebetshaus wieder neu zu errichten. | ||
Die helle Steinfassade wirkt interessant und zugleich doch auch abweisend. Wer wollte nach | Die helle Steinfassade wirkt interessant und zugleich doch auch abweisend. Wer wollte nach der Geschichte von 1933 bis 1945 auch einen zierlichen und offenen Bau erwarten. Das Bedrückende daran ist jedoch die heutige Notwendigkeit, an dieser Stelle auf die Sicherheitsaspekte für Gläubige und ihre Gäste zu achten. | ||
Das Positive ist, dass es in dieser Stadt nun wieder an einem zentralen Platz eine Synagoge für die jüdische Gemeinde in der Stadt gibt. | Das Positive ist, dass es in dieser Stadt nun wieder an einem zentralen Platz eine Synagoge für die jüdische Gemeinde in der Stadt gibt. | ||
==Der heutige Standort == | ==Der heutige Standort== | ||
Der | Der [[Sankt-Jakobs-Platz|Jakobs-Platz]] hat seinen Namen nur akustisch nach der gleichen biblischen Figur. Denn der Platzname stammt aus einer neueren christlichen Tradition heraus. Jakob wurde in München wie überhaupt im Christentum meist als ''St. Jakob,'' einem Jünger Jesu verstanden und erinnert so an eine [[St. Jakob am Anger|St. Jakobs-Kirche]] und eigentlich nicht an die ältere Schwester der Ecclesia, die Synagoge und ihren alttestamentarischen Stammvater, den anderen Jakob. | ||
''Ohel Jakob'' hat eine Doppelbedeutung, indem es das Haus für die Kinder Jakobs (die Israeliten) sein soll und diese Kinder an ihren Stammvater erinnert. In diesem Stammvater treffen sich, wenn man | ''Ohel Jakob'' hat eine Doppelbedeutung, indem es das Haus für die Kinder Jakobs (die Israeliten) sein soll und diese Kinder an ihren Stammvater erinnert. In diesem Stammvater treffen sich, wenn man so will, Ausgangspunkte jüdischer und christlicher Botschaften für die Zukunft. Und insoweit war der christliche ''Heilige'', wie viele andere, eben nach dem Juden Jakob benannnt. | ||
Zur | Zur Erinnerung an die beiden [[1938]] zerstörten [[Ehemalige Hauptsynagoge Münchens - ein Foto|Vorgänger-Gebäude]] erhielt die neue Synagoge den Namen der zweiten 1938 zerstörten Synagoge in der [[Herzog-Rudolf-Straße]]. Das Bild dieser brennenden Synagoge wurde oft als Symbol für die [[9._November_in_München#1938:_Judenpogrom_der_NSDAP_und_SS|Zerstörungen am 9. November 1938]] verwendet (vgl. unten bei den Weblinks). | ||
==Die neue Hauptsynagoge== | ==Die neue Hauptsynagoge== | ||
Zunächst sieht der Besucher einen monolithischen Baukörper über einander gestapelter Werksteine. Sie bestehen aus deutlich gemaserten Travertin-Platten. Der zugrunde liegende architektonische | Zunächst sieht der Besucher einen monolithischen Baukörper über einander gestapelter Werksteine. Sie bestehen aus deutlich gemaserten Travertin-Platten. Der zugrunde liegende architektonische Gedanke ist die Kombination der Elemente „Tempel“ und „Zelt“. Denn ''Ohel'' ist natürlich nur heutzutage mit Haus zu übersetzen. Früher wurde in Kleinasien das Zelt damit bezeichnet. | ||
Im Inneren gibt es dem entsprechend ein zeltartiges Gebilde, das aus drei Schichten gebildet wird. Die Tragstruktur des Zeltes besteht aus Stahlblech, das wie Davidsterne geformt wurde. Darüber liegt eine Schicht Verglasung. Die oberste Lage ist ein Metallgewebe, das lichtdurchlässig ist. | Im Inneren gibt es dem entsprechend ein zeltartiges Gebilde, das aus drei Schichten gebildet wird. Die Tragstruktur des Zeltes besteht aus Stahlblech, das wie Davidsterne geformt wurde. Darüber liegt eine Schicht Verglasung. Die oberste Lage ist ein Metallgewebe, das lichtdurchlässig ist. | ||
Zeile 21: | Zeile 21: | ||
An ihrem Westrand betritt man die Synagoge durch die Vorhalle. Das Zentrum jeder Synagoge enthält ein Vorlesepult und den Thora-Schrein. Die Frauenplätze dieser Synagoge liegen hinter einer Mechiza, einem Sichtschutz. | An ihrem Westrand betritt man die Synagoge durch die Vorhalle. Das Zentrum jeder Synagoge enthält ein Vorlesepult und den Thora-Schrein. Die Frauenplätze dieser Synagoge liegen hinter einer Mechiza, einem Sichtschutz. | ||
Im | Im Untergeschoss gibt es eine Werktagssynagoge und eine Mikwa, ein rituelles Bad. | ||
[[Bild:MueSynagogeJA1893.jpg | [[Bild:MueSynagogeJA1893.jpg|thumb|Die ehemalige Hauptsynagoge Münchens <br>(fertiggestellt 1887, Aufn. von 04/1894)]] | ||
==Die Hauptsynagoge 1887-1938== | ==Die Hauptsynagoge 1887-1938== | ||
Die durch den Architekten [[Albert Schmidt]] entworfene und unter seiner Bauleitung enstandene Hauptsynagoge wurde an der [[Herzog-Max-Straße]] No. 7, an der Ecke mit der [[Maxburgstraße]], und der [[Kapellenstraße]] im [[Kreuzviertel]] errichtet. 188ß-1882 erwarb die Israelitsche Kultusgemeinde einen Teil des Bauplatzes von dem Bauuunternehmer Rasch, und einen Teil vom Bayerischen Staat. Die Planungen für eine Synagoge gehen auf das Jahr 1878 zurück. | Die durch den Architekten [[Albert Schmidt]] entworfene und unter seiner Bauleitung enstandene Hauptsynagoge wurde an der [[Herzog-Max-Straße]] No. 7, an der Ecke mit der [[Maxburgstraße]], und der [[Kapellenstraße]] im [[Kreuzviertel]] errichtet. 188ß-1882 erwarb die Israelitsche Kultusgemeinde einen Teil des Bauplatzes von dem Bauuunternehmer Rasch, und einen Teil vom Bayerischen Staat. Die Planungen für eine Synagoge gehen auf das Jahr 1878 zurück. In den Jahren 1884 bis 1887 wurde das Bauwerk errichtet. Zur rechten Seite (vom Gebäude aus links), wie auf dem Foto zu sehen, waren die Gebäude für die Rabbinerwohnung und Gemeinderäume im gleichen Stil wie die Synagoge errichtet worden. | ||
Am 8. Juni bis in den Juli [[1938]] wurden im Auftrag Hitlers die Abbrucharbeiten zwangsweise durchgeführt. Hitler soll den Anblick des Bauwerks angeblich nicht ertragen haben. Die Thorarollen konnten gerettet werden. Die jüdische Gemeinde wurde gezwungen die Abrisskosten zu übernehmen. An ihrem ehemaligen Standort erinnert ein Gedenkstein an die Zerstörung. | Am 8. Juni bis in den Juli [[1938]] wurden im Auftrag Hitlers die Abbrucharbeiten zwangsweise durchgeführt. Hitler soll den Anblick des Bauwerks angeblich nicht ertragen haben. Die Thorarollen konnten gerettet werden. Die jüdische Gemeinde wurde gezwungen die Abrisskosten zu übernehmen. An ihrem ehemaligen Standort erinnert ein Gedenkstein an die Zerstörung. | ||
Das nach dem [[Zweiter Weltkrieg|zweiten Weltkrieg]] "freie" Areal wurde zwischen 1953-1960 durch Erweiterungen des vorhandenen Komplexes, des Kaufhauses [[Karstadt]], [[Neuhauser Straße]] 20, überbaut. Im Jahre 2002/2003 wurden diese Gebäudeteile entfernt, um dann in den Jahren 2003-2004 einen ''modernen'' gigantischen, Einheitsgebäudekomplex aufstellen zu können. Auf unserer Ansicht aus dem Jahre 1893 ist der bereits eingezäunte Bauplatz des noch zu errichtenden Künstlerhauses zu sehen. | |||
===Gedenken=== | |||
=== Gedenken === | |||
* Zum schlichten Gedenkstein an die zerstörte Hauptsynagoge und ihre ermordeten Münchner Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens (Eine private Internetseite: [http://www.verbalissimo.com/main/offers/texts/d_theol_hower_psalm_74_18.htm Psalm 74, 18, im Zusammenhang zu lesen die Verse 17-19: hier nur V. 18: "So gedenke doch des, daß der Feind den Herrn schmäht und ein töricht Volk lästert deinen Namen." ] Im Stein heißt es davon nur knapp dies: ''Gedenke dies, der Feind höhnte dich'' | * Zum schlichten Gedenkstein an die zerstörte Hauptsynagoge und ihre ermordeten Münchner Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens (Eine private Internetseite: [http://www.verbalissimo.com/main/offers/texts/d_theol_hower_psalm_74_18.htm Psalm 74, 18, im Zusammenhang zu lesen die Verse 17-19: hier nur V. 18: "So gedenke doch des, daß der Feind den Herrn schmäht und ein töricht Volk lästert deinen Namen." ] Im Stein heißt es davon nur knapp dies: ''Gedenke dies, der Feind höhnte dich'' | ||
* vgl. [[Ohel_Jakob#Die_Hauptsynagoge_1887-1938|über die alte Hauptsynagoge (1887-1938)]] | * vgl. [[Ohel_Jakob#Die_Hauptsynagoge_1887-1938|über die alte Hauptsynagoge (1887-1938)]] | ||
Zeile 39: | Zeile 38: | ||
Deutscher Text Hauptseite: | Deutscher Text Hauptseite: | ||
:::Hier stand die 1883 - 87 erbaute Hauptsynagoge der israelitischen Kultusgemeinde. | :::Hier stand die 1883 - 87 erbaute Hauptsynagoge der israelitischen Kultusgemeinde. | ||
:::Sie wurde in der Zeit der Judenverfolgung im Juni 1938 abgerissen. | :::Sie wurde in der Zeit der Judenverfolgung im Juni 1938 abgerissen. | ||
:::Am 10. November 1938 wurden in Deutschland die Synagogen niedergebrannt. | :::Am 10. November 1938 wurden in Deutschland die Synagogen niedergebrannt. | ||
:::Gedenke dies | :::Gedenke dies | ||
Zeile 64: | Zeile 61: | ||
::Du sollst nicht falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten. | ::Du sollst nicht falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten. | ||
::Du sollst nicht verlangen nach dem Weibe deines Nächsten und nicht begehren nach dem Hause oder Acker deines Nächsten, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, nach seinem Rinde oder seinem Esel, nach irgendetwas, was dein Nächster hat. | ::Du sollst nicht verlangen nach dem Weibe deines Nächsten und nicht begehren nach dem Hause oder Acker deines Nächsten, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, nach seinem Rinde oder seinem Esel, nach irgendetwas, was dein Nächster hat. | ||
und der zweite Teil von Psalm 74, Vers 8: | und der zweite Teil von Psalm 74, Vers 8: | ||
Zeile 71: | Zeile 67: | ||
::Sie verbrannten alle Gottesstätten im Lande … | ::Sie verbrannten alle Gottesstätten im Lande … | ||
== Medien == | ==Medien== | ||
===Literatur=== | ===Literatur=== | ||
* Germania Judaica II,2 S. 556-559; III,2 S. 900-906; | * Germania Judaica II,2 S. 556-559; III,2 S. 900-906; | ||
Zeile 85: | Zeile 81: | ||
* Barbara Eberhardt, Angela Hager: "Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hrsg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu. ISBN 978-3-98870-411-3 (Abschnitt zu München S. 360-386) | * Barbara Eberhardt, Angela Hager: "Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hrsg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu. ISBN 978-3-98870-411-3 (Abschnitt zu München S. 360-386) | ||
==Weblinks== | ===Weblinks=== | ||
* [http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Jüdisches_Zentrum_Jakobsplatz?uselang=de Bei Commons eine Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien] | * [http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Jüdisches_Zentrum_Jakobsplatz?uselang=de Bei Commons eine Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien] | ||
* [http://www.sueddeutsche.de/muenchen/2.220/juedisches-zentrum-in-muenchen-rueckkehr-zu-ohel-jakob-1.859586 Rückkehrer] [[Süddeutsche Zeitung|SZ]] vom 6. Nov. 2006 | |||
Geschichte: | Geschichte: | ||
Zeile 100: | Zeile 90: | ||
* [http://www.schoah.org/pogrom/muenchen/1938.htm Gewalt gegen die Münchner Juden, 1938] (insbesondere zum Buch von Andreas Heusler und Tobias Weger; Seite bei schoah.org ) | * [http://www.schoah.org/pogrom/muenchen/1938.htm Gewalt gegen die Münchner Juden, 1938] (insbesondere zum Buch von Andreas Heusler und Tobias Weger; Seite bei schoah.org ) | ||
* [http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a1/Bundesarchiv_Bild_146-1970-041-46%2C_Berlin%2C_Synagoge_Fasanenstraße.jpg Bild der zerstörten orthod. Synagoge Ohel Jakob] in der Münchner [[Herzog-Rudolf-Straße]] nach dem Judenpogrom (u.a. Brandanschlag hier) am 9. November 1938 | * [http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a1/Bundesarchiv_Bild_146-1970-041-46%2C_Berlin%2C_Synagoge_Fasanenstraße.jpg Bild der zerstörten orthod. Synagoge Ohel Jakob] in der Münchner [[Herzog-Rudolf-Straße]] nach dem Judenpogrom (u.a. Brandanschlag hier) am 9. November 1938 | ||
[[Kategorie:St.-Jakobs-Platz]] | [[Kategorie:St.-Jakobs-Platz]] | ||
[[Kategorie:Sozialleben]] | [[Kategorie:Sozialleben]] |
Bearbeitungen