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* Zu jener Zeit, da sich der streitlustige Bayern Herzog Thassilo III. Karl dem Großen hartnäckig Widersetzte, trieben die Bewohner der kleinen Dörfer vor München noch vielfach altgermanischen Götterkult. Da und dort war freilich schon das Christentum vorgedrungen. Im Gebiete zwischen her Amper un® Isar wanderte damals ein kommet, als Maultiertreiber verkleideter Mann. Er stammte nach der Sage aus edlem Geschlechte. (Nach einem neueren Geschichtsforscher wäre er ein Mönch aus Schäftlarn gewesen). In einem Sortiern am linken Jsarufer baute er sich schließlich eine einfache Behausung, um hier den Rest seines Eremitenlebens zu verbringen. Dieses Oertchen war das heutige Neuhausen. Winthir, so hieß der Eremit, griff überall, wo's Not und Kummer gab, helfend ein und manche Legenden berichten sogar von Wundern, die durch ihn vollbracht wurden. Als Winthir starb, grub man ihm an der Kirchenmauer das Grab und hier fand er in einem steinernen Sarge die letzte Ruhe. So die Ueberlieferung. | * Zu jener Zeit, da sich der streitlustige Bayern Herzog Thassilo III. Karl dem Großen hartnäckig Widersetzte, trieben die Bewohner der kleinen Dörfer vor München noch vielfach altgermanischen Götterkult. Da und dort war freilich schon das Christentum vorgedrungen. Im Gebiete zwischen her Amper un® Isar wanderte damals ein kommet, als Maultiertreiber verkleideter Mann. Er stammte nach der Sage aus edlem Geschlechte. (Nach einem neueren Geschichtsforscher wäre er ein Mönch aus Schäftlarn gewesen). In einem Sortiern am linken Jsarufer baute er sich schließlich eine einfache Behausung, um hier den Rest seines Eremitenlebens zu verbringen. Dieses Oertchen war das heutige Neuhausen. Winthir, so hieß der Eremit, griff überall, wo's Not und Kummer gab, helfend ein und manche Legenden berichten sogar von Wundern, die durch ihn vollbracht wurden. Als Winthir starb, grub man ihm an der Kirchenmauer das Grab und hier fand er in einem steinernen Sarge die letzte Ruhe. So die Ueberlieferung. | ||
* Jahrhunderte zogen durch das Land. Als Anno 1600 das | * Jahrhunderte zogen durch das Land. Als Anno 1600 das Neuhauser Kirchlein vergrößert wurde, suchte man nach der Grabstätte — und man fand tatsächlich den Steinernen Sarg mit den Gebeinen Winthirs. Nun wurde die Wand der Epistelseite über die aufgedeckte Grabstätte hinausgesetzt, und so kam der Ruheplatz Winthirs in das Innere der Kirche zu liegen. In späterer Zeit baute man einen hübschen Altar darüber. Besondere Verehrung fand der Selige im 18. Jahrhundert. Da wurden alljährlich zu Neuhausen öffentliche Winthir-Prozestionen veranstaltet. An diesen feierlichen Umzügen nahm viel Volk teil, das von weit und breit herbeikam. Auch bayerische Kurfürsten sollen sich mit ihrem Hofstaat dem kirchlichen Umzüge angeschlossen haben. Nun sind diese Neuhauser Winthir-Prozessionen längst verschwunden, aber vom Leben Winthirs, dem auch im Wallfahrtskirchlein Maria Eich ein Seitenaltar geweiht ist, erzählen sich die eingesessenen Neuhauser noch heute manch schöne Mär. | ||
* Draußen an der neuen Wendlstraße zu Neuhausen erhob sich eine uralte verwitterte Denksäule: der Winthirstein. Vor Jahren stand dieses in spätgotischem Stile aus Sandstein gehauene Denkmal einsam auf freiem Feldes Unergründliches Geheimnis umweht den etwa drei Meter hohen Stein. Was mag er bedeuten? Vielleicht eine Votiv- oder Pestsäule? vielleicht gar ein Jagddenkmal? Das Volk kümmert sich darum nur wenig. Für ihn bleibt es der Winthirstein, welcher der Sage nach den Ort bezeichnet, wo Winthir seine Predigten hielt. So hat es der Großvater von seinem Urgroßvater gebort. Auch sonst geht über den Stein noch manche Sage. All die umliegenden Fluren, so erzählt man sich, seien seit jeher von Hagelschlägen und sonstigen Ungewittern verschont geblieben. Wer ein großes Herzleid hatte, beim Winthirstein betete und nicht gleich verzagte, dem wurde, als die Zeiten noch andere waren, fast immer geholfen. — Da lebte aber einmal zu Neuhausen ein reicher Bauer, der den Herrgott den lieben Herrgott sein ließ und gar lustig lebte, bis eines Sommers ein furchtbares Ungewitter über seine Fluren niederging und alles zerstörte. Da herrschte im Hose des gottlosen Bauern großer Jammer. Als aber der Pfarrer kam und den Geschädigten mit den Worten: „Schau Bauer, halt' den Kopf hoch und vertrau' auf unser's Winthirs Hilf'. Es dauert g'wiß nit lang, dann geht er wieder segnend über deine Felder" trösten wollte, da begann der Landmann Winthir furchtbar zu lästern, rief seine Knechte und befahl ihnen, den Winthirstein umzuwerfen. Aber die Leute weigerten sich. „'Sann tua i's selber!" schrie nun der Lästerer und eilte mit Hacke und Spaten hinaus aus das Feld. Er kam aber nimmer zurück. Zwei Schaufel Erde fand man bei der Säule ausgeworfen und daneben den toten Bauern. | * Draußen an der neuen Wendlstraße zu Neuhausen erhob sich eine uralte verwitterte Denksäule: der Winthirstein. Vor Jahren stand dieses in spätgotischem Stile aus Sandstein gehauene Denkmal einsam auf freiem Feldes Unergründliches Geheimnis umweht den etwa drei Meter hohen Stein. Was mag er bedeuten? Vielleicht eine Votiv- oder Pestsäule? vielleicht gar ein Jagddenkmal? Das Volk kümmert sich darum nur wenig. Für ihn bleibt es der Winthirstein, welcher der Sage nach den Ort bezeichnet, wo Winthir seine Predigten hielt. So hat es der Großvater von seinem Urgroßvater gebort. Auch sonst geht über den Stein noch manche Sage. All die umliegenden Fluren, so erzählt man sich, seien seit jeher von Hagelschlägen und sonstigen Ungewittern verschont geblieben. Wer ein großes Herzleid hatte, beim Winthirstein betete und nicht gleich verzagte, dem wurde, als die Zeiten noch andere waren, fast immer geholfen. — Da lebte aber einmal zu Neuhausen ein reicher Bauer, der den Herrgott den lieben Herrgott sein ließ und gar lustig lebte, bis eines Sommers ein furchtbares Ungewitter über seine Fluren niederging und alles zerstörte. Da herrschte im Hose des gottlosen Bauern großer Jammer. Als aber der Pfarrer kam und den Geschädigten mit den Worten: „Schau Bauer, halt' den Kopf hoch und vertrau' auf unser's Winthirs Hilf'. Es dauert g'wiß nit lang, dann geht er wieder segnend über deine Felder" trösten wollte, da begann der Landmann Winthir furchtbar zu lästern, rief seine Knechte und befahl ihnen, den Winthirstein umzuwerfen. Aber die Leute weigerten sich. „'Sann tua i's selber!" schrie nun der Lästerer und eilte mit Hacke und Spaten hinaus aus das Feld. Er kam aber nimmer zurück. Zwei Schaufel Erde fand man bei der Säule ausgeworfen und daneben den toten Bauern. |
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