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Die mutmaßliche Täterin, oft als Rechtsterroristin bezeichnete, Beate Zschäpe beendete ihr Schweigen im Verfahren und machte im Dezember 2015 eine schriftliche Aussage. Damit ist die Strategie ihrer ursprünglichen Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm gescheitert. Der neue Anwalt M. Grasel spielt jetzt die zentrale Rolle. Sein Kanzleikollege Hermann Borchert hat sich Zschäpe zusätzlich als Wahlverteidiger ausgesucht. | Die mutmaßliche Täterin, oft als Rechtsterroristin bezeichnete, Beate Zschäpe beendete ihr Schweigen im Verfahren und machte im Dezember 2015 eine schriftliche Aussage. Damit ist die Strategie ihrer ursprünglichen Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm gescheitert. Der neue Anwalt M. Grasel spielt jetzt die zentrale Rolle. Sein Kanzleikollege Hermann Borchert hat sich Zschäpe zusätzlich als Wahlverteidiger ausgesucht. | ||
==Literatur== | == Die Plädoyers == | ||
Ende Juli 2017 begannen die Ankläger der Bundesanwaltschaft mit ihrem Schlußvortrag zum gesamten Verfahren. | |||
Unterbrechung durch die Gerichtsferien.... | |||
==Medien== | |||
===Literatur=== | |||
Zu dem ganzen Verfahren und den Hintergründen gibt es bereits Bücher, Z.B. als Krimi: | Zu dem ganzen Verfahren und den Hintergründen gibt es bereits Bücher, Z.B. als Krimi: | ||
*Wolfgang Schorlau: ''Die schützende Hand.'' Kiwi, 2015, 384 S. ISBN 978-3-462-04666-3 (Fiktion: Dengler-Krimi-Reihe spielt vor dem Hintergrund der NSU-Mordserie. Die Sicherheitsbehörden ermitteln nicht gegen die Täter, sondern gegen das Umfeld der Opfer der NSU-Mordserie, Akten werden geschreddert, der Verfassungsschutz hat überall seine Finger im Spiel. Was, wenn das kein bloßes Behördenversagen ist? Wer hält seine schützende Hand über die Mörder? [http://www.kiwi-verlag.de/buch/die-schuetzende-hand/978-3-462-04666-3/ Verlagsangaben]) | *Wolfgang Schorlau: ''Die schützende Hand.'' Kiwi, 2015, 384 S. ISBN 978-3-462-04666-3 (Fiktion: Dengler-Krimi-Reihe spielt vor dem Hintergrund der NSU-Mordserie. Die Sicherheitsbehörden ermitteln nicht gegen die Täter, sondern gegen das Umfeld der Opfer der NSU-Mordserie, Akten werden geschreddert, der Verfassungsschutz hat überall seine Finger im Spiel. Was, wenn das kein bloßes Behördenversagen ist? Wer hält seine schützende Hand über die Mörder? [http://www.kiwi-verlag.de/buch/die-schuetzende-hand/978-3-462-04666-3/ Verlagsangaben]) | ||
===Fotoausstellung === | |||
Regina Schmeken fertigte eine Fotoserie zu den Verbrechen, Titel: „Blutiger Boden. Die Tatorte des NSU.“ Gezeigt werden die Bilder im Martin-Gropius-Bau, Berlin; Niederkirchner Str. 7. (Tel. 030 / 254 860. Mi. bis Mo. 10-19 Uhr, bis 29. 10.2017) Es gibt einen Katalog zur Ausstellung. | |||
Die Pressefotografin der „Süddeutschen Zeitung“ R. Schmeken hat alle Tatorte der NSU-Morde besucht – Dabei sind verstörende Bilder entstanden. | |||
Es ist nach der verstrichenen Zeit hilfreich, sich das Ausmaß des Terrors gegen Menschen türkischer und griechischer Abstammung in Deutschland vor Augen zu führen. Die Tatorte sind von Regina Schmeken nicht mythisch verklärt worden. Jeder Tatort wird wie im klassischen Altarbild mit je drei Ansichten ganz ohne Pathos gezeigt. „Blutiger Boden“ ist die Ausstellung zwar betitelt, aber das reale Blut ist längst weggewischt. Der Boden ist dieses Land. Gezeigt wird auch seine Banalität im Alltag. Besucher fragen sich vielleicht: Wie konnte das mitten unter uns geschehen? Warum blieb es so lange unentdeckt? | |||
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Kunst und Wirklichkeit | |||
Enver Simsek hatte einen eigentlich optimalen Verkaufsort gefunden. Am 9. September 2000 fuhr der Blumenhändler mit seinem Lieferwagen in eine Parkbucht an einem Waldgelände, günstig gelegen zwischen drei Autobahnen und einem Gewerbegebiet um Nürnberg mit viel Durchgangsverkehr. Simsek breitete die Schnittblumen aus. Als er in den Laderaum seines Transporters stieg, traten zwei Männer in der Montur von Radfahrern von hinten heran. Mit acht Schüssen strecken sie Enver Simsek nieder. | |||
Die Ausstellung kommt zum richtigen Zeitpunkt. Demnächst wird das Oberlandesgericht München das Urteil über die Mittäterin Beate Zschäpe sprechen. Es ist hilfreich, noch mal das Ausmaß des Terrors gegen Menschen türkischer und griechischer Abstammung vor Augen geführt zu bekommen. Von 2000 bis 2007, sieben Jahre lang, tötete der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund (NSU). Zehn Menschen starben, auch eine Polizistin. Die Mörder waren Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, unterstützt von Beate Zschäpe, der einzigen Überlebenden des Terror-Trios. In dem jahrelangen Prozess verschanzt sie sich hinter der Fassade einer bürgerlichen Existenz, doch die Ermittlungen belegen, dass sie die beiden Männer tatkräftig unterstützt hat. Die wählten den Selbstmord, als ihnen 2011 klar wurde, dass sie überführt waren. Erst da erfuhr die Öffentlichkeit von der beispiellosen Mordserie, die rassistisch motiviert war. | |||
Zschäpe tritt vor Gericht selbstbewusst und abweisend auf, für die Angehörigen der Opfer von Böhnhardt und Mundlos hat sie kein Wort übrig. Sie will die Deutungshoheit über die Bildsprache der Taten behalten. Da können ihr die Bilder der Fotokünstlerin Regina Schmeken nicht gelegen kommen. Die Pressefotografin der „Süddeutschen Zeitung“ hat eine ganz eigene Darstellung entwickelt, als sie alle Tatorte mehrfach aufsuchte und schwarz-weiß ablichtete. Schmeken zeigt die Leere des Grauens. Das hat eine außerordentliche Wirkung auf die Betrachter. Die Bilder werden im Gropius-Bau in zwei abgedunkelten Räumen als Großformate gezeigt. | |||
Da ist die Bushaltestelle in der Münchner Trappentreustraße. Nahebei wurde Theodoris Boulgarides am 15. Juni 2006 erschossen. Da ist die Keupstraße in Köln mit einer Reihe türkisch-kurdischer Geschäfte. Hier wurden am 9. Juni 2004 durch eine explodierende Nagelbombe 22 Menschen zum Teil schwer verletzt. Da ist die Mallinckrodtstraße in Dortmund. Am 4. April 2006 richteten die Täter an dieser Stelle Mehmet Kubasik hin. Da ist ein Platz in Rostock. Dort stand am 25. Februar 2004 Mehmet Turgut in seinem Döner-Imbiss, als er hinterrücks erschossen wurde. Da ist die Schützenstraße in Hamburg. Dort wurde am 27. Juni 2001 Süleyman Tasköprü getötet. Und da ist die Theresienwiese am Stadtrand von Heilbronn. Hier kam den Tätern am 25. April 2007 die Polizistin Michèle Kiesewetter in die Quere – sie brachten sie um. | |||
Die Täter fuhren mit einem Auto durchs Land und suchten sich Opfer. Eine infame Tötungsserie, wie es sie zuvor nie in der Bundesrepublik gab. Sie wähnten sich sicher, weil die polizeilichen Ermittlungen lange in die Irre liefen – man glaubte an Mafiaabrechnungen, folgte jahrelang völlig falschen Spuren. | |||
Die Tatorte sind von Regina Schmeken nicht mythisch verbrämt fotografiert worden. Jeder Tatort wird wie im klassischen Tryptichon mit je drei Ansichten gezeigt, aber ohne Pathos. „Blutiger Boden“ ist die Ausstellung betitelt, aber das Blut ist längst weggewischt. Gezeigt wird auch die Banalität des Alltags, der über die Orte des Mordens hinweg walzt. Besucher fragen sich: Wie konnte das mitten unter uns geschehen? Warum blieb es so lange unentdeckt? | |||
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