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'''Ernst Toller''' (* 1. Dezember [[1893]] in Samotschin, Provinz Posen; † 22. Mai 1939 in New York) war ein Schriftsteller und Politiker.
'''Ernst Toller''' (* [[1. Dezember]] [[1893]] in Samotschin, Provinz Posen; † [[22. Mai]] [[1939]] in New York) war Schriftsteller und Politiker.


Nach der Schulzeit in Bromberg (in der ehemaligen preussischen [[Provinz Posen]]) Studium in Grenoble. Im August [[1914]] trat Toller als Kriegsfreiwilliger dem 1. Kgl. Bay. Fuß-Artillerie-Regiment in [[München]] bei. Nach [[Erster Weltkrieg|Kämpfen]] bei Verdun (wegen Tapferkeit ausgezeichnet) wurde Toller im Januar [[1917]] als nicht mehr kriegsverwendungsfähig beurteilt, und es wurde ihm ein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München erlaubt.  
Nach der Schulzeit in Bromberg (in der damals preußischen Provinz Posen) begann er ein Studium in Grenoble. Im August [[1914]] trat Toller als Kriegsfreiwilliger dem 1. Kgl. Bay. Fuß-Artillerie-Regiment in [[München]] bei. Nach [[Erster Weltkrieg|Kämpfen]] bei Verdun (wegen Tapferkeit ausgezeichnet) wurde Toller im Januar [[1917]] als ''nicht mehr kriegsverwendungsfähig'' beurteilt und es wurde ihm ein Studium an der [[Ludwig-Maximilians-Universität München|Universität München]] erlaubt. Dort entstanden erste Kontakte zu [[Max Weber]] und zum Verleger Eugen Diederichs.
Kontakte zu [[Max Weber]] und zum Verleger Eugen Diederichs entstanden.
   
   
Toller beteiligte sich an den wöchentlichen politischen Diskussionsrunden von linksorientierten Kriegsgegnern im Gasthaus „[[Zum goldenen Anker]]“ in [[München]], zu denen unter vielen andern auch [[Kurt Eisner]], [[Felix Fechenbach]], [[Oskar Maria Graf]] und [[Erich Mühsam]] kamen. Bei Kriegsende beteiligte er sich am 7.- 8. November [[1918]] am Umsturz der Monarchie in Bayern.  
Toller beteiligte sich an den wöchentlichen politischen Diskussionsrunden von linksorientierten Kriegsgegnern im Gasthaus „[[Zum goldenen Anker]]“ in [[München]] (vormals Schillerstraße 30, jetzt Nr. 34), zu denen unter vielen andern auch [[Kurt Eisner]], Felix Fechenbach, [[Oskar Maria Graf]] und [[Erich Mühsam]] kamen.  
Nach der Ermordung von Kurt Eisner, am 21. Februar 1919, war Ernst Toller sein Nachfolger als erster Vorsitzender der USPD in Bayern, die bei den Landtagswahlen nach der Revolution am 8.11.1918 (bei einer Wahlbeteiligung von 86 Prozent) mit 2,53 Prozent der Stimmen drei der 189 Landtagssitze errungen hatte.  
[[Datei:220px-Ernst Toller 1923.jpg|thumb|300px|Portrait um 1923]]
Bei dem Versuch im April 1919, im Freistaat Bayern eine sozialistische Republik nach rätedemokratischem Muster durchzusetzen, war Ernst Toller nach Rudolf Egelhofer der zweite Mann und liess sich, obwohl Pazifist, mit dem Aufbau der ''Roten Armee'' beauftragen, deren Kommandant er knapp vier Wochen lang war. Doch schon zu Beginn der Kampfhandlungen, die zur Niederschlagung der Räterepublik am 1. bis 3. Mai 1919 (auf Befehl des Reichswehrministers Gustav Noske durch Freikorpstruppen von Offizieren in Mannschaftsuniform) führte, war Toller in der Nacht zum 1. Mai untergetaucht. Knapp drei Wochen danach, am 4. Juni 1919, wurde Toller hinter einer Tapetentür in der Schwabinger Wohnung des Malers Johannes Reichel, im Suresnesschlößl in der Werneckstrasse, verhaftet und angeklagt.
Bei Kriegsende beteiligte er sich am [[Novemberrevolution|7.8. November 1918]] am Umsturz der Monarchie in Bayern.  
 
Nach der Ermordung von Kurt Eisner am 21. Februar 1919 wurde Ernst Toller sein Nachfolger als Vorsitzender der USPD in Bayern, die bei den ersten, am 12. Januar und 2. Februar 1919 stattgefundenen Wahlen zum Bayerischen Landtag,  nach der Revolution am 8. November 1918 (bei einer Wahlbeteiligung von 86 Prozent) mit 2,53 Prozent der Stimmen drei der 189 Landtagssitze errungen hatte.  
 
Beim Versuch, im April 1919 im Freistaat Bayern eine [[Räterepublik|sozialistische Republik]] nach rätedemokratischem Muster durchzusetzen, war Ernst Toller nach Rudolf Egelhofer der zweite Mann und ließ sich, obwohl Pazifist, mit dem Aufbau der ''Roten Armee'' beauftragen, deren Kommandant er knapp vier Wochen lang war. Zu Beginn der Kampfhandlungen, die zur Niederschlagung der Räterepublik am 1. bis 3. Mai 1919 führte (auf Befehl des Reichswehrministers Gustav Noske u.a. durch deutschnationale Freikorpstruppen von Offizieren in Mannschaftsuniform), war Toller in der Nacht zum 1. Mai untergetaucht. Knapp drei Wochen danach, am 4. Juni 1919, wurde Toller hinter einer Tapetentür in der Schwabinger Wohnung des Malers Johannes Reichel, im [[Schloss Suresnes|Suresnes-Schlössl]] in der [[Werneckstraße]], verhaftet und angeklagt.
   
   
Vor einem Sondergericht mit standrechtsähnlicher Verhandlungsführung entging er nur knapp der Todesstrafe durch die energische Zeugenaussage von Professor Max Weber, der ungeachtet seiner eigenen prinzipiellen Gegnerschaft zur Räterepublik seinem ehemaligen Studenten Ernst Toller die „absolute Lauterkeit“ eines radikalen Gesinnungsethikers attestierte. Ernst Toller wurde zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt. Nach Verbüssung der Festungshaft in Niederschönhausen betätigte er sich wieder als Literat.
Vor einem Sondergericht mit standrechtsähnlicher Verhandlungsführung entging er der Todesstrafe nur knapp durch die energische Zeugenaussage von Professor [[Max Weber]], der ungeachtet seiner eigenen prinzipiellen Gegnerschaft zur Räterepublik seinem ehemaligen Studenten Toller die „absolute Lauterkeit“ eines radikalen Gesinnungsethikers attestierte. Ernst Toller wurde zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt. Nach Verbüßung der Festungshaft in Niederschönenfeld betätigte er sich wieder als Literat.
 
[[1932]] ging Ernst Toller zunächst ins Schweizer Exil, 1933 dann nach London, wo die dort sehr erfolgreiche 15-jährige deutsche Schauspielerin Christiane Grautoff bei ihm blieb (Heirat 1935 in London) und emigrierte schließlich in die USA.  


1932 ging Ernst Toller zunächst ins Schweizer Exil, 1933 dann nach London, wo die hier sehr erfolgreiche 15-jährige deutsche Schauspielerin Christiane Grautoff bei ihm blieb (Heirat 1935 in London) und emigrierte schließlich in die USA.  
Toller war Präsident des Internationalen Schriftstellerverbandes und: „An Ernst Toller richten sich viele kampfesmüde Emigranten immer wieder auf“ (s. “Ostende“ von Volker Weidermann, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2014, S. 83 ff.).  


Toller war Präsident des Internationalen Schriftstellerverbandes, und: “An Ernst Toller richte[te]n sich viele kampfesmüde Emigranten immer wieder auf“ (s. “Ostende“ von Volker Weidermann, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2014, S. 83 ff.).
Am 22. Mai 1939 beging der 45-jährige Toller Selbstmord in einem Zimmer des New Yorker Hotel “Mayflower“.
Am 22. Mai 1939 beging Ernst Toller (45) Selbstmord in einem New Yorker Hotelzimmer.
    
    
Der Dramatiker und Lyriker Ernst Toller wird als Vertreter expressionistischer Literatur und Schauspiele eingeschätzt.  
Der Dramatiker und Lyriker E. Toller wird als Vertreter expressionistischer Literatur und Schauspiele noch heute geschätzt.  


Nach ihm benannt ist der [[Ernst-Toller-Platz]] in [[Schwabing]].
== Gedenken ==
Nach ihm ist der [[Ernst-Toller-Platz]] in [[Schwabing]] benannt.


== Werke ==
== Werke ==
* ''Die Wandlung'', Drama, 1919
* ''Die Wandlung'', Drama, 1919
* ''Masse Mensch'', Drama, 1920 (erste Niederschrift Oktober 1919)
* ''Masse Mensch'', Drama, 1920 (erste Niederschrift Oktober 1919)
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Tankred Dorst: ''Toller''. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1991 ( = Frankfurt am Main: Suhrkamp 1968), ISBN 3-518-10294-X.
* Tankred Dorst: ''Toller''. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1991 (= Frankfurt am Main: Suhrkamp 1968), ISBN 3-518-10294-X.
* Dieter Distl: ''Ernst Toller. Eine politische Biographie''. Bickel, Schrobenhausen 1993, ISBN 3-922803-77-6, (''Edition Descartes'' 1), (Zugleich: München, Univ., Diss., 1993).
* Dieter Distl: ''Ernst Toller. Eine politische Biographie''. Bickel, Schrobenhausen 1993, ISBN 3-922803-77-6, (''Edition Descartes'' 1), (Zugleich: München, Univ., Diss., 1993).
* Stefan Neuhaus (Hrsg.): ''Ernst Toller und die Weimarer Republik. Ein Autor im Spannungsfeld von Literatur und Politik''. Königshausen und Neumann, Würzburg 1999 ISBN 3-8260-1598-3, (''Schriften der Ernst-Toller-Gesellschaft'' 1).
* Stefan Neuhaus (Hrsg.): ''Ernst Toller und die Weimarer Republik. Ein Autor im Spannungsfeld von Literatur und Politik''. Königshausen und Neumann, Würzburg 1999 ISBN 3-8260-1598-3, (''Schriften der Ernst-Toller-Gesellschaft'' 1).
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== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.ernst-Toller.de Ernst-Toller-Gesellschaft e. V. Neuburg an der Donau]
* [http://www.ernst-Toller.de Ernst-Toller-Gesellschaft e. V. Neuburg an der Donau]
 
* [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb11126692-3
 
 
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Aktuelle Version vom 16. September 2025, 20:07 Uhr

Ernst Toller (* 1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; † 22. Mai 1939 in New York) war Schriftsteller und Politiker.

Nach der Schulzeit in Bromberg (in der damals preußischen Provinz Posen) begann er ein Studium in Grenoble. Im August 1914 trat Toller als Kriegsfreiwilliger dem 1. Kgl. Bay. Fuß-Artillerie-Regiment in München bei. Nach Kämpfen bei Verdun (wegen Tapferkeit ausgezeichnet) wurde Toller im Januar 1917 als nicht mehr kriegsverwendungsfähig beurteilt und es wurde ihm ein Studium an der Universität München erlaubt. Dort entstanden erste Kontakte zu Max Weber und zum Verleger Eugen Diederichs.

Toller beteiligte sich an den wöchentlichen politischen Diskussionsrunden von linksorientierten Kriegsgegnern im Gasthaus „Zum goldenen Anker“ in München (vormals Schillerstraße 30, jetzt Nr. 34), zu denen unter vielen andern auch Kurt Eisner, Felix Fechenbach, Oskar Maria Graf und Erich Mühsam kamen.

Portrait um 1923

Bei Kriegsende beteiligte er sich am 7.– 8. November 1918 am Umsturz der Monarchie in Bayern.

Nach der Ermordung von Kurt Eisner am 21. Februar 1919 wurde Ernst Toller sein Nachfolger als Vorsitzender der USPD in Bayern, die bei den ersten, am 12. Januar und 2. Februar 1919 stattgefundenen Wahlen zum Bayerischen Landtag, nach der Revolution am 8. November 1918 (bei einer Wahlbeteiligung von 86 Prozent) mit 2,53 Prozent der Stimmen drei der 189 Landtagssitze errungen hatte.

Beim Versuch, im April 1919 im Freistaat Bayern eine sozialistische Republik nach rätedemokratischem Muster durchzusetzen, war Ernst Toller nach Rudolf Egelhofer der zweite Mann und ließ sich, obwohl Pazifist, mit dem Aufbau der Roten Armee beauftragen, deren Kommandant er knapp vier Wochen lang war. Zu Beginn der Kampfhandlungen, die zur Niederschlagung der Räterepublik am 1. bis 3. Mai 1919 führte (auf Befehl des Reichswehrministers Gustav Noske u.a. durch deutschnationale Freikorpstruppen von Offizieren in Mannschaftsuniform), war Toller in der Nacht zum 1. Mai untergetaucht. Knapp drei Wochen danach, am 4. Juni 1919, wurde Toller hinter einer Tapetentür in der Schwabinger Wohnung des Malers Johannes Reichel, im Suresnes-Schlössl in der Werneckstraße, verhaftet und angeklagt.

Vor einem Sondergericht mit standrechtsähnlicher Verhandlungsführung entging er der Todesstrafe nur knapp durch die energische Zeugenaussage von Professor Max Weber, der ungeachtet seiner eigenen prinzipiellen Gegnerschaft zur Räterepublik seinem ehemaligen Studenten Toller die „absolute Lauterkeit“ eines radikalen Gesinnungsethikers attestierte. Ernst Toller wurde zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt. Nach Verbüßung der Festungshaft in Niederschönenfeld betätigte er sich wieder als Literat.

1932 ging Ernst Toller zunächst ins Schweizer Exil, 1933 dann nach London, wo die dort sehr erfolgreiche 15-jährige deutsche Schauspielerin Christiane Grautoff bei ihm blieb (Heirat 1935 in London) und emigrierte schließlich in die USA.

Toller war Präsident des Internationalen Schriftstellerverbandes und: „An Ernst Toller richten sich viele kampfesmüde Emigranten immer wieder auf“ (s. “Ostende“ von Volker Weidermann, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2014, S. 83 ff.).

Am 22. Mai 1939 beging der 45-jährige Toller Selbstmord in einem Zimmer des New Yorker Hotel “Mayflower“.

Der Dramatiker und Lyriker E. Toller wird als Vertreter expressionistischer Literatur und Schauspiele noch heute geschätzt.

Gedenken

Nach ihm ist der Ernst-Toller-Platz in Schwabing benannt.

Werke

  • Die Wandlung, Drama, 1919
  • Masse Mensch, Drama, 1920 (erste Niederschrift Oktober 1919)
  • Die Maschinenstürmer, Drama, 1922
  • Hinkemann (orig. Der deutsche Hinkemann), Drama, Uraufführung 19. September 1923
  • Der entfesselte Wotan, Komödie, 1923
  • Das Schwalbenbuch, neue durchges. Auflage, Gustaf Kiepenheuer, Weimar 1924
  • Hoppla, wir leben!, Drama, 1927
  • Justiz. Erlebnisse, 1927
  • Quer Durch, 1930
  • Feuer aus den Kesseln, 1930
  • Die blinde Göttin, 1933
  • Eine Jugend in Deutschland, Autobiographie, Amsterdam 1936 (Querido)
  • Nie wieder Friede, 1934
  • Briefe aus dem Gefängnis, 1935
  • Pastor Hall, 1939

Literatur

  • Tankred Dorst: Toller. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1991 (= Frankfurt am Main: Suhrkamp 1968), ISBN 3-518-10294-X.
  • Dieter Distl: Ernst Toller. Eine politische Biographie. Bickel, Schrobenhausen 1993, ISBN 3-922803-77-6, (Edition Descartes 1), (Zugleich: München, Univ., Diss., 1993).
  • Stefan Neuhaus (Hrsg.): Ernst Toller und die Weimarer Republik. Ein Autor im Spannungsfeld von Literatur und Politik. Königshausen und Neumann, Würzburg 1999 ISBN 3-8260-1598-3, (Schriften der Ernst-Toller-Gesellschaft 1).

Weblinks

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