Wolfratshausen im Herzogtum Bayern: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Wolfratshausen im Herzogtum Bayern''' war bis zum dreißigjährigen Krieg die politische Struktur in der sich das heutig München östlich der Isar befand.
'''Wolfratshausen im [[Herzogtum Bayern]]''' war bis zum dreißigjährigen Krieg die politische Struktur, in der sich das heutige [[München]] östlich der [[Isar]] gelegen, befand. Gemeint ist die Geschichte des heutigen [[Wolfratshausen]]s.


Bis zum Dreißigjährigne Krieg unterlag der heute östlich der Isar gelegene Teil Münchens der Jurisdiktion des Landgerichtes Wolfratshausen.
Bis zum Dreißigjährigen Krieg unterlag der heute östlich der [[Isar]] gelegene Teil Münchens der Jurisdiktion des Landgerichtes Wolfratshausen.
 
 
==Bis 1350 die Herrschaft der Grafen==
==Politische Struktur des feudalen Bayern==
==Politische Struktur des feudalen Bayern==
Das Lex Baiuvariorum teilte Bayern in Gaue, also geographische Räume, Siedlungslandschaften und Verwaltungsräume.<ref>[[Karl Bosl]], Bayern, Einleitung Seite XXV.</ref>
Das Lex Baiuvariorum teilte Bayern in Gaue, also geographische Räume, Siedlungslandschaften und Verwaltungsräume.<ref>[[Karl Bosl]]: ''Bayern'', Einleitung Seite XXV.</ref>
Bayern nördlich der Alpen gliederte sich entsprechend den Himmelsrichtungen: Nordgau, Westergau, Ostergau und Sundergau.
[[Bayern]] nördlich der [[Alpen]] gliederte sich entsprechend den Himmelsrichtungen: Nordgau, Westergau, Ostergau und Sundergau.
Die Gaue vermehrten sich durch Ausbreitung nach Süden und Teilung.
Die Gaue vermehrten sich durch Ausbreitung nach Süden und Teilung.


In den ältesten Salzburger Güterverzeichnissen, dem Indiculus Aronis und den Breves notitiae Salisburgenses, Sammlungen von Urkunden und Aufzeichnungen historischen Inhalts aus der Zeit nach der Absetzung Tassilos III., werden 20 große Gaue aufgezählt <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 56</ref>
In den ältesten Salzburger Güterverzeichnissen, dem Indiculus Aronis und den Breves notitiae Salisburgenses, Sammlungen von Urkunden und Aufzeichnungen historischen Inhalts aus der Zeit nach der Absetzung Tassilos III., werden 20 große Gaue aufgezählt <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 56</ref>
Zwischen den Gauen gab es Gebiete, die außerhalb der Gaue anderweitigen Besitzern gehörten<ref>{{WL2|Benno Hubensteiner}}, Bayerische Geschichte, 4. Auflage, München, S. 36.</ref>
Zwischen den Gauen gab es Gebiete, die außerhalb der Gaue anderweitigen Besitzern gehörten<ref>{{WL2|Benno Hubensteiner}}, Bayerische Geschichte, 4. Auflage, München, S. 36.</ref>
So lag beispielsweise zwischen dem Salzburg-, Matting- und Attergau ein großes Waldgebiet, das Herzog Odilo (Oatilo) ca. 755-748) dem Kloster Mondsee geschenkt hatte <ref>{{WL2|Gertrud Diepolder}}, Die Orts- und "in Pago"-Benennungen im bayersichen Stammesherzogtum zur Zeit der Agilolfinger, in :ZBLG 11957, Band 20, Heft 2, S. 374.</ref>.
So lag beispielsweise zwischen dem Salzburg-, Matting- und Attergau ein großes Waldgebiet, das Herzog Odilo (Oatilo) ca. 755-748) dem Kloster Mondsee geschenkt hatte <ref>{{WL2|Gertrud Diepolder}}, Die Orts- und "in Pago"-Benennungen im bayerischen Stammesherzogtum zur Zeit der Agilolfinger, in :ZBLG 11957, Band 20, Heft 2, S. 374.</ref>.
Unter den Gauen war einer der weitest ausgedehnten und größten der Sundergau. Er dehnte sich von einer im Norden gedachten Linie von nördlich München bis nördlich Wasserburg bis ungefähr an die heutige bayerische Südgrenze aus und schloß das Land zwischen Loisach, Isar und Inn ein <ref>{{WL2|Sigmund von Riezler}}, Geschichte Baiern, I Bd. Gotha 1878, S. 848.</ref>.
Unter den Gauen war einer der weitest ausgedehnten und größten der Sundergau. Er dehnte sich von einer im Norden gedachten Linie von nördlich München bis nördlich Wasserburg bis ungefähr an die heutige bayerische Südgrenze aus und schloss das Land zwischen Loisach, Isar und Inn ein <ref>{{WL2|Sigmund von Riezler}}, Geschichte Baiern, I Bd. Gotha 1878, S. 848.</ref>.
==Die Regierung der Grafen==
 
Seit der {{WL2|Merowinger}} ernannte der Herzog einen Grafen als Bevollmächtigten zum Ausüben sämtlicher Hoheitsrechte in einem Gau.
==Bis 1380 die Regierung der Grafen==
Michael Doeberl umreißt die Gerechtsame der Grafen: "Er hat den Gerichtsbann, d.h. er führt den Vorsitz in den Gerichtsversammlungen an den verschiedenen Dingstätten seines Gaues.
Seit der {{WL2|Merowinger}} ernannte der Herzog einen Grafen als Bevollmächtigten zum Ausüben sämtlicher Hoheitsrechte in einem Gau. Michael Doeberl umreißt die Gerechtsame der Grafen:
Er hat den Polizeibann, d. h. er übt die Sicherheits- und Verkehrspolizei (Straßen- Brücken-, Marktwesen).
* "Er hat den Gerichtsbann, d.h. er führt den Vorsitz in den Gerichtsversammlungen an den verschiedenen Dingstätten seines Gaues.
Er hat den Heerbann, d. h. er bietet alle Freien seiner Grafschaft zum Heeresdienst auf und befehligt sie im Kriege.
* Er hat den Polizeibann, d. h. er übt die Sicherheits- und Verkehrspolizei (Straßen- Brücken-, Marktwesen).
Er hat den Finanzbann, d. h. er erhebt die Einkünfte aus öffentlich-rechtlichen Titeln, Bußen, Friedensgeldern, Steuern, wo solche herkömmlich sind, damit verbindet er vielleicht die Aufsicht über die herzöglichen Güter" <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 57</ref>
* Er hat den Heerbann, d. h. er bietet alle Freien seiner Grafschaft zum Heeresdienst auf und befehligt sie im Kriege.
Die Grafen waren keine Verwaltungsbeamten da ihr Lehen erblich war. <ref>{{WL2|Benno Hubensteiner}}, Bayerische Geschichte, 4. Auflage, München, S. 36.</ref>.
* Er hat den Finanzbann, d. h. er erhebt die Einkünfte aus öffentlich-rechtlichen Titeln, Bußen, Friedensgeldern, Steuern, wo solche herkömmlich sind, damit verbindet er vielleicht die Aufsicht über die herzöglichen Güter" <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 57</ref>
1. Die schon seit den ältesten Zeiten in Bayern voll ausgeprägte Grundherrschaft erlaubte ihnen nur auf ihren eigenen Besitzungen unumschränkte Verfügungsfreiheit.
 
Aber dies waren in der Regel keine zusammenhängenden, geschlossenene Gebiete sondern sehr zerteilt und weit verstreut.
Die Grafen waren keine Verwaltungsbeamten, da ihr Lehen erblich war. <ref>{{WL2|Benno Hubensteiner}}, Bayerische Geschichte, 4. Auflage, München, S. 36.</ref>. Die schon seit den ältesten Zeiten in Bayern voll ausgeprägte Grundherrschaft erlaubte ihnen nur auf ihren eigenen Besitzungen unumschränkte Verfügungsfreiheit. Aber dies waren in der Regel keine zusammenhängenden, geschlossenene Gebiete sondern sehr zerteilt und weit verstreut.
Daneben und dazwischen saßen andere Grundherren, seien es Adelige (Nobiles), freie Bauern oder sogar Freigelassene, die eifersüchtig über iher Freiheit wachten und auf ihre Selbsständigkeit pochten.
Daneben und dazwischen saßen andere Grundherren, seien es Adelige (Nobiles), freie Bauern oder sogar Freigelassene, die eifersüchtig über ihre Freiheit wachten und auf ihre Selbstständigkeit pochten. Mehr Rechte besaßen die Grafen, soweit sie Vögte über eine Kloster oder eine Bischofskirche waren.
Mehr Rechte besaßen die Grafen, soweit sie Vögte über eine Kloster oder eine Bischofskirche waren.
 
In den früheren Zeiten herrschte die Auffasung, daß Geistliche nicht voll rechtsfähig wären.
In den früheren Zeiten herrschte die Auffassung, dass Geistliche nicht voll rechtsfähig wären. Sie mußten sich bei Rechtsgeschäften durch einen adeligen Vogt vertreten lassen. So übte der Graf wie in seiner Grafschaft auch in kirchlichen Besitzungen die (höhere) Gerichtsbarkeit aus <ref>Hrsg.: {{WL2|Alois Fink}}, Bilder aus der Bayerischen Geschichte, Nürnberg 1953, S. 59.</ref>.
Sie mußten sich bei Rechtsgeschäften durch einen adeligen Vogt vertreten lassen.
 
So übte der Graf wie in seiner Grafschaft auch in kirchlichen Besitzungen die (höhere) Gerichtsbarkeit aus <ref>Bilder aus der Bayerischen Geschichte, Nürnberg 1953, S. 59.</ref>.
War das Grafenamt anfänglich ein Lehen des Herzogs oder Königs gewesen, das immer neu verliehen werden musste, so zeigten sich schon unter Ludwig dem Frommen und seinen Nachfolgern im 9. Jahrhundert Ansätze zur Vererbung und Feudalisierung des Grafenamtes; im 11. Jahrhundert setzte  sich beides grundsätzlich durch. Das führte zur Auflösung der alten page oder Gaue verloren ihre Bedeutung als politische Bezirke und sanken zur geografischen Begriffen herab. An ihre Stelle traten die mehr oder weniger willkürlich gebildeten neuen Amtsbezirke, die Grafschaften, comitiae oder comitatus.
War das Grafenamt anfänglich ein Lehen des Herzogs oder Königs gewesene, das immer neu verliehen werden mußte, so zeigten sich schon unter Ludwig dem Frommen und seinen Nachfolgern im 9. Jahrhundert Ansätze zur Vererbung und Feudalisierung des Grafenamtes; im 11. Jahrhundert setzte  sich beides grundsätzulich durch.
 
Das führte zur Auflösung der alten page oder Gaue verloren ihre Bedeutung als politische Bezirke und sanken zur geografischen Begriffen herab.
Die Befugnisse der Grafen blieben im wesentlichen dieselben ie in der agilolfingischen oder karolingische Zeit. Neu aber wrude häufig die ehemals der Krone vorbehaltenen Rechte oder Regalien, wie Markt-, Zoll-, Forst-, Bergwerks- und Salinenreche, in den Kreis der dem Grafen zustehenden lehnbaren territorialen Rechte eingefügt <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916,  S. 174/175.</ref>.
An ihre Stelle traten die mehr oder weniger willkürlich gebildeten neuen Amtsbezirke, die Grafschaften, comitiae oder comitatus.
Dadurch wuchs das Ansehen und die Macht der Grafen, die noch dadurch gesteigert wrude, daß sie sich durch Heirat, Erbschaft, oder anderen Erwerb in Besitz von 2 oder mehr Grafschaften setzten und ihren Grundbesitz vergrößern konnten. Sie bauten sich nun feste Höhenburgen und, während man früher die Grafen und Herren nur mit dem Rufnahmen genannt hatte, verbanden sie  nun mit diesem auch den Namen der Burg  auf der sie saßen <ref>B. Hubersteiner , a.a. O., S.80.</ref>.
Die Befugnisse der Grafen blieben im wesentlichen dieselben ie in der agilolfingischen oder karolingische Zeit.
 
Neu aber wrude häufig die ehemals der Krone vorbehaltenen Rechte oder Regalien, wie Markt-, Zoll-, Forst-, Bergwerks- und Salinenreche, in den Kreis der dem Grafen zustehenden lehnbaren territorialen Rechte eingefügt <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916,  S. 174/175.</ref>.
Dadurch wuchs das Ansehen und die Macht der Grafen, die noch dadurch gesteigert wrude, daß sie sich durch Heirat, Erbschaft, oder anderen Erwerb in Besitz von 2 oder mehr Grafschaften setzten und ihren Grundbesitz vergrößern konnten.
Sie bauten sich nun feste Höhenburgen und, während man früher die Grafen und Herren nur mit dem Rufnahmen genannt hatte, verbanden sie  nun mit diesem auch den Namen der Burg  auf der sie saßen <ref>B. Hubersteiner , a.a. O., S.80.</ref>.
Im Sundergau entstanden eine Reihe von Grafschaften, von denen in unserem Zusammenhang nur jene interessiert, in der die späteren Grafen von Wolfratshausen walteten.
Im Sundergau entstanden eine Reihe von Grafschaften, von denen in unserem Zusammenhang nur jene interessiert, in der die späteren Grafen von Wolfratshausen walteten.
Erst in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts wird dort ein Graf Arnold erwähnt <ref>S. Riezler, a.a.O. S. 854</ref>.
Erst in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts wird dort ein Graf Arnold erwähnt <ref>S. Riezler, a.a.O. S. 854</ref>.
Eine Urkunde von 1003 berichtet von einer Grafschaft Friedrichs, der in Haching im Sundergau richtete (comitatus Frideric, qui judicat in Hachingun in Pago Sundergowe) <ref>Otot Stolz, Das Wesen der Grafschaft im Raume Oberbayern, Tirol, Salzburg, in:  ZBLB 1949/15, S. 93 - Freih Edm. Oefele, Geschichte der Grafen von Andeschs, Innsbruck, 1877 S. 107, R. 1b.</ref>.
Eine Urkunde von 1003 berichtet von einer Grafschaft Friedrichs, der in Haching im Sundergau richtete (comitatus Frideric, qui judicat in Hachingun in Pago Sundergowe) <ref>{{WL2|Otto Stolz (Historiker)}}, Das Wesen der Grafschaft im Raume Oberbayern, Tirol, Salzburg, in:  ZBLB 1949/15, S. 93 {{WL2|Edmund von Oefele}}, Geschichte der Grafen von Andeschs, Innsbruck, 1877 S. 107, R. 1b.</ref>.
Gemeint ist hier wohl nicht Ober- oder Unterhachning, sonder im allgemeinen das Hachinger Tal das wahrscheilich Herzogliches Fiskalgut war <ref>Freundliche Mitteilung von Herrn Der. Adolf Sandberger.</ref>.
Gemeint ist hier wohl nicht Ober- oder Unterhachning, sonder im allgemeinen das Hachinger Tal das wahrscheilich Herzogliches Fiskalgut war <ref>Freundliche Mitteilung von Herrn Der. Adolf Sandberger.</ref>.
Sein Sohn Otto I., Der sich Graf von Diessen nannte, Besaß in der ersten Hälfte des 11. Jahrhuderts als Lehen dem Kloster Tegernsee enfremdete Güter, darunter solche in den Ortschaften Popunhusa (Bogenhausen) uind Veldchirihha (Feldkirchen)<ref>E. Oefele, a.a.O., S. 109, Regest 12, 13.</ref>.
Sein Sohn [[Otto I.]], der sich Graf von Diessen nannte, besaß in der ersten Hälfte des 11. Jahrhuderts als Lehen dem Kloster Tegernsee enfremdete Güter, darunter solche in den Ortschaften Popunhusa (Bogenhausen) uind Veldchirihha (Feldkirchen)<ref>Edmund von Oefele, a.a.O., S. 109, Regest 12, 13.</ref>.
Der Enkel Freidrichs I. Otto II., nannte sich nach seinen Besitzungen Graf von Thanning (bei Wolfratshausen), Graf von Amras (bei Innsbruck), Graf von Diessen und Graf von Wolfratshausen. Dadurch bekundete er sich als Angehöriger des Geschlechts der GTrafen von Diessen, die sich später nach ihrer neuerbauten Burg Gravon von Andechs nannten und zu den mächtigsten Familien des Mittelalters gehörten. Er starb am 24. april 1122<ref>E. Oefele, a.a.O.,  S. 110, Regest 23.</ref>.
 
Der Enkel Freidrichs I. Otto II., nannte sich nach seinen Besitzungen Graf von Thanning (bei Wolfratshausen), Graf von Amras (bei Innsbruck), Graf von Diessen und Graf von Wolfratshausen. Dadurch bekundete er sich als Angehöriger des Geschlechts der GTrafen von Diessen, die sich später nach ihrer neuerbauten Burg Gravon von Andechs nannten und zu den mächtigsten Familien des Mittelalters gehörten. Er starb am 24. April 1122<ref>Edmund von Oefele, Geschichte der Grafen von Andechs, 1877,  S. 110, Regest 23.</ref>.
 
Besonders wichtig für die Entwicklung und den Aufstieg der Familie der Andechser war die Übernahme der Vogteien über die Reichsklöster Benediktbeueren, gegen Ende des 11. Jahrhunderts, und Tegernsee im Jahre 1121, die ehemals in der Hand der 1045 ausgestrobenen Grafen von Ebersberg waren, zwischenzeitlich aber anderweitig vergeben waren. Eine bestimmt begründete Vermutung besagt, daß der Platz der späteren Burg Wolfratshausen Benediktberrer Besitz war und daß diese Burg, wie es im Hochmittelalter üblich war, dem Vogt auf dem Grund und Boden des von ihm bevorzugten Klosters erbaut wurde. Dasselbe gilg auch von Andechs und vermutlich auch von Amras 15.
Besonders wichtig für die Entwicklung und den Aufstieg der Familie der Andechser war die Übernahme der Vogteien über die Reichsklöster Benediktbeueren, gegen Ende des 11. Jahrhunderts, und Tegernsee im Jahre 1121, die ehemals in der Hand der 1045 ausgestrobenen Grafen von Ebersberg waren, zwischenzeitlich aber anderweitig vergeben waren. Eine bestimmt begründete Vermutung besagt, daß der Platz der späteren Burg Wolfratshausen Benediktberrer Besitz war und daß diese Burg, wie es im Hochmittelalter üblich war, dem Vogt auf dem Grund und Boden des von ihm bevorzugten Klosters erbaut wurde. Dasselbe gilg auch von Andechs und vermutlich auch von Amras 15.
Die Grafen von Wolfratshausen besaßen als Grundherrn und Vögte die Hauptmasse der Güter im südwestlichen Teile des Sundergaues um Loisach, obere Isar bis in die Gegend  von München und um den Tegernsee. Außerdem wirkten sie im jetzigen Tiroler Unterinntal etwa von Zirl bis zur Mündung des Zillertals und südlich bis zur Höhe des Hochstiftes aBrixen von diesen auch die Grafschaften verliehen <ref>S. Riezler, a.a.O., S.854/(855.</ref>.
Die Grafen von Wolfratshausen besaßen als Grundherrn und Vögte die Hauptmasse der Güter im südwestlichen Teile des Sundergaues um Loisach, obere Isar bis in die Gegend  von München und um den Tegernsee. Außerdem wirkten sie im jetzigen Tiroler Unterinntal etwa von Zirl bis zur Mündung des Zillertals und südlich bis zur Höhe des Hochstiftes aBrixen von diesen auch die Grafschaften verliehen <ref>S. Riezler, a.a.O., S.854/(855.</ref>.
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Die Grafschaft blieb als selbstständige Grafschaft erhalten und wurde von einem Mitglied der Familie geführt.
Die Grafschaft blieb als selbstständige Grafschaft erhalten und wurde von einem Mitglied der Familie geführt.
Im ganzen Lande verteilt finden wir auf ihren Höfen oder festen Türmen die Gefolgsleute der Andechser. So war Krichheim, anch dem sich Diessen-Andechser Ministerialen nannten, einer Verwaltungsmittelpunkte der Grafschaft Wolfratshausen im 12. und 13. Jahrhundert <ref>Alexander Freiherr von Reitzenstein, Frühe Geschichte rund um München, München 1956, S. 34.</ref>.
Im ganzen Lande verteilt finden wir auf ihren Höfen oder festen Türmen die Gefolgsleute der Andechser. So war Krichheim, anch dem sich Diessen-Andechser Ministerialen nannten, einer Verwaltungsmittelpunkte der Grafschaft Wolfratshausen im 12. und 13. Jahrhundert <ref>Alexander Freiherr von Reitzenstein, Frühe Geschichte rund um München, München 1956, S. 34.</ref>.
==Aufstieg der Wittelsbacher==
==Aufstieg der Wittelsbacher==
Unter den ersten drei bayerischen Herzögen aus dem Hause Wittelsbach: Otto I (1180-1183), Ludwig I., dem Kehlheimer, (1183-1231) und Otto II., dem Erlauchten, (1231-1253) entbrannten heftige Kämpfe zwischen den ihren Staat auf- und ausbauenden Fürsten und den ihnen an Macht vielfach ebenbürtigen, nach immer mehr Besitz und Einfluß strebenden Grafengeschlechtern. Als im 13. Jahrhundert eine gräfliche Familie nach der anderen erlosch, zogen die Wittelsbacher in sprunghaftem Zupacken nicht nur die erledigten Grafschaften ein, sondern griffen auch, ohne Rücksicht aufetwaige Erben, nach den Eigengütern, Lehen und Klostervogteien der ausgestorbenen Geschlechter. So bemächtigte  sich Herzog Otto II. nach dem Tode des letzten Andechsers Otto VIII, im Jahre 1248 des Besitzes dieser Familie. Dadurch wurde die Grafsschaft Wolfratshausen wittelsbachisch <ref>B. Hubensteiner, a.a.O., S 102.</ref>.
Unter den ersten drei bayerischen Herzögen aus dem Hause Wittelsbach: Otto I (1180-1183), Ludwig I., dem Kehlheimer, (1183-1231) und Otto II., dem Erlauchten, (1231-1253) entbrannten heftige Kämpfe zwischen den ihren Staat auf- und ausbauenden Fürsten und den ihnen an Macht vielfach ebenbürtigen, nach immer mehr Besitz und Einfluß strebenden Grafengeschlechtern. Als im 13. Jahrhundert eine gräfliche Familie nach der anderen erlosch, zogen die Wittelsbacher in sprunghaftem Zupacken nicht nur die erledigten Grafschaften ein, sondern griffen auch, ohne Rücksicht aufetwaige Erben, nach den Eigengütern, Lehen und Klostervogteien der ausgestorbenen Geschlechter. So bemächtigte  sich Herzog Otto II. nach dem Tode des letzten Andechsers Otto VIII, im Jahre 1248 des Besitzes dieser Familie. Dadurch wurde die Grafsschaft Wolfratshausen wittelsbachisch <ref>B. Hubensteiner, a.a.O., S 102.</ref>.
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Es dürfte sich in beiden Fällen wohl um denselben Hof gehandelt haben<ref>Mon. Boic XXXVIb, S. 532</ref>.
Es dürfte sich in beiden Fällen wohl um denselben Hof gehandelt haben<ref>Mon. Boic XXXVIb, S. 532</ref>.
==Beamte ersetzen Grafen==
==Beamte ersetzen Grafen==
Nach der Inbesitznahme der Grafschaft Wolfratshausen setzten die Herzöge nicht mehr Grafen ein, sondern wandelten die Grafschaft in eine Amt um und ernannten zur Durchführung der Gerichtspflege und Verwaltung Beamte, die ihr Amt nicht mehr vererben konnten, sondern jedernzeit ersetzt wurden, weil sie nur auf Ruf und Widerruf angestellt wurden <ref>Seb. Hiereth, Die bayerische Gerichts- und Verwaltugnsorganisation von 13. bis 19. Jahrhundert (Einführung zum HIstorischen Atlas von Bayern, Teil Altbayern), München 1950, S. 6.</ref>.
Nach der Inbesitznahme der Grafschaft Wolfratshausen setzten die Herzöge nicht mehr Grafen ein, sondern wandelten die Grafschaft in eine Amt um und ernannten zur Durchführung der Gerichtspflege und Verwaltung Beamte, die ihr Amt nicht mehr vererben konnten, sondern jedernzeit ersetzt wurden, weil sie nur auf Ruf und Widerruf angestellt wurden <ref>[http://www.zeitschrift-amperland.de/download_pdf.php?id=716 Sebastian Hiereth], Die bayerische Gerichts- und Verwaltungsorganisation vom 13. bis zum 19. Jahrhundert ([[Historischen Atlas von Bayern]], Teil Altbayern, Einführung), München 1950, S. 6.</ref>.
Zunächst übte der Richter Justiz und Verwaltung in einer Person aus.
Zunächst übte der Richter Justiz und Verwaltung in einer Person aus.
Auf ihn ging auch der Blutbann des früheren Grafen über, d.h. er urteilte nicht nur nach der sog. Niedergerichtsbarkeit über geringe Vergehen, sondern in Vertretung des Herzogs auch bei den drei todeswürdigen Verbrechen Mord, Notzucht und Diebstahl mit Straßenraub.
Auf ihn ging auch der Blutbann des früheren Grafen über, d.h. er urteilte nicht nur nach der sog. Niedergerichtsbarkeit über geringe Vergehen, sondern in Vertretung des Herzogs auch bei den drei todeswürdigen Verbrechen Mord, Notzucht und Diebstahl mit Straßenraub.
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Under dem Landrichter standen die Schergen oder Amtsleute. Sie mußten die Untertanen vor Gericht laden und die Zeugen aufrufen, zum Scharwerk aufbieten und die Abgaben einsammeln, die Durchführung der Polizeiordnung überwachen und bei Ordnungswidrigkeiten einschreiten<ref>B. Hubensteiner, a.a.O., S.104</ref>.
Under dem Landrichter standen die Schergen oder Amtsleute. Sie mußten die Untertanen vor Gericht laden und die Zeugen aufrufen, zum Scharwerk aufbieten und die Abgaben einsammeln, die Durchführung der Polizeiordnung überwachen und bei Ordnungswidrigkeiten einschreiten<ref>B. Hubensteiner, a.a.O., S.104</ref>.
==Vier Schergämter des Landgericht Wolfratshausen==
==Vier Schergämter des Landgericht Wolfratshausen==
Das Landgericht Wolfratshausen war 1538 in vier Schergämter eingeteilt, die ihren Sitz in Warngau, Wolfratshausen, Thanning und [[Perlach]] hatten <ref>AStA: GL Wolfratshausen Nr. 1: "Granz- Güter- und Volksbeschreibungen des Churpfalzbaierisschen Landgerichts Wolfratshausen", 1. Band, fol 2 ff.</ref>. Hier fanden die Schrannen statt, zu denen der Richter mit seinem Gerichtsschreiber wie früher der Graf herumreiste, um Gericht zu halten <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 496. Ursprünglich fand das Gericht unter freiem Himmel statt. Der Gerichtsplatz war damals durch Geländer (Schranken, Schrannen) abgeschlossen. Schranne bedeutete also einen von einem Geländer umschlossenen Gerichtsraum, später das Gericht selbst.</ref>.
Das Landgericht Wolfratshausen war 1538 in vier Schergämter eingeteilt, die ihren Sitz in Warngau, Wolfratshausen, Thanning und [[Perlach]] hatten <ref>AStA: GL Wolfratshausen Nr. 1: "Granz- Güter- und Volksbeschreibungen des Churpfalzbaierisschen Landgerichts Wolfratshausen", 1. Band, fol 2 ff.</ref>. Hier fanden die Schrannen statt, zu denen der Richter mit seinem Gerichtsschreiber wie früher der Graf (γράφω gr. schreiben) herumreiste, um Gericht zu halten <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 496. Ursprünglich fand das Gericht unter freiem Himmel statt. Der Gerichtsplatz war damals durch Geländer (Schranken, Schrannen) abgeschlossen. Schranne bedeutete also einen von einem Geländer umschlossenen Gerichtsraum, später das Gericht selbst.</ref>.
Haidhausen gehörte zum Amt Perlach. Dieses war wieder in Hauptmannschaften eingeteilt, an deren Spitze ein "Hauptmann", oder wie er später hieß ein "Obmann" stand, der aus der Bevölkerung gewählt wurde. Die Hauptmannschaften dienten als kleinste Verwaltungseinheiten militärischen, steuerlichen und Scharwerkszwecken. Die Haupt- und Obleute hatten in polizeilichen Dingen eine Aufsichts- und Anzeigepflicht dem Schergen gegenüber, sie selbst übten aber keine Polizeigewalt aus <ref>Seb. Hiereth, a.a.O., S. 17</ref>.
Haidhausen gehörte zum Amt Perlach. Dieses war wieder in Hauptmannschaften eingeteilt, an deren Spitze ein "Hauptmann", oder wie er später hieß ein "Obmann" stand, der aus der Bevölkerung gewählt wurde. Die Hauptmannschaften dienten als kleinste Verwaltungseinheiten militärischen, steuerlichen und Scharwerkszwecken. Die Haupt- und Obleute hatten in polizeilichen Dingen eine Aufsichts- und Anzeigepflicht dem Schergen gegenüber, sie selbst übten aber keine Polizeigewalt aus <ref>Seb. Hiereth, a.a.O., S. 17</ref>.
1538 bildete Haidhausen mit Obergiesing, Au und Untergiesing, Putzbrunn, Höhenkirchen und Bogenhausen die Hauptmannschaft [[Obergiesing]]<ref>ASta: GL. Wolfratshausen Nr. 1, fol. 148 ff.</ref>.
1538 bildete Haidhausen mit Obergiesing, Au und Untergiesing, Putzbrunn, Höhenkirchen und Bogenhausen die Hauptmannschaft [[Obergiesing]]<ref>ASta: GL. Wolfratshausen Nr. 1, fol. 148 ff.</ref>.
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In diesem Jahre war  der Haidhausener Lenzbauer Lienhardt Gelb Hauptmann<ref>ASta: GL. Wolfratshausen Nr. 1 fol. 317' ff.</ref>.
In diesem Jahre war  der Haidhausener Lenzbauer Lienhardt Gelb Hauptmann<ref>ASta: GL. Wolfratshausen Nr. 1 fol. 317' ff.</ref>.
1585 ist das Dorf Haidthausen in der Hauptmannschaft Ober- und Untergiesing aufgeführt <ref>ASTA: GL. Wolfratshausen Nr. 1 fol. 464' ff.</ref>.
1585 ist das Dorf Haidthausen in der Hauptmannschaft Ober- und Untergiesing aufgeführt <ref>ASTA: GL. Wolfratshausen Nr. 1 fol. 464' ff.</ref>.
==Gmein==
==Gmein==
Zu diesen Zeiten war Haidhausen nur ein Dorf im Verbande der angeführten Haupt- und Obmannschaften, bildete aber aber keine selbständige Gemeinde im modernene Sinne.
Zu diesen Zeiten war Haidhausen nur ein Dorf im Verbande der angeführten Haupt- und Obmannschaften, bildete aber aber keine selbständige Gemeinde im modernene Sinne.
Die politische Gemeinde als Selbstverwaltungskörper und unsterstes Organ der Staatsverwaltung war dem ältesten bayerischen Recht unbekannt <ref>StAMchn.: Mitteiungen für die Archivpflege in Obb., Nr. 9 (Januar 1942), von Dr. Lieberich.</ref>.
Die politische Gemeinde als Selbstverwaltungskörper und unsterstes Organ der Staatsverwaltung war dem ältesten bayerischen Recht unbekannt <ref>StAMchn.: Mitteiungen für die Archivpflege in Obb., Nr. 9 (Januar 1942), von Dr. Lieberich.</ref>.
Wohl aber gab es die "Gmein", aber man verstand darunter zunächst nur die von allen Bauern eines Dorfes gemeinsam grundstücke: Wald Moor, Weidneschaften. Erst in zweiter Linie bedeutete "Gmein" die Versammlung von Dorfgenossen und endlich auch die gesamte Bauernschaft oder "Nachbarschaft", welche an den Gmeingründen teilhatte. Die Nutzungsberechtigung and diesen Gründen war an den Besitz eines Bauernanwesens gebunden<ref>Seb. Hiereth, Die Bildung der Gemeinden im Isarkreis nach den Gemeindeediketn von 1808 und 1818 in OA, 77 Band (1952), S. 4</ref>.
Wohl aber gab es die "Gmein", aber man verstand darunter zunächst nur die von allen Bauern eines Dorfes gemeinsam grundstücke: Wald Moor, Weidenschaften. Erst in zweiter Linie bedeutete "Gmein" die Versammlung von Dorfgenossen und endlich auch die gesamte Bauernschaft oder "Nachbarschaft", welche an den Gmeingründen teilhatte. Die Nutzungsberechtigung and diesen Gründen war an den Besitz eines Bauernanwesens gebunden<ref>Sebastian Hiereth, Die Bildung der Gemeinden im Isarkreis nach den Gemeindeedicten von 1808 und 1818, in: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte 77 Band (1952), S. 4</ref>.
Die alte Dorfgmein war ja keine vom Staat zu einem öffentlichen Zweck vereinte Gesellschaft, sondern einen durch einen privaten Zweck, nämlich durch die Berechtigung zur Nutzung gemeinsamer Grundstücke bedingte Vereinigung von Bauern<ref>Seb. Herreth, a.a.O., S. 20, Anm. 38 (Bildung der Gemeinden usw.).</ref>.
Die alte Dorfgmein war ja keine vom Staat zu einem öffentlichen Zweck vereinte Gesellschaft, sondern einen durch einen privaten Zweck, nämlich durch die Berechtigung zur Nutzung gemeinsamer Grundstücke bedingte Vereinigung von Bauern<ref>Seb. Herreth, a.a.O., S. 20, Anm. 38 (Bildung der Gemeinden usw.).</ref>.
Das Bestehen einer Gmein führte zur Beschränkung der Vermehrung der Herdstellen und zum Verbot der Güterzertrümmerung, weil dadurch eine Vermehrung der Nutzungsberechtigten eingetreten wäre. So war auch nur den Bauern, nicht aber den sog. Leerhäuslern (Taglöhnern, Herbergsbesitzern) er Viehauftrieb auf den Gmeimgründen erlaubt. Neuansiedelung von Leerhäuslern auf öden Gründen war aber abhängig von der Zustimmung der der Gmein angehörigen Bauern.
Das Bestehen einer Gmein führte zur Beschränkung der Vermehrung der Herdstellen und zum Verbot der Güterzertrümmerung, weil dadurch eine Vermehrung der Nutzungsberechtigten eingetreten wäre. So war auch nur den Bauern, nicht aber den sog. Leerhäuslern (Taglöhnern, Herbergsbesitzern) er Viehauftrieb auf den Gmeimgründen erlaubt. Neuansiedelung von Leerhäuslern auf öden Gründen war aber abhängig von der Zustimmung der der Gmein angehörigen Bauern.
Geleitet wurde die Gmein von den Dorfführern (Vierern), die den Haupt- oder Obmann in seiner Tätigkeit unterstützten<ref>St AMchn: Dr. Lieberich, a.a.O.</ref>.
Geleitet wurde die Gmein von den Dorfführern (Vierern), die den Haupt- oder Obmann in seiner Tätigkeit unterstützten<ref>St AMchn: Dr. Lieberich, a.a.O.</ref>.
==Kastner==
Unter den übrigen herzoglichen Beamten ist noch der Kastner zu erwähnen.
Unter den übrigen herzoglichen Beamten ist noch der Kastner zu erwähnen.
Sein Name leitetet sich von dem Getreidekasten (Kornspeicher) her, in welchem die Naturalienabgaben der Urbaruntertanen, d. h. der Bebauer der herzoglichen Eigengüter gesammelt wurden. Zu diesem Zweck waren besondere Kastenämter eingerichtet worden<ref>Seb. Hiereth, Die bayerischen Gerichts- und Verwaltungsorganisation usw., S.12.</ref>.
Sein Name leitetet sich von dem Getreidekasten (Kornspeicher) her, in welchem die Naturalienabgaben der Urbaruntertanen, d. h. der Bebauer der herzoglichen Eigengüter gesammelt wurden. Zu diesem Zweck waren besondere Kastenämter eingerichtet worden<ref>Seb. Hiereth, Die bayerischen Gerichts- und Verwaltungsorganisation usw., S.12.</ref>.
Wie oben bereits erwähnt gehörte Haidhausen zum Kastenamt Kirchheim, dem späteren Hofkastenamt München.
Wie oben bereits erwähnt gehörte Haidhausen zum Kastenamt Kirchheim, dem späteren Hofkastenamt München.
==Grafschaft Ismaning==
==Grafschaft Ismaning==
Am 10. September 1319 verlor des Landgericht Wolfratshausen den nördlichsten Teil seinese Gebietes.
Am 10. September 1319 verlor des Landgericht Wolfratshausen den nördlichsten Teil seines Gebietes.
An diesem Tage errichtete nämlich Kaiser [[Ludwig der Bayer]] die Grafschaft Ismaning <ref>A. P. Carolus Meischelbeck, Historia Frisingensis, 1729, Tomus II, 1.Teil, S. 132: Freising erhielt Besitz "auf dem Rayn bei der Iser in den dörffern diu hernach geschriben sind, ze Obervergen, ze Nidernvergen, ze Engelschalching, ze Tagolfing und ze Ismanning". Bei der Beschreibung von Oberföhring behauptet F.P. Zauner in seinem Werk Münchens Umgebung in Kunst und Geschichte, München 1911, S. 306, daß auch Haidhausen mit den  übrigen zum Kastenamt Kirchheim gehörenden Orten der Grafschaft Ismaning zugeteilt worden wäre. Dies ist jedoch nicht richtig. Zauner unterlag vielmehr einer mißverständlichen Ausführung in "Bavaria" I 2, 630.</ref> mit den Orten Ismaning, ober- und Unterföhring, Englschalking uglfing und verkaufte sie mit dem Butbann als ein vom Reiche ausgehendes Lehen um 100 Mark löthingen Siewlbers an daqs Hochstift Freising unter Bischof Konrad III., dem Sendlinger.
An diesem Tage errichtete nämlich Kaiser [[Ludwig der Bayer]] die Grafschaft [[Ismaning]] <ref>Histograph Benediktinerpater {{WL2|Karl Meichelbeck}}, [https://books.google.de/books?id=WCfXZFMEgdMC&pg=PA405&dq=A.+P.+Carolus+Meichelbeck&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiHzIug55ThAhUBYlAKHdBeDccQ6AEIPjAE#v=onepage&q=A.%20P.%20Carolus%20Meichelbeck&f=false Historia Frisingensis, 1729],[http://opac.regesta-imperii.de/lang_de/anzeige.php?sammelwerk=Meichelbeck%2C+Historia+Frisingensis OPAC] Tomus II, 1.Teil, S. 132: Freising erhielt Besitz "auf dem Rayn bei der Iser in den dörffern diu hernach geschriben sind, ze Obervergen, ze Nidernvergen, ze Engelschalching, ze Tagolfing und ze Ismanning". Bei der Beschreibung von Oberföhring behauptet F.P. Zauner in seinem Werk Münchens Umgebung in Kunst und Geschichte, München 1911, S. 306, daß auch Haidhausen mit den  übrigen zum Kastenamt Kirchheim gehörenden Orten der Grafschaft Ismaning zugeteilt worden wäre. Dies ist jedoch nicht richtig. Zauner unterlag vielmehr einer mißverständlichen Ausführung in "Bavaria" I 2, 630.</ref> mit den Orten Ismaning, [[Oberföhring|Ober-]] und [[Unterföhring]], [[Englschalking]], [[Daglfing]] und verkaufte sie mit dem Blutbann als ein vom Reiche ausgehendes Lehen um 100 Mark löthingen Silbers an das [[Hochstift Freising]] unter Bischof Konrad III., dem Sendlinger.
 
==Bettelei==
==Bettelei==
Ein überaus schwieriges Problem beschäftigte im 16., und 17. Jahrhundert und später Bevölkerung und Behörden: das Bettlerunwesen. Bei Sooeder lesen wier: "Weil die Not auf dem Lande vielfach größer, die Armenfürsorge weit ungenügender war, flüchteten die Landarmen in die reiche Herzogstadt mit ihnen Landstreicher jeder Art, Müßiggänger und arbeitsscheue Gesellen, Schwindler und Betrüger, die den Bettel, der für wirklich Bedürftige nicht als unehrenhaft galt, gewerbsmäßig betrieben. Wuchs schon mit der Zunahme der Bevölkerung durch plötzliche Kriege und verheerende Seuchen das Elend in der Stadt und die Zahl der wirklich Armen, wo wurde  diese sonderbaren Kostgänger der christlichen Mildtätigkeit die Bettelplage unerträglich". Die Stadt München half sich damit, daß sie die ansässigen Armen der Stadt kontingentierte und ihnen den Bettel von den Kirchen und auf öffentlichen Plätzen, nicht aber den Gassenbettel von Haus zu Haus erlaubte. Fremde , die in München Almosen heischten, wurden unnachsichtig ausgewiesen <ref>Fridolin Solleder, München im Mittelalter, München und Berlin 1938, S. 388.</ref>.
Ein überaus schwieriges Problem beschäftigte im 16., und 17. Jahrhundert und später Bevölkerung und Behörden: das Bettlerunwesen. Bei Sooeder lesen wier: "Weil die Not auf dem Lande vielfach größer, die Armenfürsorge weit ungenügender war, flüchteten die Landarmen in die reiche Herzogstadt mit ihnen Landstreicher jeder Art, Müßiggänger und arbeitsscheue Gesellen, Schwindler und Betrüger, die den Bettel, der für wirklich Bedürftige nicht als unehrenhaft galt, gewerbsmäßig betrieben. Wuchs schon mit der Zunahme der Bevölkerung durch plötzliche Kriege und verheerende Seuchen das Elend in der Stadt und die Zahl der wirklich Armen, wo wurde  diese sonderbaren Kostgänger der christlichen Mildtätigkeit die Bettelplage unerträglich". Die Stadt München half sich damit, daß sie die ansässigen Armen der Stadt kontingentierte und ihnen den Bettel von den Kirchen und auf öffentlichen Plätzen, nicht aber den Gassenbettel von Haus zu Haus erlaubte. Fremde , die in München Almosen heischten, wurden unnachsichtig ausgewiesen <ref>{{WL2|Fridolin Solleder}}, München im Mittelalter, München und Berlin 1938, S. 388.</ref>.
Sie zogen nun in die Umgebung und fielen dort der Bevölkerung zur Last. Herzogliche Erlasse wandten sich mit aller Schärfe gegen die "Quartierer, Stationierer und argwöhnischen starken Bettler", gegen die herrnlosen gartenden Knechte, Sterzer, Pettelr und Landstreicher" und drohten ihnen strengste Strafen, sogar Galeere und Strang an. Zugleich wurde die Nachlässigkeit der Beamten, die den Unfug nicht steuerten, streng gerügt und ihnen ungnädigste Ahndung in Aussicht gestellt<ref>[[Lorenz von Westenrieder]], Beiträge zur vaterländischen Historie, Geographie, Statistik x, 8. Band, München 1806, S. 300.</ref>.
Sie zogen nun in die Umgebung und fielen dort der Bevölkerung zur Last. Herzogliche Erlasse wandten sich mit aller Schärfe gegen die "Quartierer, Stationierer und argwöhnischen starken Bettler", gegen die herrnlosen gartenden Knechte, Sterzer, Pettelr und Landstreicher" und drohten ihnen strengste Strafen, sogar Galeere und Strang an. Zugleich wurde die Nachlässigkeit der Beamten, die den Unfug nicht steuerten, streng gerügt und ihnen ungnädigste Ahndung in Aussicht gestellt<ref>[[Lorenz von Westenrieder]], Beiträge zur vaterländischen Historie, Geographie, Statistik x, 8. Band, München 1806, S. 300.</ref>.
Erfolge waren jedoch nicht festzustellen. "Die Lage der Dinge wurde mit jedem Jahre (am Ende des 16. Jahrhunderts) drangvoller und bedenklicher. Nicht nur ganze Horden abgedankter Landsknechte und gesunder Stationierer, sondern eine Menge der gefährlichsten sektischen Schwärmer durchzogen das Land, verbreiteten Mißvergnügen und Aufruhr gegen die Obrigkeit und veranlaßten die bösartigsten Gährungen des gemeinen Volks in und um Bayern. Zu diesen Übeln kamen die zahlreichen durch Liederlichkeiten aller Art, auch wohl durch Unglücksfälle, in den Bettelstab gekommenen Untertanen" <ref>Westenrieder, a.a.O., S. 301</ref>
Erfolge waren jedoch nicht festzustellen. "Die Lage der Dinge wurde mit jedem Jahre (am Ende des 16. Jahrhunderts) drangvoller und bedenklicher. Nicht nur ganze Horden abgedankter Landsknechte und gesunder Stationierer, sondern eine Menge der gefährlichsten sektischen Schwärmer durchzogen das Land, verbreiteten Mißvergnügen und Aufruhr gegen die Obrigkeit und veranlaßten die bösartigsten Gährungen des gemeinen Volks in und um Bayern. Zu diesen Übeln kamen die zahlreichen durch Liederlichkeiten aller Art, auch wohl durch Unglücksfälle, in den Bettelstab gekommenen Untertanen" <ref>Westenrieder, a.a.O., S. 301</ref>
Ähnlich schlimme Verhältnisse herrschten auch unter der Regierung Maximilians I.<ref>Westenrieder, a.a.O., 302 f.</ref>.
Ähnlich schlimme Verhältnisse herrschten auch unter der Regierung Maximilians I.<ref>Westenrieder, a.a.O., 302 f.</ref>.
==Gericht ob der Au==
==Gericht ob der Au==
Bei einer im Jahre 1609 durch die Hofräte Johann Balthasar udn Hans Viktor Lichtenauer in der Au, in Untergiesing und Haidhausen vorgenommenen Vistitation und Beschreibung ergab sich<ref>Josef Freudenberger, Aus der Geschichte der Au- Die alte Au, München 1927, S. 178.</ref>, "daß seit geraumer Zeit an diesen Orten ganz bedenkliche dem Gemeinwesen schädliche Unordnung, sowie sträfliche Laster eingerissen unsich von Jahr zu Jahr mehr ausgebreitet hatten".
Bei einer im Jahre 1609 durch die Hofräte Johann Balthasar udn Hans Viktor Lichtenauer in der Au, in Untergiesing und Haidhausen vorgenommenen Vistitation und Beschreibung ergab sich<ref>Armenarzt und Hobby-Historiker [[Josef Freudenberger]] (1854-1928), Aus der Geschichte der Au- Die alte Au, München 1927, S. 178.</ref>, "daß seit geraumer Zeit an diesen Orten ganz bedenkliche dem Gemeinwesen schädliche Unordnung, sowie sträfliche Laster eingerissen unsich von Jahr zu Jahr mehr ausgebreitet hatten".
Von Wolfratshausen konnte dem Übel wegen der weiten Entfernung aber nicht abgeholfen werden.
Von Wolfratshausen konnte dem Übel wegen der weiten Entfernung aber nicht abgeholfen werden.
Darum wurde am 17. Mai 1610  versuchsweise die Jurisdiktion über die drei genannten Orte von Wolfratshausen abgetrennt und dem Hofoberberrichter in München übertragen. 1612 erfolgte die Errichtung des "Gerichts ob der Au". Die Steuereinhebung, die Musterungs- und Rüstgelder, die Aufschlagefälle und die Scharwerke beließ man jedoch bei Wolfratshausen. Dem Hofoberrichter Georg Hundt von Lauterbach erwuchs ein schweres Stück Arbeit in das herrschende "confusum chaos" Ordnung zu bringen.
Darum wurde am 17. Mai 1610  versuchsweise die Jurisdiktion über die drei genannten Orte von Wolfratshausen abgetrennt und dem Hofoberberrichter in München übertragen. 1612 erfolgte die Errichtung des "Gerichts ob der Au". Die Steuereinhebung, die Musterungs- und Rüstgelder, die Aufschlagefälle und die Scharwerke beließ man jedoch bei Wolfratshausen. Dem Hofoberrichter Georg Hundt von Lauterbach erwuchs ein schweres Stück Arbeit in das herrschende "confusum chaos" Ordnung zu bringen.
Schon nach einem halben Jahr zeigte sich aber, daß Rechtspflege und Verwaltung unmöglich von einander getrennt werden konnten. Für den Pfleger in Wolfratshausen war die Steuereintreibung bei dem Wechsel der Bevölkerung und wegen ihrer Armut außerordentlich erschwert. Manche Gefälle konnten auch nicht richtig eingeschätzt werden, weil der Betrieb von der Ferne nicht kontrollierbar war. Sollte der Pfleger mit Zwang und Strafe vorgehen, mußte er den strafenden Arm der Gerechtigkeit des Hofoberrichters in Anspruch nehmen. Wegen der Unhalbarkeit dieses Zustandes wurde der  Pfleger von Wolfratshausen auf sein Drängen am 17. Oktober 1610 vn der Steuereintreibung mit Ausnahme des Musterungs- und Rüstgeldes und der Scharwerke enbunden und diese Aufgabe auch dem Hofoberrichter übertragen. Es wurde ihm ein Gerichtsschreiber aus der Zahl der Hofkanzlisten zugeordnet. Die vereinnahmten Gelder durfte er aber keineswegs gleich an die zuständigen Münchner Amtskassen abführen, sondern hatte sie durch einen eigenen Boten nach Wolfratshausen zu schicken. Diese Verpflichtung erlosch erst unter Hofoberrichter Pistorini zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Da erst erkannte man, daß man die Botenkosten auch einsparen könnte <ref>Josef Freudenberger, Aus der Geschichte der Au- Die alte Au, München 1927, S. 179.</ref>.
Schon nach einem halben Jahr zeigte sich aber, daß Rechtspflege und Verwaltung unmöglich von einander getrennt werden konnten. Für den Pfleger in Wolfratshausen war die Steuereintreibung bei dem Wechsel der Bevölkerung und wegen ihrer Armut außerordentlich erschwert. Manche Gefälle konnten auch nicht richtig eingeschätzt werden, weil der Betrieb von der Ferne nicht kontrollierbar war. Sollte der Pfleger mit Zwang und Strafe vorgehen, mußte er den strafenden Arm der Gerechtigkeit des Hofoberrichters in Anspruch nehmen. Wegen der Unhalbarkeit dieses Zustandes wurde der  Pfleger von Wolfratshausen auf sein Drängen am 17. Oktober 1610 vn der Steuereintreibung mit Ausnahme des Musterungs- und Rüstgeldes und der Scharwerke enbunden und diese Aufgabe auch dem Hofoberrichter übertragen. Es wurde ihm ein Gerichtsschreiber aus der Zahl der Hofkanzlisten zugeordnet. Die vereinnahmten Gelder durfte er aber keineswegs gleich an die zuständigen Münchner Amtskassen abführen, sondern hatte sie durch einen eigenen Boten nach Wolfratshausen zu schicken. Diese Verpflichtung erlosch erst unter Hofoberrichter Pistorini zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Da erst erkannte man, daß man die Botenkosten auch einsparen könnte <ref>Josef Freudenberger, Aus der Geschichte der Au- Die alte Au, München 1927, S. 179.</ref>.
Bei dem Gerichte ob der Au verblieb Haidhausen bis zur Einrichtung der Hofmarkherschaft in diesem Ort.
Bei dem Gerichte ob der Au verblieb Haidhausen bis zur Einrichtung der Hofmarkherschaft in diesem Ort.
<ref>Walter Heerde, Haidhausen, Geschichte einer Münchner Vorstadt, in Achtundneunzigster Band, Oberbayerisches Archiv Herausgegeben vom Historischen Verein von Oberbayern, München 1977, Verlag des Historischen Vereins von Oberbayern [[Stadtarchiv]]</ref>
<ref>Haidhausen bei Wolfratshausen in [[Walter Heerde]], Haidhausen, Geschichte einer Münchner Vorstadt, in Achtundneunzigster Band, Oberbayerisches Archiv Herausgegeben vom Historischen Verein von Oberbayern, München 1977, Verlag des Historischen Vereins von Oberbayern [[Stadtarchiv]], S. 20-27</ref>


==Fußnoten==
==Fußnoten==
21.126

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