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Mit seinem Merkur, der mit den Zehenspitzen seines rechten Fußes auf der vom Windgott Zephyr ausgeblasenen Luftsäule steht, erreicht Giambologna, wie Manfred Wundram im Kunstführer Florenz S. 292 ausführt: "...die optische Auflösung der Statik von der Basis her..", wobei der "unablässig sich drehende und schraubende Bewegungsduktus..bis in die Fingerspitzen fortgeführt" wird.* | Mit seinem Merkur, der mit den Zehenspitzen seines rechten Fußes auf der vom Windgott Zephyr ausgeblasenen Luftsäule steht, erreicht Giambologna, wie Manfred Wundram im Kunstführer Florenz S. 292 ausführt: "...die optische Auflösung der Statik von der Basis her..", wobei der "unablässig sich drehende und schraubende Bewegungsduktus..bis in die Fingerspitzen fortgeführt" wird.* | ||
<small> Dies folgt einer manieristischen Idee von der „Aufhebung der Schwerkraft“ und wurde nach 1580 nahezu zeitgleich im Grotten-Brunnen der Münchner Residenz nachgebildet von Cesare del Palagio (1538-1598) mit seinem nur geringfügig abgeänderten Merkur 'zur Andeutung der Waffenübergabe' an Perseus, dessen Brunnen ihm gegenüber auf der Westseite des Grottenhofes steht. Dessen Brunnen-Figur ist von Hubert Gerhard (1540-1620), der, mit Palagio bei Giambologna in der Medici-Akademie in Florenz ausgebildet, in die Dienste von Herzog Wilhelm V. trat, welcher im Jahre 1595 bankrott machte und die Regierungsgeschäfte seinem Sohn Maximilian I. überlassen musste.'''*''' </small> | <small> Dies folgt einer manieristischen Idee von der „Aufhebung der Schwerkraft“ und wurde nach 1580 nahezu zeitgleich im Grotten-Brunnen der Münchner Residenz nachgebildet von Cesare del Palagio (1538-1598) mit seinem nur geringfügig abgeänderten Merkur 'zur Andeutung der Waffenübergabe' an Perseus, dessen Brunnen ihm gegenüber auf der Westseite des Grottenhofes steht. Dessen Brunnen-Figur ist von Hubert Gerhard (1540-1620), der, mit Palagio bei Giambologna in der Medici-Akademie in Florenz ausgebildet, in die Dienste von Herzog Wilhelm V. trat, welcher im Jahre 1595 bankrott machte und die Regierungsgeschäfte seinem Sohn Maximilian I. überlassen musste.'''*''' </small> | ||
Gemeinsam mit dem Bildhauer [[Hugo Kaufmann]], der eine gegenüber dem Original in Florenz um 2o cm kleinere Figur modellierte, realisierte Friederich von Thiersch die "Figura serpentinata" in München somit nochmals für einen Merkurbrunnen, der am 2. 8. [[1911]] an den Eschenanlagen, hinter dem [[Haus für Handel und Gewerbe]], ebenfalls von F. v. Thiersch, feierlich enthüllt wurde. | |||
Gemeinsam mit dem Bildhauer [[Hugo Kaufmann]], der eine gegenüber dem [[Bild:Merkur-Grotte.jpg|thumb|'''Figura serpentinata''': Merkur-Brunnen im Grottenhof der Münchner Residenz von Palagio nach Giambologna, 1580|left|200px]] Original in Florenz um 2o cm kleinere Figur modellierte, realisierte Friederich von Thiersch die "Figura serpentinata" in München somit nochmals für einen Merkurbrunnen, der am 2. 8. [[1911]] an den Eschenanlagen, hinter dem [[Haus für Handel und Gewerbe]], ebenfalls von F. v. Thiersch, feierlich enthüllt wurde. | |||
Aus einer kreisrunden Brunnenschale, mit einem Durchmesser von 160 cm erhebt sich ein runder Zylinder, an dessen oberen Rand je vier Krümmer (ursprünglich aus dem Stein gehauenen Mäulern von vier Löwenköpfen) dem Becken das Wasser spenden. Auf dem Scheitel des Zylinders liegt der schon zur Figur gehörende Kopf des mit vollen Backen blasenden Windgottes "Zephyr". Die von ihm ausgeblasene Luft verschafft dem Merkur als "Gott des glücklichen Gelingens, der Träume und des Schlafes" den Senkrechtstart zur Weiterreise als vielfliegender Götterbote mithilfe von je einem kleinen Flügel an den Schuhen und von zwei Flügeln an seinem Hut.<br> | Aus einer kreisrunden Brunnenschale, mit einem Durchmesser von 160 cm erhebt sich ein runder Zylinder, an dessen oberen Rand je vier Krümmer (ursprünglich aus dem Stein gehauenen Mäulern von vier Löwenköpfen) dem Becken das Wasser spenden. Auf dem Scheitel des Zylinders liegt der schon zur Figur gehörende Kopf des mit vollen Backen blasenden Windgottes "Zephyr". Die von ihm ausgeblasene Luft verschafft dem Merkur als "Gott des glücklichen Gelingens, der Träume und des Schlafes" den Senkrechtstart zur Weiterreise als vielfliegender Götterbote mithilfe von je einem kleinen Flügel an den Schuhen und von zwei Flügeln an seinem Hut.<br> | ||
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Der kleine ‘Schutzpatron der Kaufleute und Diebe‘ aber sollte eine zweite Möglichkeit erhalten und in neuer Pracht, an einem neuen Standort, die Bürger der Stadt nicht nur mit seinem Wasserspiel beglücken. Von Februar des Jahres 1975 an, bis Ende Oktober 1975 wurde der Brunnen einer kompletten Restaurierung unterzogen. Mithilfe des Kulturbaufonds und durch Spenden von über 270.000.- DM gelang es den Handwerkern, Bildhauern und Steinmetzen fast alle Schäden aus schlimmer Zeit zu beseitigen. Und am Donnerstag, dem 6. November [[1975]], wurde vom damaligen Stadtbaurat [[Uli Zech]] der 'Merkur-Brunnen im Tal' feierlich '''wieder enthüllt'''. | Der kleine ‘Schutzpatron der Kaufleute und Diebe‘ aber sollte eine zweite Möglichkeit erhalten und in neuer Pracht, an einem neuen Standort, die Bürger der Stadt nicht nur mit seinem Wasserspiel beglücken. Von Februar des Jahres 1975 an, bis Ende Oktober 1975 wurde der Brunnen einer kompletten Restaurierung unterzogen. Mithilfe des Kulturbaufonds und durch Spenden von über 270.000.- DM gelang es den Handwerkern, Bildhauern und Steinmetzen fast alle Schäden aus schlimmer Zeit zu beseitigen. Und am Donnerstag, dem 6. November [[1975]], wurde vom damaligen Stadtbaurat [[Uli Zech]] der 'Merkur-Brunnen im Tal' feierlich '''wieder enthüllt'''. | ||
Doch keine 18 Jahre danach, am 1o. August 1993, vormittags zwischen 8 und 11 Uhr, wurde der “Gott der Kaufleute & Diebe“ vermutlich von Auftragsräubern geraubt, denn der Erlös von 60 kg Bronze 'lohnt' eigentlich schon den Aufwand einer Sachbeschädigung nicht. Eine solche war möglicherweise bei der Vorbereitung des Raubes erfolgt. Denn von einem Giesserei-Fachmann, der | Doch keine 18 Jahre danach, am 1o. August 1993, vormittags zwischen 8 und 11 Uhr, wurde der “Gott der Kaufleute & Diebe“ vermutlich von Auftragsräubern geraubt, denn der Erlös von 60 kg Bronze 'lohnt' eigentlich schon den Aufwand einer Sachbeschädigung nicht. Eine solche war möglicherweise bei der Vorbereitung des Raubes erfolgt. Denn von einem Giesserei-Fachmann, der an der Restauration der Thiersch-Replik im Jahr 1975 beteiligt war, hatte einige Tage vor dem Raub am Fuß des Merkur einen Schaden unbekannter Ursache entdeckt und kostenfreie Reparatur angeboten, welches Angebot damals im 'Einlauf-Auslauf-System' der Stadt München hängenblieb. Nach dem Raub aber erhielt die Kunstgiesserei Otto Strehle in Winhöring, die 1975 - nach Vollendung der Restauration - den Merkur vollständig abgeformt hatte, jetzt sogleich und mittels einer Spende vom Landesverband des Bayerischen Einzelhandel, in Höhe von von 22. 000. - DM, den dringenden Auftrag zu einem neuen Bronzeguss, der dann schon am 18. Mai 1994 auf und in der Brunnensäule im Tal sicherer verankert werden konnte. - Damit bekam der Friedrich-von-Thiersch-Merkur und damit Giambolognas „optische Auflösung der Statik von der Basis her“ die dritte Chance für ihren Verbleib in [[München]]. | ||
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