München zur Zeit des Zweiten Weltkriegs: Unterschied zwischen den Versionen

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1. München als Angriffsziel
Für die Planungsstäbe der Alliierten war der Großraum München ein lohnendes Ziel, und dies bei weitem nicht nur wegen der symbolischen und politischen Bedeutung für die herrschenden Nationalsozialisten als Hauptstadt der Bewegung. Folgende Einrichtungen fanden Eingang in die vom Bomber Command 1942 angelegten und später auch von den US-Luftstreitkräften benutzten Bezirkszielkarte für München:
Zielkategorie Codenummer Standort
Verkehr
Reichsbahnausbesserungswerk GH 353 A Freimann
Hauptbahnhof und Komplex des GH 606 Zentrum
Verschiebebahnhofs Laim
Verschiebebahnnof Ost GH 643 München-Ost
Flughäfen
Oberwiesenfeld GU 3943 München-Nord
Riem GU 4042
Schleißheim GU 4048
Neubiberg GU 4115
Flugzeugindustrie
B.M.W. GY 4653 München-Nord
Junkers GY 4662 A Allach
Forschungsanstalt Prof. Junkers GL 2659 Allach
I.G. Farben Agfa GL 2617 Giesing
Versorgungswerke
E-Werk Thalkirchner Straße GO 1084 München-Süd
Umschaltwerk GY 4662 B Karlsfeld
Städtisches Gaswerk Dachauer Str. GQ 2058 München Nord
Maschinenbau
Maschinen- und Zahnradfabrik C.Hurth GZ 2737 München-Ost
Motorenwerke Mannheim A.G. GR 3667 München-Nord
(U-Boot-Motoren)
Deckel GZ 2947 Sendling
Krauss-Maffei GH 530 Allach
J. Rathgeber A.G. GH 394 Moosach
Chemische Industrie
Metzleler Gummiwerke GS 166 München
Leichtmetallwerke
Vorderstemann & Seitz GZ 2903 München
Bayerisches Leichtmetallwerk GH 353 B Neufreimann
Heymann & Kayser
Militärische Einrichtungen
Feldherrnhalle GN 3757 Versammlungsort der NSDAP
Bürgerbräukeller GN 3758 München-Ost
Heereszeugamt GN 3763 Giesing
Dem Kundigen der Münchener Topographie fallen bei dieser Auflistung sicherlich einige Ungereimtheiten auf, wie das Fehlen der städtischen Kasernen, des Industrieflughafens in Oberpfaffenhofen, des Luftgaukommandos VII in der Prinzregentenstraße oder das Fehlen der für die Entwicklung von flüssigem Wasser- und Sauerstoff entscheidenden Chemiewerke Linde und EWM in Höllriegelskreuth in der Gemeinde Pullach. Das Informationsdefizit wurde jedoch bis 1944 aufgeholt, da sich diese Zielgruppen dann in den alliierten Einsatzunterlagen finden, so beim kombinierten Angriff der Amerikaner am 19. Juli gegen die Chemiewerke in Höllriegelskreuth mit dem Ziel, die Entwicklung der deutschen V-Waffe zu blockieren.
Im “Bomber’s Baedeker”, dem “Städteführer” des Bomber Command zu den deutschen Angriffszielen, waren die Informationen zu München bis auf kleinere Mängel präzise recherchiert.  Dieses Zielhandbuch maß der bayerischen Hauptstadt besondere Bedeutung als Verkehrsdrehscheibe zu den Fronten bei, aber auch als Sitz wichtiger Flugindustrie mit BMW als Hersteller des standardisierten BMW-801-Flugzeugmotors für die deutsche Jagdwaffe sowie als Ort von Fliegerhorsten. Ebenfalls hervorgehoben wurde der Symbolwert der Stadt als Geburtsstätte der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) unter Adolf Hitler, was ein zusätzliches „political target“ darstellte.
In den Planstäben der US-Luftstreitkräfte rangierte München von Herbst 1944 an bis Kriegsende vor allem als hochrangiges Verkehrsziel. Über München liefen die Nord-Süd- bzw. Ost-West-Verbindungen des Schienenverkehrs im Reichsgebiet. Das bedeutete, dass der Nachschub für Italien sowie für den Balkan den Eisenbahnknotenpunkt München passieren musste. Ab Sommer 1944 wurde das Münchner Schienennetz vorwiegend von der 15. USAAF bombardiert, aber auch die 8. USAAF beteiligte sich an dessen systematischer Zerschlagung. Selbst die bis zum Schluss an ihrem Konzept von unterschiedslosen Flächenangriffen (area bombing- Direktive vom 14. Februar 1942) festhaltende RAF setzte ihre Zielmarkierungen gegen Ende 1944 in einer Weise, dass eine weitere Schädigung des Bahnhofsareals garantiert war. Die sofort nach den Angriffen begonnenen Wiederaufbaumaßnahmen am deutschen Eisenbahnnetz trieb die Angreifer zur Verzweiflung. In den gleich nach Beendigung der Kampfhandlungen erstellten USSBS-Berichten  wurde gerade den Arbeiten am Verkehrsnetz in München enorme Hartnäckigkeit bescheinigt. Erstaunlich schnelle Reparaturleistung von Strecken und fieberhaftes Arbeiten in den Reichsbahnausbesserungswerken in Freimann und Neuaubing waren dafür verantwortlich, dass dieses Ziel bis zum Ende trotz katastrophaler Schäden nicht vollkommen ausgeschaltet werden konnte. Die Überkapazität im deutschen Eisenbahnnetz hatte zur Folge, dass die Angreifer ebenfalls eine Überkapazität an Zerstörungskraft investieren mussten, um den Nachschub an die Fronten zu unterbinden. Dies erzeugte wiederum hohe Verluste unter der Zivilbevölkerung durch Streueffekte auf die umliegenden Wohngebiete, da die Transportziele wie die Münchner Verschiebebahnhofe in den dicht bebauten deutschen Innenstädten lagen.
München stellte im Zweiten Weltkrieg also in dreifacher Hinsicht ein wichtiges Zielobjekt der alliierten Luftwaffen dar:
• Erstens diente die Stadt seit 1942 als Flachenziel für die auf area bombing spezialisierten Gruppen des englischen Bomber Command. Angegriffen wurden dabei immer klar gekennzeichnete Areale der dicht bebauten Innenstadt, da die englischen Planer davon ausgingen dadurch eine allgemeine Reduzierung des Industriepotentials wie die Demoralisierung der deutschen Bevölkerung zu erreichen.
• Zweitens wurde das Zielsystem “Deutsche Luftwaffe” von der amerikanischen 8. wie  15. USAAF ins Visier genommen. Der Sitz des BMW Werks sowie ein Kranz bedeutender Militärflughäfen fielen in diese Kategorie. Ebenfalls attackiert wurden zwei wichtige Chemiewerke im Süden Münchens, die als unabdingbare Zulieferer für die deutsche V-Waffe fungierten.
• Als dritte Kategorie fungierte das Zielsystem “Verkehr”, das von Herbst 1944 bis Kriegsende in den Angriffen auf München immer mehr Gewicht erlangte, da das Münchner Schienennetz eine zentrale Nachschubfunktion für die Fronten einnahm.
Das aus der Luft auffällig strukturierte Stadtbild Münchens war bei den Crews ein gefürchtetes Ziel. Oft ging ein Raunen durch den Raum, wenn das Ziel Catfish als Angriffsziel bekannt gegeben wurde.  Noch gefürchteter waren jedoch Berlin, Essen und Wien. Die sieben- bis achtstündige Flugzeit bedeutete für die Besatzungen eine Strapaze, vor allem auch weil der lange Anflugweg für die von England aus startenden Luftflotten die Gefährdung durch deutsche Flakzonen von der Nordsee- und Kanalküste bis zum Ziel beinhaltete. Um die gefährlichen Flakkonzentrationen zu umfliegen, waren Umwege nötig, was die Flugzeit zusätzlich erhöhte. Dazu kam bis Sommer 1944 die große Bedrohung durch deutsche Jäger, die bis zur alliierten Invasion von ihren Leitstellen in Nordfrankreich frühzeitig auf den Bomberstrom angesetzt wurden, sobald ihn die Radargeräte erfassten. Von Augsburg an gerieten die Bomberpulks in den Bereich der dort stationierten schweren Flak, die zur Verteidigung der Städte Augsburg und München in großer Dichte angelegt war. Bei Nachtangriffen irritierte vor allem auch der Scheinwerferriegel zwischen München und Augsburg, zumal er mit der Nachtjagd kombiniert wurde. Die Maschinen wurden im Lichtkegel gefangen und von der Flak beschossen bzw. von Nachtjägern angegriffen. Erst die strategischen Gebietsvorteile nach der Invasion erleichterten die Einflüge von England nach München, da die deutsche Frühwarnung erheblich eingeschränkt wurde.
Die von Süditalien aus einfliegende 15. USAAF startete ihren Flugweg nördlich über die Adria, überflog die Küste zwischen Ferrara und Venedig, überquerten dann die Alpen auf verschiedenen Wegen in Richtung Tirol und Bayern. Die Flak erreichte hier nicht die Konzentration wie beim Anflug aus England, entbehrte aber ebenfalls nicht gefährlicher Schwerpunkte, wie am Brenner und im Raum Innsbruck. Die Notwendigkeit, die Alpen zu überqueren, erwies sich für die Besatzungen vor allem auf ihrem Rückflug als Hindernis. Beschädigte Maschinen erreichten oft nicht mehr die für das Überfliegen der Alpen erforderliche Höhe, um unbeschadet zu den Heimatbasen zu gelangen.


==Weblinks==
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