Pressereferat des Bayrischen Kriegsministeriums: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Sonderstellung des bayerischen Heeres innerhalb des gesamten Reichsheeres scheint zwar generell sehr stark ausgeformt zu sein; bei genauer Betrachtung des gesamten Vertragswerkes zeigt sich jedoch, dass im Kriegsfall diese Sonderstellung de facto stark eingeschränkt war in ihrer Wirkung fast ausschließlich auf die Friedenszeit begrenzt. Diese Auffassung prägte wohl auch die Einstellung der Reichsstellen gegenüber den bayerischen militärischen Behörden im Kriege. Bezeichnenderweise klammerte sich jedoch das Bayerische Kriegsministerium bei der Auslegung der Novemberverträge an die Interpretation des rein föderalistisch eingestellten Juristen {{WL2|Max von Seydel}} .
Die Sonderstellung des bayerischen Heeres innerhalb des gesamten Reichsheeres scheint zwar generell sehr stark ausgeformt zu sein; bei genauer Betrachtung des gesamten Vertragswerkes zeigt sich jedoch, dass im Kriegsfall diese Sonderstellung de facto stark eingeschränkt war in ihrer Wirkung fast ausschließlich auf die Friedenszeit begrenzt. Diese Auffassung prägte wohl auch die Einstellung der Reichsstellen gegenüber den bayerischen militärischen Behörden im Kriege. Bezeichnenderweise klammerte sich jedoch das Bayerische Kriegsministerium bei der Auslegung der Novemberverträge an die Interpretation des rein föderalistisch eingestellten Juristen {{WL2|Max von Seydel}} .
Bei seinen Versuchen, die militärische Selbstständigkeit auch im Kriege zu wahren, bediente sich das bayerische Kriegsministerium gelegentlich sehr eigenwilliger Auslegungen, die jedoch der vertraglichen Grundlage entbehren. Es unterteilte die bayerische Truppen in immobile und mobile, und nur für die mobilen Truppen, also jene, die im Felde standen, sollte der kaiserliche Oberbefehl gelten <ref>KA Mkr. 1 Bl.38, Datiert 27. Juni 1917</ref> Allein im gesamten Vertragswerk findet sich nirgendwo ein Anhaltspunkt, der eine solche differenzierende Auslegung rechtfertigen könnte. Vielmehr spricht der Vertragstext nur von „der Gesamtheit der bayerischen Truppen“ oder „des bayerischen Heeres“.<ref>Textabdruck bei {{WL2|Ernst Rudolf Huber}} : Dokumente, Bd. 2, 1964 S. S. 265-267</ref>
Bei seinen Versuchen, die militärische Selbstständigkeit auch im Kriege zu wahren, bediente sich das bayerische Kriegsministerium gelegentlich sehr eigenwilliger Auslegungen, die jedoch der vertraglichen Grundlage entbehren. Es unterteilte die bayerische Truppen in immobile und mobile, und nur für die mobilen Truppen, also jene, die im Felde standen, sollte der kaiserliche Oberbefehl gelten <ref>KA Mkr. 1 Bl.38, Datiert 27. Juni 1917</ref> Allein im gesamten Vertragswerk findet sich nirgendwo ein Anhaltspunkt, der eine solche differenzierende Auslegung rechtfertigen könnte. Vielmehr spricht der Vertragstext nur von „der Gesamtheit der bayerischen Truppen“ oder „des bayerischen Heeres“.<ref>Textabdruck bei {{WL2|Ernst Rudolf Huber}} : Dokumente, Bd. 2, 1964 S. S. 265-267</ref>
== Münchener Post ==
=== Bayrischer Eisenbahnerrevers ===


In einer längeren Note vom 16. Februar 1915 bat Verkehrsminister {{WL2|Lorenz von Seidlein}} den Kriegsminister {{WL2|Philipp von Hellingrath}}, zensurell gegen die Angriffe aus der Presse vorzugehen, da sie geeignet seien, das Vertrauen in die Staatsregierung zu gefährden.
Der Kriegsminister lehnte die Bitte seines Kollegen ab.
 
Der Kriegsminister wies ausdrücklich darauf hin, dass sich die Behörden in dieser Art von Auseinandersetzungen mit den zur Verfügung stehenden pressegesetzlichen Mitteln zur Wehr setzen müßten. Er sprach sich gegen jede Ausnahmebehandlung der sozialdemokratischen Presse aus. Die einseitige Verhängung der Präventivzensur über die sozialdemokratische [[Münchener Post]] sei allein schon deshalb ein Ding der Unmöglichkeit, weil sich die sozialdemokratische Partei während des Krieges genauso vaterländisch verhalten habe wie jede andere Partei. Der Minister betonte vielmehr, eine bewußte Nachsicht gegenüber den Presseäußerungen zum Eisenbahnerrevers, die sich für eine Gleichberechtigung ihrer Parteiangehörigen einsetzen, sei durchaus am Platze; mit dieser Feststellung verband Kreß den Hinweis, dass diese vom Kriegsministerium geübte Praxis sich in voller Übereinstimmung mit den Zielen der Obersten Heeresleitung und der Reichsleitung befinde. <ref>KA. Mkr. 13862 Bl. 68 und 121</ref>
In seiner Antwortnote wies der Verkehrsminister von Seidlein am 23.3.1915 darauf hin, dass er weder eine Ausnahmebehandlung der sozialdemokratischen Presse gefordert habe noch die Verhängung der allgemeinen Präventivzensur für angemessen halte. Allerdings betonte er ausdrücklich, auch die Sozialdemokratie und ihre Parteiorgane müßten sich dieselbe Zurückhaltung auferlegen, wie die übrigen Parteien. Am 19. April antwortete der Kriegsminister auf die Ausführungen mit einer längeren Darlegung der Richtlinien, nach denen die militärisch Zensur gehandhabt werde. Diese Antwortnote wie auch seine früheren Darlegungen zu dieser Frage, hatte er auch seinen Ministerkollegen noch einmal zugeleitet.<ref>KA. Mkr. 13862, Bl. 66, 69 und 126</ref> Er betonte eingangs die volle Übereinstimmung der Münchner Zensurpraxis mt den Richtlinien der Obersten Heeresleitung und den preußischen Zensurstellen. Demnach war eine Erörterung des Standpunktes durchaus zulässig. Für die Münchner Zensurstelle bedeutete dies, dass sie auch eine Kritik am {{WL2|Bayrischer Eisenbahnerrevers|Bayrischen Eisenbahnerrevers}} nicht ohne weiteres unterbinden durfte. Der Minister betonte daher, die Zensur könne erst in dem Augenblick eingreifen, da durch die Kritik am Revers die Staatsinteressen gefährdet würden.
Deutlich versuchte hier der Kriegsminister eine Trennungslinie zwischen den Staats- und Regierungsinteressen zu ziehen, wenn er weiter ausführte, diese Staatsinteressen seien nun nicht identisch mit einem vor dem Kriege praktizierten innenpolitischen System, weil „gegenüber der Erhaltung des inneren Friedens und der Kraft und Geschlossenheit unseres Volkstums als den obersten Staatsinteressen alle anderen Interessen zurückzutreten haben“. Eine deutliche Spitze enhielt seine zusätzliche Bemerkung:“Presseäußerungen, die weder hiergegen, noch gegen die Interessen der Landesverteidigung verstoßen, müssen demnach von der militärischen Zensur unbeanstandet bleiben, auch wenn sie der einen oder anderen Behörde unbequem sind.“<ref>KA. Mkr. 13939, o. Bl. S. 3</ref> Zur Behandlung der sozialdemokratisch eingestellten Bediensteten äußerte der Minister den Gedanken, dass durch ein nicht vorbehaltloses Anerkennen der Leistungen ein wesentlich größerer Schaden angerichtet werde. Dem fügte er noch hinzu, dass sich auch das Kriegsministerium gegen unrichtige Angriffe nicht mit dem Mittel der Zensur wehre, sondern sich der Presseberichtigung bediene. Der Verkehrsminister verzichtete nach diesen Ausführungen offenbar auf eien weiteren Briefwechsel, jedenfalls fand sich in den Akten keine weitere Antwort auf die Ausführungen des Kriegsministers.
 
 
und der Kraft und Geschlossenheit unseres Volkstums als den obersten Staatsinteressen alle anderen Interessen und Erwägungen zurückzutreten haben“?!.
== Literatur ==
== Literatur ==
* Doris Fischer: ''Die Münchner Zensurstelle während des Ersten Weltkrieges. Alfons Falkner von Sonnenburg als Pressereferent im Bayerischen Kriegsministerium in den Jahren 1914 bis 1918/19.'' Phil. Diss., LMU München, Dissertationsdruck Schön, 1973 - 313 S. (Ref.angabe auskommentiert)<!--    Inaugurial-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Ludwigs-Maximilian-Universität zu München, vorgelegt von Doris Fischer aus Köln am Rhein 1973
* Doris Fischer: ''Die Münchner Zensurstelle während des Ersten Weltkrieges. Alfons Falkner von Sonnenburg als Pressereferent im Bayerischen Kriegsministerium in den Jahren 1914 bis 1918/19.'' Phil. Diss., LMU München, Dissertationsdruck Schön, 1973 - 313 S. (Ref.angabe auskommentiert)<!--    Inaugurial-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Ludwigs-Maximilian-Universität zu München, vorgelegt von Doris Fischer aus Köln am Rhein 1973
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