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Das historische Viertel '''Hofstatt''' lag in der [[München|Münchner]] Altstadt, genauer im [[Hackenviertel]]. Es handelte sich um eine Gasse, die auf einen kleinen Platz zulief, umschlungen von ehedem 8 Häusern. | Das historische Viertel '''Hofstatt''' lag in der [[München|Münchner]] Altstadt, genauer im [[Hackenviertel]]. Es handelte sich um eine Gasse, die auf einen kleinen Platz zulief, umschlungen von ehedem 8 Häusern. | ||
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==Erzählungen== | ==Erzählungen== | ||
Könnte die Hofstatt reden, sie würde zweifellos aus den acht Jahrhunderten, die sie besteht, ungeheuer viel Interessantes erzählen können. Aber sie schweigt sich hierüber leider aus, wie das alte Dinge so belieben. | Könnte die Hofstatt reden, sie würde zweifellos aus den acht Jahrhunderten, die sie besteht, ungeheuer viel Interessantes erzählen können. Aber sie schweigt sich hierüber leider aus, wie das alte Dinge so belieben. | ||
Die Geschichte der "Hofstatt" liegt ganz im Dunkeln. Sicheres lässt sich nicht viel über ihre Entstehung und Entwidmung sagen, fast überall begegnet man Vermutungen. [[Lorenz Hübner]] sagt in seiner Beschreibung der Stadt München (1803) nur: | Die Geschichte der "Hofstatt" liegt ganz im Dunkeln. Sicheres lässt sich nicht viel über ihre Entstehung und Entwidmung sagen, fast überall begegnet man Vermutungen. [[Lorenz Hübner]] sagt in seiner Beschreibung der Stadt München (1803) nur: | ||
"Ein Teil des [[Färbergraben]]s macht mit einigen Häusern die Hofstatt aus, welche eine Art geschlossenen Platzes gestaltet." | "Ein Teil des [[Färbergraben]]s macht mit einigen Häusern die Hofstatt aus, welche eine Art geschlossenen Platzes gestaltet." | ||
Kreisrat [[Felix Joseph Lipowsky]] (1815) vermutet, dass an der Stelle der Hofstatt einst ein Palast [[Heinrich der Löwe|Heinrich des Löwen]] mit Gärten, Gründen und Ökonomiegebäude gestanden habe, einer großen Hofmark ähnlich, wovon dann die Bezeichnung "Hofstatt" abgeleitet worden sei. Aber Heinrich der Löwe hatte weder im Tal noch am späteren Färbergraben einen "Palast". | Kreisrat [[Felix Joseph Lipowsky]] (1815) vermutet, dass an der Stelle der Hofstatt einst ein Palast [[Heinrich der Löwe|Heinrich des Löwen]] mit Gärten, Gründen und Ökonomiegebäude gestanden habe, einer großen Hofmark ähnlich, wovon dann die Bezeichnung "Hofstatt" abgeleitet worden sei. Aber Heinrich der Löwe hatte weder im Tal noch am späteren Färbergraben einen "Palast". | ||
Dr. [[Anselm Martin]], Professor an der Universität, glaubte in einem Vortrag, "über die ehemaligen Richtstätten der in München zur Todesstrafe Verurteilten und ihre Volkssagen, gehalten im historischen Verein von und für Oberbayern (abgedruckt 1871 im 31. Bande des Oberbayerischen Archives) feststellen zu können, dass "der besonderer Platz oder die Sackgasse | Dr. [[Anselm Martin]], Professor an der [[LMU|Universität]], glaubte in einem Vortrag, "über die ehemaligen Richtstätten der in München zur Todesstrafe Verurteilten und ihre Volkssagen, gehalten im historischen Verein von und für [[Oberbayern]] (abgedruckt 1871 im 31. Bande des Oberbayerischen Archives) feststellen zu können, dass "der besonderer Platz oder die Sackgasse, wo man es jetzt auf der Hofstatt nennt, auch in der Volkssage die Lokalität sei, wo vor Zeiten die öffentliche Todesstrafe vollzogen worden sein soll". Dr. Martin will diese Vermutungen (Dr. Martin Heinrich Wolf in seiner "Urkundlichen Chronik von München 1852") damit stützen, dass er auf Knochenfunde an diesem Platze hinweist. Diese Vermutungen, dass die Hofstatt einst Hof-Richtstätte gewesen sei, lässt sich aber derzeit nicht belegen. | ||
Wolf vermerkt: Ein Leichenacker sei auf der Hofstatt nie gewesen, auch nicht in seinem alten Stadtplan oder einer alten Urkunde verzeichnet, auch seien die Gebeine nicht in geordneter Reihe, wie in allen christlichen Leichenäckern, eingegraben. Seit Menschen Gedenken erzählte die Volkssage in München, dass es an diesem Platz geistere, und man Hingerichtete, ihre Köpfe unterm Arm tragend, nachts dort habe umherwandeln sehe und dergleichen Aberglauben mehr, wie sie bei allen Richtstätten berichtet werden. Herzog Rudolf schenkte um das Jahr 1300 den Platz, wo heute die Hofstatt steht, seinem damaligen Stadtrichter Hartwich dem Schleißbecken, (in den Urkunden meist, Schleßbecken oder Slaespecken geschrieben), der sein Stammschloss zu Schleißbach, gleich außerhalb dem Markte Mainburg in der Hallertau hatte, dann von München wegkam und um 1302 als Richter zu Kitzbühel und einige Jahre später als solcher zu [[Wolfratshausen]] erscheint. Um diese Zeit war aber der Platz der heutigen Hofstatt schon nicht mehr außerhalb der alten Stadt gelegen, sondern alle diese Vororte und Höfe waren durch eine neue Burgmauer mit Toren, Türmen, Zwinger, Graben usw. mit der [[Altstadt]] zu einem Ganzen vereinigt. | |||
Hartwich legte an dem Platz der Hofstatt auf seine Kosten acht Häuser an, von denen er eines einige Jahre auch selbst bewohnte, die übrigen sieben aber an Handwerker und andere vermietete. Über 200 Jahre lang hieß man es daselbst "auf des Schleißbecken Hofstatt", trotzdem die Schleißbecken nur kurze Zeit dort ihren Besitz hatten. Schon Hartwichs Sohn Heinrich, Ritter von Schleißbach, der 1343 starb und in der Augustinerkirche begraben wurde, musste einige Häuser in der Hofstatt verkaufen. Dessen Sohn Thomas, der ganz verarmte, musste [[1366]] das letzte ihm dort gebliebene Haus an Private veräußern. Aber nach und nach kamen die Schleißbecker doch in Vergessenheit und es blieb nur der Name "auf der Hofstatt". | Hartwich legte an dem Platz der Hofstatt auf seine Kosten acht Häuser an, von denen er eines einige Jahre auch selbst bewohnte, die übrigen sieben aber an Handwerker und andere vermietete. Über 200 Jahre lang hieß man es daselbst "auf des Schleißbecken Hofstatt", trotzdem die Schleißbecken nur kurze Zeit dort ihren Besitz hatten. Schon Hartwichs Sohn Heinrich, Ritter von Schleißbach, der 1343 starb und in der Augustinerkirche begraben wurde, musste einige Häuser in der Hofstatt verkaufen. Dessen Sohn Thomas, der ganz verarmte, musste [[1366]] das letzte ihm dort gebliebene Haus an Private veräußern. Aber nach und nach kamen die Schleißbecker doch in Vergessenheit und es blieb nur der Name "auf der Hofstatt". | ||
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In seiner Topographischen Geschichte Münchens, weist Dr. [[Georg Kaspar Nagler]] darauf hin, dass im 13. Jahrhundert außerhalb des alten Stadtgrabens die Bürger ihre Obst- und Gemüsegärten hatten und dabei oft größere oder kleinere "Hofstätten". | In seiner Topographischen Geschichte Münchens, weist Dr. [[Georg Kaspar Nagler]] darauf hin, dass im 13. Jahrhundert außerhalb des alten Stadtgrabens die Bürger ihre Obst- und Gemüsegärten hatten und dabei oft größere oder kleinere "Hofstätten". | ||
In der Gegend seien von jeher große Grundstücke gewesen, die sich über den Färbergraben und das 1445 ausgebrannte Hackergässchen hinaus erstreckten. Nach dem ältesten Münchener "Saalbuch" von 1440 waren in der Hofstatt 17 Häuschen, darunter ein Amtmanns-Haus, mit Garten, von diesem Haus leitet sich, wie Dr. [[Georg Jacob Wolf]] glaubte, die unbegründete Sage her, dass die Hofstatt einst eine Hofrichtstätte gewesen sei. In der damaligen Hofstatt waren auch das Astaller Benefizium (Haus Nummer 3, 1476 bis 1811) und das Tulbecken Kaplanhaus später "Tulbeckhen-Kaplanhaus", Weide mit Garten schräg gegenüber der Hofstatt, aber zu dieser gehörig, stand ein Eckhaus, dem Lienhart Taler gehörig, nebst einer Stallung | In der Gegend seien von jeher große Grundstücke gewesen, die sich über den Färbergraben und das 1445 ausgebrannte Hackergässchen hinaus erstreckten. Nach dem ältesten Münchener "Saalbuch" von 1440 waren in der Hofstatt 17 Häuschen, darunter ein Amtmanns-Haus, mit Garten, von diesem Haus leitet sich, wie Dr. [[Georg Jacob Wolf]] glaubte, die unbegründete Sage her, dass die Hofstatt einst eine Hofrichtstätte gewesen sei. In der damaligen Hofstatt waren auch das Astaller Benefizium (Haus Nummer 3, 1476 bis 1811) und das Tulbecken Kaplanhaus später "Tulbeckhen-Kaplanhaus", Weide mit Garten schräg gegenüber der Hofstatt, aber zu dieser gehörig, stand ein Eckhaus, dem Lienhart Taler gehörig, nebst einer Stallung. Wolf führt dieses Eckhaus als Beweis dafür an, dass die Hofstatt bereits zu einem großen, wahrscheinlich zum sog. Fürstenfelderhaus in der [[Fürstenfelder Straße]] gehört haben müsse, dass diese von jenem Haus getrennt worden sei, aber diesen ursprünglichen Namen "Hofstatt" bis auf den heutigen Tag beibehalten habe. Nach dem Grundbuch von 1629 befanden sich an der Hofstatt, die nun beim St. Achatsi-Kaplanhaus am Färbergraben beginnt und mit dem Pfaben-Eckhaus "Pfauen-Eckhaus", von dem ältesten Besitzer Ulrich Pfab, oder Pfau genannt, abschließt, nur mehr neun Häuser. | ||
Die beiden Kaplanhäuser waren bis 1940 noch vorhanden, die übrigen Häuser sind längst in anderen Besitz übergegangen und wurden durch Neubauten ersetzt. Nach den Grundbüchern zu schließen, scheinen die Häuser in der Hofstatt immer rasch ihren Besitzer gewechselt zu haben. Es ist also nicht gerade viel, was man, urkundlich nachweisbar, von der Hofstatt sagen könnte. Sie stand ursprünglich, wie wir gesehen haben, gegen die nunmehr offene Front zu mit einem Hause in Verbindung, sie wurde später jedoch von diesem getrennt und ist daher zu einer Seite offen. | Die beiden Kaplanhäuser waren bis 1940 noch vorhanden, die übrigen Häuser sind längst in anderen Besitz übergegangen und wurden durch Neubauten ersetzt. Nach den Grundbüchern zu schließen, scheinen die Häuser in der Hofstatt immer rasch ihren Besitzer gewechselt zu haben. Es ist also nicht gerade viel, was man, urkundlich nachweisbar, von der Hofstatt sagen könnte. Sie stand ursprünglich, wie wir gesehen haben, gegen die nunmehr offene Front zu mit einem Hause in Verbindung, sie wurde später jedoch von diesem getrennt und ist daher zu einer Seite offen. | ||
==Geschichte == | ==Geschichte == | ||
Die Namensgebung geht vermutlich auf die Mitte des 14. Jahrhunderts zurück. Eine Hofstatt ist im Allgemeinen ein Wirtschafts- oder Verwaltungshof eines Adeligen oder eines kirchlichen Würdenträgers. | Die Namensgebung geht vermutlich auf die Mitte des 14. Jahrhunderts zurück. Eine Hofstatt ist im Allgemeinen ein Wirtschafts- oder Verwaltungshof eines Adeligen oder eines kirchlichen Würdenträgers. | ||
Keines der Gebäude entlang der Hofstatt hat den [[Zweiter Weltkrieg|2. Weltkrieg]] überdauert. Ein Zugang in die kleine Sackgasse ging vom Färbergraben her. Sinnvollerweise spricht man hier von der ''"alten Hofstatt'', weil sie im Jahre [[1945]] aufgehört hat zu existieren. Denn | Keines der Gebäude entlang der Hofstatt hat den [[Zweiter Weltkrieg|2. Weltkrieg]] überdauert. Ein Zugang in die kleine Sackgasse ging vom Färbergraben her. Sinnvollerweise spricht man hier von der ''"alten Hofstatt'', weil sie im Jahre [[1945]] aufgehört hat zu existieren. Denn von 2010 bis 2012 wurde das komplette Areal - unter dem gleichem Namen - mit Beton zugefüllt. So heißt es in der zeitgemäßen Immobilien-Lyrik einer Ankündigung: | ||
:::''"Die Hofstatt ist das neue Schmuckstück … . Dank seiner interessanten Mischung aus Handwerk und Handel, einheimischer und internationaler Gastronomie, Traditionsgeschäften und jungen Shopkonzepten zählt es zu den neuen aufstrebenden Vierteln der Stadt."'' | :::''"Die Hofstatt ist das neue Schmuckstück … . Dank seiner interessanten Mischung aus Handwerk und Handel, einheimischer und internationaler Gastronomie, Traditionsgeschäften und jungen Shopkonzepten zählt es zu den neuen aufstrebenden Vierteln der Stadt."'' | ||
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