Erwin Bowien

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Erwin Johannes Bowien (* 3. September 1899 in Mülheim an der Ruhr; † 3. Dezember 1972 in Weil am Rhein) war ein deutscher Maler, Seine Künstlerische Ausbildung erhielt er in München bei Prof. Robert Engels, dem Begründer des Münchener Neuimpressionismus.

Biographie

Erwin Bowien wurde als Sohn des Bauingenieurs und späteren kaufmännischen Direktors des Rheinhafens in Weil am Rhein Erich Bowien und seiner Frau Anna-Maria, geborene Neufeldt aus Elbing in Ostpreußen, geboren. Er wuchs in Berlin-Charlottenburg und später in Neuchâtel in der Schweiz auf. Bowien schloss Freundschaft mit Eric Thiébaud, der ihm 1948, nach dem Zweiten Weltkrieg, die Wiedereinreise in die Schweiz ermöglichte.

Erwin Bowien (1899-1972). Werkverzeichnis N° 2171: Jugendliches Selbstbildnis,1920er Jahre

Seine erste Kunstausbildung erhielt Bowien an der Kunstgewerbeschule in Neuchâtel bei William Racine. Der Schweizer Schokoladenfabrikant Carl Russ-Suchard förderte den jungen Bowien und erwarb zahlreiche Bilder von ihm.

Als deutscher Staatsbürger wurde Bowien an seinem 18. Geburtstag eingezogen und musste 1917/1918 als Dolmetscher in einer Abhöreinheit am Ersten Weltkrieg teilnehmen. Während dieser Zeit schuf er unter anderem Zeichnungen und Aquarelle von der Front im Argonner Wald. Er wurde 1919 in Hannover demobilisiert.

Nach dem Krieg besuchte Bowien zunächst Abendkurse an der Kunstgewerbeschule Hannover. Auf ein Studium 1920–1921 an der Staatlichen Kunstakademie in München bei Professor Robert Engel, dem Begründer des Münchener Neuimpressionismus, folgte im Jahr 1922 ein Studienaufenthalt an der Dresdener Kunstakademie bei Professor Richard Müller[3] und anschließend eine Ausbildung zum Zeichenlehrer an der Staatlichen Kunstschule Berlin-Schöneberg bei Philipp Franck mit Kunstgeschichtsunterricht bei Oskar Fischel. Das Examen als Werklehrer legte Bowien im Jahr 1923 in Düsseldorf ab; in den folgenden Jahren unternahm er Malreisen nach Kassel, Aachen, Hamburg, Lübeck, Karlsruhe, Freiburg im Breisgau, Basel, Königsberg und Hildesheim, später nach Prag und Wien (1928) sowie Oberitalien (1929).

Bowien war zunächst als Lehrer am Realgymnasium in Hechingen in den Hohenzollernschen Landen tätig, anschließend von 1925 bis 1932 in Solingen als Kunsterzieher am Gymnasium Schwertstraße, wo der spätere Bundespräsident Walter Scheel einer seiner Schüler war. In diesen Jahren hielt er über 100 Vorträge über kunstgeschichtliche Themen an der dortigen Volkshochschule. Zudem bekam er den Auftrag, sämtliche Arbeitsvorgänge im Solinger Zwillingswerk zeichnerisch festzuhalten. Aufgrund der Brüningschen Notverordnungen musste er den Schuldienst verlassen. Zu dieser Zeit besuchte er regelmäßig den Künstler- und Literatensalon von Erna und Hanns Heinen, woraus eine lebenslange Freundschaft mit der Familie erwuchs. Die Tochter der Familie Heinen, Bettina Heinen-Ayech (1937–2020), wurde seine wichtigste Malschülerin.

In den Jahren von 1932 bis 1942 lebte Bowien als freier Künstler in Egmond aan den Hoef, Nordholland, im früheren Haus des Philosophen René Descartes. Nach seiner Entlassung als Lehrer war er zunächst nur nach Amsterdam gereist, um dort eine Rembrandt-Ausstellung zu besuchen, blieb aber dann in den Niederlanden. Sein wichtigster Malschüler dort war Dirk Oudes. 1934 unternahm Bowien eine große Nordafrika-Reise nach Libyen, Tunesien, Algerien und Marokko in Begleitung eines Holzgroßhändlers, der die Reise finanzierte und dafür anschließend die Hälfte der entstandenen Werke erhielt.[6] Anschließend litt er länger unter den Strapazen der Reise.Neben Landschaften malte Bowien zahlreiche Porträts und Familienbilder für wohlhabende Niederländer. Das Westfriesische Museum in Hoorn erwarb Bilder von Bowien,[8], andere Bilder gelangten durch Schenkung in den Besitz des Rijksmuseum Amsterdam[8], des Koninklijk Huisarchiev in Den Haag, des Regionaalrchief Alkmaar[8] und der Kirchengemeinde Schoorl.

Dass die „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten der Grund war, warum er nicht nach Deutschland zurückkehrte, deutete Bowien in seiner Autobiografie nur an – die Politik habe ihm jeden Tag „neue Qualen“ bereitet. „So bekamen die Bilder, die ich damals schuf, etwas von einem Schrei. Das Meer konnte mir nicht wild genug sein, die Wolken nicht finster genug.“[9] Nach der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht wurde er für drei Tage in Alkmaar inhaftiert. Da er wegen der politischen Situation kein Geld mehr verdienen konnte, ging er schweren Herzens nach Deutschland zurück. 35 seiner Werke ließ er in der Obhut eines Kunsthändlers in Den Haag zurück, sie blieben anschließend verschollen. Er zog zunächst für ein halbes Jahr zur Familie Heinen nach Solingen, wo er im Winter 1942 eine Reihe von Stadtansichten in Aquarell schuf, der letzte Zyklus von Gemälden der Stadt vor ihrer Zerstörung im November 1944.

Bowiens nächste Station war Augsburg. Da es wegen des Zweiten Weltkriegs weder Rahmen noch Leinwand zu kaufen gab, kam Bowien auf die Idee, die überall angebotenen Führer-Porträts und offiziellen NS-Propagandabilder anzukaufen und nach neuer Grundierung mit Ansichten von Augsburg zu übermalen. Die Bilder verkauften sich gut, jedoch wurde er an die Gestapo verraten, die 1943 seine Bilder in Augsburg auf Veranlassung der Reichskulturkammer beschlagnahmte; über 30 Bilder von Bowien wurden durch Kriegseinwirkung zerstört. Ohne gültige Papiere, insbesondere ohne Wehrpass, floh er ins Allgäu nach Kreuzthal-Eisenbach (heute ein Stadtteil von Isny). Dort entstanden seine Kriegsmemoiren Les heures perdus du Matin („Die verlorenen Stunden des Morgens“), und er half einen geflohenen französischen Kriegsgefangenen zu verstecken.

Nach Kriegsende kehrte Erwin Bowien nach Solingen zurück, wo er ab 1950 lebte, abwechselnd mit seinem Heimatort Weil am Rhein. Auch unternahm er weitere Malreisen, innerhalb Deutschlands, in die Schweiz, nach Südschweden, Norwegen (dort auch Erwerb der Hütte „Bettina-Bo“ auf der Insel Alsten), Paris, Algerien (zu Besuch bei Bettina Heinen-Ayech), Finnland, Südfrankreich. Am 28. Juli 1970 ging er die Ehe mit Inken Strohmeyer, geborene Vogt, ein. Am 3. Dezember 1972 starb Erwin Bowien in Weil am Rhein, wo er auch begraben wurde. Seine Grabstätte blieb als Ehrengrab der Stadt Weil am Rhein erhalten. Gemälde des Künstlers wurden vom Kultusministerium Nordrhein-Westfalen, vom Nordfriesland Museum (Nissenhaus) in Husum, vom Dreiländermuseum (ehemals Museum am Burghof) in Lörrach[8], vom Kreisheimatmuseum Springe und den Städtischen Kunstsammlungen von Hannoversch Münden, Solingen und Weil am Rhein erworben.

Am 20. Oktober 1976 wurde im Deutschen Klingenmuseum in Solingen der Freundeskreis Erwin Bowien e.V. gegründet.

Literatur

  • Hansjakob Dresia: Erwin Johannes Bowien" Eine Einführung in das Werk des Malers, Solingen, undatiert.[8]
  • Anonym: Erwin J. Bowien, Solingen, 60 Jahre Katalog zur Ausstellung des Deutschen Klingenmuseums Solingen vom 17. Januar bis 28.Februar 1960.[17]
  • Hans-Karl Pesch: Erwin Bowien. Hrsg.: Bettina Heinen-Ayech und der Freundeskreis Erwin Bowien. e.V. 1. Auflage. Solingen 1981[8]
  • Hans-Karl Pesch: Das Leben, das Wesen, das Werk von Erwin Bowien (1899 Mülheim/Ruhr – 1972 Weil am Rhein) Solingen, 1986.[8]
  • A. Dietz: Erwin Bowien, der Meister mit dem Pastellstift, in: Das Markgräflerland, 1986, S. 200 ff.[18]
  • Diana Millies: Erwin Bowien, Bildnisse und Portraits Solinger Bürger. Solingen, 1991.[8]
  • Dokumentation Der Kunstmaler Bowien am Ende der Welt des Bayerischen Rundfunks, gesendet am Sonntag, den 6. Mai 2012[19][20]
  • Rudi Holzberger: Faszination Adelegg: Fluchtpunkt im Allgäu – Erwin Bowien im Kreuzthal. Adelegg-Verlag, Eisenbach 2013, ISBN 978-3-00-042789-3.
  • Bettina Heinen-Ayech (Hrsg.): Erwin Bowien 1899–1972 Werkverzeichnis – Catalogue Raisonné-Werkoverzicht. Verlag U-Form, Solingen 1999, ISBN 3-88234-103-3.
  • Museumskreis e.V. und Städt. Museum am Lindenplatz in Weil am Rhein (Hrsg.): Zwischen Geist und Welt. Erwin Bowien, Begleitbroschüre zur Ausstellung. 13.10.2013 bis 27.07.2014. Städtisches Museum am Lindenplatz. Weil am Rhein.
  • Sytze van der Zee: Wij overleefden. De laatste ooggetuigen van de Duitse bezetting, Prometheus, Amsterdam 2019, ISBN 9789044638424.
  • Peter J.H. van den Berg. De schilders van Egmond. W Books, Zwolle 2021, ISBN 978 94 625 83931.

Filme, Hörspiel

  • 1992 Hassen Bouabdellah: Bettina Heinen-Ayech – Brief an Erwin Bowien. Film, Solingen und Algier, 1992. Die französische Fassung trägt den Titel Bettina Heinen-Ayech – Lettre à Erwin Bowien. Der Film wurde in der offiziellen Selektion des Festivals von Montreal aufgenommen.[21]
  • 2010 Georg Bayerle. Die Kunst der Erinnerung im Format Zwischen Spessart und Karwendel des BR[21]
  • 2011 Georg Bayerle. Bergidyll im Allgäu – Das Kreuzthal als Zufluchtsort, 1944, im Format Zeit für Bayern. Laufzeit, ca. 53 Minuten. Erstmalige Sendung des Hörspiels am 11. Dezember 2011[21]
  • 2015 Rudi Holzberger und Georg Bayerle. Fluchtpunkt im Allgäu. Die Kunst der Erinnerung: Erwin Bowien im Kreuzthal. Laufzeit: 53 Minuten. Bayerle – Kümpfel – Holzberger Foundation. Filmuraufführung am 21. Oktober 2015 im Maxim Kino in München[21]

Weblinks

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