Münchner Unruhen von 1397 bis 1403: Unterschied zwischen den Versionen

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In der Geschichtswissenschaft werden als '''Münchner Unruhen''' nicht die Jahre nach [[1968]] bezeichnet, sondern es geht um Streitigkeiten im Mittelalter zwischen reichem Bürgertum und Handwerkerschaft in den Jahren  [[1397]] bis [[1403]].
In der Geschichtswissenschaft werden als '''Münchner Unruhen''' nicht die Jahre nach [[1968]] bezeichnet, sondern es geht um Streitigkeiten im Mittelalter zwischen reichem Bürgertum und Handwerkerschaft in den Jahren  [[1397]] bis [[1403]].


Christine Rädlinger beschreibt im [[HLB|Historischen Lexikon Bayerns]], dass es einerseits heftige Auseinandersetzungen zwischen der städtischen Führungsschicht und der Gemeinde um den Einfluss auf das Stadtregiment gegeben habe. Der Konflikt eskalierte, weil andrerseits die Münchner [[Herzogtum|Herzöge]] versuchten, die städtischen Rechte zu beschneiden während sie mit der Ingolstädter Herzogs-Familie in  einem Machtkampf um die Regentschaft im Münchner Landesteil lagen. 1397 wurden - unterstützt durch die Ingolstädter Herzöge - führende Familien aus [[München]] vertrieben. 1403 konnten die Münchner Herzöge die Stadt für sich zurück erobern. Die alte [[Stadtverfassung]] wurde wiederhergestellt.
Christine Rädlinger beschreibt im [[HLB|Historischen Lexikon Bayerns]], dass es einerseits heftige Auseinandersetzungen zwischen der städtischen Führungsschicht und der Gemeinde um den Einfluss auf das Stadtregiment gegeben habe. Der Konflikt eskalierte, weil andrerseits die Münchner [[Herzogtum|Herzöge]] versuchten, die städtischen Rechte zu beschneiden, während sie mit der [[Ingolstadt|Ingolstädter]] Herzogs-Familie in  einem Machtkampf um die Regentschaft im Münchner Landesteil lagen. 1397 wurden - unterstützt durch die Ingolstädter Herzöge - führende Familien aus [[München]] vertrieben. 1403 konnten die Münchner Herzöge die Stadt für sich zurück erobern. Die alte Stadtverfassung wurde wiederhergestellt.
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Artikel von Christine Rädlinger
Artikel von Christine Rädlinger
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Die territorialen Auseinandersetzungen der Herzöge Stephan und Ludwig (reg. 1413-1443) aus der Ingolstädter Linie bzw. Ernst und Wilhelm III. aus der Münchner Linie um das Teilherzogtum Oberbayern–München sowie innerstädtische Machtkämpfe mündeten schließlich in die Unruhen von 1397 bis 1403. Obwohl am 6. Januar 1395 ein gemeinsames Regieren der bayerischen Teilherzogtümer Ingolstadt und München vereinbart worden war, beanspruchte Herzog Stephan nach dem Tod seines Bruders Johann 1397 München für sich allein und die Neuveste als seinen Regierungssitz. Angesichts einer ruinierten Stadtkasse und häufiger Doppelbesteuerung begannen die Unruhen in München ebenfalls im Jahr 1397 mit einer erneuten Kritik der Gemeinde an der Rechnungsführung des Rates. Das Ziel war eine weitergehende Einbindung der Bürgerschaft in die Belange der Stadt.
Die territorialen Auseinandersetzungen der Herzöge Stephan und Ludwig (reg. 1413-1443) aus der Ingolstädter Linie bzw. Ernst und Wilhelm III. aus der Münchner Linie um das Teilherzogtum Oberbayern–München sowie innerstädtische Machtkämpfe mündeten schließlich in die Unruhen von 1397 bis 1403. Obwohl am 6. Januar 1395 ein gemeinsames Regieren der bayerischen Teilherzogtümer Ingolstadt und München vereinbart worden war, beanspruchte Herzog Stephan nach dem Tod seines Bruders Johann 1397 München für sich allein und die Neuveste als seinen Regierungssitz. Angesichts einer ruinierten Stadtkasse und häufiger Doppelbesteuerung begannen die Unruhen in München ebenfalls im Jahr 1397 mit einer erneuten Kritik der Gemeinde an der Rechnungsführung des Rates. Das Ziel war eine weitergehende Einbindung der Bürgerschaft in die Belange der Stadt.


Im weiteren Verlauf stellte sich die Ratspartei auf die Seite der Münchner Herzöge Ernst und Wilhelm III. und unterstützte deren Versuch, München zurückzugewinnen, während Vertreter der Gemeinde auf Seiten der Ingolstädter Herzöge Stephan III. und dessen Sohn Ludwig VII. standen. Die Zwistigkeiten führten schließlich zur gewaltsamen Übernahme des Stadtregiments durch einige Gruppen des Großen Rats sowie zur Vertreibung führender Ratsherrn und ihrer Familien, darunter des Chronisten Jörg Kazmair (gest. 1417), die nun die Herzöge Ernst und Wilhelm um Hilfe baten. Die Umsturzpartei in Verbindung mit den Herzögen Stephan und Ludwig bestimmte von nun an die Münchner Stadtpolitik. Eine Gegenverschwörung wurde 1400 aufgedeckt; drei Anführer wurden hingerichtet. Der Richterspruch des Stadtrichters über die drei Verschwörer, gefällt im Beisein von Rat und Handwerksvierern, wurde in das städtische Urkundenbuch von 1532 aufgenommen, womit wohl der Anspruch der Stadt bzw. all ihrer Vertreter auf hochgerichtliche Rechte untermauert werden sollte.
Im weiteren Verlauf stellte sich die Ratspartei auf die Seite der Münchner Herzöge Ernst und Wilhelm III. und unterstützte deren Versuch, München zurückzugewinnen, während Vertreter der Gemeinde auf Seiten der Ingolstädter Herzöge Stephan III. und dessen Sohn Ludwig VII. standen. Die Zwistigkeiten führten schließlich zur gewaltsamen Übernahme des Stadtregiments durch einige Gruppen des Großen Rats sowie zur Vertreibung führender Ratsherrn und ihrer Familien, darunter des Chronisten [[Jörg Kazmair]] (gest. 1417), die nun die Herzöge Ernst und Wilhelm um Hilfe baten. Die Umsturzpartei in Verbindung mit den Herzögen Stephan und Ludwig bestimmte von nun an die Münchner Stadtpolitik. Eine Gegenverschwörung wurde 1400 aufgedeckt; drei Anführer wurden hingerichtet. Der Richterspruch des Stadtrichters über die drei Verschwörer, gefällt im Beisein von Rat und Handwerksvierern, wurde in das städtische Urkundenbuch von 1532 aufgenommen, womit wohl der Anspruch der Stadt bzw. all ihrer Vertreter auf hochgerichtliche Rechte untermauert werden sollte.


In den folgenden Jahren kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Wittelsbachern unter Beteiligung eines Münchner Kontingents. Verschiedene Versuche vermittelnder Parteien zwischen den innerstädtischen Gegnern sowie den verfeindeten Wittelsbachern scheiterten, u. a. aufgrund der Weigerung der Herzöge Ernst und Wilhelm, alle Privilegien der Stadt zu bestätigen, darunter vor allem das Recht der Ein- und Ausbürgerung. Eine Bestätigung dieses Privilegs hätte allerdings auch für die aus der Stadt Verbannten einen vollständigen Vermögensverlust und eine lebenslange Verbannung bedeutet.
In den folgenden Jahren kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Wittelsbachern unter Beteiligung eines Münchner Kontingents. Verschiedene Versuche vermittelnder Parteien zwischen den innerstädtischen Gegnern sowie den verfeindeten Wittelsbachern scheiterten, u. a. aufgrund der Weigerung der Herzöge Ernst und Wilhelm, alle Privilegien der Stadt zu bestätigen, darunter vor allem das Recht der Ein- und Ausbürgerung. Eine Bestätigung dieses Privilegs hätte allerdings auch für die aus der Stadt Verbannten einen vollständigen Vermögensverlust und eine lebenslange Verbannung bedeutet.
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* Stadtverfassung der "Gmain" (Gemeinde; Großer Rat)
* Stadtverfassung der "Gmain" (Gemeinde; Großer Rat)
** Innerer Rat  
** Innerer Rat  
**Äußerer Rat
** Äußerer Rat


[[Kategorie:Geschichte]]
[[Kategorie:Geschichte]]
[[Kategorie:14._Jahrhundert]]

Aktuelle Version vom 10. Juni 2016, 07:42 Uhr

In der Geschichtswissenschaft werden als Münchner Unruhen nicht die Jahre nach 1968 bezeichnet, sondern es geht um Streitigkeiten im Mittelalter zwischen reichem Bürgertum und Handwerkerschaft in den Jahren 1397 bis 1403.

Christine Rädlinger beschreibt im Historischen Lexikon Bayerns, dass es einerseits heftige Auseinandersetzungen zwischen der städtischen Führungsschicht und der Gemeinde um den Einfluss auf das Stadtregiment gegeben habe. Der Konflikt eskalierte, weil andrerseits die Münchner Herzöge versuchten, die städtischen Rechte zu beschneiden, während sie mit der Ingolstädter Herzogs-Familie in einem Machtkampf um die Regentschaft im Münchner Landesteil lagen. 1397 wurden - unterstützt durch die Ingolstädter Herzöge - führende Familien aus München vertrieben. 1403 konnten die Münchner Herzöge die Stadt für sich zurück erobern. Die alte Stadtverfassung wurde wiederhergestellt.

Medien, Quellen, Literatur

  • Rudolf Böhmer, Die Vierherzogzeit in Oberbayern-München und ihre Vorgeschichte. Versuch einer Darstellung des genauen zeitlichen Ablaufs der Ereignisse, München, 1937.
  • Karl August von Muffat: Jörg Kazmair's Denkschrift über die Unruhen zu München in den Jahren 1397-1403 (Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 15), Leipzig 1878, S. 411-637.
  • Christine Rädlinger, Die große Krise. Finanzielle Probleme und Verfassungskämpfe 1365 bis 1403, in: Richard Bauer (Hrsg.): Geschichte der Stadt München, München 1992, S. 97-120.
  • Christine Rädlinger: Münchner Unruhen, 1397-1403. Artikel im: Historisches Lexikon Bayerns, 2011

Siehe auch