The Holy Tyson

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The Holy Tyson ist ein privater Nachtclub in München-Untermenzing. In etwa 2-3 monatlicher Frequenz findet dort ein Tanzabend mit DJing statt. Im Gegensatz zu den üblichen Holy Tyson-Nächten, die temporär begrenzt in einer Örtlichkeit stattfinden, ist "The Holy Tyson" in München stationär gebunden. Die Räumlichkeiten bieten bis zu 30 Personen Platz. Neben DJing für die Tanzabende fanden in der Tradition der Clubbingidee auch Ausstellungen, Lesungen statt. Residents sind das Veranstalterkollektiv „Monaco?Tanze!“ (u.a. Oliver Frank). Die Einrichtung befindet sich im kleinen Rahmen immer in "working progress", oder wird im Kontext der jeweiligen Veranstaltung angepasst. Der feste Teil der Inneneinrichtung bezieht sich auf die Wurzeln in Cuba, Boxen und in liebevoller Erinnerung an den Vorbesitzer/-"betreiber" (schon Ende der 70er wurde der "Situation-Room" als klassischer Partykeller genutzt), der als technischer Zeichner bei Glas Automobilwerke https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/autokatalog/marken-modelle/glas/?filter=NONE&sort=SORTING_DESC, später BMW arbeitete. Dessen Originalzeichnungen wurden in einen künstlerischen Kontext konfiguriert.

Entstehung

Holy Tyson ist eine Clubbingidee, die erstmals in Havanna, Cuba 1998 gezündet wurde. Auf einer Hochzeit wurde Oliver Frank (der auf einer Reise durch Cuba war) spontan gebeten, seine Reisemusik (auf Audiokassetten...) in die Decks einzulegen. Die für Cubaner damals noch komplett neue Stilrichtung Jungle in Kombination mit dem Reggae, Nueva Trova und Son wurde euphorisch gefeiert. Dadurch befeuert, gingen Oliver Frank (München) und Felix Romero (Havanna) daran, diesen Mix bei anderer Gelegenheit und in einer anderen Örtlichkeit zu wiederholen. Dabei kam dann noch ein Rapper hinzu, der in diesem geschützten Rahmen regierungs- und sozialkritische Texte droppte. Das Konzept Party mit anderen Ausdrucksformen zu verbinden und damit Sozialkritik eine Stimme zu geben, nahm seinen Lauf.

Rahmen

Prinzipiell sind es private Räumlichkeiten, die non-profit für künstlerische Möglichkeiten genutzt werden. In erster Linie als flexible, temporäre Locations für Clubbing: Tanz und Musik. Musik wird in der Regel über DJing, aber auch live analog und/oder digital angeboten. Desweiteren wurde das Konzept Holy Tyson auch (hybrid) für Vernissagen, Diskussionsrunden, Perfomance, Debattierclub(bing), Buchclub(bing) genutzt. Neben dem non-profit-Gedanken sind die Rules of Holy Tyson und die individuelle Ausgestaltung der Räumlichkeiten und das Bespielen in Sidestreams der Orte und die Öffnung der Veranstaltungen für Menschen ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Glaubens, ihrer sexuellen Orientierung, ihres Aussehens etc. (unter Wahrung der Rules of Holy Tyson und den logistischen Möglichkeiten) eine weitere Säule der Idee Holy Tyson.

Regeln

Die Analogie der „Rules of Holy Tyson“ zu den Regeln des Fight Club (Film von David Fincher) ist beabsichtigt, da bei den Veranstaltungen von jedem Einzelnen eine aktive Teilnahme (und kein passiver Konsum) erwünscht ist.

  • 1st rule: You do not talk about Holy Tyson.
  • 2nd rule: You do not talk about Holy Tyson.
  • 3rd rule: If someone yells "Stop!", goes limp, taps out, the problem is handled outside
  • 4th rule: Only two guys a square meter dancefloor.
  • 5th rule: One show at a time.
  • 6th rule: No dresscode.
  • 7th rule: Holy Tyson will go on as long as possible and reasonable.
  • 8th rule: If this is your first night at Holy Tyson, you have to dance/talk alone to/about one track/song/theme/artobject you like to.

Später wurde auch die no-picture-policy (wie u.a. Berghain/Berlin oder Blitzclub/München) implementiert: Nicht fotografieren, nicht filmen. Nicht nur um die Freiheit der Gäste zu schützen, um zu tun, was sie tun wollen ohne von außerhalb ver-/beurteilt zu werden - wenn Bildmaterial in sozialen Medien veröffentlich werden würde. Die Gäste regeln Grenzüberschreitungen in Bezug auf die 3rd Rule in Eigenverantwortung. „Holy Tyson is social, but not on media.“

Außerdem entkoppelt das Fotografieren/Filmen vom eigentlichen Geschehen; verhindert die Verbindlichkeit im Hier und Jetzt zu sein. Nichtsdestotrotz wird auch in künstlerischer Absicht (in Absprache mit Veranstalter und Gästen) fotografiert, gefilmt und sogar live in Ton und/oder Bild gestreamt. Jedoch soll die Essenz der Veranstaltung und der Ausdruck der Menschen und nicht die jeweilige Örtlichkeit festgehalten werden.

Darüberhinaus wurde auch eine Toleranzleitlinie aufgestellt. Oliver Frank war bei seinem ersten Aufenthalt in Cuba erstaunt und entsetzt, daß dort Rassismus genauso existent ist, wie in anderen Ecken dieser Welt. Auch die ständige Präsenz von Menschen mit unterschiedlichsten Hautfarben und Migrationshintergründen (Galizien, China, Afrika, Nordamerika... ) und der sozialistischen Doktrin der Partei (alle Bürger sind gleich, alle haben die gleichen Möglichkeiten sich zu bilden) schützte nicht vor Ausgrenzungsgedanken.

Die wichtigsten politischen Posten waren zu dieser Zeit (Administration Fidel Castro) mehrheitlich von weißen Parteikadern besetzt. Lt. verschiedenen Aussagen, waren die meisten Insassen in cubanischen Gefängnissen POC (People of Colour). POC wurden auch vermehrt von der Staatssicherheit kontrolliert. Umgekehrt war die Atmosphäre gegenüber Oliver Frank als einzigen Weißen bei einer Hochzeitsfeier (die als Initialzündung für die Holy Tyson-Idee gilt) sehr feindselig, bis die Musik (aus zwei Kulturen) diese Situation auflösen konnte.

No matter...
who you are,
who you love,
what you look like,
who your parents are,
from where you are,
from where or what you flee,
in what you believe - welcome at Holy Tyson!
There´s no place for hatred, ´ism and ´phobias!!

Name

Der Name "Holy Tyson" entstand aufgrund einer Diskussion über das Boxen, das in Cuba einen herausgehobenen Stellenwert aufgrund der großen Erfolge cubanischer Boxer bei Olympiaden und Weltmeisterschaften genießt und um das technische Niveau im Vergleich zwischen Amateur- und Profiboxern. Dabei wurde auch der damals jüngst geschehene Skandal im Boxsport thematisiert: bei der WBA-Schwergewichtsweltmeisterschaft 1997 [1] zwischen Evander Holyfield und Mike Tyson kam es zum Abbruch des Kampfes aufgrund Tysons Fouls (er biss u.a. ein Stück von Evander Holyfields rechten Ohr ab) und Tyson´s damit verbundenen Disqualifikation. Ein großes Argument gegen das Profiboxens, in dem es mehr um die Show und den Einsatz unfairer Mittel als um einen fairen Kampf nach den Regeln der (Box)Kunst zu gehen schien. Wenn man sich abgesehen davon die Namen der Boxer in der Kampfansetzung flüchtig ansah, konnte man statt "Holyfield (vs.) Tyson" auch ein "Holy Tyson" lesen. Und natürlich war Mike Tyson, betitelt als "Baddest man on the planet" vieles, aber sicher nicht holy/heilig. In der sehr präsenten afrocubanischen Religion "Santeria"[2] wird schon im Namen der besondere Stellenwert der verehrten Heiligen (Santos) offenbar. Eine Heiligsprechung Mike Tysons könnte insofern eine WUNDER...bare Vereinigung und somit die Auflösung von Gut und Böse bedeuten.

HolyTyson.png
Heartbleedin´.png

Verbreitung

Zurück in München forcierte Oliver Frank (aka PrometheusMaschinenWerft, und mit Stefan Dürst [3] Teil des Perfomance-Duos Augenblick) den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Performern und Partyanarchos von "GMAM" (Gewesene Mechanismen androider Mutationen; u.a. mit Emanuel Günther [4] aka Mooner, Erkrankung durch Musique, Hart of Noise) und "Instant Project" (u.a. mit Florian Senfter aka Zombie Nation[5] und Michael Borrmann aka Steril). Aber auch Felix Romero konnte nach einer Flucht als "Balsero" nach Miami dort als Party- und Eventveranstalter Fuß fassen und neben kommerziellen Projekten auch der Underground-Idee von Holy Tyson verbunden bleiben. Durch die internationale Zusammensetzung der Party/Perfomingcrews und damit verbundenen Reisen und Austausch wurde bei Aktionen in anderen Städten und Ländern der Brand Holy Tyson etabliert. So kam es zu Veranstaltungen in den verschiedensten Settings in Berlin, Haifa, Tirana, Barcelona, Madrid, Miami, New Orleans und eine über Radioschaltung verbundene, parallel stattfindende Veranstaltung in den Grenzstädten Ciudad Juárez (Mexiko) und El Paso (USA). Einige Male wurden Veranstaltungen über Piratensender (wie Steal-th[e]Noise, Radio Candela, No Son[y]ar) mittels Radiotechnik lokal "gestreamt". Somit wurde ein sehr exklusives Setting in einen inklusiveren Rahmen verwandelt. Aktuell gibt es in München seit 2022 wieder den Veranstaltungsort und das Konzept "The Holy Tyson" als stationäres Setting in München-Untermenzing. Zudem verfolgt Michael Borrmann aka Steril (and friends) mit seiner Veranstaltungsreihe "Sendling Boogie Breaks" [6] an wechselnden Spielstätten (Feierwerk, Import-Export) schon seit vielen Jahren ein ähnliches Konzept von sehr familiären, non-profit Partys. Ein fast ähnliches Setting im Geiste Holy Tyson, fand man im "Club Le Bomb" [[1]] in der Holzstraße/Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Für viele Betreiber und Gäste wurde es zum Wohnzimmer - jedoch fand die Bespielung nicht in privaten Räumlichkeiten statt.

Trivia

Vor Oliver Franks Reisen nach Cuba, geriet er schon unbewusst mit zukünftigen "Namen" der deutschen Party-/Musikkultur in Kontakt: in der Grundschule an der Ostpreußenstraße / Englschalking https://ostpreussen.musin.de/ ging Monika Kruse http://dasfilter.com/kultur/der-klang-des-ultraschall-ueber-die-geburt-der-muenchener-techno-szene in seine Parallelklasse - im Luitpold Gymnasium München / Lehel [2]Thomas Reichhold aka Tom Novy https://www.tomnovy.com/. Vor allem Monika Kruses Werdegang entstand im absoluten Underground. Sie organisierte legendäre Trambahnpartys und legte als allererste DJ-Generation in München - Oberföhring bei Ultraworld (Vorläufer des Ultraschall) Electronica auf. Thomas Reichhold eröffnete schon kurz nach der Schullaufbahn einen eigenen Plattenstore - und startete eine auch international erfolgreiche, im Overground verankerte Karriere. In der Kulturstation / Oberföhring https://www.sub-bavaria.de/wiki/Kulturstation kam Oliver Frank neben den üblichen Hardcore / Punkkonzerten auch mit der Ultraworldpartyreihe in Kontakt. Aufgrund feuerpolizeilichen Bedenken (es ging um Installationen und Perfomances mit Feuer) kam jedoch eine Zusammenarbeit mit Peter Wacha aka DJ Upstart http://www.flashtimer.de/pdf/3Fragezeichen-Upstart.pdf damals nicht zustande.

Zutritt

Holy Tyson-Veranstaltungen liefen fast immer konspirativ über Mund-zu-Mund-Propaganda, Zugang nur mit personalisierten "Membercards". Der Zutritt war wie bei Speak-Easy-Bars (während der Prohibition in den USA) von außen kaum zu erkennen. Alles zum Schutz der Veranstaltungen vor Störung durch Sicherheitsorgane und der intimen und familiären Atmosphäre während der Veranstaltung. Insofern ist dieser Artikel auf München-Wiki etwas paradox... jedoch soll er "frontend" als Dokumentation der Entstehung von "Holy Tyson" dienen und "backend" auch als Möglichkeit sich Background-Information für aktuelle Veranstaltungen beschaffen zu können. Der "Link" ist jedoch weiterhin nur analog Mund-zu-Mund [7] ;) oder über Eintrittskarten erhältlich.

Flyer.png
DJing.jpg

Einzelnachweise