Sport Münzinger: Unterschied zwischen den Versionen

'''Sport Münzinger''' ist ein Münchener Sportfachhandel. Das ehemalige Familienunternehmen wurde 1889 gegründet und war ab 1892 {{WL2|Liste bayerischer Hoflieferanten|Königlich Bayerischer Hoflieferant}} und zog 1904 als erstes Geschäft in das [[Neues Rathaus|Neue Rathaus]] am [[Marienplatz]] ein, wo es sich bis heute befindet. Seit dem Anschluss an das 1913 gegründete [[Sporthaus Schuster]] im Jahr 2003 gehört das Unternehmen zur ''Schuster Gruppe''.

Das Unternehmen zählt auch weltweit zu den ältesten bis heute aktiven Sportgeschäften. Das {{WL2|Guinness-Buch der Rekorde}} zertifizierte im Mai 2014 das britische Sportfachgeschäft ''Whites Sports'' in Warrington als „oldest sports shop in the world in operation“. Es wurde erst 1901 gegründet.<ref>„This month Guinness World Records certified Whites Sports Shop as the oldest sports shop in operation.“  [http://www.guinnessworldrecords.com/news/2014/5/champions-league-henrik-lundqvist-highlight-may-sports-blog-57717 guinnessworldrecords.com].</ref> In Zürich gibt es das Unternehmen ''Och Sport'', dessen Ursprünge in das Jahr 1837 zurückreichen. Das Unternehmen gibt allerdings selbst an, dass es die „ersten echten Sportgeschäfte der Schweiz“ erst 1912 eröffnete.<ref>''[http://www.ochsport.ch/175/ 175 – Von 1837 bis 2012 in 12 Kapiteln.]'' Och Sport. 2012.</ref>

In Deutschland gibt es in Stuttgart den etwas älteren ''Sport Breitmeyer'' (''Intersport Breitmeyer''), der bereits 1882 als Fachgeschäft für Wander- und Turnbekleidung gegründet wurde.<ref>Sven Hahn: ''[http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.einzelhandel-in-stuttgart-sport-breitmeyer-sucht-eine-neue-bleibe.015bf283-4842-49d2-a41b-90079dba980f.html Einzelhandel in Stuttgart: Sport Breitmeyer sucht eine neue Bleibe]'', Stuttgarter Zeitung, 23. März 2015.</ref> In Düsseldorf standen bei dem von ''Kaspar Thelen'' 1898 gegründete Lederwarengeschäft mit Sattlerei spätestens 1920 Sportartikel im Mittelpunkt.<ref>''[http://www.sportthelen.de/historie.html Historie]'', Sporthaus Kasper Thelen.</ref> 2013 schloss in Berlin das bis dahin älteste Sportgeschäft der Bundeshauptstadt, die ''Ski Hütte'', die 1924 gegründet wurde, 35 Jahre später als Sport Münzinger und 11 Jahre nach dem heutigen Mutterunternehmen Sporthaus Schuster.<ref>Cay Dobberke: ''[http://www.tagesspiegel.de/berlin/raeumungsverkauf-in-der-city-west-apres-ski-huette-berlins-aeltestes-sportgeschaeft-macht-dicht/8588476.html Après Ski Hütte: Berlins ältestes Sportgeschäft macht dicht]'', Der Tagesspiegel, 2. August 2013.</ref> ''Sport Sander'' in Hamburg-Harburg wurde 1928 gegründet und ''Sport Schuster'' in Hamburg-Eppendorf 1934. Beide wurden in Artikeln des Hamburger Abendblatts von 2003 und 2004 jeweils als ältestes Sportgeschäft der Stadt genannt.<ref>Adolf Brockmann: ''[http://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article106683918/Sport-Sander-wird-75-Jahre.html# Sport Sander wird 75 Jahre.]'', Hamburger Abendblatt, 23. Mai 2003.</ref><ref>Bob Geisler: ''[http://www.abendblatt.de/wirtschaft/article106840688/Hamburgs-aeltestes-Sportgeschaeft.html Hamburgs ältestes Sportgeschäft.]'' Hamburger Abendblatt, 25. Februar 2004.</ref>

Sport Münzinger ist laut einem Artikel in der Zeitung ''Die Welt'' von 2012 „Deutschlands größtes Geschäft für Fußballartikel“.<ref name="Welt 06/2012">Jens Hartmann, Andre Tauber: ''[http://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article106437894/Das-Geschaeft-mit-dem-runden-Leder.html Das Geschäft mit dem runden Leder]'', Die Welt, 8. Juni 2012.</ref>

Gegründet wurde das Unternehmen von [[Hermann Münzinger]] († 13. März 1913 im Alter von 62 Jahren) am 28. Juni 1889<ref name="TZ 10/2014">''[http://www.tz.de/muenchen/stadt/sport-muenzinger-traditionsgeschaeft-feiert-125-jaehriges-jubilaeum-groessten-meilensteine-4226487.html Traditionsgeschäft feiert 125-jähriges Jubiläum – Die größten Meilensteine von Sport Münzinger]'', [[tz]],  24. Oktober 2014.</ref> unter dem Namen ''Hermann Münzinger zu München'' als Geschäft für „Gummi- und Guttapercha-Waren sowie Sportartikeln“ im ehemaligen [[Börse|Börsenhaus]] in der ''[[Theatinerstraße|Theatiner-]]''/ Ecke ''[[Maffeistraße]]''.<ref>''Sport Münzinger'', Marco Polo Reiseführer.</ref> Am 10. August 1892 wurde das Geschäft von [[Ludwig III.]], damals noch Prinz, zum Kgl. Bay. Hoflieferanten bestallt. Im Jahr 1900 erfolgte der erste Umzug in den [[Brienner Straße#Luitpoldblock|Luitpoldblock]] an der Ecke Brienner Straße. Gleichzeitig wurde zusammen mit den Hoflieferanten ''Franz Fischer & Sohn'' (jetzt ''[[Tapeten Fischer]]'', [[Theatinerpassage]]) das Geschäft ''Hansa-Linoleum'' in der [[Finkenstraße]] eröffnet.<ref name="Unternehmenschronik">''[http://www.sport-muenzinger.de/Store-Muenchen/Geschichte/ Chronik von 1889–2012]'' auf der Firmenwebsite.</ref><ref>''Hansa-Linoleum''; Werbeanzeige im {{WL2|Pharus-Plan|Pharus-Städte-Atlas}}, 1906, S. 137.</ref>

Im Oktober 1904 wurden die Geschäftsräume im Münchner Rathaus bezogen. 1908 trat Hermann Münzingers Sohn Hans in das väterliche Unternehmen ein, der das Geschäft nach dem Tod des Gründers ab 1913 führte, während der [[Erster Weltkrieg|Kriegsteilnahme]] von 1914 bis 1918 aber vom Prokuristen vertreten werden musste. Das Unternehmen wurde nach und nach ausgebaut. Lange Zeit erstreckte sich die Angebotspalette über sämtliche Sportarten. Im Rahmen der von September 2015 bis Mai 2016 [[Münchner Stadtmuseum]] gezeigten Sonderausstellung „Gretchen mag's mondän“ sind beispielsweise zwei Sport Münzinger Damen-Sportkostüme aus der [[München in der Zeit des Nationalsozialismus|nationalsozialistischen Zeit]] zu sehen.<ref>''[http://www.textileismore.com/core/content.php?&option=viewitem&id=74&rd=2550&le=11&bp=11 Gretchen want's to be chic]'', Textile is more, 2015.</ref> 1940 wurde wegen des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] ein teilweises Produktionsverbot für Sportartikel, Textilwaren und Sportschuhe erlassen. Noch während ihres Fronteinsatzes wurden Hans Münzingers Söhne Alfred (* Mai 1920; † 18. Februar 1995<ref>''[http://www.textilwirtschaft.de/suche/show.php?ids&#091;&#093;=386292&a=10 Alfred Münzinger ist tot]'', Textilwirtschaft, 23. Februar 1995.</ref>) und Heinz (* August 1921; † 1979) Teilhaber des 1943 in eine Kommanditgesellschaft umgewandelten Betriebes.

Nach Kriegsende wurde von der [[Militärregierung|US-Militärregierung]] Salo Blechner (* 20. November 1914 in München; † 28. Mai 2007 in Boston, Massachusetts) als Treuhänder eingesetzt, der Konzentrationslager und Zwangsarbeit unter den Nationalsozialisten überlebt hatte. Er emigrierte im April 1946 in die Vereinigten Staaten.<ref>''[http://www.geni.com/people/Salo-Blechner/6000000011049018189 Salo Blechner]'', Geni.com.</ref><ref>''[http://www.blechner.com/salo.htm Salo]'', Gedenkwebsite der Familie Blechner.</ref> Blechner erkannte sich 1999 bei einem Besuch des United States Holocaust Memorial Museum auf einem Foto der SS vom „Kommando Elbe“ im KZ Neuengamme wieder.<ref>''[http://media.offenes-archiv.de/Rathaus2011Lebensbedingungen%20der%20Haeftlinge_Der%20Haeftling%20aus%20dem%20Kommando%20Elbe.pdf Symbolbilder: Der Häftling aus dem »Kommando Elbe«]'', Das Offene Archiv, KZ-Gedenkstätte Neuengamme.</ref> Das Nachkriegsangebot war vorerst spärlich. So schreibt Roman Haller in seinen Nachkriegserinnerungen ''… und bleiben wollte keiner'': „… beim Sport-Münzinger auf dem Marienplatz ein Schild, auf dem stand, dass Bälle genäht werden könnten, wenn das Rohmaterial geliefert würde. […] Letztendlich hat er sich doch breitschlagen lassen und Sport-Münzinger hat uns für ein kleines Entgelt einen Ball genäht. Zwei Monate haben wir Buben sehnsüchtig gewartet, bis der Ball fertig war.““<ref>Roman Haller: ''… und bleiben wollte keiner: jüdische Lebensgeschichten im Nachkriegsbayern.'' Dölling und Galitz, 2004, S. 57. ISBN 978-3-935-54982-0.</ref>

Die Münzingers, die die Geschäftsführung von Blechner wieder übernommen hatten, eröffneten 1951 in der [[Kaufingerstraße]] eine 700 qm große Filiale mit Verkaufs- und Ausstellungsräumen, Lager, Versand und Werkstatt. Neben Großgeräten wurden auch Sportartikel für die US-Besatzungstruppen ins Sortiment genommen.<ref>''[http://www.lifepr.de/inaktiv/sport-muenzinger-gmbh/Sporttradition-im-Muenchener-Rathaus/boxid/121922 Sporttradition im Münchener Rathaus]'' (Pressemitteilung), Sport Münzinger.</ref> Zudem wurde 1955 im Münchner Stadtteil [[Laim]] eine Filiale eröffnet und in beiden Geschäften auch Reisen angeboten. 1961 wurde die Filiale aus der Kaufingerstraße in das von der Firma Münzinger neu errichtete Gebäude in der [[Sporerstraße]] 2 verlegt. Nach und nach hatte sich Sport Münzinger auf [[Fußball]]artikel konzentriert und hatte über lange Zeiträume Exklusiv-Verträge mit namhaften Sportartikelherstellern zur Belieferung der Mannschaften des [[TSV 1860 München]] und des [[FC Bayern München]]<ref name="MM 09/2009">Andreas Zimniok: ''[http://www.merkur.de/wirtschaft/ausstatter-koenig-kaiser-480302.html 120 Jahre Sport Münzinger – Ausstatter von König und Kaiser]'', [[Münchner Merkur]], 29. September 2009.</ref> und sponsorte auch regionale Amateurvereine. Münzinger vermittelte auch bei der Beschaffung der Trainingsbälle für die Teilnahme an der Fußball-Weltmeisterschaft 1954, bei der die deutsche Fußballnationalmannschaft ihren ersten Weltmeistertitel holte. Sepp Herberger bedankte sich später persönlich mit einer Postkarte. Der WM-Finalball wurde später im Schaufenster des Geschäftes ausgestellt.<ref name="TZ 10/2014" /> Bei der Installation „Fanshop [[Kurt Landauer]]“ zum Trans-Media Projekt „Landauer“ von [[Bayerisches Fernsehen|BR]], ARD, Degeto Film, WDR und Zeitsprung Pictures im Foyer des [[Jüdisches Museum|Jüdischen Museums München]] 2014 war das Bayern-Trikot des Jugendspielers ''Josef Hess'' aus dem Hause Sport Münzinger aus der Spielzeit um 1958 ausgestellt.<ref>''FC Bayern-Trikot des Jugendspielers Josef Hess München (Sport Münzinger), um 1958, FC Bayern Erlebniswelt / Archiv, München.'' In: ''[http://www.juedisches-museum-muenchen.de/fileadmin/_migrated/content_uploads/Kurt_Landauer_Fanheft_Druck_01.pdf Kurt Landauer Fanshop]'', Jüdisches Museum München, 7. Oktober 2014.</ref><ref>''[http://www.juedisches-museum-muenchen.de/wechselausstellung/wechselausstellung-single/fanshop-kurt-landauer.html Fanshop Kurt Landauer]'', Jüdisches Museum München, 7. Oktober, 2014.</ref>

1975 zerstörte ein Brand die Geschäftsräume im Rathaus und der Warenverkauf musste kurzzeitig im benachbarten Kaufhaus [[Ludwig Beck AG|Ludwig Beck am Rathauseck]] fortgesetzt werden. Im gleichen Jahr trat Rolf Münzinger in das Unternehmen ein, Dorothée Münzinger (* 4. März 1952) vier Jahre darauf.<ref name="Unternehmenschronik" /> 1982 wurde im Verwaltungsgebäude ''[[Sporerstraße]]'' ein ''Mono-Label-Store'' der Marke ''Lacoste'' eröffnet. Drei Jahre später teilten sich Dorothée und Rolf Münzinger die Filialen in der [[Innenstadt]] und die in [[Laim]] auf. Rolf Münzinger betrieb seine Filiale in Laim als eigenes Unternehmen weiter, Dorothée Münzinger wurde Allein-Komplementärin der Kommanditgesellschaft. 1987 eröffnete sie in den Geschäftsräumen an der Sporerstraße ein HEAD-Geschäft.<ref name="Unternehmenschronik" /> Ende der [[1990er]] Jahre kam der Betrieb in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Ab September 1999 fungierte Dorothée Münzinger laut Handelsregistereintrag als Liquidatorin des Unternehmens.<ref>''[https://www.moneyhouse.de/Dorothee-Muenzinger Münzinger Dorothee]'', Handelsregister.</ref>

2003 wurde Sport Münzinger von [[Flori Schuster]] übernommen. Die Unternehmerfamilien Schuster und Münzinger waren bereits zuvor eng miteinander befreundet. Dorothée Münzinger war nach der Übernahme des Unternehmens in die Schuster Gruppe bis Juni 2015 wieder in der Geschäftsführung aktiv.<ref name="MM 09/2009" /> Das Unternehmen betrieb ab 2006 in den Geschäftsräumen am Marienplatz als Franchisenehmer wieder einen Lacoste-Store mit separatem Eingang an der [[Weinstraße]], der mit einer Verkaufsfläche von 300 qm auf zwei Etagen der größte in Deutschland war; damals der Flagshipstore.<ref>''[http://www.ganz-muenchen.de/shopping/einkaufen/einkaufsstrassen/innenstadt/marienplatz/haus_fuer_haus/08/lacoste_flagship_store_bei_muenzinger/einkaufen.html Marienplatz 8. Lacoste Flagshipstore eröffnete am 9.3.2006 in München]'', ganz-muenchen.de, 2006.</ref> Die Räumlichkeiten des Lacoste-Stores wurden später an andere Geschäftsbetreiber verpachtet.

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