Jürgen Habermas

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Der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas (* 18. Juni 1929 in Düsseldorf) und sein kanadischer Kollege Charles Taylor haben gemeinsam den John W. Kluge Preis 2015 zugesprochen bekommen. Habermas lehrte längere Zeit auch in der Region München.

Habermas ist der bekannteste Vertreter der nachfolgenden Generation der so genannten Kritischen Theorie mit nationaler und internationaler Reputation. Nicht zuletzt durch regelmäßige Lehrtätigkeiten an ausländischen Universitäten, vor allem in den USA, sowie aufgrund von Übersetzungen seiner wichtigsten Arbeiten in mehr als 40 Sprachen werden seine Theorien weltweit diskutiert.

Ralf Dahrendorf sieht in ihm „den bedeutendsten Intellektuellen meiner Generation“.

Daten aus dem Leben

Zwischen 1949 und 1954 studierte Habermas an den Universitäten Göttingen (1949/50), Zürich (1950/51) und Bonn (1951–1954). Er befasste sich mit Philosophie, Geschichte, Psychologie, deutscher Literatur und Ökonomie. Zu seinen Lehrern gehörten Nicolai Hartmann, Wilhelm Keller, Theodor Litt, Erich Rothacker, Johannes Thyssen und Hermann Wein.

Im Wintersemester 1950/51 begegnete Habermas erstmals Karl-Otto Apel, dessen „engagiertes Denken“[1] und Interesse für den amerikanischen Pragmatismus für seine weitere philosophische Entwicklung von großer Bedeutung wurde.

Habermas erregte 1953 erstmals öffentliches Aufsehen, als er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Rezension zu Martin Heideggers „Einführung in die Metaphysik“ verfasste, einer Vorlesung mit gleichem Titel im Sommersemester 1935, die 1953 erstmals im Druck erschienen war. Heidegger hatte für den Druck das Wort von der „innere[n] Wahrheit und Größe“ der nationalsozialistischen Bewegung nicht gestrichen, was Habermas als Teil der „fortgesetzten Rehabilitation“ des Nationalsozialismus durch „die Masse, voran die Verantwortlichen von einst und jetzt“, scharf verurteilte.

Danach betätigte er sich als freier Journalist für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, den Merkur, die Frankfurter Hefte und das Düsseldorfer Handelsblatt. Bereits als Student hatte er begonnen, Artikel für Zeitungen und Zeitschriften zu schreiben. Von 1952 bis 1956, als er eine Assistentenstelle in Frankfurt antrat, belief sich die Anzahl der geschriebenen und zum größten Teil veröffentlichten Artikel auf über 70.[2]

1955 heiratete er. Das Ehepaar hat drei Kinder.

Ein Stipendium brachte Habermas 1956 nach Frankfurt ans Institut für Sozialforschung. In der Zeit als Forschungsassistent bei Max Horkheimer und Theodor W. Adorno machte er sich mit den (zum Teil unter Verschluss gehaltenen) Schriften seiner beiden Direktoren und anderer Vertreter der Kritischen Theorie aus der Vorkriegszeit vertraut.

Bereits 1961, noch vor Abschluss seines Habilitationsverfahrens, wurde Habermas nach Vermittlung von Hans-Georg Gadamer außerordentlicher Professor an der Universität Heidelberg, wo er bis 1964 lehrte. 1963–1965 beteiligte sich Habermas am Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, der ihn zu einer folgenreichen Abhandlung über den erkenntnistheoretischen Status der Sozialwissenschaften motivierte.

1964 wurde Habermas auf Horkheimers Lehrstuhl für Philosophie und Soziologie an der Universität Frankfurt berufen.

Während der in Frankfurt erlebten Studentenrevolte spielte er eine exponierte Rolle. Bereits in den 1950er Jahren war Habermas für demokratische Reformen des Bildungswesens und der Hochschulen eingetreten und wurde als Vertreter der „Linken“ zu einem geistigen Anreger der Studentenbewegung 1967/68.

Schon Ende der 1960er-Jahre hatte er die Position der sogenannten „verfassungsloyalen“ Linken entscheidend mitgeprägt. Nun ging er zunehmend auf Distanz zu radikalen Studentengruppen um Rudi Dutschke, denen er einen rhetorisch leichtfertigen Umgang mit der Gewalt vorhielt, mit der Gefahr eines linken Faschismus, eine Wortwahl, die er später bedauerte.[3]

Er wechselte 1971 nach Starnberg bei München, wo er bis 1981 gemeinsam mit Carl Friedrich von Weizsäcker das Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt leitete.

Seine Arbeit als Forschungsdirektor am Starnberger Institut nahm er mit 15 Sozialwissenschaftlern auf, unter ihnen Claus Offe, Klaus Eder, Rainer Döbert und Volker Ronge. Mit dem 1973 veröffentlichten Band Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, der den programmatischen Bezugsrahmen lieferte, führte Habermas erste Diskussions- und Arbeitsergebnisse, zum Teil auf der Grundlage hausinterner Arbeitspapiere, zusammen.

Im sogenannten „Deutschen Herbst“ 1977 nahm Habermas verstärkt zu tagespolitischen Streitpunkten Stellung. So wandte er sich gegen die Ausweitung des „Radikalenerlasses“ von 1972 und setzte sich mit der Theorie des Neokonservatismus und seiner Kritik an der Moderne auseinander.

1980 erhielt er den Theodor-W.-Adorno-Preis.

1981 veröffentlichte er sein Hauptwerk Theorie des kommunikativen Handelns. Im gleichen Jahr trat er als Direktor des Max-Planck-Instituts zurück. Er kehrte nach Frankfurt zurück, wo er von 1983 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1994 den Lehrstuhl für Philosophie mit dem Schwerpunkt Sozial- und Geschichtsphilosophie] übernahm.

Die Grundgesetzänderung zur Einschränkung des Asylrechts gegen Ende 1992 begreift er als Ausdruck einer „Mentalität des Wohlfahrtschauvinismus“. Er protestiert dagegen in den Printmedien und in persona als einer der 350.000 Demonstranten am 8. November 1992 in Berlin.

Auch nach seiner Emeritierung 1994 meldete sich Habermas immer wieder publizistisch zu Wort.

Seit 1997 ist Jürgen Habermas Mitherausgeber der politisch-wissenschaftlichen Monatszeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik.

Auszeichnungen

1999 wurde Habermas von der Theodor-Heuss-Stiftung der Theodor-Heuss-Preis für sein lebenslanges, prägendes Engagement in der öffentlichen Diskussion um die Entwicklung von Demokratie und dem gesellschaftlichen Bewusstsein, verliehen.

2001 wurde Habermas mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet,

2003 wurde ihm der Prinz-von-Asturien-Preis verliehen

Veröffentlichungen

  • Jürgen Habermas: Im Sog der Technokratie. Kleine politische Schriften XII. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2013; 194 S.
  • J. H: Geschichte der Philosophie, 2019, zwei Bände, 1700 Seiten. i V

Literatur

  • Michael Funken (Hrsg.): Über Habermas. Gespräche mit Zeitgenossen, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2008.
  • Stefan Müller-Doohm: Jürgen Habermas. Eine Biographie. Suhrkamp, Berlin, 2014. ISBN 978-3-518-42433-9
  • Rolf Wiggershaus: Jürgen Habermas. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2004. ISBN 3-499-50644-0

Weblinks

  • Perlentaucher (eine Rezensionsseite): Jürgen Habermas
  • Habermas Forum mit einer aktualisierten Bibliografie von Thomas Gregersen, Sekundärliteratur und Linksammlung (englisch)

Einzelnachweise

  1. Habermas: Das Absolute und die Geschichte, S. 86.
  2. Stefan Müller-Doohm: Jürgen Habermas. Eine Biographie. Suhrkamp, Berlin 2014, S. 81.
  3. Briefe an Fried und Grossner; zitiert nach Gerhard Bauß: Die Studentenbewegung der sechziger Jahre, Pahl-Rugenstein, Köln 1977, ISBN 3-7609-0320-7, S. 64.


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