Wilhelm Herzog: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Wilhelm Herzog''' (* 12. Januar 1884 in Berlin; † 18. April 1960 in München) war ein deutscher Literatur- und Kulturhistoriker, Dramatiker und Enzyklopädist.
'''Wilhelm Herzog''' (* [[12. Januar]] [[1884]] in {{WL2|Berlin}}, [[18. April]] [[1960]] in [[München]]) war ein deutscher Literatur- und Kulturhistoriker, Dramatiker und Enzyklopädist.


==Werdegang==
==Werdegang==
Herzog studierte Volkswirtschaft, Kunstgeschichte und Germanistik an der Berliner Humboldt-Universität. Nach frühen Werken über Lichtenberg (1905) und Kleist (1907) war er Autor der Zeitschrift {{WL2|März (Zeitschrift)}} in München sowie 1910/1911 Herausgeber der Zeitschrift {{WL2|Pan (Zeitschrift)}} in Berlin.
Herzog studierte Volkswirtschaft, Kunstgeschichte und Germanistik an der Berliner Humboldt-Universität. Nach frühen Werken über Lichtenberg (1905) und Kleist (1907) war er Autor der Zeitschrift {{WL2|März (Zeitschrift)}} in München sowie 1910/1911 Herausgeber der Zeitschrift {{WL2|Pan (Zeitschrift)}} in Berlin.
==Pan==
==Pan==
''Pan'' war eine von Wilhelm Herzog und Paul Cassirer herausgegebene Halbmonatsschrift, die im November 1910 gegründet und im Berliner Verlag {{WL2|Paul Cassirer}} herausgegeben wurde.
''Pan'' war eine von Wilhelm Herzog und Paul Cassirer herausgegebene Halbmonatsschrift, die im November 1910 gegründet und im Berliner Verlag {{WL2|Paul Cassirer}} herausgegeben wurde.


Die im Januar 1911 dort veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen {{WL2|Gustave Flaubert}}s wurden von der Zensur-behörde beschlagnahmt und zum Auslöser der Kerr-Jagow-Affäre.
Die im Januar 1911 dort veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen {{WL2|Gustave Flaubert}}s wurden von der Zensur-behörde beschlagnahmt und zum Auslöser der Kerr-Jagow-Affäre.
===Kerr-Jagow-Affäre===
===Kerr-Jagow-Affäre===
Der Berliner Polizeichef {{WL2|Traugott von Jagow}}, Verantwortlicher der Zensurbehörde hatte den Vertrieb  des betreffenden Hefts (Nr. 6) der Zeitschrift verboten und dessen Beschlagnahmung angeordnet.  
Der Berliner Polizeichef {{WL2|Traugott von Jagow}}, Verantwortlicher der Zensurbehörde hatte den Vertrieb  des betreffenden Hefts (Nr. 6) der Zeitschrift verboten und dessen Beschlagnahmung angeordnet.  
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Die Affaire handelte von {{WL2|Tilla Durieux}} die Frau des Verlegers {{WL2|Paul Cassirer}}, dessen Pan von ihm wegen Verstoßes gegen die Sittlichkeit beschlagnahmt worden war. {{WL2|Alfred Kerr}}, hocherfreut über {{WL2|Traugott von Jagow}}s privaten Sündenfall, ergriff gegen die Einwände Herzogs<ref>Herzogs Darstellung der Affäre Jagow befindet sich in : Herzog, Menschen denen ich begegnete, S. 399ff. Vgl. Auch Herzog: Jagow und der Pan. Noch</ref> und Cassirers die Gelegenheit, den politischen Gegner der Doppelmoral zu überführen. Er veröffentlichte den Brief samt Auslegung im nächsten Heft des Pan. Die Affäre entwickelte sich allerdings wesentlich anders, als sich Kerr gewünscht hatte. Von Jagow dachte nicht daran zurückzutreten. Hingegen war Kerrs Vorgehen besonders die Veröffentlichung des Briefes, Anlass für die verschiedensten Stellungnahmen. Nicht nur die Tagespresse beteiligte sich. In der {{WL2|Die Weltbühne}}, der Berliner Konkurrentin des Pan, wurde heftigst gegen Kerrs Indiskretion polemisiert, was wiederum die Verteidiger Kerrs mobilisierte. So rechtfertigte ihn {{WL2|Franz Pfemfert}} in {{WL2|Die Aktion}}, die im weiteren Verlauf auch andere Anhänger Kerrs, allen voran {{WL2|Kurt Hiller}}, zu Wort kommen ließ. {{WL2|Karl Kraus}} mischte sich aus Wien mit {{WL2|Die Fackel}} ein, worauf er seinerseits von {{WL2|Max Brod}}, dem Mitarbeiter des Pan, Scharf attackiert wurde - im übrigen war dies der Beginn eines langen Streits zwischen Brod und Kraus.  
Die Affaire handelte von {{WL2|Tilla Durieux}} die Frau des Verlegers {{WL2|Paul Cassirer}}, dessen Pan von ihm wegen Verstoßes gegen die Sittlichkeit beschlagnahmt worden war. {{WL2|Alfred Kerr}}, hocherfreut über {{WL2|Traugott von Jagow}}s privaten Sündenfall, ergriff gegen die Einwände Herzogs<ref>Herzogs Darstellung der Affäre Jagow befindet sich in : Herzog, Menschen denen ich begegnete, S. 399ff. Vgl. Auch Herzog: Jagow und der Pan. Noch</ref> und Cassirers die Gelegenheit, den politischen Gegner der Doppelmoral zu überführen. Er veröffentlichte den Brief samt Auslegung im nächsten Heft des Pan. Die Affäre entwickelte sich allerdings wesentlich anders, als sich Kerr gewünscht hatte. Von Jagow dachte nicht daran zurückzutreten. Hingegen war Kerrs Vorgehen besonders die Veröffentlichung des Briefes, Anlass für die verschiedensten Stellungnahmen. Nicht nur die Tagespresse beteiligte sich. In der {{WL2|Die Weltbühne}}, der Berliner Konkurrentin des Pan, wurde heftigst gegen Kerrs Indiskretion polemisiert, was wiederum die Verteidiger Kerrs mobilisierte. So rechtfertigte ihn {{WL2|Franz Pfemfert}} in {{WL2|Die Aktion}}, die im weiteren Verlauf auch andere Anhänger Kerrs, allen voran {{WL2|Kurt Hiller}}, zu Wort kommen ließ. {{WL2|Karl Kraus}} mischte sich aus Wien mit {{WL2|Die Fackel}} ein, worauf er seinerseits von {{WL2|Max Brod}}, dem Mitarbeiter des Pan, Scharf attackiert wurde - im übrigen war dies der Beginn eines langen Streits zwischen Brod und Kraus.  
Der neugegründete Pan hatte dank des Berliner Polizeipräsidenten einen beträchtlichen Bekanntheitsgrad innerhalb der literarischen Szene erzielt.
Der neu gegründete Pan hatte dank des Berliner Polizeipräsidenten einen beträchtlichen Bekanntheitsgrad innerhalb der literarischen Szene erzielt.
===Flaubert-Zensurprozeß===
 
Im Sommer 1911 fand der Flaubert-Zensurprozeß statt. Als Sachverständiger gutachtete {{WL2|Richard Dehmel}}, der die Frage, ob Flaubert unsittliche Tendenzen verfolgt habe, absurd und indiskutabel fand. Trotzdem gab das Gericht dem Staatsanwalt und dessen Befürchtung recht, die Schrift hätte in die Hand sittlich nicht gefestigter Leser gelangen können. Herzog und Cassirer, denen man nun vorwarf, diesen Umstand nicht bedacht zu haben,
===Flaubert-Zensurprozess===
Im Sommer 1911 fand der Flaubert-Zensurprozess statt. Als Sachverständiger gutachtete {{WL2|Richard Dehmel}}, der die Frage, ob Flaubert unsittliche Tendenzen verfolgt habe, absurd und indiskutabel fand. Trotzdem gab das Gericht dem Staatsanwalt und dessen Befürchtung recht, die Schrift hätte in die Hand sittlich nicht gefestigter Leser gelangen können. Herzog und Cassirer, denen man nun vorwarf, diesen Umstand nicht bedacht zu haben,
<ref>Claudia Müller-Stratmann, Wilhelm Herzog und "Das Forum": Literatur-Politik zwischen 1910 und 1915 : ein Beitrag zur Publizistik des Expressionismus, P. Lang, 1997 - 268 S. , [https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=Pan+Wilhelm+Herzog+%22+Verlegers+Paul+Cassirer%22&dq=Pan+Wilhelm+Herzog+%22+Verlegers+Paul+Cassirer%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjj64W1ksTjAhXGLFAKHTD_AAAQ6AEIKDAA S. 41][https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=%22Doppelmoral+zu+%C3%BCberf%C3%BChren.+Er+ver%C3%B6ffentlichte+den+Brief+samt+Auslegung+im%22&dq=%22Doppelmoral+zu+%C3%BCberf%C3%BChren.+Er+ver%C3%B6ffentlichte+den+Brief+samt+Auslegung+im%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjF7ceHlMTjAhUGdJoKHacTBXAQ6AEIKDAA][https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=%22Tagespresse+beteiligte+sich.+In+der+Schaub%C3%BChne,+der+Berliner+Konkurrentin+des+Pan,+wurde+heftigst%22&dq=%22Tagespresse+beteiligte+sich.+In+der+Schaub%C3%BChne,+der+Berliner+Konkurrentin+des+Pan,+wurde+heftigst%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwikh7mklcTjAhVMKuwKHZiyBAUQ6AEIKDAA][https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=%22Beginn+eines+langen+Streits+zwischen+Brod+und+Kraus.95+Wie+auch+immer%22&dq=%22Beginn+eines+langen+Streits+zwischen+Brod+und+Kraus.95+Wie+auch+immer%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiMnuD-lsTjAhVFPVAKHRe-DaUQ6AEIKjAA][https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=%22Auch+der+Flaubert-Zensurproze%C3%9F+im+Sommer+1911+besch%C3%A4ftigte+die%22&dq=%22Auch+der+Flaubert-Zensurproze%C3%9F+im+Sommer+1911+besch%C3%A4ftigte+die%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiO1OzRl8TjAhWIfZoKHVKqD0oQ6AEIKjAA]</ref>
<ref>Claudia Müller-Stratmann, Wilhelm Herzog und "Das Forum": Literatur-Politik zwischen 1910 und 1915 : ein Beitrag zur Publizistik des Expressionismus, P. Lang, 1997 - 268 S. , [https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=Pan+Wilhelm+Herzog+%22+Verlegers+Paul+Cassirer%22&dq=Pan+Wilhelm+Herzog+%22+Verlegers+Paul+Cassirer%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjj64W1ksTjAhXGLFAKHTD_AAAQ6AEIKDAA S. 41][https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=%22Doppelmoral+zu+%C3%BCberf%C3%BChren.+Er+ver%C3%B6ffentlichte+den+Brief+samt+Auslegung+im%22&dq=%22Doppelmoral+zu+%C3%BCberf%C3%BChren.+Er+ver%C3%B6ffentlichte+den+Brief+samt+Auslegung+im%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjF7ceHlMTjAhUGdJoKHacTBXAQ6AEIKDAA][https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=%22Tagespresse+beteiligte+sich.+In+der+Schaub%C3%BChne,+der+Berliner+Konkurrentin+des+Pan,+wurde+heftigst%22&dq=%22Tagespresse+beteiligte+sich.+In+der+Schaub%C3%BChne,+der+Berliner+Konkurrentin+des+Pan,+wurde+heftigst%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwikh7mklcTjAhVMKuwKHZiyBAUQ6AEIKDAA][https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=%22Beginn+eines+langen+Streits+zwischen+Brod+und+Kraus.95+Wie+auch+immer%22&dq=%22Beginn+eines+langen+Streits+zwischen+Brod+und+Kraus.95+Wie+auch+immer%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiMnuD-lsTjAhVFPVAKHRe-DaUQ6AEIKjAA][https://books.google.de/books?id=k366AAAAIAAJ&q=%22Auch+der+Flaubert-Zensurproze%C3%9F+im+Sommer+1911+besch%C3%A4ftigte+die%22&dq=%22Auch+der+Flaubert-Zensurproze%C3%9F+im+Sommer+1911+besch%C3%A4ftigte+die%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiO1OzRl8TjAhWIfZoKHVKqD0oQ6AEIKjAA]</ref>


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==Das Forum==
==Das Forum==
1914/1915 publizierte Herzog zunächst bis zur erzwungenen, „weltkriegsbedingten“ Einstellung das für den Weltfrieden kämpfende journalistische Magazin ''Das Forum''. Erst 1918 konnte er die Zeitschrift fortführen. Sie erschien bis 1929 in neun Jahrgängen.  
1914/1915 publizierte Herzog zunächst bis zur erzwungenen, „weltkriegsbedingten“ Einstellung das für den Weltfrieden kämpfende journalistische Magazin ''Das Forum''. Erst 1918 konnte er die Zeitschrift fortführen. Sie erschien bis 1929 in neun Jahrgängen.  
Im März 1915 befaßte sich das Pressereferat eingehender mit dem Inhalt der Monatszeitschrift „Das Forum“. Dabei stellte es zunächst fest:
Im März 1915 befasste sich das Pressereferat eingehender mit dem Inhalt der Monatszeitschrift „Das Forum“. Dabei stellte es zunächst fest:


Das Forum gefällt sich seit Kriegsbeginn in der Propagierung eines ganz unzeigemäßen Europäertums un deiner unpatriotischen, pessimistischen Welt- und Lebensanschauung, deren Verbreitung und Verstärkung in den davon leider sehr angekräkelten „übergeblideten“ deutschen Gesellschaft nicht wünschenswert erscheint.
''Das Forum gefällt sich seit Kriegsbeginn in der Propagierung eines ganz unzeitgemäßen Europäertums und einer unpatriotischen, pessimistischen Welt- und Lebensanschauung, deren Verbreitung und Verstärkung in der davon leider sehr angekränkelten „übergebildeten“ deutschen Gesellschaft nicht wünschenswert erscheint.''
 
 
In persönlichen Gesprächen mit dem Herausgeber der Zeitschrift, Wilhelm Herzog, versuchte die Zensur eine Änderung des Inhalts zu erwirken.
In persönlichen Gesprächen mit dem Herausgeber der Zeitschrift, Wilhelm Herzog, versuchte die Zensur, eine Änderung des Inhalts zu erwirken.
Ein weiteres Schreiben des Pressereferats forderte Herzog auf, in Zukunft auf die Propagierung eines „unzeitgemäßen und auf die Landesverteidigung sich schädlich auswirkenden vaterlandslosen Ästheten- und Europäertums“ zu verzichten. Nachdrücklich bedeutete man Herzog, sich seiner vaterländischen Verantwortung bewußt zu werden und als Konsequenz daraus jene Tendenz, „die gegen die mannhafte, vertrauensvolle und selbstbewußte Stimmung und Haltung unseres Volkes“ negativ wirken könnten, in Zukunft im „Forum“ nicht mehr zu veröffentlichen. Im Juni desselben Jahres ordnete das Referat Herzog und sein Forum bereits „den führenden Geistern der gegenwärtigen eine starke Werbetätigkeit beginnenden pazifistischen Kreisen“ zu.  
 
Ein weiteres Schreiben des Pressereferats forderte Herzog auf, in Zukunft auf die Propagierung eines „unzeitgemäßen und auf die Landesverteidigung sich schädlich auswirkenden vaterlandslosen Ästheten- und Europäertums“ zu verzichten. Nachdrücklich bedeutete man Herzog, sich seiner vaterländischen Verantwortung bewusst zu werden und als Konsequenz daraus jene Tendenz, „die gegen die mannhafte, vertrauensvolle und selbstbewußte Stimmung und Haltung unseres Volkes“ negativ wirken könnten, in Zukunft im „Forum“ nicht mehr zu veröffentlichen. Im Juni desselben Jahres ordnete das Referat Herzog und sein Forum bereits „den führenden Geistern der gegenwärtigen eine starke Werbetätigkeit beginnenden pazifistischen Kreisen“ zu.  


Der zuständige Referent charakterisierte die Anhänger pazifistischer Ideen mit den Worten:
Der zuständige Referent charakterisierte die Anhänger pazifistischer Ideen mit den Worten:
Diese Herren finden nicht Worte genug, um die unser ganzes Volkstum durchwogende Kraft und Geschlossenheit des Handelns zu bemängeln und an deren Stelle jenes weichliche Ästhetentum mit seinen verschwommenen, weibischen, internationalen Zielen zu setzen, dem einen schöngeistige Wendung irgendeines fremden Literaten mehr bedeutet, als der Siegeswille der Deutschen.
''Diese Herren finden nicht Worte genug, um die unser ganzes Volkstum durchwogende Kraft und Geschlossenheit des Handelns zu bemängeln und an deren Stelle jenes weichliche Ästhetentum mit seinen verschwommenen, weibischen, internationalen Zielen zu setzen, dem einen schöngeistige Wendung irgendeines fremden Literaten mehr bedeutet, als der Siegeswille der Deutschen.''
 
 
Auch gegenüber Herzog und dem Forum hielt das Pressereferat zunächst am Grundsatz der wohlwollenden Zusammenarbeit mit der Presse fest.
Auch gegenüber Herzog und dem Forum hielt das Pressereferat zunächst am Grundsatz der wohlwollenden Zusammenarbeit mit der Presse fest.
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Im August 1915 regte nun auch die Oberzensurstelle des {{WL2|Kriegspresseamt}}es eine strenge Überwachung aller Zeitschriften an, die auf Grund ihres Inhalts vom Ausland gelesen und zur Gegenpropaganda gegen das Reich verwandt wurden.  
Im August 1915 regte nun auch die Oberzensurstelle des {{WL2|Kriegspresseamt}}es eine strenge Überwachung aller Zeitschriften an, die auf Grund ihres Inhalts vom Ausland gelesen und zur Gegenpropaganda gegen das Reich verwandt wurden.  


Da eine große Anzahl von Exemplaren des Forums in das Ausland versandt wurden, bezog sich diese Anregung aus Berlin auch auf das Forum. Am 4. September 1915 teilte das Pressereferat dem Herausgeber Herzog noch einmal die großen Bedenken, die gegen den Inhalt der Zeitschrift und deren Verbreitung weiter bestanden, mit. Am 11. September 1915 hieß es in den Akten:
''Da eine große Anzahl von Exemplaren des Forums in das Ausland versandt wurden, bezog sich diese Anregung aus Berlin auch auf das Forum. Am 4. September 1915 teilte das Pressereferat dem Herausgeber Herzog noch einmal die großen Bedenken, die gegen den Inhalt der Zeitschrift und deren Verbreitung weiter bestanden, mit.'' Am 11. September 1915 hieß es in den Akten:
Trotzdem bleibt Herzog bei seiner Art, durch tendenziöse Zusammenstellung von pazifistischen Stimmen aus dem In- und Ausland, durch Zitate usw. die vaterländische Gesinnung und die bezüglichen Veröffentlichungen herabzusetzen und hämisch zu bekriteln. Nebenbei wird immer wieder versucht, die angebliche Schuld oder Hauptschuld an dem Kriege der deutschen Regierung oder den herrschenden Kreisen besonders in Deutschland zuzuschieben.
''Trotzdem bleibt Herzog bei seiner Art, durch tendenziöse Zusammenstellung von pazifistischen Stimmen aus dem In- und Ausland, durch Zitate usw. die vaterländische Gesinnung und die bezüglichen Veröffentlichungen herabzusetzen und hämisch zu bekritteln. Nebenbei wird immer wieder versucht, die angebliche Schuld oder Hauptschuld an dem Kriege der deutschen Regierung oder den herrschenden Kreisen besonders in Deutschland zuzuschieben.''


===Leerstellen===
===Leerstellen===
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Das Pressereferat sah sich im Laufe der Zeit zu immer größeren Streichungen veranlasst.
Das Pressereferat sah sich im Laufe der Zeit zu immer größeren Streichungen veranlasst.


Herzog ließ die von der Zensur gestrichen Passagen aus dem Drucksatz nehmen. Was dem aufmerksamen Leser zeigte wo der Zensor eingegriffen hatte.
Herzog ließ die von der Zensur gestrichen Passagen aus dem Drucksatz nehmen, was dem aufmerksamen Leser zeigte, wo der Zensor eingegriffen hatte.


===''Zensorkursiv''===
===''Zensorkursiv''===
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Eine derartige Verdeutlichung der Urheberschaft war den Zensoren auch nicht genehm und sie ließen die entsprechenden Bögen aus der Zeitschrift nehmen.
Eine derartige Verdeutlichung der Urheberschaft war den Zensoren auch nicht genehm und sie ließen die entsprechenden Bögen aus der Zeitschrift nehmen.
   
   
Vorsichtshalber hatte die Zensurstelle dem Drucker der Zeitschrift die Auflage gemacht, das Heft vor der Auslieferung noch einmal im Kriegsministerium vorzulegen. Angesichts der Tatsache, dass Herzog auch noch versucht hatte die wohlmeinende Absicht des Zensors schlau zu vereiteln“ verbot das Referat den gesamten Artikel und kam zu der Feststellung:
Vorsichtshalber hatte die Zensurstelle dem Drucker der Zeitschrift die Auflage gemacht, das Heft vor der Auslieferung noch einmal im Kriegsministerium vorzulegen. Angesichts der Tatsache, dass Herzog auch noch versucht hatte die wohlmeinende Absicht des Zensors schlau zu vereiteln“ verbot das Referat den gesamten Artikel und kam zu der Feststellung:
Trotz sorgfältiger Prüfung zeigte sich, dass Herzog die Tendenz und raffinierte Art der Zusammenstellung der Artikel, endlich auch durch die auffallende Hervorhebung der Streichungen, Ausgaben seiner Zeitschrift zustande bringt, die in ihrer Wirkung an den Tatbestand des Landesverrates nahe kommen. Es hat sich erwiesen, dass die Präventivzensur nicht ausreicht, um diese raffiniert literarische Mache einer kleinen Gruppe vaterlandsloser Ästheten und politischer Utopisten zu unterdrücken, die umso gefährlicher wirken, als sie sich den Anschein zu geben wissen, hinter ihnen stünden große Schichten der Gebildeten unf „verständigen“ Politiker in Deutschland und Österreich. AIPr. muss daher weitere Versuche, die gemeinschädliche Haltung der Zeitschrift zu beeinflussen, aufgeben und dem bereits … in Aussicht genommenen Antrag nahe treten, das Erscheinen des Forum während des Krieges auf Grund Art 4 Ziffer 2 des Kriegszustands gesetztes einzustellen.
''Trotz sorgfältiger Prüfung zeigte sich, dass Herzog die Tendenz und raffinierte Art der Zusammenstellung der Artikel, endlich auch durch die auffallende Hervorhebung der Streichungen, Ausgaben seiner Zeitschrift zustande bringt, die in ihrer Wirkung an den Tatbestand des Landesverrates nahe kommen. Es hat sich erwiesen, dass die Präventivzensur nicht ausreicht, um diese raffiniert literarische Mache einer kleinen Gruppe vaterlandsloser Ästheten und politischer Utopisten zu unterdrücken, die umso gefährlicher wirken, als sie sich den Anschein zu geben wissen, hinter ihnen stünden große Schichten der Gebildeten und „verständigen“ Politiker in Deutschland und Österreich. AIPr. muss daher weitere Versuche, die gemeinschädliche Haltung der Zeitschrift zu beeinflussen, aufgeben und dem bereits … in Aussicht genommenen Antrag nahe treten, das Erscheinen des Forum während des Krieges auf Grund Art 4 Ziffer 2 des Kriegszustandsgesetzes einzustellen.''
Am 11. September 1915 verbot das Pressereferat des Kriegsministeriums das „Forum“ für die Dauer des Krieges. Die Begründung lautete auf Schädigung der militärischen und allgemeinen vaterländischen Interessen.
Am 11. September 1915 verbot das Pressereferat des Kriegsministeriums das „Forum“ für die Dauer des Krieges. Die Begründung lautete auf Schädigung der militärischen und allgemeinen vaterländischen Interessen.


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Obwohl Herzog sich schon sehr bald darüber im klaren war, dass er kaum eine Revision der Einstellung des Forums erreichen würde , führte er zunächst über seinen Rechtsanwalt die Auseinandersetzung mit der bayerischen Zensurstelle fort <ref>Wilhelm Herzog, Menschen denen ich begegnete, Bern.-München 1959 S. 56</ref> Herzog ließ dem Pressereferat mitteilen, dass er eine Eingabe an den Reichskanzler gegen die Einstellung des Forums gerichtet habe und darüberhinaus im Landtag Beschwerde führen werde. <ref>Fischer, Doris, Die Münchner Zensurstelle während des Ersten Weltkrieges. Alfons Falkner von Sonnenburg als Pressereferent im Bayerischen Kriegsministerium in den Jahren 1914 bis 1918/19, Phil. Diss., München 1973,</ref>
Obwohl Herzog sich schon sehr bald darüber im klaren war, dass er kaum eine Revision der Einstellung des Forums erreichen würde , führte er zunächst über seinen Rechtsanwalt die Auseinandersetzung mit der bayerischen Zensurstelle fort <ref>Wilhelm Herzog, Menschen denen ich begegnete, Bern.-München 1959 S. 56</ref> Herzog ließ dem Pressereferat mitteilen, dass er eine Eingabe an den Reichskanzler gegen die Einstellung des Forums gerichtet habe und darüberhinaus im Landtag Beschwerde führen werde. <ref>Fischer, Doris, Die Münchner Zensurstelle während des Ersten Weltkrieges. Alfons Falkner von Sonnenburg als Pressereferent im Bayerischen Kriegsministerium in den Jahren 1914 bis 1918/19, Phil. Diss., München 1973,</ref>
==Nach dem Ersten Weltkrieg==
==Nach dem Ersten Weltkrieg==
Am 8. November 1918 gründete sich im Landtag ([[Prannerstraße]] 20 (heute neu nummeriert Nr. 8) ein »Rat geistiger Arbeiter«, dem {{WL2|Bruno Frank}} und der Journalist Wilhelm Herzog angehörten. Herzog war mit [[Heinrich Mann]] befreundet und erscheint im Tagebuch von [[Thomas Mann]]<ref>Düsseldorfer Beiträge zur Thomas Mann-Forschung: Schriftenreihe der, [https://books.google.de/books?id=aE67m7v5AUgC&pg=PA61&dq=%22R%C3%A4te+geistiger+Arbeiter%22+%22gegr%C3%BCndet+wurden,+nahm+er+zur+Kenntnis,+dass+dem+M%C3%BCnchner+Rat+auch+Bruno+Frank+und+der+Journalist+Wilhelm+Herzog+angeh%C3%B6rten%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjP-vba1MXjAhUFKewKHTC0AxkQ6AEIKjAA#v=onepage&q=%22R%C3%A4te%20geistiger%20Arbeiter%22%20%22gegr%C3%BCndet%20wurden%2C%20nahm%20er%20zur%20Kenntnis%2C%20dass%20dem%20M%C3%BCnchner%20Rat%20auch%20Bruno%20Frank%20und%20der%20Journalist%20Wilhelm%20Herzog%20angeh%C3%B6rten%22&f=false S. 61][https://books.google.de/books?id=sjvdDAAAQBAJ&pg=PT22&dq=%22notiert+er+am+8.+November.+Sowohl+Bruno+Frank+wie+Wilhelm+Herzog+geh%C3%B6ren+dem%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjCyNCB1sXjAhV0ysQBHVtFCNEQ6AEIKDAA#v=onepage&q=%22notiert%20er%20am%208.%20November.%20Sowohl%20Bruno%20Frank%20wie%20Wilhelm%20Herzog%20geh%C3%B6ren%20dem%22&f=false]</ref>
Am 8. November 1918 gründete sich im Landtag ([[Prannerstraße]] 20 (heute neu nummeriert Nr. 8) ein »Rat geistiger Arbeiter«, dem {{WL2|Bruno Frank}} und der Journalist Wilhelm Herzog angehörten. Herzog war mit [[Heinrich Mann]] befreundet und erscheint im Tagebuch von [[Thomas Mann]]<ref>Düsseldorfer Beiträge zur Thomas Mann-Forschung: Schriftenreihe der, [https://books.google.de/books?id=aE67m7v5AUgC&pg=PA61&dq=%22R%C3%A4te+geistiger+Arbeiter%22+%22gegr%C3%BCndet+wurden,+nahm+er+zur+Kenntnis,+dass+dem+M%C3%BCnchner+Rat+auch+Bruno+Frank+und+der+Journalist+Wilhelm+Herzog+angeh%C3%B6rten%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjP-vba1MXjAhUFKewKHTC0AxkQ6AEIKjAA#v=onepage&q=%22R%C3%A4te%20geistiger%20Arbeiter%22%20%22gegr%C3%BCndet%20wurden%2C%20nahm%20er%20zur%20Kenntnis%2C%20dass%20dem%20M%C3%BCnchner%20Rat%20auch%20Bruno%20Frank%20und%20der%20Journalist%20Wilhelm%20Herzog%20angeh%C3%B6rten%22&f=false S. 61][https://books.google.de/books?id=sjvdDAAAQBAJ&pg=PT22&dq=%22notiert+er+am+8.+November.+Sowohl+Bruno+Frank+wie+Wilhelm+Herzog+geh%C3%B6ren+dem%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjCyNCB1sXjAhV0ysQBHVtFCNEQ6AEIKDAA#v=onepage&q=%22notiert%20er%20am%208.%20November.%20Sowohl%20Bruno%20Frank%20wie%20Wilhelm%20Herzog%20geh%C3%B6ren%20dem%22&f=false]</ref>
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Er wurde auf dem [[Ostfriedhof]] beigesetzt zu den Grabrednern gehörten [[Erich Kästner]] und {{WL2|Walther Kiaulehn}}.
Er wurde auf dem [[Ostfriedhof]] beigesetzt zu den Grabrednern gehörten [[Erich Kästner]] und {{WL2|Walther Kiaulehn}}.
==Fußnoten==
 
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references/>
{{Wikipedia-Artikel|Wilhelm Herzog}}
{{Wikipedia-Artikel|Wilhelm Herzog}}
{{SORTIERUNG:Herzog, Wilhelm}}
{{SORTIERUNG:Herzog, Wilhelm}}
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