Hildebrandhaus: Unterschied zwischen den Versionen

1.695 Bytes hinzugefügt ,  3. Januar 2023
K
keine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
(8 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Bild:MueHildebrandhauslw1903b.jpg|thumb|Historische Aufnahme von 1903, publiziert vom Architekturverlag [[Buchhandlung L. Werner|Ludwig Werner]]]]
[[Bild:MueHildebrandhauslw1903b.jpg|thumb|Historische Aufnahme von 1903, [[Otto Aufleger]] und Mitarbeiter, publiziert vom Architekturverlag [[Buchhandlung L. Werner|Ludwig Werner]]]]
Das '''Hildebrandhaus''' in der [[Maria-Theresia-Straße]] 23 in [[Bogenhausen]] wurde von 1895 — [[1898]] auf Initiative von [[Adolf von Hildebrand]] unter der Leitung von [[Gabriel von Seidl]] als bürgerliche ''Wohnvilla'' errichtet. Die Fassaden sind in ländlich-barockisierendem Stil in der Art der süddeutschen Schlossbautradition gehalten.  
Das '''Hildebrandhaus''' in der [[Maria-Theresia-Straße]] 23 in [[Bogenhausen]] wurde von 1895 — [[1898]] auf Initiative von [[Adolf von Hildebrand]] unter der Leitung von [[Gabriel von Seidl]] als bürgerliche ''Wohnvilla'' errichtet. Die Fassaden sind in ländlich-barockisierendem Stil in der Art der süddeutschen Schlossbautradition gehalten.  


Der L-förmige Grundriss des Wohntraktes ist durch einen an der Innenecke erbauten Treppenhausturm besonders betont. Dem zur Süd- und Westseite des Grundstücks hin gelegenen Wohntrakt mit Terrasse, Brunnen und Garten waren auf der Nord- und Ostseite mehrere große Ateliers angegliedert.
Der L-förmige Grundriss des Wohntraktes ist durch einen an der Innenecke erbauten Treppenhausturm besonders betont. Dem zur Süd- und Westseite des Grundstücks hin gelegenen Wohntrakt mit Terrasse, Brunnen und Garten waren auf der Nord- und Ostseite mehrere große Ateliers angegliedert.


Anfang 1898 zog Hildebrand mit seiner Frau Irene und den sechs Kindern, fünf Töchtern und einem Sohn ein. Als entschiedener Gegner und langjähriger Kritiker der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] musste er nach Hitlers Machtergreifung Deutschland verlassen und emigrierte [[1933]] nach Amerika. Die Familie verkaufte das Haus an Elisabeth Braun. Von 1937 bis 1941 gewährte sie in ihrem Haus fünfzehn verfolgten Mitbürgern Obdach.  
Anfang 1898 zog Hildebrand mit seiner Frau Irene und den sechs Kindern, fünf Töchtern und einem Sohn ein. Sein Sohn [[Dietrich von Hildebrand|Dietrich]] musste als entschiedener Gegner und langjähriger Kritiker der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] nach Hitlers Machtergreifung Deutschland verlassen und emigrierte [[1933]] nach Amerika. Die Familie verkaufte das Haus an [[Elisabeth Braun]]. Von 1937 bis 1941 gewährte sie in ihrem Haus fünfzehn verfolgten MitbürgerInnen ein Obdach.  


1939 erhielt Elisabeth Braun erstmals von der "Arisierungsstelle" die Aufforderung, ihr Haus zu verkaufen, wogegen sie sich bis zuletzt wehrte. Die Christin Elisabeth Braun wurde nach dem [[1._Deportationszug_aus_München|15. November 1941]] von der [[Gestapo|Gestapo und SS]] zusammen mit Tausenden anderer jüdischen Glaubens nach [[Kaunas]] (Litauen) in einem Zug abtransportiert und dort barbarisch ermordet. In ihrem Testament bestimmte Elisabeth Braun noch die [[Evangelisch-lutherische Kirche in Bayern|Evangelisch-Lutherische Landeskirche]] zur Alleinerbin. Diese verkaufte das Anwesen an einen Bauunternehmer. Bis [[1969]] zogen die letzten Mieter aus, und das Haus verfiel rapide. 1969 wurde vom Eigentümer eine Abrissgenehmigung für das nun stark sanierungsbedürftige Haus beantragt, um in Wirklichkeit ein Bürogebäude zu errichten. Der [[Stadtrat]] stimmte dagegen.
In dem Haus wohnten auch [[Charlotte Carney]], eine Lehrerin, die seit 1933 Berufsverbot hatte, weil sie aus einer jüdischen Familie stammte. Sie war wie Braun Christin. [[Helene Sulzbacher]], die Opernsängerin [[Käthe Singer]], der pensionierte Lehrer [[Heinemann Edelstein]] und Frau [[Jeanette Edelstein|Jeanette]], die Gesangslehrerin [[Valerie Theumann]], die Modistin [[Lilly Rosenthal]], der Textilkaufmann [[Victor Behrend|Victor Behrend,]] [[Franziska Schmikler|Franziska]] und [[Simon Schmikler]] sowie deren Tochter [[Maria Schmikler|Maria]], [[Getti Neumann]], [[Albert Marx|Albert]] und [[Sophie Marx]] und [[Klara Rosenfeld]]. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden alle 1941 zu ermordeten Opfern der Nazi-Verbrecher.
 
 
1939 erhielt [[Elisabeth Braun]] erstmals von der "Arisierungsstelle" die Aufforderung, ihr Haus zu verkaufen, wogegen sie sich bis zuletzt wehrte. Die Christin Elisabeth Braun wurde nach dem [[1._Deportationszug_aus_München|15. November 1941]] von der [[Gestapo|Gestapo und SS]] zusammen mit Tausenden anderer jüdischen Glaubens nach [[Kaunas]] (Litauen) in einem Zug abtransportiert und dort barbarisch ermordet. In ihrem Testament bestimmte Elisabeth Braun noch die [[Evangelisch-lutherische Kirche in Bayern|Evangelisch-Lutherische Landeskirche]] zur Alleinerbin. Diese verkaufte das Anwesen an einen Bauunternehmer. Bis [[1969]] zogen die letzten Mieter aus, und das Haus verfiel rapide. 1969 wurde vom Eigentümer eine Abrissgenehmigung für das nun stark sanierungsbedürftige Haus beantragt, um in Wirklichkeit ein Bürogebäude zu errichten. Der [[Stadtrat]] stimmte dagegen.


Das Haus ging dann noch durch weitere Hände, die erneut Abrissgenehmigungen beantragten. Weil es damals noch kein Bayerisches [[Denkmalschutz]]gesetz gab, wurde die Stadt München im Jahr 1970 durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zur Erteilung der Abbruchgenehmigung verurteilt. Erst in allerletzter Minute gelang es der Stadt München, durch eine Vollstreckungsgegenklage den Abriss zu verhindern.  
Das Haus ging dann noch durch weitere Hände, die erneut Abrissgenehmigungen beantragten. Weil es damals noch kein Bayerisches [[Denkmalschutz]]gesetz gab, wurde die Stadt München im Jahr 1970 durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zur Erteilung der Abbruchgenehmigung verurteilt. Erst in allerletzter Minute gelang es der Stadt München, durch eine Vollstreckungsgegenklage den Abriss zu verhindern.  
Zeile 12: Zeile 15:
Am 1.10.1973 wurde das Hildebrandhaus unter Denkmalschutz gestellt, im Oktober 1974 erwarb die Stadt München das Haus. Die originalgetreue Restaurierung war [[1977]] abgeschlossen. Heute hat die Sammlung [[Monacensia]] ihren Sitz im Hildebrandhaus.
Am 1.10.1973 wurde das Hildebrandhaus unter Denkmalschutz gestellt, im Oktober 1974 erwarb die Stadt München das Haus. Die originalgetreue Restaurierung war [[1977]] abgeschlossen. Heute hat die Sammlung [[Monacensia]] ihren Sitz im Hildebrandhaus.


Um die Zukunftsfähigkeit der Monacensia zu sichern, hat der Stadtrat im Jahr 2011 eine gründliche Sanierung des Hildebrandhauses beschlossen. Die Renovierungsarbeiten begannen im Sommer [[2013]], die Wiedereröffnung ist für Herbst 2016 geplant.
Um die Zukunftsfähigkeit der Monacensia zu sichern, hat der Stadtrat im Jahr 2011 eine gründliche Sanierung des Hildebrandhauses beschlossen. Die Renovierungsarbeiten begannen im Sommer [[2013]], die Wiedereröffnung erfolgte [[2016]].
 
== Literatur und Quellen ==
* D Sattler: ''Adolf von Hildebrand und die Architektur.'' Buchner, München 1932 (70 Seiten DIN-A 4+)
* F. Sattler: ''Adolf von Hildebrand und seine Welt - Briefe und Erinnerungen.'' Callwey, München 1962. (802 Seiten)
* S. Burmeister & C. Hoh-Slodczyk: ''Das Hildebrandhaus in München - Sein Erbauer - Seine Bewohner.'' Hugendubel, München 1981 (134 Seiten)
* C. Hoh-Slodczyk: ''Das Haus des Künstlers im 19. Jahrhundert.'' Prestel, München 1985 (S.121-128)
* E. Rebel & W. Kehr: ''Zwischen Welten Adolf von Hildebrand (1847 bis 1921) - Person, Haus und Wirkung.'' A1 Verlag, München 1998 (144 Seiten)
* C. Kuller & M. Schreiber: ''Das Hildebrandhaus – Eine Münchner Künstlervilla und ihre Bewohner in der Zeit des Nationalsozialismus.'' Allitera Verlag, München 2006 (183 Seiten)
 
==Siehe auch==
* [[Judenhaus]]
* Artikel  zum {{WL2|Hildebrandhaus}} bei Wikipedia.


==Weblinks==
==Weblinks==
*[http://www.nordostkultur-muenchen.de/architektur/gedenktafel_elisabeth_braun.htm Zur Gedenktafel]  
*[http://www.nordostkultur-muenchen.de/architektur/gedenktafel_elisabeth_braun.htm Zur Gedenktafel]  
*[http://www.evangelischer-widerstand.de/html/view.php?type=dokument&id=599 Bei evangelischer-widerstand.de]
*[http://www.evangelischer-widerstand.de/html/view.php?type=dokument&id=599 Bei evangelischer-widerstand.de]
==Siehe auch==
* [[Judenhaus]]


[[Kategorie:Gebäude]]
[[Kategorie:Gebäude]]
23.757

Bearbeitungen