Zeit des Zweiten Weltkriegs: Unterschied zwischen den Versionen
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Der '''Zweite Weltkrieg''' begann in Europa am 1. September [[1939]] mit dem deutschen Angriff auf Polen. Am 30. April [[1945]] marschiert die US-Armee in München ein. Der Zweite Weltkrieg endete in Europa mit der Kapitulation am 8. Mai 1945. | Der '''Zweite Weltkrieg''' begann in Europa am 1. September [[1939]] mit dem deutschen Angriff auf Polen. Am 30. April [[1945]] marschiert die US-Armee in München ein. Der Zweite Weltkrieg endete in Europa mit der Kapitulation am 8. Mai 1945. | ||
München hatte bei der Volkszählung im Mai 1939 ca. 840.600 Einwohner und war damit die viertgrößte Stadt im Deutschen Reich. Im Laufe des Krieges schrumpfte sie durch Todesfälle und Evakuierungen auf geschätzte 550.000. Bei Kriegsende war etwa 40% des Gebäudebestandes zerstört. | |||
==Luftkrieg== | ==Luftkrieg== | ||
[[Bild:Luftbild_münchen_1945_klein.jpg|thumb|Historisches Kriegsluftbild 1945]] | [[Bild:Luftbild_münchen_1945_klein.jpg|thumb|Historisches Kriegsluftbild 1945]] | ||
Bereits ab dem Jahre [[1933]] gab es in München Luftschutzübungen. Ab Kriegsbeginn bis zum Mai [[1940]] fanden nur Aufklärungsflüge der RAF (Royal Armee Force) statt. Bis zum Ende [[1940]] versuchte die RAF in Nachtangriffen erfolglos anzugreifen. Bis August [[1942]] erfolgte dann eine Phase ohne jegliche Angriffe, was der Stadt den Namen "Luftschutzkeller des Reiches" einbrachte. Mit der Nacht vom 18. auf den 19. September [[1942]] erreichten die vernichtenden Flächenbombardements mit einem Angriff von 89 Maschinen der RAF auch München. 160 Tonnen Bomben wurden abgeworfen, 143 Münchner getötet, fünf der angreifenden Maschinen wurden abgeschossen, vier kehrten beschädigt heim. München war | Bereits ab dem Jahre [[1933]] gab es in München Luftschutzübungen. Ab Kriegsbeginn bis zum Mai [[1940]] fanden nur Aufklärungsflüge der RAF (Royal Armee Force) statt. Bis zum Ende [[1940]] versuchte die RAF in Nachtangriffen erfolglos anzugreifen. Bis August [[1942]] erfolgte dann eine Phase ohne jegliche Angriffe, was der Stadt den Namen "Luftschutzkeller des Reiches" einbrachte. Mit der Nacht vom 18. auf den 19. September [[1942]] erreichten die vernichtenden Flächenbombardements mit einem Angriff von 89 Maschinen der RAF auch München. 160 Tonnen Bomben wurden abgeworfen, 143 Münchner getötet, fünf der angreifenden Maschinen wurden abgeschossen, vier kehrten beschädigt heim. München war vorrangig als Verkehrknotenpunkt für die Luftangriffe entscheidend, zudem mit Luftfahrttechnik (BMW und zahlreiche Flughäfen). In der Anfangsjahren war München insbesondere durch eine gut funktionierende Flugabwehr, die ihre Informationen bereits aus Nordfrankreich zog, die ausgebauten Abwehrstellungen vor den Städten München und Augsburg und durch die lange Flugzeit ein eher unbeliebtes Ziel. Diese Flächenbombardierungen der RAF verstärkten sich ab März [[1944]] durch Präzisionsangriffe der US-Luftwaffe, die von Südwesten über die Alpen auf München zuflog. Ab dem Juli 1944 kann von der totalen Luftherrschaft der alliierten Luftwaffe gesprochen werden, es kam in der Folge zu massiven Veränderungen in der Versorgungslage der Stadt. Kennzeichnend ist der wohl schwerste Angriff vom 12. Juli 1944, nachdem die Stadt noch vom Vortag brannte, bei dem 1124 Bomber rund 2400 Tonnen Bomben abwarfen, dabei starben 631 Menschen und 1711 wurden verletzt. In der Endphase des Krieges ab Ende Februar [[1945]] kam es nur noch zu taktischen Stör- und Tiefangriffen, noch vier Tage vor dem Eintreffen der US-Bodentruppen am 26. April erfolgte der letzte Luftangriff. | ||
==Widerstand gegen den Nationalismus== | ==Widerstand gegen den Nationalismus== | ||
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Dem Kundigen der Münchener Topographie fallen bei dieser Auflistung sicherlich einige Ungereimtheiten auf, wie das Fehlen der städtischen Kasernen, des Industrieflughafens in Oberpfaffenhofen, des Luftgaukommandos VII in der Prinzregentenstraße oder das Fehlen der für die Entwicklung von flüssigem Wasser- und Sauerstoff entscheidenden Chemiewerke Linde und EWM in Höllriegelskreuth in der Gemeinde Pullach. Das Informationsdefizit wurde jedoch bis 1944 aufgeholt, da sich diese Zielgruppen dann in den alliierten Einsatzunterlagen finden, so beim kombinierten Angriff der Amerikaner am 19. Juli gegen die Chemiewerke in Höllriegelskreuth mit dem Ziel, die Entwicklung der deutschen V-Waffe zu blockieren. | Dem Kundigen der Münchener Topographie fallen bei dieser Auflistung sicherlich einige Ungereimtheiten auf, wie das Fehlen der städtischen Kasernen, des Industrieflughafens in Oberpfaffenhofen, des Luftgaukommandos VII in der Prinzregentenstraße oder das Fehlen der für die Entwicklung von flüssigem Wasser- und Sauerstoff entscheidenden Chemiewerke Linde und EWM in Höllriegelskreuth in der Gemeinde Pullach. Das Informationsdefizit wurde jedoch bis 1944 aufgeholt, da sich diese Zielgruppen dann in den alliierten Einsatzunterlagen finden, so beim kombinierten Angriff der Amerikaner am 19. Juli gegen die Chemiewerke in Höllriegelskreuth mit dem Ziel, die Entwicklung der deutschen V-Waffe zu blockieren. | ||
Im “Bomber’s Baedeker”, dem “Städteführer” des Bomber Command zu den deutschen Angriffszielen, waren die Informationen zu München bis auf kleinere Mängel präzise recherchiert. Dieses Zielhandbuch maß der bayerischen Hauptstadt besondere Bedeutung als Verkehrsdrehscheibe zu den Fronten | |||
In den Planstäben der US-Luftstreitkräfte rangierte München von Herbst 1944 an bis Kriegsende vor allem als hochrangiges Verkehrsziel. Über München liefen die Nord- Süd- bzw. Ost- West- Verbindungen des Schienenverkehrs im Reichsgebiet. Das bedeutete, dass der Nachschub für Italien sowie für den Balkan den Eisenbahnknotenpunkt München passieren musste. Ab Sommer 1944 wurde das Münchner Schienennetz vorwiegend von der 15. USAAF bombardiert, aber auch die 8. USAAF beteiligte sich an dessen systematischer Zerschlagung. Selbst die bis zum Schluss an ihrem Konzept von unterschiedslosen Flächenangriffen (area bombing- Direktive vom 14. Februar 1942) festhaltende RAF setzte ihre Zielmarkierungen gegen Ende 1944 in einer Weise, dass eine weitere Schädigung des Bahnhofsareals garantiert war. Die sofort nach den Angriffen begonnenen Wiederaufbaumaßnahmen am deutschen Eisenbahnnetz trieb die Angreifer zur Verzweiflung. In den gleich nach Beendigung der Kampfhandlungen erstellten USSBS- Berichten wurde gerade den Arbeiten am Verkehrsnetz in München enorme Hartnäckigkeit bescheinigt. Erstaunlich schnelle Reparaturleistung von Strecken und fieberhaftes Arbeiten in den Reichsbahnausbesserungswerken in Freimann und Neuaubing waren dafür verantwortlich, dass dieses Ziel bis zum Ende trotz katastrophaler Schäden nicht vollkommen ausgeschaltet werden konnte. Die Überkapazität im deutschen Eisenbahnnetz hatte zur Folge, dass die Angreifer ebenfalls eine Überkapazität an Zerstörungskraft investieren mussten, um den Nachschub an die Fronten zu unterbinden. Dies erzeugte wiederum hohe Verluste unter der Zivilbevölkerung durch Streueffekte auf die umliegenden Wohngebiete, da die Transportziele wie die Münchner Verschiebebahnhofe in den dicht bebauten deutschen Innenstädten lagen. | Im “Bomber’s Baedeker”, dem “Städteführer” des Bomber Command zu den deutschen Angriffszielen, waren die Informationen zu München bis auf kleinere Mängel präzise recherchiert. Dieses Zielhandbuch maß der bayerischen Hauptstadt besondere Bedeutung als Verkehrsdrehscheibe zu den Fronten bei, aber auch als Sitz wichtiger Flugindustrie mit BMW als Hersteller des standardisierten BMW-801-Flugzeugmotors für die deutsche Jagdwaffe sowie als Ort von Fliegerhorsten. Ebenfalls hervorgehoben wurde der Symbolwert der Stadt als Geburtsstätte der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) unter Adolf Hitler, was ein zusätzliches „political target“ darstellte. | ||
In den Planstäben der US-Luftstreitkräfte rangierte München von Herbst 1944 an bis Kriegsende vor allem als hochrangiges Verkehrsziel. Über München liefen die Nord-Süd- bzw. Ost-West-Verbindungen des Schienenverkehrs im Reichsgebiet. Das bedeutete, dass der Nachschub für Italien sowie für den Balkan den Eisenbahnknotenpunkt München passieren musste. Ab Sommer 1944 wurde das Münchner Schienennetz vorwiegend von der 15. USAAF bombardiert, aber auch die 8. USAAF beteiligte sich an dessen systematischer Zerschlagung. Selbst die bis zum Schluss an ihrem Konzept von unterschiedslosen Flächenangriffen (area bombing- Direktive vom 14. Februar 1942) festhaltende RAF setzte ihre Zielmarkierungen gegen Ende 1944 in einer Weise, dass eine weitere Schädigung des Bahnhofsareals garantiert war. Die sofort nach den Angriffen begonnenen Wiederaufbaumaßnahmen am deutschen Eisenbahnnetz trieb die Angreifer zur Verzweiflung. In den gleich nach Beendigung der Kampfhandlungen erstellten USSBS-Berichten wurde gerade den Arbeiten am Verkehrsnetz in München enorme Hartnäckigkeit bescheinigt. Erstaunlich schnelle Reparaturleistung von Strecken und fieberhaftes Arbeiten in den Reichsbahnausbesserungswerken in Freimann und Neuaubing waren dafür verantwortlich, dass dieses Ziel bis zum Ende trotz katastrophaler Schäden nicht vollkommen ausgeschaltet werden konnte. Die Überkapazität im deutschen Eisenbahnnetz hatte zur Folge, dass die Angreifer ebenfalls eine Überkapazität an Zerstörungskraft investieren mussten, um den Nachschub an die Fronten zu unterbinden. Dies erzeugte wiederum hohe Verluste unter der Zivilbevölkerung durch Streueffekte auf die umliegenden Wohngebiete, da die Transportziele wie die Münchner Verschiebebahnhofe in den dicht bebauten deutschen Innenstädten lagen. | |||
München stellte im Zweiten Weltkrieg also in dreifacher Hinsicht ein wichtiges Zielobjekt der alliierten Luftwaffen dar: | München stellte im Zweiten Weltkrieg also in dreifacher Hinsicht ein wichtiges Zielobjekt der alliierten Luftwaffen dar: | ||
• Erstens diente die Stadt seit 1942 als Flachenziel für die auf area bombing spezialisierten Gruppen des englischen Bomber Command. Angegriffen wurden dabei immer klar gekennzeichnete Areale der dicht bebauten Innenstadt, da die englischen Planer davon ausgingen dadurch eine allgemeine Reduzierung des Industriepotentials wie die Demoralisierung der deutschen Bevölkerung zu erreichen. | • Erstens diente die Stadt seit 1942 als Flachenziel für die auf area bombing spezialisierten Gruppen des englischen Bomber Command. Angegriffen wurden dabei immer klar gekennzeichnete Areale der dicht bebauten Innenstadt, da die englischen Planer davon ausgingen dadurch eine allgemeine Reduzierung des Industriepotentials wie die Demoralisierung der deutschen Bevölkerung zu erreichen. | ||
• Zweitens wurde das Zielsystem “Deutsche Luftwaffe” von der amerikanischen 8. wie 15. USAAF ins Visier genommen. Der Sitz des BMW Werks sowie ein Kranz bedeutender Militärflughäfen fielen in diese Kategorie. Ebenfalls attackiert wurden zwei wichtige Chemiewerke im Süden Münchens, die als unabdingbare Zulieferer für die deutsche V-Waffe fungierten. | • Zweitens wurde das Zielsystem “Deutsche Luftwaffe” von der amerikanischen 8. wie 15. USAAF ins Visier genommen. Der Sitz des BMW Werks sowie ein Kranz bedeutender Militärflughäfen fielen in diese Kategorie. Ebenfalls attackiert wurden zwei wichtige Chemiewerke im Süden Münchens, die als unabdingbare Zulieferer für die deutsche V-Waffe fungierten. | ||
• Als dritte Kategorie fungierte das Zielsystem “Verkehr”, das von Herbst 1944 bis Kriegsende in den Angriffen auf München immer mehr Gewicht erlangte, da das Münchner Schienennetz eine zentrale Nachschubfunktion für die Fronten einnahm. | • Als dritte Kategorie fungierte das Zielsystem “Verkehr”, das von Herbst 1944 bis Kriegsende in den Angriffen auf München immer mehr Gewicht erlangte, da das Münchner Schienennetz eine zentrale Nachschubfunktion für die Fronten einnahm. | ||
Das aus der Luft auffällig strukturierte Stadtbild Münchens war bei den Crews ein gefürchtetes Ziel. Oft ging ein Raunen durch den Raum, wenn das Ziel Catfish als Angriffsziel bekannt gegeben wurde. Noch gefürchteter waren jedoch Berlin, Essen und Wien. Die sieben- bis achtstündige Flugzeit bedeutete für die Besatzungen eine Strapaze, vor allem auch weil der lange Anflugweg für die von England aus startenden Luftflotten die Gefährdung durch deutsche Flakzonen von der Nordsee- und Kanalküste bis zum Ziel beinhaltete. Um die gefährlichen Flakkonzentrationen zu umfliegen, waren Umwege nötig, was die Flugzeit | |||
Das aus der Luft auffällig strukturierte Stadtbild Münchens war bei den Crews ein gefürchtetes Ziel. Oft ging ein Raunen durch den Raum, wenn das Ziel Catfish als Angriffsziel bekannt gegeben wurde. Noch gefürchteter waren jedoch Berlin, Essen und Wien. Die sieben- bis achtstündige Flugzeit bedeutete für die Besatzungen eine Strapaze, vor allem auch weil der lange Anflugweg für die von England aus startenden Luftflotten die Gefährdung durch deutsche Flakzonen von der Nordsee- und Kanalküste bis zum Ziel beinhaltete. Um die gefährlichen Flakkonzentrationen zu umfliegen, waren Umwege nötig, was die Flugzeit zusätzlich erhöhte. Dazu kam bis Sommer 1944 die große Bedrohung durch deutsche Jäger, die bis zur alliierten Invasion von ihren Leitstellen in Nordfrankreich frühzeitig auf den Bomberstrom angesetzt wurden, sobald ihn die Radargeräte erfassten. Von Augsburg an gerieten die Bomberpulks in den Bereich der dort stationierten schweren Flak, die zur Verteidigung der Städte Augsburg und München in großer Dichte angelegt war. Bei Nachtangriffen irritierte vor allem auch der Scheinwerferriegel zwischen München und Augsburg, zumal er mit der Nachtjagd kombiniert wurde. Die Maschinen wurden im Lichtkegel gefangen und von der Flak beschossen bzw. von Nachtjägern angegriffen. Erst die strategischen Gebietsvorteile nach der Invasion erleichterten die Einflüge von England nach München, da die deutsche Frühwarnung erheblich eingeschränkt wurde. | |||
Die von Süditalien aus einfliegende 15. USAAF startete ihren Flugweg nördlich über die Adria, überflog die Küste zwischen Ferrara und Venedig, überquerten dann die Alpen auf verschiedenen Wegen in Richtung Tirol und Bayern. Die Flak erreichte hier nicht die Konzentration wie beim Anflug aus England, entbehrte aber ebenfalls nicht gefährlicher Schwerpunkte, wie am Brenner und im Raum Innsbruck. Die Notwendigkeit, die Alpen zu überqueren, erwies sich für die Besatzungen vor allem auf ihrem Rückflug als Hindernis. Beschädigte Maschinen erreichten oft nicht mehr die für das Überfliegen der Alpen erforderliche Höhe, um unbeschadet zu den Heimatbasen zu gelangen. | Die von Süditalien aus einfliegende 15. USAAF startete ihren Flugweg nördlich über die Adria, überflog die Küste zwischen Ferrara und Venedig, überquerten dann die Alpen auf verschiedenen Wegen in Richtung Tirol und Bayern. Die Flak erreichte hier nicht die Konzentration wie beim Anflug aus England, entbehrte aber ebenfalls nicht gefährlicher Schwerpunkte, wie am Brenner und im Raum Innsbruck. Die Notwendigkeit, die Alpen zu überqueren, erwies sich für die Besatzungen vor allem auf ihrem Rückflug als Hindernis. Beschädigte Maschinen erreichten oft nicht mehr die für das Überfliegen der Alpen erforderliche Höhe, um unbeschadet zu den Heimatbasen zu gelangen. | ||
Version vom 12. März 2010, 21:40 Uhr
Der Zweite Weltkrieg begann in Europa am 1. September 1939 mit dem deutschen Angriff auf Polen. Am 30. April 1945 marschiert die US-Armee in München ein. Der Zweite Weltkrieg endete in Europa mit der Kapitulation am 8. Mai 1945.
München hatte bei der Volkszählung im Mai 1939 ca. 840.600 Einwohner und war damit die viertgrößte Stadt im Deutschen Reich. Im Laufe des Krieges schrumpfte sie durch Todesfälle und Evakuierungen auf geschätzte 550.000. Bei Kriegsende war etwa 40% des Gebäudebestandes zerstört.
Luftkrieg
Bereits ab dem Jahre 1933 gab es in München Luftschutzübungen. Ab Kriegsbeginn bis zum Mai 1940 fanden nur Aufklärungsflüge der RAF (Royal Armee Force) statt. Bis zum Ende 1940 versuchte die RAF in Nachtangriffen erfolglos anzugreifen. Bis August 1942 erfolgte dann eine Phase ohne jegliche Angriffe, was der Stadt den Namen "Luftschutzkeller des Reiches" einbrachte. Mit der Nacht vom 18. auf den 19. September 1942 erreichten die vernichtenden Flächenbombardements mit einem Angriff von 89 Maschinen der RAF auch München. 160 Tonnen Bomben wurden abgeworfen, 143 Münchner getötet, fünf der angreifenden Maschinen wurden abgeschossen, vier kehrten beschädigt heim. München war vorrangig als Verkehrknotenpunkt für die Luftangriffe entscheidend, zudem mit Luftfahrttechnik (BMW und zahlreiche Flughäfen). In der Anfangsjahren war München insbesondere durch eine gut funktionierende Flugabwehr, die ihre Informationen bereits aus Nordfrankreich zog, die ausgebauten Abwehrstellungen vor den Städten München und Augsburg und durch die lange Flugzeit ein eher unbeliebtes Ziel. Diese Flächenbombardierungen der RAF verstärkten sich ab März 1944 durch Präzisionsangriffe der US-Luftwaffe, die von Südwesten über die Alpen auf München zuflog. Ab dem Juli 1944 kann von der totalen Luftherrschaft der alliierten Luftwaffe gesprochen werden, es kam in der Folge zu massiven Veränderungen in der Versorgungslage der Stadt. Kennzeichnend ist der wohl schwerste Angriff vom 12. Juli 1944, nachdem die Stadt noch vom Vortag brannte, bei dem 1124 Bomber rund 2400 Tonnen Bomben abwarfen, dabei starben 631 Menschen und 1711 wurden verletzt. In der Endphase des Krieges ab Ende Februar 1945 kam es nur noch zu taktischen Stör- und Tiefangriffen, noch vier Tage vor dem Eintreffen der US-Bodentruppen am 26. April erfolgte der letzte Luftangriff.
Widerstand gegen den Nationalismus
Wie in allen Teilen des Reiches war auch in München wenig Widerstand, trotzdem gab es vereinzelt kleinere Gruppen oder Einzelpersonen, die Widerstand wagten.
1. München als Angriffsziel
Für die Planungsstäbe der Alliierten war der Großraum München ein lohnendes Ziel, und dies bei weitem nicht nur wegen der symbolischen und politischen Bedeutung für die herrschenden Nationalsozialisten als Hauptstadt der Bewegung. Folgende Einrichtungen fanden Eingang in die vom Bomber Command 1942 angelegten und später auch von den US-Luftstreitkräften benutzten Bezirkszielkarte für München: Zielkategorie Codenummer Standort
Verkehr Reichsbahnausbesserungswerk GH 353 A Freimann Hauptbahnhof und Komplex des GH 606 Zentrum Verschiebebahnhofs Laim Verschiebebahnnof Ost GH 643 München-Ost
Flughäfen Oberwiesenfeld GU 3943 München-Nord Riem GU 4042 Schleißheim GU 4048 Neubiberg GU 4115
Flugzeugindustrie B.M.W. GY 4653 München-Nord Junkers GY 4662 A Allach Forschungsanstalt Prof. Junkers GL 2659 Allach I.G. Farben Agfa GL 2617 Giesing
Versorgungswerke E-Werk Thalkirchner Straße GO 1084 München-Süd Umschaltwerk GY 4662 B Karlsfeld Städtisches Gaswerk Dachauer Str. GQ 2058 München Nord
Maschinenbau Maschinen- und Zahnradfabrik C.Hurth GZ 2737 München-Ost Motorenwerke Mannheim A.G. GR 3667 München-Nord (U-Boot-Motoren) Deckel GZ 2947 Sendling Krauss-Maffei GH 530 Allach J. Rathgeber A.G. GH 394 Moosach
Chemische Industrie Metzleler Gummiwerke GS 166 München
Leichtmetallwerke Vorderstemann & Seitz GZ 2903 München Bayerisches Leichtmetallwerk GH 353 B Neufreimann Heymann & Kayser
Militärische Einrichtungen Feldherrnhalle GN 3757 Versammlungsort der NSDAP Bürgerbräukeller GN 3758 München-Ost Heereszeugamt GN 3763 Giesing
Dem Kundigen der Münchener Topographie fallen bei dieser Auflistung sicherlich einige Ungereimtheiten auf, wie das Fehlen der städtischen Kasernen, des Industrieflughafens in Oberpfaffenhofen, des Luftgaukommandos VII in der Prinzregentenstraße oder das Fehlen der für die Entwicklung von flüssigem Wasser- und Sauerstoff entscheidenden Chemiewerke Linde und EWM in Höllriegelskreuth in der Gemeinde Pullach. Das Informationsdefizit wurde jedoch bis 1944 aufgeholt, da sich diese Zielgruppen dann in den alliierten Einsatzunterlagen finden, so beim kombinierten Angriff der Amerikaner am 19. Juli gegen die Chemiewerke in Höllriegelskreuth mit dem Ziel, die Entwicklung der deutschen V-Waffe zu blockieren.
Im “Bomber’s Baedeker”, dem “Städteführer” des Bomber Command zu den deutschen Angriffszielen, waren die Informationen zu München bis auf kleinere Mängel präzise recherchiert. Dieses Zielhandbuch maß der bayerischen Hauptstadt besondere Bedeutung als Verkehrsdrehscheibe zu den Fronten bei, aber auch als Sitz wichtiger Flugindustrie mit BMW als Hersteller des standardisierten BMW-801-Flugzeugmotors für die deutsche Jagdwaffe sowie als Ort von Fliegerhorsten. Ebenfalls hervorgehoben wurde der Symbolwert der Stadt als Geburtsstätte der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) unter Adolf Hitler, was ein zusätzliches „political target“ darstellte.
In den Planstäben der US-Luftstreitkräfte rangierte München von Herbst 1944 an bis Kriegsende vor allem als hochrangiges Verkehrsziel. Über München liefen die Nord-Süd- bzw. Ost-West-Verbindungen des Schienenverkehrs im Reichsgebiet. Das bedeutete, dass der Nachschub für Italien sowie für den Balkan den Eisenbahnknotenpunkt München passieren musste. Ab Sommer 1944 wurde das Münchner Schienennetz vorwiegend von der 15. USAAF bombardiert, aber auch die 8. USAAF beteiligte sich an dessen systematischer Zerschlagung. Selbst die bis zum Schluss an ihrem Konzept von unterschiedslosen Flächenangriffen (area bombing- Direktive vom 14. Februar 1942) festhaltende RAF setzte ihre Zielmarkierungen gegen Ende 1944 in einer Weise, dass eine weitere Schädigung des Bahnhofsareals garantiert war. Die sofort nach den Angriffen begonnenen Wiederaufbaumaßnahmen am deutschen Eisenbahnnetz trieb die Angreifer zur Verzweiflung. In den gleich nach Beendigung der Kampfhandlungen erstellten USSBS-Berichten wurde gerade den Arbeiten am Verkehrsnetz in München enorme Hartnäckigkeit bescheinigt. Erstaunlich schnelle Reparaturleistung von Strecken und fieberhaftes Arbeiten in den Reichsbahnausbesserungswerken in Freimann und Neuaubing waren dafür verantwortlich, dass dieses Ziel bis zum Ende trotz katastrophaler Schäden nicht vollkommen ausgeschaltet werden konnte. Die Überkapazität im deutschen Eisenbahnnetz hatte zur Folge, dass die Angreifer ebenfalls eine Überkapazität an Zerstörungskraft investieren mussten, um den Nachschub an die Fronten zu unterbinden. Dies erzeugte wiederum hohe Verluste unter der Zivilbevölkerung durch Streueffekte auf die umliegenden Wohngebiete, da die Transportziele wie die Münchner Verschiebebahnhofe in den dicht bebauten deutschen Innenstädten lagen.
München stellte im Zweiten Weltkrieg also in dreifacher Hinsicht ein wichtiges Zielobjekt der alliierten Luftwaffen dar: • Erstens diente die Stadt seit 1942 als Flachenziel für die auf area bombing spezialisierten Gruppen des englischen Bomber Command. Angegriffen wurden dabei immer klar gekennzeichnete Areale der dicht bebauten Innenstadt, da die englischen Planer davon ausgingen dadurch eine allgemeine Reduzierung des Industriepotentials wie die Demoralisierung der deutschen Bevölkerung zu erreichen. • Zweitens wurde das Zielsystem “Deutsche Luftwaffe” von der amerikanischen 8. wie 15. USAAF ins Visier genommen. Der Sitz des BMW Werks sowie ein Kranz bedeutender Militärflughäfen fielen in diese Kategorie. Ebenfalls attackiert wurden zwei wichtige Chemiewerke im Süden Münchens, die als unabdingbare Zulieferer für die deutsche V-Waffe fungierten. • Als dritte Kategorie fungierte das Zielsystem “Verkehr”, das von Herbst 1944 bis Kriegsende in den Angriffen auf München immer mehr Gewicht erlangte, da das Münchner Schienennetz eine zentrale Nachschubfunktion für die Fronten einnahm.
Das aus der Luft auffällig strukturierte Stadtbild Münchens war bei den Crews ein gefürchtetes Ziel. Oft ging ein Raunen durch den Raum, wenn das Ziel Catfish als Angriffsziel bekannt gegeben wurde. Noch gefürchteter waren jedoch Berlin, Essen und Wien. Die sieben- bis achtstündige Flugzeit bedeutete für die Besatzungen eine Strapaze, vor allem auch weil der lange Anflugweg für die von England aus startenden Luftflotten die Gefährdung durch deutsche Flakzonen von der Nordsee- und Kanalküste bis zum Ziel beinhaltete. Um die gefährlichen Flakkonzentrationen zu umfliegen, waren Umwege nötig, was die Flugzeit zusätzlich erhöhte. Dazu kam bis Sommer 1944 die große Bedrohung durch deutsche Jäger, die bis zur alliierten Invasion von ihren Leitstellen in Nordfrankreich frühzeitig auf den Bomberstrom angesetzt wurden, sobald ihn die Radargeräte erfassten. Von Augsburg an gerieten die Bomberpulks in den Bereich der dort stationierten schweren Flak, die zur Verteidigung der Städte Augsburg und München in großer Dichte angelegt war. Bei Nachtangriffen irritierte vor allem auch der Scheinwerferriegel zwischen München und Augsburg, zumal er mit der Nachtjagd kombiniert wurde. Die Maschinen wurden im Lichtkegel gefangen und von der Flak beschossen bzw. von Nachtjägern angegriffen. Erst die strategischen Gebietsvorteile nach der Invasion erleichterten die Einflüge von England nach München, da die deutsche Frühwarnung erheblich eingeschränkt wurde. Die von Süditalien aus einfliegende 15. USAAF startete ihren Flugweg nördlich über die Adria, überflog die Küste zwischen Ferrara und Venedig, überquerten dann die Alpen auf verschiedenen Wegen in Richtung Tirol und Bayern. Die Flak erreichte hier nicht die Konzentration wie beim Anflug aus England, entbehrte aber ebenfalls nicht gefährlicher Schwerpunkte, wie am Brenner und im Raum Innsbruck. Die Notwendigkeit, die Alpen zu überqueren, erwies sich für die Besatzungen vor allem auf ihrem Rückflug als Hindernis. Beschädigte Maschinen erreichten oft nicht mehr die für das Überfliegen der Alpen erforderliche Höhe, um unbeschadet zu den Heimatbasen zu gelangen.
Weblinks
- Widerstand in München
- Irmtraud Eve Burianek: München im Luftkrieg 1942 bis 1945 (pdf)
- Zu Bunkeranlagen: www.bunkerfreunde-muenchen.de
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