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(Geschichte Münchens östlich der Isar bis zum 30. jährigen Krieg) |
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An ihre Stelle traten die mehr oder weniger willkürlich gebildeten neuen Amtsbezirke, die Grafschaften, comitiae oder comitatus. | An ihre Stelle traten die mehr oder weniger willkürlich gebildeten neuen Amtsbezirke, die Grafschaften, comitiae oder comitatus. | ||
Die Befugnisse der Grafen blieben im wesentlichen dieselben ie in der agilolfingischen oder karolingische Zeit. | Die Befugnisse der Grafen blieben im wesentlichen dieselben ie in der agilolfingischen oder karolingische Zeit. | ||
Neu aber wrude häufig die ehemals der Krone vorbehaltenen Rechte oder Regalien, wie Markt-, Zoll-, Forst-, Bergwerks- und Salinenreche, in den Kreis der dem Grafen zustehenden lehnbaren territorialen Rechte eingefügt <ref>Michael Doeberl, S. 174/175.</ref>. | Neu aber wrude häufig die ehemals der Krone vorbehaltenen Rechte oder Regalien, wie Markt-, Zoll-, Forst-, Bergwerks- und Salinenreche, in den Kreis der dem Grafen zustehenden lehnbaren territorialen Rechte eingefügt <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 174/175.</ref>. | ||
Dadurch wuchs das Ansehen und die Macht der Grafen, die noch dadurch gesteigert wrude, daß sie sich durch Heirat, Erbschaft, oder anderen Erwerb in Besitz von 2 oder mehr Grafschaften setzten und ihren Grundbesitz vergrößern konnten. | Dadurch wuchs das Ansehen und die Macht der Grafen, die noch dadurch gesteigert wrude, daß sie sich durch Heirat, Erbschaft, oder anderen Erwerb in Besitz von 2 oder mehr Grafschaften setzten und ihren Grundbesitz vergrößern konnten. | ||
Sie bauten sich nun feste Höhenburgen und, während man früher die Grafen und Herren nur mit dem Rufnahmen genannt hatte, verbanden sie nun mit diesem auch den Namen der Burg auf der sie saßen <ref>B. Hubersteiner , a.a. O., S.80.</ref>. | Sie bauten sich nun feste Höhenburgen und, während man früher die Grafen und Herren nur mit dem Rufnahmen genannt hatte, verbanden sie nun mit diesem auch den Namen der Burg auf der sie saßen <ref>B. Hubersteiner , a.a. O., S.80.</ref>. | ||
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Nach diesem überschauenden Überblick über die Geschicke dieser Grafschaft fallen unsere Blicke wieder auf Haidhausen. | Nach diesem überschauenden Überblick über die Geschicke dieser Grafschaft fallen unsere Blicke wieder auf Haidhausen. | ||
Abweichend von den oben Ausgeführten behauten nun Ritter von Lang <ref>Karl Heinrich Ritter von Lang, Baierns alte Grafschaften und Gebiete als Fortsetzung von Baiern Gauen urkundlich und geschichtlich nachgfewiesen, Nürnbert 1831, S. 25.</ref> und scheinbar auf ihm fußend Bavaria <ref>"Bavaria". Landes- und Volkskunst des Königreichs Bayern, bearbeitet von einem Kreise bayerischer Gelehrter, erster Band, 1. Abt., München 1860, S. 630.</ref>, daß bei der Belehung Ottos von Wittelsbach mit dem Herzogtum Bayern im Jahre 1180 das Gebiet von der Isar bis zur Grenze der alten Grafschaft Ebersberg und von Grünwald bis Ismaning an das Haus Wittelsbach gekommen wäre, das damit eine vorteilhafte Verbindung zwischen seinen Grafschaften Wartenberg und Ebersberg einerseits und Wittelsbach und Dachau andererseits erhalten hätte. Zum Kastenamt Krichheim (dem späteren Hofkastenamt) erhoben, hätte es die Ortschaften Grünwald, Haching, Perlach, Harlaching, Trudering, Giesing, Berg am Laim, Riem, Haidhausen, Bogenhausen, Feldkirchen und Kirchheim eingeschlossen. Reitter von Lang stellt sogar die Behauptung auf, daß diese Gebiet seit alten Zeiten herzoglies Soner- oder Kammergut gewesen wäre. | Abweichend von den oben Ausgeführten behauten nun Ritter von Lang <ref>Karl Heinrich Ritter von Lang, Baierns alte Grafschaften und Gebiete als Fortsetzung von Baiern Gauen urkundlich und geschichtlich nachgfewiesen, Nürnbert 1831, S. 25.</ref> und scheinbar auf ihm fußend Bavaria <ref>"Bavaria". Landes- und Volkskunst des Königreichs Bayern, bearbeitet von einem Kreise bayerischer Gelehrter, erster Band, 1. Abt., München 1860, S. 630.</ref>, daß bei der Belehung Ottos von Wittelsbach mit dem Herzogtum Bayern im Jahre 1180 das Gebiet von der Isar bis zur Grenze der alten Grafschaft Ebersberg und von Grünwald bis Ismaning an das Haus Wittelsbach gekommen wäre, das damit eine vorteilhafte Verbindung zwischen seinen Grafschaften Wartenberg und Ebersberg einerseits und Wittelsbach und Dachau andererseits erhalten hätte. Zum Kastenamt Krichheim (dem späteren Hofkastenamt) erhoben, hätte es die Ortschaften Grünwald, Haching, Perlach, Harlaching, Trudering, Giesing, Berg am Laim, Riem, Haidhausen, Bogenhausen, Feldkirchen und Kirchheim eingeschlossen. Reitter von Lang stellt sogar die Behauptung auf, daß diese Gebiet seit alten Zeiten herzoglies Soner- oder Kammergut gewesen wäre. | ||
Diese Behauptungen stehen jedoch in klarem Widerspruch zu den Angaben im Urbarium dcatus Baiuwariae antiquissimum ex anno 1240 c, dr ältesten Aufzeichnung des herzoglichen Besitzstandes <ref>Monumenta boica, Band XXXVIa, München 1852, S. 31.- Die dort angegenbene Entstehungszeit 1240 wird angezweifelt. Doeberl | Diese Behauptungen stehen jedoch in klarem Widerspruch zu den Angaben im Urbarium dcatus Baiuwariae antiquissimum ex anno 1240 c, dr ältesten Aufzeichnung des herzoglichen Besitzstandes <ref>Monumenta boica, Band XXXVIa, München 1852, S. 31.- Die dort angegenbene Entstehungszeit 1240 wird angezweifelt. [[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 260) gibt nach Baumann (in Archival. Zeitschr. N.F. X, 35 f) das Jahr 1224 an; das wäre also noch während der Regierungszeit Herzog Ludwigs I. gewesen. Ihm widerspricht Hans Dachs in seiner Abhandlung "Zur Datierung des sog. Ältesten bayerischen Herzogsurbars" (ZBLG 14. Baqnd (1943/44) S. 413ff). Er gibt auf Grund von Urkundenbeweisen seiner Überzeugung Ausdruck, daß die Kodifizierung der Herzogl. Urbargüter erst in den ersten Regierungsjahren Herzog Ottos II. zw. 1231 u 1237 oder 1233 u. 1237 erfolgt sein kann.</ref>. Danach werden im Schergamt Krichheim des Offiziums Landshut in dem Dorfe Kirchheim als herzogliche Güter lediglich 2 Hufen und 2 Höfe und in Englschalking 1 Hof, 1 Hirtenlehen und eine Vogtei aufgeführt. Die oben aufgezählten Orte werden aber als herzogliches Kammergut nicht erwähnt. | ||
Erst im Urarium Ducatus Baiuwariae Posterius ex anno 1280 c. <ref>Mon. boica a.a.O., S. 282 nach Doberl, a.a.O., S. 260: v. Jahr 1270.</ref> finden wir in den Orten Kirchheim, Berg, Föhring, Haidhausen, Brunntal und Sendling herzogliche Güter mit ihren Leistungen genannt. | Erst im Urarium Ducatus Baiuwariae Posterius ex anno 1280 c. <ref>Mon. boica a.a.O., S. 282 nach Doberl, a.a.O., S. 260: v. Jahr 1270.</ref> finden wir in den Orten Kirchheim, Berg, Föhring, Haidhausen, Brunntal und Sendling herzogliche Güter mit ihren Leistungen genannt. | ||
In Haidhausen besaßen die Herzöge einen Hof, der folgende Lasten zu tragen hatte: 2 Schäffel Weizen, 5 Schäffel Korn, 6 Schäffel Haber, 1 Schwein im Werte von 48 Pfennig, 2 Gänse, 4 Hühner und 100 Eier<ref>Mon. boica, a.a.O., S 283: Heithausen curia tritici II modios, siligiginis V, avene VI, porcum ualentem XLVIII, denarios, anseres II, pullos IV, oua C. Interessant ist die dort angefügte Bemerkung: den hof hat Herzog Wilhelm (III. 1397/1435) abgewechselt den Pientzenawaern vmb den Zollhof ze Hägenberg.</ref>. | In Haidhausen besaßen die Herzöge einen Hof, der folgende Lasten zu tragen hatte: 2 Schäffel Weizen, 5 Schäffel Korn, 6 Schäffel Haber, 1 Schwein im Werte von 48 Pfennig, 2 Gänse, 4 Hühner und 100 Eier<ref>Mon. boica, a.a.O., S 283: Heithausen curia tritici II modios, siligiginis V, avene VI, porcum ualentem XLVIII, denarios, anseres II, pullos IV, oua C. Interessant ist die dort angefügte Bemerkung: den hof hat Herzog Wilhelm (III. 1397/1435) abgewechselt den Pientzenawaern vmb den Zollhof ze Hägenberg.</ref>. | ||
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Auf ihn ging auch der Blutbann des früheren Grafen über, d.h. er urteilte nicht nur nach der sog. Niedergerichtsbarkeit über geringe Vergehen, sondern in Vertretung des Herzogs auch bei den drei todeswürdigen Verbrechen Mord, Notzucht und Diebstahl mit Straßenraub. | Auf ihn ging auch der Blutbann des früheren Grafen über, d.h. er urteilte nicht nur nach der sog. Niedergerichtsbarkeit über geringe Vergehen, sondern in Vertretung des Herzogs auch bei den drei todeswürdigen Verbrechen Mord, Notzucht und Diebstahl mit Straßenraub. | ||
Mit dem späten 13. Jahrhundert trat fast überall, wahrscheinlich auch in Wolfratshausen, der Pfleger ihm an die Seite. | Mit dem späten 13. Jahrhundert trat fast überall, wahrscheinlich auch in Wolfratshausen, der Pfleger ihm an die Seite. | ||
Dieser mußte dier Herzogsburg im Stand halten und dem Richter die Verwaltungsgeschäfte abnehmen, so daß dem Richter nur mehr die richterliche Aufgabe verblieb. In der Folgezeit Vorsteher und die Landrichter der 2. Beamte <ref>Seb. Hiereth, a.a.O., S. 13 u. Doeberl, | Dieser mußte dier Herzogsburg im Stand halten und dem Richter die Verwaltungsgeschäfte abnehmen, so daß dem Richter nur mehr die richterliche Aufgabe verblieb. In der Folgezeit Vorsteher und die Landrichter der 2. Beamte <ref>Seb. Hiereth, a.a.O., S. 13 u. [[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 486.</ref>. Im 14. und 15. Jahrhundert trat für die Beizeichnung "Amt" der Name "Pflegamt" oder "Landgericht" <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 260 u. 4386.</ref>. | ||
Under dem Landrichter standen die Schergen oder Amtsleute. Sie mußten die Untertanen vor Gericht laden und die Zeugen aufrufen, zum Scharwerk aufbieten und die Abgaben einsammeln, die Durchführung der Polizeiordnung überwachen und bei Ordnungswidrigkeiten einschreiten<ref>B. Hubensteiner, a.a.O., S.104</ref>. | Under dem Landrichter standen die Schergen oder Amtsleute. Sie mußten die Untertanen vor Gericht laden und die Zeugen aufrufen, zum Scharwerk aufbieten und die Abgaben einsammeln, die Durchführung der Polizeiordnung überwachen und bei Ordnungswidrigkeiten einschreiten<ref>B. Hubensteiner, a.a.O., S.104</ref>. | ||
==Vier Schergämter des Landgericht Wolfratshausen== | ==Vier Schergämter des Landgericht Wolfratshausen== | ||
Das Landgericht Wolfratshausen war 1538 in vier Schergämter eingeteilt, die ihren Sitz in Warngau, Wolfratshausen, Thanning und [[Perlach]] hatten <ref>AStA: GL Wolfratshausen Nr. 1: "Granz- Güter- und Volksbeschreibungen des Churpfalzbaierisschen Landgerichts Wolfratshausen", 1. Band, fol 2 ff.</ref>. Hier fanden die Schrannen statt, zu denen der Richter mit seinem Gerichtsschreiber wie früher der Graf herumreiste, um Gericht zu halten <ref> | Das Landgericht Wolfratshausen war 1538 in vier Schergämter eingeteilt, die ihren Sitz in Warngau, Wolfratshausen, Thanning und [[Perlach]] hatten <ref>AStA: GL Wolfratshausen Nr. 1: "Granz- Güter- und Volksbeschreibungen des Churpfalzbaierisschen Landgerichts Wolfratshausen", 1. Band, fol 2 ff.</ref>. Hier fanden die Schrannen statt, zu denen der Richter mit seinem Gerichtsschreiber wie früher der Graf herumreiste, um Gericht zu halten <ref>[[Michael Doeberl]], Entwicklungsgeschichte Bayerns, I. Band, 3. Auflage, München 1916, S. 496. Ursprünglich fand das Gericht unter freiem Himmel statt. Der Gerichtsplatz war damals durch Geländer (Schranken, Schrannen) abgeschlossen. Schranne bedeutete also einen von einem Geländer umschlossenen Gerichtsraum, später das Gericht selbst.</ref>. | ||
Haidhausen gehörte zum Amt Perlach. Dieses war wieder in Hauptmannschaften eingeteilt, an deren Spitze ein "Hauptmann", oder wie er später hieß ein "Obmann" stand, der aus der Bevölkerung gewählt wurde. Die Hauptmannschaften dienten als kleinste Verwaltungseinheiten militärischen, steuerlichen und Scharwerkszwecken. Die Haupt- und Obleute hatten in polizeilichen Dingen eine Aufsichts- und Anzeigepflicht dem Schergen gegenüber, sie selbst übten aber keine Polizeigewalt aus <ref>Seb. Hiereth, a.a.O., S. 17</ref>. | Haidhausen gehörte zum Amt Perlach. Dieses war wieder in Hauptmannschaften eingeteilt, an deren Spitze ein "Hauptmann", oder wie er später hieß ein "Obmann" stand, der aus der Bevölkerung gewählt wurde. Die Hauptmannschaften dienten als kleinste Verwaltungseinheiten militärischen, steuerlichen und Scharwerkszwecken. Die Haupt- und Obleute hatten in polizeilichen Dingen eine Aufsichts- und Anzeigepflicht dem Schergen gegenüber, sie selbst übten aber keine Polizeigewalt aus <ref>Seb. Hiereth, a.a.O., S. 17</ref>. | ||
1538 bildete Haidhausen mit Obergiesing, Au und Untergiesing, Putzbrunn, Höhenkirchen und Bogenhausen die Hauptmannschaft [[Obergiesing]]<ref>ASta: GL. Wolfratshausen Nr. 1, fol. 148 ff.</ref>. | 1538 bildete Haidhausen mit Obergiesing, Au und Untergiesing, Putzbrunn, Höhenkirchen und Bogenhausen die Hauptmannschaft [[Obergiesing]]<ref>ASta: GL. Wolfratshausen Nr. 1, fol. 148 ff.</ref>. |
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