Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland

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Die Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland war eine Organisation, die 1933 von Philipp Schwartz ins Leben gerufen wurde und im nationalsozialistischen Deutschland verfolgten Wissenschaftlern neue Arbeitsplätze im Ausland vermittelte.

Philipp Schwartz, Professor für Anatomie und Pathologie, war seit 1927 außerordentlicher Professor an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums am 7. April 1933 wurde er als Professor jüdischen Glaubens fristlos entlassen und zog mit seiner Familie nach Zürich. Schwartz erkannte, dass die Lage für viele Wissenschaftler im Deutschen Reich kritisch war und gründete noch im gleichen Monat unter Mitwirkung weiterer Hochschullehrer, wie dem späteren Nobelpreisträger Max Born, eine „Beratungsstelle für deutsche Wissenschaftler“, nach Vorbild der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft.[1] Diese verstand sich als eine Art Selbsthilfeorganisation „ohne Rücksicht auf Rasse oder Konfession“ und erfuhr in den nächsten Wochen einen Zustrom von mehr als tausend Universitätsmitarbeitern aus dem gesamten Deutschen Reich.[1]

Erklärtes Ziel war von Beginn an nicht die finanzielle Unterstützung, im Sinne eines Solidaritätsfonds, sondern die Vermittlung von Arbeitsplätzen für die Stellensuchenden.[1] Erster Vorsitzender wurde Ph. Schwartz selbst, der jedoch bereits nach fünf Monaten selbst an die Universität Istanbul vermittelt wurde.[2] Seine Nachfolge übernahm Fritz Demuth, Jurist von der Handelshochschule Berlin.[2]

Insbesondere in den Anfangsmonaten hatte die Notgemeinschaft eine Reihe von administrativen Problemen zu bewältigen. Deutsche Diplome wurden im Ausland teilweise nicht oder nicht mehr anerkannt und Arbeits- und Niederlassungsverbote hinderten die Wissenschaftler an der Aufnahme neuer Tätigkeiten im Ausland.[3] Erster Schritt zur Organisation der Notgemeinschaft war die Bildung eines Rats deutscher Professoren im Ausland, der die Notgemeinschaft über vakante Stellen an Universitäten in der ganzen Welt informierte. Bekannte Mitglieder dieses Rates waren neben Schwartz und Born unter anderem: Fritz Haber (Cambridge), Ernst Cassirer (Oxford), Leopold Lichtwitz (New York), James Franck (Kopenhagen), Peter Pringsheim (Brüssel), Hans Kelsen (Genf), Richard von Mises (Istanbul), Bernhard Zondek (Stockholm), Hermann Weyl (Princeton).[3] 1936 waren 1500 Wissenschaftler in den Karteien der Gemeinschaft erfasst, von denen alle im Laufe der Jahre eine Anstellung fanden.[4] Festzuhalten bleibt jedoch, dass ein guter Teil derer nicht in akademische Arbeitsverhältnisse zurückkehrten, sondern beispielsweise Professoren der Medizin wieder als Ärzte oder Professoren der Rechtswissenschaft als Anwälte arbeiteten.[5] 1941 benannte sich die Gemeinschaft in „Association of Immigrant Scholars“ um, ehe sie 1946 nach Kriegsende aufgelöst wurde.[6] Keine deutsche Universität hat nach dem Krieg Ph. Schwartz in vielen Jahrzehnten für sein Engagement für die verfolgten Hochschullehrer gedankt.

Literatur

  • Johannes Feichtinger: Wissenschaft zwischen den Kulturen. Österreichische Hochschullehrer in der Emigration 1933–1945. Campus-Verlag, Frankfurt 2001, ISBN 3-593-36584-7
  • Ernst C. Stiefel, Frank Mecklenburg: Deutsche Juristen im amerikanischen Exil (1933–1950). Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 1991, ISBN 3-16-145688-2

Siehe auch

Weblinks


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Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Feichtinger: Wissenschaft zwischen den Kulturen., S. 71
  2. 2,0 2,1 Stiefel, Mecklenburg: Deutsche Juristen im amerikanischen Exil., S. 34
  3. 3,0 3,1 Feichtinger: Wissenschaft zwischen den Kulturen., S. 72
  4. Stiefel, Mecklenburg: Deutsche Juristen im amerikanischen Exil., S. 35
  5. Stiefel, Mecklenburg: Deutsche Juristen im amerikanischen Exil., S. 35f.
  6. Stiefel, Mecklenburg: Deutsche Juristen im amerikanischen Exil., S. 37.