Thomas Wimmer: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:Wimmer-gedenktafel.jpg|thumb|Gedenktafel an Thomas Wimmer]]
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[[Bild:Wimmerwohnhaus.jpg|thumb|Seine langjährige Wohnstatt in der Bruggspergerstraße]]
[[Bild:Wimmerwohnhaus.jpg|thumb|Seine langjährige Wohnstatt in der [[Bruggspergerstraße]]]]
'''Thomas Wimmer''' (* 7. Januar [[1887]] in Siglfing; † 18. Januar [[1964]] in [[München]]) war ein bayerischer Politiker in der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] und von [[1948]] bis [[1960]] [[Oberbürgermeister]] Münchens.
'''Thomas Wimmer''' (* 7. Januar [[1887]] in Siglfing; † 18. Januar [[1964]] in [[München]]) war ein bayerischer Politiker in der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] und von [[1948]] bis [[1960]] [[Oberbürgermeister]] Münchens.


==Biografie==
==Biografie==
=== Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ===
=== Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ===
Thomas Wimmer wurde als Sohn eines Feuerschmieds und einer Dienstmagd am 7. Januar 1887 in Siglfing, einem heutigen Stadtteil des oberbayerischen [[Erding]], in ärmliche, kleinbürgerliche Verhältnisse hineingeboren. Er erlernte das Schreinerhandwerk, da ihm sein Vater die gewünschte teurere Holzbildhauerlehre nicht finanzieren konnte. Nach einer Gesellenwanderschaft, die ihn durch Deutschland, die Schweiz und Italien führte, ließ er sich 1904 in München nieder, um dort in einer Möbelfabrik zu arbeiten. 1907 trat er der 1893 in Kassel gegründeten Gewerkschaft „Deutscher Holzarbeiter-Verband“ (DHV) bei, für die er 1912 zum Bezirksdelegierten gewählt wurde. 1909 wurde Wimmer SPD-Mitglied und nahm in den folgenden Jahren an Fortbildungskursen des Arbeiterbildungsvereins "Vorwärts" teil. Außerdem engagierte er sich als Laienspieler im Dramatischen Verein [[Thalkirchen]]. 1914 wurde er zum Kriegsdienst nach Metz (bayer. 8. Infanterieregiment) eingezogen und 1916 als Rüstungsarbeiter in die Heimat entlassen. Von 1919 bis zu seiner Kündigung durch die Nationalsozialisten war er Assistent beim Münchner [[Arbeitsamt]]. Am 8. November 1918 wurde Thomas Wimmer zum Vorsitzenden des [[Arbeiter- und Soldatenrat|Arbeiter- und Soldatenrates]] in München gewählt. Seit dem 31. Juli [[1919]] kürten ihn die Münchner Sozialdemokraten Jahr für Jahr zu ihrem ersten Vorsitzenden.
Thomas Wimmer wurde als Sohn eines Feuerschmieds und einer Dienstmagd am 7. Januar 1887 in Siglfing, einem heutigen Stadtteil des oberbayerischen [[Erding]], in ärmliche, kleinbürgerliche Verhältnisse hineingeboren. Er erlernte das Schreinerhandwerk, da ihm sein Vater die gewünschte teurere Holzbildhauerlehre nicht finanzieren konnte. Nach einer Gesellenwanderschaft, die ihn durch Deutschland, die Schweiz und Italien führte, ließ er sich 1904 in München nieder, um dort in einer Möbelfabrik zu arbeiten. 1907 trat er der 1893 in Kassel gegründeten [[Gewerkschaft]] „Deutscher Holzarbeiter-Verband“ (DHV) bei, für die er 1912 zum Bezirksdelegierten gewählt wurde. 1909 wurde Wimmer SPD-Mitglied und nahm in den folgenden Jahren an Fortbildungskursen des Arbeiterbildungsvereins "Vorwärts" teil. Außerdem engagierte er sich als Laienspieler im Dramatischen Verein [[Thalkirchen]]. 1914 wurde er zum [[Erster Weltkrieg|Kriegsdienst]] nach Metz (bayer. 8. Infanterieregiment) eingezogen und 1916 als Rüstungsarbeiter in die Heimat entlassen. Von 1919 bis zu seiner Kündigung durch die [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] war er Assistent beim Münchner [[Arbeitsamt]]. Am 8. November 1918 wurde Thomas Wimmer zum Vorsitzenden des [[Arbeiter- und Soldatenrat|Arbeiter- und Soldatenrates]] in München gewählt. Seit dem 31. Juli [[1919]] wählten ihn die Münchner Sozialdemokraten Jahr für Jahr zu ihrem ersten Vorsitzenden.


Von 1924 bis 1933 war Wimmer ehrenamtlicher [[Stadtrat]] und widmete sich vor allem Personal- und Wohnungsfragen sowie den Gemeindefinanzen. Nur einen Tag nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in München wurde er am 10. März 1933 in "Schutzhaft" genommen und zunächst in [[Justizvollzugsanstalt Stadelheim|Stadelheim]], danach in Landsberg am Lech inhaftiert. Später geriet er wiederholt in Gestapogewahrsam. Nach seiner Entlassung als Beamter arbeitete er zunächst bis 1938 in einer Baufirma, dann ab 1941 nach längerer Arbeitslosigkeit als Schreiner. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Thomas Wimmer erneut verhaftet und kam für sechs Wochen ins [[KZ Dachau|Konzentrationslager Dachau]]. Dort traf er auch seinen früheren politischen Gegner [[Karl Scharnagl]] ([[Bayerische Volkspartei|BVP]]) als Gefangenen wieder.
Von 1924 bis 1933 war Wimmer ehrenamtlicher [[Stadtrat]] und widmete sich vor allem Personal- und Wohnungsfragen sowie den Gemeindefinanzen. Nur einen Tag nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in München wurde er am 10. März 1933 in "Schutzhaft" genommen und zunächst in [[Justizvollzugsanstalt Stadelheim|Stadelheim]], danach in [[Landsberg am Lech]] inhaftiert. Später wurde er wiederholt in Gestapohaft genommen. Nach seiner Entlassung als Beamter arbeitete er zunächst bis 1938 in einer Baufirma, dann ab 1941 nach längerer Arbeitslosigkeit als Schreiner. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Thomas Wimmer erneut verhaftet und kam für sechs Wochen ins [[KZ Dachau|Konzentrationslager Dachau]]. Dort traf er auch seinen früheren politischen Gegner [[Karl Scharnagl]] ([[Bayerische Volkspartei|BVP]]) als Gefangenen wieder.


=== Von 1945 bis 1964 ===
=== Von 1945 bis 1964 ===
Die amerikanische [[Militärregierung]] bestimmte Karl Scharnagl, der kurz darauf die [[CSU]] mitgründete, am 4. Mai 1945 zum Oberbürgermeister von München. Dieser ernannte Wimmer im August 1945 zum dritten [[Bürgermeister]] und im Dezember 1945 zum zweiten Bürgermeister. [[1946]] war er außerdem Mitglied der die Verfassung gebenden ''Landesversammlung.''
Die amerikanische [[Militärregierung]] bestimmte Karl Scharnagl, der kurz darauf die [[CSU]] mitgründete, am 4. Mai 1945 zum Oberbürgermeister von München. Dieser ernannte Wimmer im August 1945 zum dritten [[Bürgermeister]] und im Dezember 1945 zum zweiten Bürgermeister. [[1946]] war er außerdem Mitglied der die Verfassung gebenden ''Landesversammlung''.


Nach der Stadtratswahl vom 30. Mai 1948, aus der die SPD als stärkste Fraktion hervorging, wurde Wimmer am 1. Juli 1948 [[Oberbürgermeister]]. Außerdem war er bereits von 1946 bis 1950 [[MdL|Mitglied des Bayerischen Landtags]] für die SPD. Mit seinem Namen verbindet sich die ''„Holzaktion“'' zur Sicherstellung der Brennstoffversorgung in den bitteren Nachkriegswintern ebenso wie der Aufruf zur allgemeinen Trümmerbeseitigung ''„[[Rama dama]]“''. Er wurde zur treibenden Kraft und zur Symbolfigur des Wiederaufbaus in München. Als besonders weitsichtig erwies sich sein Widerstand gegen Pläne, wie in anderen Großstädten eine Verkehrsschneise für eine mehrspurige Autobahn mitten durch das Herz der Stadt zu schlagen: ''„Wenn's gar nicht mehr durchkommen, dann bleiben's einfach stehen mit ihren Stinkkarren und dann werden's auch vernünftig!“'', sagte er seinem Rechtsreferenten [[Hans-Jochen Vogel]] nach einer verkehrspolitischen Beratungsrunde im Rathaus. ([[Christian Ude]] in Münchner Wochenblatt: ''Hier schreibt der OB'', 8. Juli 1998)</ref>.
Nach der Stadtratswahl vom 30. Mai 1948, aus der die SPD als stärkste Fraktion hervorging, wurde Wimmer am 1. Juli 1948 [[Oberbürgermeister]]. Außerdem war er bereits von 1946 bis 1950 [[MdL|Mitglied des Bayerischen Landtags]] für die SPD. Mit seinem Namen verbindet sich die ''„Holzaktion“'' zur Sicherstellung der Brennstoffversorgung in den bitteren Nachkriegswintern ebenso wie der Aufruf zur allgemeinen Trümmerbeseitigung ''„[[Rama dama]]“''. Er wurde zur treibenden Kraft und zur Symbolfigur des Wiederaufbaus in München. Als besonders weitsichtig erwies sich sein Widerstand gegen Pläne, wie in anderen Großstädten eine Verkehrsschneise für eine mehrspurige Autobahn mitten durch das Herz der Stadt zu schlagen: ''„Wenn's gar nicht mehr durchkommen, dann bleiben's einfach stehen mit ihren Stinkkarren und dann werden's auch vernünftig!“'', sagte er seinem Rechtsreferenten [[Hans-Jochen Vogel]] nach einer verkehrspolitischen Beratungsrunde im Rathaus. ([[Christian Ude]] in Münchner Wochenblatt: ''Hier schreibt der OB'', 8. Juli 1998).


1950 fand in München das zweite [[Oktoberfest]] nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Es war ein Meilenstein in der Oktoberfestgeschichte, denn zum ersten Mal eröffnete der volkstümliche Oberbürgermeister Thomas Wimmer am 16. September 1950 mit dem Anzapfen des ersten Fasses im [[Festzelte auf dem Oktoberfest#Schottenhamel|Schottenhamel-Zelt]] (''„Ozapft is!“'') auch offiziell ''die Wiesn''. 1952 wurde Wimmer bei der neu eingeführten Direktwahl von der Stadtbevölkerung mit 60,9 Prozent und 1956 mit 58,3 Prozent erneut zum Oberbürgermeister bestimmt. Er bekleidete dieses Amt bis 1960.  
1950 fand in München das zweite [[Oktoberfest]] nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] statt. Es war ein Meilenstein in der Oktoberfestgeschichte, denn zum ersten Mal eröffnete der volkstümliche Oberbürgermeister Thomas Wimmer am 16. September 1950 mit dem Anzapfen des ersten Fasses im [[Oktoberfest#Schottenhamel|Schottenhamel-Zelt]] (''„Ozapft is!“'') auch offiziell ''die Wiesn''. 1952 wurde Wimmer bei der neu eingeführten Direktwahl von der Stadtbevölkerung mit 60,9 Prozent und 1956 mit 58,3 Prozent erneut zum Oberbürgermeister bestimmt. Er bekleidete dieses Amt bis 1960.  


Thomas Wimmer, den die Münchner auch gerne liebevoll ''Wimmer Dammerl'' nannten, starb am 18. Januar 1964 an einem Herzleiden, tiefbetrauert von den Bürgern der Stadt. Als er im Ehrensaal des Rathauses aufgebahrt wurde, nahmen Zehntausende von ihm persönlich Abschied.
Thomas Wimmer, den die Münchner auch gerne liebevoll ''Wimmer Dammerl'' nannten, starb am 18. Januar 1964 an einem Herzleiden, tiefbetrauert von den Bürgern der Stadt. Als er im Ehrensaal des [[Neues Rathaus|Rathauses]] aufgebahrt wurde, nahmen Zehntausende von ihm persönlich Abschied.


Ausgerechnet nach dem Kritiker des automobilen Individualverkehrs wurde in [[Erding]] die - wenigstens außerhalb der Altstadt befindliche - Thomas-Wimmer-Straße benannt. Und dass er zum Namenspatron eines Teilstücks im verkehrsreichen Münchner [[Thomas-Wimmer-Ring|Altstadtring]] gemacht wurde, entbehrt nicht der unfreiwilligen Komik.
Ausgerechnet nach dem Kritiker des automobilen Individualverkehrs wurde in [[Erding]] die - wenigstens außerhalb der Altstadt befindliche - Thomas-Wimmer-Straße benannt. Und dass er zum Namenspatron eines Teilstücks im verkehrsreichen Münchner [[Thomas-Wimmer-Ring|Altstadtring]] gemacht wurde, entbehrt nicht der unfreiwilligen Komik.
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*[http://www.muenchen.de/Rathaus/dir/stadtspitze/buergermeister/100576/wimmer.html Biographie von Thomas Wimmer auf der Homepage der Landeshauptstadt München (Direktorium)]
*[http://www.muenchen.de/Rathaus/dir/stadtspitze/buergermeister/100576/wimmer.html Biographie von Thomas Wimmer auf der Homepage der Landeshauptstadt München (Direktorium)]
*[http://www.effner.de/haeftlinge/wimmer.htm Dachauer Häftlinge Im Nachkriegseuropa: Thomas Wimmer] (Ausstellung „Gesichter der Lagerstraße“ im Josef-Effner-Gymnasium, Dachau, Oktober 2002)
*[http://www.effner.de/haeftlinge/wimmer.htm Dachauer Häftlinge Im Nachkriegseuropa: Thomas Wimmer] (Ausstellung „Gesichter der Lagerstraße“ im Josef-Effner-Gymnasium, Dachau, Oktober 2002)


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