Hildebrandhaus

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Historische Aufnahme von 1903, Otto Aufleger und Mitarbeiter, publiziert vom Architekturverlag Ludwig Werner

Das Hildebrandhaus in der Maria-Theresia-Straße 23 in Bogenhausen wurde von 1895 — 1898 auf Initiative von Adolf von Hildebrand unter der Leitung von Gabriel von Seidl als bürgerliche Wohnvilla errichtet. Die Fassaden sind in ländlich-barockisierendem Stil in der Art der süddeutschen Schlossbautradition gehalten.

Der L-förmige Grundriss des Wohntraktes ist durch einen an der Innenecke erbauten Treppenhausturm besonders betont. Dem zur Süd- und Westseite des Grundstücks hin gelegenen Wohntrakt mit Terrasse, Brunnen und Garten waren auf der Nord- und Ostseite mehrere große Ateliers angegliedert.

Anfang 1898 zog Hildebrand mit seiner Frau Irene und den sechs Kindern, fünf Töchtern und einem Sohn ein. Sein Sohn Dietrich musste als entschiedener Gegner und langjähriger Kritiker der Nationalsozialisten nach Hitlers Machtergreifung Deutschland verlassen und emigrierte 1933 nach Amerika. Die Familie verkaufte das Haus an Elisabeth Braun. Von 1937 bis 1941 gewährte sie in ihrem Haus fünfzehn verfolgten MitbürgerInnen ein Obdach.

In dem Haus wohnten auch Charlotte Carney, eine Lehrerin, die seit 1933 Berufsverbot hatte, weil sie aus einer jüdischen Familie stammte. Sie war wie Braun Christin. Helene Sulzbacher, die Opernsängerin Käthe Singer, der pensionierte Lehrer Heinemann Edelstein und Frau Jeanette, die Gesangslehrerin Valerie Theumann, die Modistin Lilly Rosenthal, der Textilkaufmann Victor Behrend, Franziska und Simon Schmikler sowie deren Tochter Maria, Getti Neumann, Albert und Sophie Marx und Klara Rosenfeld. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden alle 1941 zu ermordeten Opfern der Nazi-Verbrecher.


1939 erhielt Elisabeth Braun erstmals von der "Arisierungsstelle" die Aufforderung, ihr Haus zu verkaufen, wogegen sie sich bis zuletzt wehrte. Die Christin Elisabeth Braun wurde nach dem 15. November 1941 von der Gestapo und SS zusammen mit Tausenden anderer jüdischen Glaubens nach Kaunas (Litauen) in einem Zug abtransportiert und dort barbarisch ermordet. In ihrem Testament bestimmte Elisabeth Braun noch die Evangelisch-Lutherische Landeskirche zur Alleinerbin. Diese verkaufte das Anwesen an einen Bauunternehmer. Bis 1969 zogen die letzten Mieter aus, und das Haus verfiel rapide. 1969 wurde vom Eigentümer eine Abrissgenehmigung für das nun stark sanierungsbedürftige Haus beantragt, um in Wirklichkeit ein Bürogebäude zu errichten. Der Stadtrat stimmte dagegen.

Das Haus ging dann noch durch weitere Hände, die erneut Abrissgenehmigungen beantragten. Weil es damals noch kein Bayerisches Denkmalschutzgesetz gab, wurde die Stadt München im Jahr 1970 durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zur Erteilung der Abbruchgenehmigung verurteilt. Erst in allerletzter Minute gelang es der Stadt München, durch eine Vollstreckungsgegenklage den Abriss zu verhindern.

Am 1.10.1973 wurde das Hildebrandhaus unter Denkmalschutz gestellt, im Oktober 1974 erwarb die Stadt München das Haus. Die originalgetreue Restaurierung war 1977 abgeschlossen. Heute hat die Sammlung Monacensia ihren Sitz im Hildebrandhaus.

Um die Zukunftsfähigkeit der Monacensia zu sichern, hat der Stadtrat im Jahr 2011 eine gründliche Sanierung des Hildebrandhauses beschlossen. Die Renovierungsarbeiten begannen im Sommer 2013, die Wiedereröffnung erfolgte 2016.

Literatur und Quellen

  • D Sattler: Adolf von Hildebrand und die Architektur. Buchner, München 1932 (70 Seiten DIN-A 4+)
  • F. Sattler: Adolf von Hildebrand und seine Welt - Briefe und Erinnerungen. Callwey, München 1962. (802 Seiten)
  • S. Burmeister & C. Hoh-Slodczyk: Das Hildebrandhaus in München - Sein Erbauer - Seine Bewohner. Hugendubel, München 1981 (134 Seiten)
  • C. Hoh-Slodczyk: Das Haus des Künstlers im 19. Jahrhundert. Prestel, München 1985 (S.121-128)
  • E. Rebel & W. Kehr: Zwischen Welten Adolf von Hildebrand (1847 bis 1921) - Person, Haus und Wirkung. A1 Verlag, München 1998 (144 Seiten)
  • C. Kuller & M. Schreiber: Das Hildebrandhaus – Eine Münchner Künstlervilla und ihre Bewohner in der Zeit des Nationalsozialismus. Allitera Verlag, München 2006 (183 Seiten)

Siehe auch

Weblinks