Entartete Kunst

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Die Nazis diffamierten mit dem Begriff Entartete Kunst reichsweit KünstlerInnen und deren Werke, die nicht in ihre Vorstellung von heimatnaher Kunstproduktion passten. Die NS-Ausstellung "Entartete Kunst" wurde am 19. Juli 1937 im Archäologischen Institut in den Hofgartenarkaden in München von Joseph Goebbels und von Adolf Ziegler (1892-1959), dem Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste, eröffnet. Dort wurden 650 konfiszierte Kunstwerke aus 32 deutschen Museen als minderwertig und undeutsch diskriminiert. Viele Werke stammten von deutschen Künstlern, deren Konfessionszugehörigtkeit quasi als Nicht-Zugehörigkeit zu Deutschland als jüdisch gekennzeichnet war. So musste Franz Marcs "Turm der blauen Pferde" aus der Ausstellung entfernt werden, nachdem der Deutsche Offiziersbund bei der Reichskammer der bildenden Künste dagegen protestierte, dass Bilder eines verdienten Soldaten, der im Ersten Weltkrieg bei Verdun gefallen war, in der Ausstellung als undeutsch gezeigt würden.

Diese Ausstellung, eigentlich besser eine als Denunziation zu bezeichnende Propagandeschau, "wanderte" bis April 1941 in zwölf weitere Städte. Über 3 Millionen Besuchern wurde gezeigt, was nun so minderwertig ist, dass es zerstört gehört. Denn gleichzeitig zur Ausstellung setzte die Beschlagnahmung von ca. 16.000 "modernen" Kunstwerken in Museen und Privatbesitz ein. Sie wurden zugunsten des Staates zum Teil ins Ausland verkauft. Einige Parteigrößen zögerten allerdings bei dieser Gelegenheit nicht, sich Werke für ihren Privatbesitz anzueignen. Eine weitere "Säuberung" der deutschen Kultursammlungen nach den Bücherverbrennungen von 1933 hatte begonnen.

Parallel zur Denunziations-Ausstellung "Entartete Kunst" zeigten die Nationalsozialisten unter großem Werbeaufwand in der "Großen Deutschen Kunstausstellung" im Münchner "Haus der Deutschen Kunst", was man unter richtiger "deutscher" Kunst zu verstehen habe.

Die denunzierten Künstler

als bekannteste Beispiele die Bilder von Ernst Barlach, Willi Baumeister, Max Beckmann, Karl Brendel, Marc Chagall, Otto Dix, Max Ernst, Conrad Felixmüller, Otto Freundlich, George Grosz, Otto Griebel, Hans Grundig, Richard Haizmann, Erich Heckel, Eugen Hoffmann, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Paul Kleinschmidt, Oskar Kokoschka, Rolf Kurth, Max Liebermann, Ludwig Meidner, Jean Metzinger, Paula Modersohn-Becker, Johannes Molzahn, Wilhelm Morgner, Georg Muche, Gabriele Münter, Hanna Nagel, Emil Nolde, Felix Nussbaum, Max Pechstein, Franz Radziwill, Emy Roeder, Oskar Schlemmer, Karl Schmidt-Rottluff, Kurt Schwitters, Friedrich Skade, und Christoph Voll. Insgesamt handelte es sich in München um 125 derart diffamierte KünstlerInnen.

Den ersten Beschlagnahmungen im Zusammenhang mit den Ausstellungsvorbereitungen von etwa 1100 Werken aus 30 Museen folgten in 1937 viele weitere. Systematisch wurden alle Werke der Moderne aus den Museumsbeständen entfernt. Von Adolf Ziegler, dem Präsidenten der Reichskammer der Bildenden Künste, zusammengestellte Kommissionen bereisten danach vom 6. August an rund 100 Museen und beschlagnahmten einschließlich des Münchner Ausstellungsguts über 20.000 Werke von mehr als 1400 Künstlern. Die meisten Museen wurden schon bis Mitte November aufgesucht.

Neue Pinakothek, Ausstellung "Der Berliner Skulpturenfund", 2012/13

Vom 1. Dezember 2012 an bis 28. Januar 2013 präsentierte die Neue Pinakothek 16 verschollen geglaubte aber im Berliner Bombenschutt vergrabene Skulpturen:

Titel Ausstellung: "Entartete Kunst - Der Berliner Skulpturenfund von 2010"

Die Werke gehören zu den unter Hitler beschlagnahmten und als entartet denunzierten Beispielen moderner Kunst. Sie waren 1944 im Bombenschutt begraben und vor zwei Jahren zufällig bei Bauarbeiten wiederentdeckt worden.

Darunter befinden sich unter anderem:

  • Naum Slutzky (1894-1965), Weibliche Büste, vor 1931, Zustand nach Bergung 2010. Herkunftsort war das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
  • Bronzebüste von Edwin Scharff, die die Schauspielerin Anni Mewes darstellt.
  • „Tänzerin“ von Marg Moll,
  • „Schwangere“ von Emy Roeder,
  • „Knieende“ von Milly Steger,
  • „Frommer Mann“ von Karel Niestrath

Münchner Fund, 2013

2013 wurde ein sensationeller Fund bekannt. Der Zoll hat ca. 1500 Bilder in Verwahrung, die bei einer Hausdurchsuchung in München bereits angeblich im Jahr 2011 entdeckt worden waren. Sie gehören zum Teil zu den Ausstellungsbeständen der "entarteten kunst". Nun wird den Fragen nachgegangen: Woher stammen die in München entdeckten Gemälde? Wer hat Recht an ihnen; die Behörden sind dabei, ihre Eigentumsrechte zu klären?

Siehe auch

Literatur

  • Stephanie Barron: Entartete Kunst. Das Schicksal der Avantgarde im Nazi-Deutschland. Berlin: Historisches Museum; Los Angeles: County Museum of Art. Mit Beiträgen von Peter Guenther, Andreas Hüneke, Annegret Janda, Mario-Andreas von Lüttichau, Michael Meyer, William Moritz, George L. Mosse, Christoph Zuschlag. München, Hirmer Verlag, 1992. 422 Seiten.
  • Jürgen Claus (Redaktion): Entartete Kunst. Bildersturm vor 25 Jahren. Haus der Kunst München. 25.10.1962-16.12.1962. Katalog. München, Ausstellungsleitung München e.V. Haus der Kunst, 1962. Mit zahlreichen teils farbigen Abb. 459 S.
  • Haus der Deutschen Kunst: Große deutsche Kunstausstellung 1937 - 1944. Im Haus der Deutschen Kunst zu München. Offizielle Ausstellungskataloge, 10 Bände. München, Bruckmann, 1937 - 1944. Circa 200 S. pro Band.
  • Andreas Hüneke: Zum Ablauf der faschistischen Aktion "Entartete Kunst". Feststellung einiger Fakten. In: Museum und Gegenwart. Zum Verhältnis von zeitgenössischer Kunst und Museum in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland, VBK-DDR, Halle, 1985, S. 33-38
  • Marlies Schmidt: Die „Große Deutsche Kunstausstellung 1937 im Haus der Deutschen Kunst zu München“ Rekonstruktion und Analyse. Dissertation, Halle, 2012 (Diese Arbeit zeigt den Horizont der offiziellen, von den Nazis geförderten "Kunst"; ca 900 Werke; online-Datei Dr_Marlies_Schmidt_HE.pdf)
  • Peter-Klaus Schuster (Hrsg.): Die Kunststadt München 1937. Nationalsozialismus und Entartete Kunst. 2. Aufl. München, Prestel, 1988. 323 Seiten.

Weblinks

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