9. November in München: Unterschied zwischen den Versionen

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==Einführung==
==Einführung==
Der neunte November war wohl der „weihevollste Tag des nationalsozialistischen Feierjahres“ - der Anlass zu dem die religiös kultischen Züge der NS-Ideologie am  deutlichsten sichtbar wurden. Gefeiert wurden die Aufrührer von 1923 als „Märtyerer“ des dritten Reichs, die beim Putschversuch ums Leben gekommenen sechzehn „alten Kämpfer“. Die Geschehnisse vom 9. November 1923 wurden im Zuge der über Jahre hinweg abgehaltenen Feierlichkeiten mythisiert, verfälscht, umgedeutet. Nicht zuletzt die Unwissenheit der Bevölkerung um die Ereignisse von 1923 ermöglichten die hochgradig propagandistische Auschlachtung des Datums – daher steht der folgende Artikel in der Pflicht, zumindest heute einen kleinen Teil des Wissens um die fatalen Ereignisse während der Nazizeit zu bewahren.  
Der neunte November war wohl der „weihevollste Tag des nationalsozialistischen Feierjahres“ - der Anlass zu dem die religiös kultischen Züge der NS-Ideologie am  deutlichsten sichtbar wurden. Gefeiert wurden die Aufrührer von 1923 als „Märtyerer“ des dritten Reichs, die beim Putschversuch ums Leben gekommenen sechzehn „alten Kämpfer“. Die Geschehnisse vom 9. November 1923 wurden im Zuge der über Jahre hinweg abgehaltenen Feierlichkeiten mythisiert, verfälscht, umgedeutet. Nicht zuletzt die Unwissenheit der Bevölkerung um die Ereignisse von 1923 ermöglichten die hochgradig propagandistische Auschlachtung des Datums – daher steht der folgende Artikel in der Pflicht, zumindest heute einen kleinen Teil des Wissens um die fatalen Ereignisse während der Nazizeit zu bewahren.  


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==Geschichtliche Fakten 1918, 1923==
==Geschichtliche Fakten 1918, 1923==
'''Zum 9.11.1918 - Ende des Ersten Weltkriegs'''
'''Zum 9.11.1918 - Ende des Ersten Weltkriegs'''


Schon lange vor dem so genannten Hitlerputsch war der 9. November von geschichtlicher und politischer Bedeutung. Am 9.11.[[1918]] wurde die Abdankung des Kaisers Willhelm II. bekannt gegeben – der [[Erster Weltkrieg|Erste Weltkrieg]] war hiermit endgültig beendet – das Amt des deutschen Reichskanzlers wurde an den gemäßigten Sozialdemokraten Friedrich Ebert übergeben. Phillip Scheidemann rief vor dem deutschen Reichstagsgebäude die Republik aus. Fast zeitgleich verkündigte Karl Liebknecht die freie sozialistische Republik. Die politisch ungefestigte,  von Aufständen erschütterte, von Nachkriegsarmut und Inflation gezeichnete Zeitspanne der [[Weimarer Republik]] war damit eingeläutet. In der frühen nationalsozialistischen Propaganda war das Datum daher Zeichen für die „schmachvollste“ Ära Deutschlands – später wurde der Wandel dieses „Tags der Schmach“ in den höchsten NS-Feiertag propagandistisch ausgeschlachtet.  
Schon lange vor dem so genannten Hitlerputsch war der 9. November von geschichtlicher und politischer Bedeutung. Am 9.11.[[1918]] wurde die Abdankung des Kaisers Willhelm II. bekannt gegeben – der [[Erster Weltkrieg|Erste Weltkrieg]] war hiermit endgültig beendet – das Amt des deutschen Reichskanzlers wurde an den gemäßigten Sozialdemokraten Friedrich Ebert übergeben. Phillip Scheidemann rief vor dem deutschen Reichstagsgebäude die Republik aus. Fast zeitgleich verkündigte Karl Liebknecht die freie sozialistische Republik. Die politisch ungefestigte,  von Aufständen erschütterte, von Nachkriegsarmut und Inflation gezeichnete Zeitspanne der [[Weimarer Republik]] war damit eingeläutet. In der frühen nationalsozialistischen Propaganda war das Datum daher Zeichen für die „schmachvollste“ Ära Deutschlands – später wurde der Wandel dieses „Tags der Schmach“ in den höchsten NS-Feiertag propagandistisch ausgeschlachtet.  


'''Zum 9.11.1923 - der Putschversuch'''
'''Zum 9.11.1923 - der Putschversuch'''
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== 1938: Judenpogrom der NSDAP und SS ==
== 1938: Judenpogrom der NSDAP und SS ==
===Ablauf===
===Ablauf===
; 9. November: Im [[Altes Rathaus|Alten Rathaus]] hält der NS-Funktionär Goebbels seine Rede, nachdem Hitler die Versammmlung verlassen hat, die als Auftakt des reichsweiten Judenpogroms gilt. In diesem Jahr fühlten sich die Nazis mit ihrem Rückhalt in der Bevölkerung oder dem bereits bestens funktionierenden Unterdrückungsapparat der widerständigen Bevölkerungsteile anscheinend so sicher, dass sie zur direkten und reichsweit inszenierten offen gewalttätigen Verfolgung der jüdischen Minderheit gehen wollen.  
; 9. November: Im [[Altes Rathaus|Alten Rathaus]] hält der NS-Funktionär Goebbels seine Rede, nachdem Hitler die Versammmlung verlassen hat, die als Auftakt des reichsweiten Judenpogroms gilt. In diesem Jahr fühlten sich die Nazis mit ihrem Rückhalt in der Bevölkerung oder dem bereits bestens funktionierenden Unterdrückungsapparat der widerständigen Bevölkerungsteile anscheinend so sicher, dass sie zur direkten und reichsweit inszenierten offen gewalttätigen Verfolgung der jüdischen Minderheit gehen wollen.  
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* [http://www.verbalissimo.com/main/offers/inscriptions/europe/germany/d_munich_former_synagogue.htm Fotos vom Gedenkstein] (Aufn. von 2002) in der [[Herzog-Max-Straße]] 4 (Das Denkmal befindet sich an der Einmündung dieser Straße in die [[Maxburgstraße]], von der Stadtmitte aus auf der rechten, östl. Seite).
* [http://www.verbalissimo.com/main/offers/inscriptions/europe/germany/d_munich_former_synagogue.htm Fotos vom Gedenkstein] (Aufn. von 2002) in der [[Herzog-Max-Straße]] 4 (Das Denkmal befindet sich an der Einmündung dieser Straße in die [[Maxburgstraße]], von der Stadtmitte aus auf der rechten, östl. Seite).


== 1938: Maurice Bavauds Attentatsversuch ==
== 1938: Maurice Bavauds Attentatsversuch ==
 
Der 22jährige Schweizer [[Maurice Bavaud]] wollte Hitler beim jährlichen NS-Gedenkmarsch am 9. November [[1938]] zur Münchner [[Feldherrnhalle]] erschiessen. Dazu gab er sich als begeisterter Nazi aus, um als Zuschauer einen Platz auf der Ehrentribüne zu bekommen. Das Attentat scheiterte, da Hitler von Bavaud zu weit entfernt war.  
Der 22jährige Schweizer {{WL2|de:Maurice Bavaud|Maurice Bavaud}} wollte Hitler beim jährlichen NS-Gedenkmarsch am 9. November [[1938]] zur Münchner [[Feldherrnhalle]] erschiessen. Dazu gab er sich als begeisterter Nazi aus, um als Zuschauer einen Platz auf der Ehrentribüne zu bekommen. Das Attentat scheiterte, da Hitler von Bavaud zu weit entfernt war.  


Auch in den nächsten Tagen konnte Bavaud nicht nahe genug an Hitler herantreten, so dass er aufgab und mit dem Zug nach Paris ausreisen wollte. Da er keine Fahrkarte hatte, wurde er schon in [[Augsburg]] festgenommen. Im geheimen Prozess vor dem Volksgerichtshof am 18. Dezember 1939 gab er als Motiv an, Hitler töten zu wollen, da jener eine Gefahr für die Menschheit, für die Unabhängigkeit der Schweiz und für den Katholizismus in Deutschland sei.  
Auch in den nächsten Tagen konnte Bavaud nicht nahe genug an Hitler herantreten, so dass er aufgab und mit dem Zug nach Paris ausreisen wollte. Da er keine Fahrkarte hatte, wurde er schon in [[Augsburg]] festgenommen. Im geheimen Prozess vor dem Volksgerichtshof am 18. Dezember 1939 gab er als Motiv an, Hitler töten zu wollen, da jener eine Gefahr für die Menschheit, für die Unabhängigkeit der Schweiz und für den Katholizismus in Deutschland sei.  
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* Film: "Es ist kalt in Brandenburg" vom Filmkollektiv Zürich AG (Hans Stürm, Villi Hermann und Niklaus Meienberg).
* Film: "Es ist kalt in Brandenburg" vom Filmkollektiv Zürich AG (Hans Stürm, Villi Hermann und Niklaus Meienberg).


== 1939: Georg Elsers Attentatsversuch ==
== 1939: Georg Elsers Attentatsversuch ==
Am 8. November [[1939]] scheiterte [[Georg Elser]]s Attentatsversuch auf Hitler bei dessen jährlichem Treffen mit alten Parteigenossen (PG) im [[Bürgerbräukeller]]. Die vorbereitete Bombe explodierte, nachdem Hitler den Raum vorzeitig verlassen hatte.
Am 8. November [[1939]] scheiterte [[Georg Elser]]s Attentatsversuch auf Hitler bei dessen jährlichem Treffen mit alten Parteigenossen (PG) im [[Bürgerbräukeller]]. Die vorbereitete Bombe explodierte, nachdem Hitler den Raum vorzeitig verlassen hatte.


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