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Von März 1945 bis Juli 1949 gab es, zunächst unter dem Namen '''Ministerium für Sonderaufgaben''' bzw. Ministerium für '''politische Befreiung''' ein Ministerium für die ''Spruchkammern'' und ihre Form der Überprüfung von Tätigkeiten für die NSDAP, der so genannten “'''Entnazifizierung'''“. Ziel war zunächst die völlige Ausrottung der nationalsozialistischen Ideologie. | <small>Diese Seite ist auch eine Weiterleitung vom Begriff '''Entnazifizierung'''</small> | ||
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Von März [[1945]] bis Juli 1949 gab es, zunächst unter dem Namen '''Ministerium für Sonderaufgaben''' bzw. Ministerium für '''politische Befreiung''' ein Ministerium für die '''''Spruchkammern''''' und ihre Form der Überprüfung von Tätigkeiten für die NSDAP, der so genannten “'''Entnazifizierung'''“. Ziel war zunächst die völlige Ausrottung der nationalsozialistischen Ideologie. | |||
Die US-amerikanische [[Militärregierung]] hatte bereits [[1945]] Internierungslager eingerichtet, um dort die im Rahmen des Automatischen Arrests festgenommenen Personen (Verdacht der Täterschaft im NS-Regime) vorläufig unterzubringen. Es handelte sich dabei um ehemalige Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeitslager aus der NS-Zeit. Im Herbst 1946 ging auch die Verantwortung für diese Lager in die Hände des ''Ministeriums für Sonderaufgaben'' über. | Die US-amerikanische [[Militärregierung]] hatte bereits [[1945]] Internierungslager eingerichtet, um dort die im Rahmen des Automatischen Arrests festgenommenen Personen (Verdacht der Täterschaft im NS-Regime) vorläufig unterzubringen. Es handelte sich dabei um ehemalige Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeitslager aus der NS-Zeit. Im Herbst 1946 ging auch die Verantwortung für diese Lager in die Hände des ''Ministeriums für Sonderaufgaben'' über. | ||
Die ''Spruchkammern'' mit dem Status unabhängiger Gerichte bestanden jeweils aus einem Vorsitzenden und mindestens zwei Beisitzern. Bei jeder Kammer wurde ein Kläger (vergleichbar einem Staatsanwalt) bestellt. | Die ''Spruchkammern'' mit dem Status unabhängiger '''Gerichte''' bestanden jeweils aus einem Vorsitzenden und mindestens zwei Beisitzern. Bei jeder Kammer wurde ein Kläger (vergleichbar einem Staatsanwalt) bestellt. | ||
Grundlage wurde das alliierte Gesetz Nr. 104, das Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März [[1946]]. Es setzte u.a. für die Einstufung der betroffenen Personen fünf Gruppen fest: I. Hauptschuldige, II. Belastete, III. Minderbelastete, IV. Mitläufer und V. Entlastete. | Verfahrens-Grundlage wurde das '''alliierte Gesetz Nr. 104''', das Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März [[1946]]. Es setzte u.a. für die Einstufung der betroffenen Personen fünf Gruppen fest: | ||
::;I. Hauptschuldige, II. Belastete, III. Minderbelastete, IV. Mitläufer und V. Entlastete. | |||
;Ergebnisse:Bis zum 31. Dezember 1949 hatte man in Bayern die Fragebögen von 6.780.188 Personen bearbeitet. Davon waren 72 % nicht betroffen; betroffen und von den Spruchkammern behandelt waren demnach rund 28 %. 99,9 % der Fälle waren in erster Instanz erledigt worden; von diesen fielen 28 % unter die Jugend- und 52 % unter die Weihnachtsamnestie. 80.139 Personen (15 %) wurden in eine der fünf Kategorien eingereiht. 15 % von ihnen wurden als entlastet eingestuft, 0,3 % waren Hauptschuldige, 4 % Belastete, 19 % Minderbelastete und 77 % Mitläufer. | ;Ergebnisse:Bis zum 31. Dezember 1949 hatte man in Bayern die Fragebögen von 6.780.188 Personen bearbeitet. Davon waren 72 % nicht betroffen; betroffen und von den Spruchkammern behandelt waren demnach rund 28 %. 99,9 % der Fälle waren in erster Instanz erledigt worden; von diesen fielen 28 % unter die Jugend- und 52 % unter die Weihnachtsamnestie. 80.139 Personen (15 %) wurden in eine der fünf Kategorien eingereiht. 15 % von ihnen wurden als entlastet eingestuft, 0,3 % waren Hauptschuldige, 4 % Belastete, 19 % Minderbelastete und 77 % Mitläufer. | ||
Vergleichbare Ministerien existierten auch in Hessen und Württemberg-Baden | Vergleichbare Ministerien existierten auch in Hessen und Württemberg-Baden durch die dortigen amerikanischen Militärregierungen. Am 28. Mai [[1948]] stellte die amerikanische Militärregierung in Deutschland die gesamte Überwachung des Entnazifizierungsprogramms ein. | ||
Aus mancher deutscher Sicht sollte die als Last wahrgenommene Entnazifizierung baldmöglichst abgeschlossen werden. So kam die fast hemmungslose Ausstellung von Entlastungszeugnissen durch katholische Geistliche und sogar Bischöfe einer bewussten Sabotage der Entnazifizierung gleich. Auch die [[CSU]] und die [[FDP]] distanzierten sich bald von den Zielen der Alliierten. | |||
Nach einer Reihe von Kontroversen zwischen Deutschen und Amerikanern wurden am 7. Oktober [[1947]] das erste und am 25. März 1948 das zweite ''Änderungsgesetz zum Befreiungsgesetz'' erlassen. Bereits bis zum 31. Dezember 1948 waren 14.400 Beamte, die man wegen ihrer Parteimitgliedschaft in der NSDAP entlassen hatte, wieder eingestellt worden. Angesichts dessen sind natürlich Namen wie Befreiungsgesetz, politisches Befreiungs-Ministerium oder auch Entnazifizierung nur hohle Wunschbegrifflichkeiten ({{WL2|Euphemismus|Euphemismen}}), die mehr von der Wirklichkeit verstecken als zu offenbaren. | |||
Am 27. Juli [[1950]] verabschiedete der erste bayerische [[Landtag]] schließlich das erste Abschlussgesetz. Am 10. April 1951 verabschiedete der Deutsche Bundestag das so genannte "131er"-Gesetz zu Gunsten der entlassenen Berufssoldaten und ehemaligen Beamten des Reichs. Selbst Gestapobeamte und Waffen-SS´ler konnten nun wieder in den Staatsdienst eingestellt werden. Das Gesetz besiegelte das endgültige Scheitern der Ziele der alliierten Entnazifizierungspolitik. Im Juni 1954 amnestierte das zweite Straffreiheitsgesetz des Bundes viele der zwischen dem 1. Oktober 1944 und dem 31. Juli 1945 begangenen Straftaten. Am 3. August 1954 verabschiedete der Landtag das zweite Gesetz zum Abschluss der politischen Befreiung. Es legte als Schlusstermin der Entnazifizierung den 30. Oktober [[1954]] fest. | Am 27. Juli [[1950]] verabschiedete der erste bayerische [[Landtag]] schließlich das erste Abschlussgesetz. Am 10. April 1951 verabschiedete der Deutsche Bundestag das so genannte "131er"-Gesetz zu Gunsten der entlassenen Berufssoldaten und ehemaligen Beamten des Reichs. Selbst Gestapobeamte und Waffen-SS´ler konnten nun wieder in den Staatsdienst eingestellt werden. Das Gesetz besiegelte das endgültige Scheitern der Ziele der alliierten Entnazifizierungspolitik. Im Juni 1954 amnestierte das zweite Straffreiheitsgesetz des Bundes viele der zwischen dem 1. Oktober 1944 und dem 31. Juli 1945 begangenen Straftaten. Am 3. August 1954 verabschiedete der Landtag das zweite Gesetz zum Abschluss der politischen Befreiung. Es legte als Schlusstermin der Entnazifizierung den 30. Oktober [[1954]] fest. |
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